Spezielle Probleme bei Diagnostik und Therapie onkologischer Erkrankungen im Alter



Ähnliche Dokumente
Institut für Onkologie/Hämatologie. Onkologie KSB Baden. Kantonsspital Baden

Onkologischer Patient mit Geriatrie Profil. was sollte besonders beachtet werden? Dieter Lüttje Med. Klinik IV Geriatrie und Palliativmedizin

Onkologische Erkrankungen und Fahreignung - Einschränkungen aus der Sicht der Psychologie

Geriatrische Rehabilitation. Was ist das? Wer bekommt das? Gilt das auch für mich?

3.13 Prostata. Kernaussagen

Gesetzliche Grundlagen der Versorgung und geriatrische Patienten

Onkologischer Anamnesebogen

Klinisches Krebsregister als Instrument für Qualitätsmanagement in der fachbereichübergreifenden

Unter- suchg.- zahl. Inhalte* Der Weiterbildungsinhalt umfaßt entsprechende Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten bei:

Krebskrankheit, Krebsregister und Tumorzentren

Geriatrisches Assessment

in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom

Medizinische Klinik II. Patienteninformation der Klinik für Hämatologie, Internistische Onkologie und Palliativmedizin

Präoperative Risikostratifizierung beim betagten Patienten

Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin - Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung.

Patienten-zentrierte Versorgungskonzepte in der Krebsbehandlung

25. Deutscher Geriatriekongress 2013 Geriatrie die Aufgabe für die Zukunft

SIGUP Fachtagung Christian Felix Institut für Anästhesiologie Universitätsspital Zürich

Dr. med. D. Helbling

UROLOGIE FÜR ESSEN IN RÜTTENSCHEID,WERDEN UND AM STADTWALD.

Kritische Sicht auf die Diagnostik in Psychiatrie und Psychotherapie

Sturzarten. Sturz mit Folgen. Beinahe- Sturz. Sturz ohne Folgen. Kölner Institut für angewandte Gesundheitswissenschaften. gesund e.v.

Altersmedizin am Spital Männedorf für mehr Lebensqualität und Unabhängigkeit

Gesund alt werden - Akutgeriatrie und Frührehabilitation. Andreas Römer, Klinik für Physikalische Medizin, Frührehabilitation und Geriatrie

Bedeutung des Delir im Krankenhaus

Herzinsuffizienz: Neue Behandlungsempfehlungen der Europäischen Kardiologen-Gesellschaft

Interdisziplinäres Screening und Assessment zur Etablierung altersgerechter Behandlungskonzepte in der Onko-Geriatrie:

Kognitive Defizite oder gleichzeitig bestehende internistische bzw. neurologische Erkrankungen können falsch interpretiert werden.

Bewährte Therapien, neue Optionen

Fakten zu Prostatakrebs

Wie komplex ist Geriatrie? Zum Stand der Versorgung in NRW

Körperliche Aktivität bei Tumorerkrankungen

Die Rolle eines überregionalen Krankenhauskonzerns in der Quartiersbildung

Interdisziplinärer Algorhythmus

DR. ARZT MUSTER MEIN TEAM MEIN TEAM. Ich freue mich, dass Sie meine Ordination gewählt haben. Herzlich willkommen in meiner Ordination!

Depressive Störungen bei Frauen und Männern mit koronarer Herzerkrankung: Behandlungsraten und Einstellungen zu antidepressiver Therapie

Hautkrebs-Screening 2008 bis 2013 Rückblick und Ausblick aus Sicht des Dermatologen

Geriatrische Rehabilitation. Was ist das? Wer bekommt das? Gilt das auch für mich?

Extra: Schilddrüsenprobleme. Alle wichtigen Heilmethoden Das können Sie selbst tun. Gesunde Rezepte für die Schilddrüse. natürlich behandeln

Neue Versorgungsmodelle

Vorbeugen Überwinden Akzeptieren

Demenz und Alzheimer. Praktische Hinweise zur Diagnostik. Remscheider Gespräche Dr. Bernd Heidrich

Medikamentöse Nachbehandlung - warum und wann? Dr. med. Michael Koch Internistische Gemeinschaftspraxis und Therapiezentrum Witten Sektion Onkologie

Symposium anlässlich des DGHO 2005

Adipositas. die Rolle des Hausarztes. Netzwerk Adipositas / KÄS /

Onkologie, quo vadis? 2012

19. Onkologisches Symposium

Krebs vom Diagnoseschock zum besonnenen Handeln

Institut für klinische Psychologie Patienteninformation

Strahlentherapie bei Lungenkrebs

Der Geriatrische Versorgungsverbund Westfalen

Vorsorge: Darmspiegelung

Demenzscreening oder Screening zur Identifikation von Menschen mit kognitiven Einschränkungen workshop

Öffentliche Vorträge 2013

Patientensicherheit ReduPharm KREATIV

"Ich bilde mir den Schmerz doch nicht ein!"

Normales Altern oder Demenz? Abklärung Beratung Therapie in der Memory Klinik, Station U1

Psychoonkologische Therapie bei Brustkrebs (AT)

Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentinnen/ Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten

11. Fachtagung des Geriatrisch/Gerontopsychiatrischen Verbunds Mitte von Berlin. Gerontopsychiatrisches Zentrum Institut für Medizinische Soziologie

Polypharmazie - Bringt weniger mehr?

Wir nehmen uns Zeit für Sie!

Schädel-Hirn-Trauma. Univ. Prof. Dr. Eduard Auff

Case Management in der Geriatrie

Schmerzzentrum. Schmerzambulanz / Schmerztagesklinik Stationäre Behandlung. Zur Behandlung chronischer Schmerzen

Medizin und Pflege Mit Liebe zum Leben

Palliativmedizin als symptomorientierte Behandlung inkurabler (Tumor-) Erkrankungen

Prof. Dr. med. Martin-Leo Hansmann

Wann können, wollen und sollen Menschen mit Krebs wieder

Geriatrische Syndrome und Geriatrisches Assessment

Ergotherapie im Pflegeheim

Programm Demenz-Prävention

Realität im Krankenhaus heute: frühzeitige/zu frühe Entlassung:

Wohnortnahe Versorgungsangebote für f geriatrische Patienten durch Vernetzung schon vorhandener Strukturen

Polypharmazie im Alter: Eine Einführung

Geriatrische Tagesklinik. Fabricius-Klinik Remscheid GmbH Eine Einrichtung der Cherubine-Willimann-Stiftung Arenberg

Aktiv und selbstbestimmt Abteilung für Altersmedizin

GZ: BMGF-11001/0361-I/A/5/2016 Wien, am 20. Jänner 2017

Institut für klinische Psychologie Patienteninformation

Was hat die Seele mit Krebs zu tun?

Alt werden wollen alle aber alt sein?

GERIATRIE. ÜBERRASCHEND VIELFÄLTIG

Watchful waiting- Strategie

Diagnose Brustkrebs. Informationen für Patientinnen

Stunde der Wahrheit: Alles für alle geht nicht mehr!? Die ökonomische Dimension Wunsch und Wirklichkeit

3. Schwerpunkt: Kolorektales Karzinom aus klinisch-epidemiologischer Sicht

Hausärztliche Palliativversorgung. Institut für Allgemeinmedizin Prof. Dr. Nils Schneider

Therapiefaktor Wohnort die Tücken der Versorgungslandschaft in der Onkologie

Vorsorgen, Erkennen, Behandeln

Indolente Non Hodgkin- Lymphome (NHL) Leitlinie

Krankenhauslandschaft im Umbruch. Die Ergebnisse der aktuellen Krankenhausstudie der Ernst & Young GmbH und ihre Konsequenzen

Leistungsspektrum Klinik für Innere Medizin und Pneumologie, Palliativmedizin

Flyer_Altersmedizin_98x :18 Seite 1 Altersmedizin

Neu: Onkologische Rehabilitation

Indolente Non Hodgkin- Lymphome (NHL) Leitlinie

Fieber. B. Hug, Innere Medizin M. Weisser, Infektiologie & Spitalhygiene V. Hess, Onkologie U. Walker, Rheumatologie

Therapeutische Ansätze: Psychotherapie

Geriatrische Rehabilitation

Transkript:

Spezielle Probleme bei Diagnostik und Therapie onkologischer Erkrankungen im Alter Von Priv.- Doz.Dr. med. K.-M. Koeppen Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie, Klinische Geriatrie, geriatrische Frührehabilitaion und Altersmedizin 10. onkologische Fachtagung für medizinische Berufe Mai 2007 Leo-Baeck-Str. 7 14165 Berlin 1 2 Der Anteil der Menschen, die älter als 65 Jahre werden, wird immer höher Mit zunehmendem Alter steigt die Demographische Entwicklung in Deutschland 2010 2020 2030 Einwohnerzahl <81 Mill. 78 Mill. 73 Mill. Anteil der >60-jährigen 21 % 26 % 30 % Inzidenzrate an Krebserkrankungen 3 4 WHO Klassifikation der Älteren (Elderly) International > 65 Jahre = alt (old) Amerikanische Definition der Älteren 65-75 = young old 75-80 = old 80-85 = old old 85-90 = oldest old >90 Jahre = stoned 5 6

Hypothesen über enge Assoziation zwischen Krebs und Alter Die verlängerte Exposition gegenüber Carcinogenen im höheren Lebensalter begünstigt die Maligne Transformation einer Zelle Durch altersbedingte Veränderungen des internen Milieus, insbesondere des Immunsystems und des endokrinologischen Systems, wird die maligne Transformation einer Zelle begünstigt. Lebenserwartung älterer Menschen im Jahr 2000 65-jähriger 24 Jahre 70-jähriger 14 Jahre 75-jähriger 9 Jahre 80-jähriger 6 Jahre 7 8 Kriterium Nr. 1 für die Durchführung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bei alten Menschen ist : To have someone to live for Ershler 1966 Grundsätzliches 1. Definition des geriatrischen Patienten 2. Biologischer Zustand 3. Diagnostizier- und behandelbar? 9 10 Definition: Der geriatrische Patient über 60 Jahre Multimorbidität Akutes Krankheitsereignis Beim geriatrischen Patienten ist die Tumorkrankheit die gleiche, aber der Wirt ist unterschiedlich. 11 12

Biologie des Tumors: Keine Änderung der morphologischen Histologie und quantitativen Zusammensetzung Keine Änderung des Gradin Keine Änderung der Proliferationskinetik Keine Änderung der biologischen Variabilität im: -Verhalten des infiltrativen Wachstums - Der Metastasenbildung - Progredienz des Tumors Prognose bei jüngeren und älteren Tumorpatienten ähnlich- je früher entdeckt, desto besser die Heilungschancen. Die Diagnosestellung eines Malignoms ruft sehr unterschiedliche Reaktionen im sozialen Umfeld hervor: Patienten Angehörige Freunde (ehemalige) Berufskollegen/Clubkameraden etc. behandelnde Ärzte Folge: Angst vor der Zerstörung des sozialen Netzes 13 14 Obwohl die Krebserkrankungen im Alter drastisch zunehmen, nehmen die Krebsvorsorgeuntersuchungen mit zunehmendem Alter drastisch ab. Je früher der Tumor entdeckt wird, desto größer ist die Heilungschance. 15 16 Alter ist assoziiert mit : Schlechter Prognose im Krankheitsfall Verminderung der Lebensqualität Verminderung der kognitiven Leistungen Reduzierung der sozialen Integration Verzögerung der Tumordiagnostik durch den Arzt Tumorsymptome werden nicht ernst genommen und auf das Alter geschoben Diagnostik wird nicht eingeleitet -Angst vor Belastung durch Diagnostik und Therapie - Angst dem alten Menschen die Wahrheit zu sagen Kein Screening bei alten Menschen 17 18

Verzögerung der Tumordiagnostik durch den Patienten Tumorsymptome werden nicht beachtet oder auf das Alter geschoben Besuch beim Hausarzt wird verzögert aus -Angst vor Diagnostik - Angst vor therapeutischen Konsequenzen Screening wird nicht durchgeführt (lohnt sich sowieso nicht mehr) Angst vor dem Ignorieren der Probleme und Sorgen alter Menschen Tumordiagnostik mit Stadieneinteilung auch bei geriatrischen Patienten durch schonende Verfahren heute fast immer möglich. Keine Diagnostik erzwingen mit allen uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln: Angst vor falsche Rücksicht. 19 20 Die klinischen Entscheidungswege beim geriatrischen Patienten sind abhängig vom Klinischen Stadium der Erkrankung biologischen Alter des Patienten (Komorbidität) Geriatrische Assessmentverfahren: Barthel Index (ADL),JADL Minimental Test, Demtect Uhrentest GDS (Geriatrische Depressionsskala) Time up and go / Tinetti- Balance Sozial Status (Ergo-Therapie-Assessment) Kanowski Index WHO Index 21 22 Probleme bei der Behandlung eines geriatrischen Patienten mit Krebs: 1. Einschränkung der Leberclearence 2. Verminderung der Nierenfunktion 3. Reduktion der Funktion des Immunsystems 4. Verminderung der Sauerstoffaufnahme in die Lunge 5. Reduzierung der Hirnmasse 6. Reduzierte Knochenmark-Reserve? Therapiemodalitäten bei der Behandlung geriatrischer Patienten mit Malignomen Operation kurativ palliativ Narkosefähigkeit Radiatio kurativ palliativ Internistische onkologische Behandlung - Hormone - Zytostatika 23 Palliation 24

Ziel aller therapeutischen Maßnahmen bei geriatrischen Patienten Erhalt des funktionellen Status und der Lebensqualität 25