Willkommen zur Vorlesung Statistik



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Transkript:

Willkommen zur Vorlesung Statistik Thema dieser Vorlesung: Varianzanalyse Prof. Dr. Wolfgang Ludwig-Mayerhofer Universität Siegen Philosophische Fakultät, Seminar für Sozialwissenschaften Prof. Dr. Wolfgang Ludwig-Mayerhofer Statistik Universität Siegen

Die Varianzanalyse Fragestellung und Grundidee Ein Beispiel Das Zusammenhangsmaß η 2 Der F-Test Abschließendes 2 / 19

Fragestellung und Grundidee Varianzanalyse In der Kreuztabellenanalyse haben wir ein Merkmal mit (relativ) wenigen Ausprägungen durch ein anderes Merkmal (ebenfalls mit wenigen Ausprägungen) zu erklären versucht. Zu diesem Zweck haben wir die bedingten Anteilswerte verglichen z. B. den Anteil der Hauptschüler unter der Bedingung, dass man aus einer Arbeiterfamilie stammt, mit dem Anteil der Hauptschüler unter der Bedingung, dass man aus einer Angestelltenfamilie stammt. Ist die abhängige Variable (das Merkmal, das erklärt werden soll) metrisch, die unabhängige Variable dagegen nominalskaliert (oder ordinalskaliert mit wenigen Gruppen), so werden statt dessen die bedingten Mittelwerte, die Gruppenmittelwerte, verglichen. 3 / 19

Fragestellung und Grundidee Veranschaulichung Daten zu Universitäten in drei deutschen Regionen (siehe Datenblatt erste Woche, hier aber anderes Fach): 20 Betreuungsquoten Bauingenieurwesen, 2005, nach FOCUS 15 10 5 0 Süddeutschland West-/Norddeutschland Ostdeutschland Diamanten zeigen Gruppenmittelwerte, gestrichelte Linie den Gesamtmittelwert Achtung Daten dienen nur der Illustration, Gültigkeit ist fraglich! 4 / 19

Fragestellung und Grundidee Die Grundidee der Varianzanalyse verbal Die Unterschiedlichkeit (Varianz) der Datenwerte kann in zwei Teile zerlegt werden: Die Unterschiedlichkeit, die auf die Gruppenzugehörigkeit zurückgeht, ausgedrückt in den Abweichungen der Gruppenmittelwerte ȳ i vom Gesamtmittelwert ȳ. Die Unterschiedlichkeit, die nicht auf die Gruppenzugehörigkeit zurückgeht, ausgedrückt in den Abweichungen der individuellen Messwerte vom jeweiligen Gruppenmittelwert. 5 / 19

Fragestellung und Grundidee Varianzanalyse die Grundidee formal Gegeben sind i, i = 1... r Gruppen In jeder Gruppe werden Daten von j, j = 1... m Personen erhoben (d. h., pro Gruppe gleich viele Personen wichtige Vereinfachung, die bei experimentellen Studien oft befolgt wird). Die Summe aller quadrierten Abweichungen vom Mittelwert ( Quadratsumme, QS) lässt sich zerlegen in r m r r m (y ij ȳ) 2 = m (ȳ i ȳ) 2 + (y ij ȳ i ) 2 i=1 j=1 i=1 i=1 j=1 oder: QS total = QS zwischen + QS innerhalb 6 / 19

Ein Beispiel Varianzanalyse: ein Beispiel Eine Miniversion der Daten könnte so aussehen: Süd W/N Ost 4 11 18 7 14 19 7 20 26 Mittelwerte 6 15 21 Mittelwert über alle (ȳ): 14 7 / 19

Ein Beispiel Beispiel, Schritt I Die gesamte Quadratsumme (QS total ) muss nicht unbedingt berechnet werden, doch kann dies zur Kontrolle zweckmäßig sein: Süd West/Nord Ost (4 14) 2 = 100 (11 14) 2 = 9 (18 14) 2 = 16 (7 14) 2 = 49 (14 14) 2 = 0 (19 14) 2 = 25 (7 14) 2 = 49 (20 14) 2 = 36 (26 14) 2 = 144 QS total = 428 8 / 19

Ein Beispiel Beispiel, Schritt II Abweichungen der Einzelwerte vom Gruppenmittelwert: Süd West/Nord Ost (4 6) 2 = 4 (11 15) 2 = 16 (18 21) 2 = 9 (7 6) 2 = 1 (14 15) 2 = 1 (19 21) 2 = 4 (7 6) 2 = 1 (20 15) 2 = 25 (26 21) 2 = 25 QS innerhalb = 86 9 / 19

Ein Beispiel Beispiel, Schritt III Abweichungen der Gruppenmittelwerte vom Gesamtmittelwert: Süd West/Nord Ost (6 14) 2 = 64 (15 14) 2 = 1 (21 14) 2 = 49 (6 14) 2 = 64 (15 14) 2 = 1 (21 14) 2 = 49 (6 14) 2 = 64 (15 14) 2 = 1 (21 14) 2 = 49 QS zwischen = 342 10 / 19

Ein Beispiel Zusammenfassung der Quadratsummen QS Total 428 Zwischen 342 Innerhalb 86 11 / 19

Das Zusammenhangsmaß η 2 Das Zusammenhangsmaß η 2 Das Verhältnis der durch die Gruppenzugehörigkeit bedingten Abweichungen vom Mittelwert (QS zwischen ) zur Gesamtheit der Abweichungen ist ein Maß für die Stärke des Einflusses der Gruppenzugehörigkeit: η 2 (Eta-Quadrat) = QS zwischen QS total η 2 kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Im vorliegenden Fall beträgt der Wert 342/428 = 0, 799 (gibt es in echten Studien selten; die echten Daten in der Graphik zu Beginn der Vorlesung ergeben ein η 2 von 0, 23). 12 / 19

Das Zusammenhangsmaß η 2 η 2 als PRE-Maß PRE: Proportional Reduction of Error Fehler hier: Die Differenz zwischen dem (auf Grundlage unseres Modells) geschätzten Wert und dem wahren Wert. Kennen wir die Gruppenzugehörigkeit nicht, ist bester Schätzwert der Gesamtmittelwert (Schwerpunkteigenschaft des arithmetischen Mittels). Der Fehler (E 1 ) ist dann QS total. Kennen wir die Gruppenzugehörigkeit, ist der beste Schätzwert der Gruppenmittelwert. Der Fehler (E 2 ) ist dann QS innerhalb. 13 / 19

Das Zusammenhangsmaß η 2 η 2 als PRE-Maß Die Reduzierung des Fehlers, d. h., der Unterschied zwischen den beiden Fehlern (E 1 E 2 ), muss in Beziehung gesetzt werden zum Ausgangsfehler (E 1 ). Allgemein werden PRE-Maße also nach folgender Formel berechnet: Im Falle von η 2 heißt das: PRE Maß = E 1 E 2 E 1 η 2 = QS total QS innerhalb QS total = QS zwischen QS total 14 / 19

Der F-Test Inferenzstatistik I Zur Prüfung, ob sich die Gruppen überzufällig unterscheiden, werden nicht die Quadratsummen, sondern die Varianzen zueinander in Beziehung gesetzt. Diese heißen hier auch mittlere Quadratsummen (MQS). m r (ȳ i ȳ) 2 MQS zwischen = QS zwischen r 1 MQS innerhalb = QS innerhalb n r = = i=1 r 1 r m (y ij ȳ i ) 2 i=1 j=1 n r 15 / 19

Der F-Test Inferenzstatistik II Die Größe F = MQS zwischen MQS innerhalb folgt einer F-Verteilung mit r-1 und n-r Freiheitsgraden. Sie prüft, ob sich irgendwelche Gruppenmittelwerte voneinander unterscheiden, also H 0 : µ 1 = µ 2 =... = µ r = µ H 1 : µ i µ für mindestens ein i 16 / 19

Der F-Test Inferenzstatistik im Beispiel QS df MQS Total 428 8 Zwischen 342 2 171,00 Innerhalb 86 6 14,33 Kritischer Wert bei 2 und 6 df, α = 0, 05: 5,143. Teststatistik F hier: 171/14, 33 = 11, 93 > 5, 143. Die Nullhypothese wird also abgelehnt. 17 / 19

Abschließendes Alternativen und Anwendungsvoraussetzungen Liegen nur zwei Gruppen vor, wird oft der t-test für die Inferenzstatistik verwendet; die Varianzanalyse kommt jedoch zu den gleichen Schlussfolgerungen. Die Anwendbarkeit der Varianzanalyse (ebenso wie des t-tests) hängt von einigen Voraussetzungen ab, vor allem: gleiche Varianzen in den Gruppen und Normalverteilung der abhängigen Variablen. Weichen die Daten stark von diesen Annahmen ab (vor allem bei kleinen oder sehr unterschiedlich großen Gruppen), müssen alternative ( verteilungsfreie ) Verfahren verwendet werden. 18 / 19

Abschließendes Letzte Worte zur Varianzanalyse Der F-Test ist nur ein globaler Test ( es gibt irgendwelche Unterschiede ). Zum Testen spezifischer Hypothesen gibt es weitere Prüfverfahren. Mit der Varianzanalyse können auch Einflüsse mehrerer Gruppierungsvariablen analysiert werden (z.b. zwei Therapien bei zwei verschiedenen Krankheitsformen). Es gibt auch Verfahren für abhängige Stichproben, z. B. Messwiederholungen. 19 / 19