Bachelorarbeit. Nachhaltiges Wirtschaften an ausgewählten Punkten der Supply Chain. am Beispiel des Lebensmittelsektors. Abgabetermin: 05.09.



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Bachelorarbeit Abgabetermin: 05.09.2014 Erstprüfende Dozentin: Zweitprüfender Dozent: Frau Prof. Dr. Grothe Herr Prof. Dr. Tsipoulanidis Nachhaltiges Wirtschaften an ausgewählten Punkten der Supply Chain am Beispiel des Lebensmittelsektors Theresa Peters B.A. Business Administration Matr.-nr.: 306830 Theresa.peters@web.de Berlin, den 21. August 2014 I II

INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS... I ABBILDUNGSVERZEICHNIS... II TABELLENVERZEICHNIS... II ANHANGSVERZEICHNIS... III ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS... IV 1 EINLEITUNG... 1 1.1 Problemstellung und Zielsetzung... 2 1.2 Vorgehensweise... 3 2 GRUNDLAGEN EINES NACHHALTIGEN SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS... 5 2.1 Das Leitbild der Nachhaltigkeit... 5 2.1.1 Nachhaltiges Wirtschaften... 5 2.1.2 Indikatoren zur Bewertung von Nachhaltigkeit... 7 2.2 Supply Chain Management... 8 2.3 Integration von Nachhaltigkeit in die Supply Chain... 10 3 DER LEBENSMITTELSEKTOR ALS UNTERSUCHUNGSFELD... 12 3.1 Relevanz des Lebensmittelsektors für Nachhaltigkeit... 12 3.1 Die Besonderheit der Lebensmittelwertschöpfungskette... 13 4 AUSGEWÄHLTE RELEVANTE BEREICHE DER NACHHALTIGEN SUPPLY CHAIN. 16 4.1 Lieferantenmanagement... 16 4.1.1 Ausweitung der unternehmensinternen Richtlinien auf die Lieferanten... 19 4.1.2 Umsetzung am Praxisbeispiel von Nestlé... 24 4.1.3 Zwischenfazit... 30 4.2 Abfallmanagement... 32 4.2.1 Verpackungen... 34 4.2.2 Nebenprodukte... 40 4.2.3 Umsetzung am Praxisbeispiel von Unilever... 45 4.2.4 Zwischenfazit... 51 5 ZUSAMMENFASSUNG... 53 ANHANG... 56 EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG LITERATURVERZEICHNIS I

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1 - Zieldreieck der Nachhaltigkeit in den Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit.. 6 Abbildung 2 - Die drei Flüsse des SCM... 9 Abbildung 3 - Supply Chain Management... 10 Abbildung 4 - Vereinfachtes Strukturmodell eines Lebensmittel-Wertschöpfungssystems.. 14 Abbildung 5 - Einordnung des Lieferantenmanagements... 16 Abbildung 6 - Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Beschaffung... 17 Abbildung 7 - Sustainability Scores des DJSI... 25 Abbildung 8 - Europäische Abfallhierarchie-Pyramide... 33 Abbildung 9 - Joint Products... 40 Abbildung 10 - Overview of the criteria to distinguish between by-products and waste... 42 Abbildung 11 - Total waste sent to disposal (1995-2013)... 49 TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1 Soziale Indikatoren... 24 Tabelle 2 Soziale Indikatoren bei Nestlé... 31 Tabelle 3- Ökologische Indikatoren... 45 Tabelle 4- Ökologische Indikatoren bei Unilever... 52 II

ANHANGSVERZEICHNIS Anhang 1 Die Unternehmensgrundsätze und Richtlinien von Nestlé im Überblick.. 56 Anhang 2 Die zehn Prinzipien des Global Compacts 57 Anhang 3 Ranking der Top 25 Companies für Work-Life Balance.. 58 Anhang 4 Soziale Indikatoren 59 Anhang 5 Development of packaging waste generated 60 Anhang 6 The 2014 GlobeScan/ SustainAbility Survey 61 Anhang 7 Ökologische Indikatoren... 62 III

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS CDP CoC CRF CSR DJSI DLG FSC GRI IAO/ ILO IUL LCA MDG SC SCM SLP SSCM UNGC WWF Carbon Disclosure Project Code of Conduct Case Record Form Corporate Social Responsibility Dow Jones Sustainability Indices Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft Food Supply Chain Global Reporting Standards Internationale Arbeitsorganisation/ International Labour Office Internationale Union der Gewerkschaften der Lebens- und Genussmittelarbeiter Life Cycle Assessment Millennium Development Goals Supply Chain Supply Chain Management Sustainable Living Plan Sustainable Supply Chain Management United Nations Global Compact World Wildlife Fund IV

1. Einleitung 1 EINLEITUNG Das 21. Jahrhundert ist geprägt von einem Zusammenwachsen der Welt im Sinne einer schnelleren und leichteren Erreichbarkeit von Waren. In Zeiten der Globalisierung bieten sich dem Kunden immer mehr Möglichkeiten, Produkte aus der ganzen Welt bequem und schnell zu erwerben oder innerhalb kürzester Zeit nach Hause geliefert zu bekommen. Das sich wandelnde Bewusstsein der Konsumenten, lässt die Nachfrage nach Produkten, die umweltschonend, sozial und ökologisch verträglich produziert werden, laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ansteigen. Es ist wichtig, den Einfluss von Megatrends, wie den steigenden Kundenanforderungen und der zunehmenden Globalisierung, auf die Supply Chain (SC) zu erkennen. 1 Diese Entwicklungen erfordern ambitioniertes und strategisches Handeln seitens der Unternehmen, um zunehmendem Effizienzdruck und ökologischen Zwängen gewachsen zu sein. 2 So steigt mit der öffentlichen Thematisierung des Klimawandels und der anwachsenden Umweltzerstörung der Druck der Stakeholder auf die Unternehmen in Bezug auf die Einhaltung ökologischer Zielsetzungen. 3 Daher wird von Unternehmen gefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen. Laut KPMG haben zahlreiche Unternehmen in den letzten Jahren begonnen, nachhaltiges Handeln in Unternehmenswerten und strategien zu verankern: Über 80 Prozent der 100 größten deutschen Unternehmen veröffentlichen Nachhaltigkeitsinformationen, über 50 Prozent in einem separatem Nachhaltigkeitsbericht. 4 Nach Linton et al. ist nachhaltige Entwicklung a rich area for academic research that is still in its infancy. 5 Faktoren, wie Design, Produktion, Distribution, Verbrauch, Wiederverwendung und Abfallreduktion rücken im Kontext der Food Supply Chains (FSCs) immer mehr in den Fokus der Nachhaltigkeitsdiskussion. 6 Hieraus entsteht der 1 Vgl. Arndt, S.8 2 Vgl. Lünendonk GmbH (2013), S. 4 3 Ihr Ziel ist, ein Zeichen zu setzen gegenüber den Stakeholdern, mit denen sie in einer Wechselbeziehung stehen: Arbeitnehmern, Anteilseignern, Investoren, Verbrauchern, öffentlichen Behörden und NRO. Europäische Kommission (2001) 366, S. 3 4 KPMG (2012), S. 1 5 Linton et al. (2007), S. 4 6 Such food supply chains can be defined as a set of interdependent companies that work closely together to manage the flow of goods and services along the value-added chain of agricultural and food products, in order to realize superior customer value at the lowest possible costs. Folkerts/ Koehorst (1997), S. 11 1

1. Einleitung Vorschlag SCs auszuweiten, um Abfallmanagement und den gesamten Produktlebenszyklus in die Betrachtung mit einzubeziehen und die SC unter Berücksichtigung der gesamten Kosten zu optimieren. 7 Stakeholder fordern neben der ökologischen Verantwortung der Unternehmen auch soziales Verhalten. Dabei steht nicht mehr nur die eigene ökologische und soziale Verantwortung im Vordergrund, sondern auch die Verantwortung für Lieferanten und Abnehmer. Unabdingbar für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen ist deren Integration in das Supply Chain Management (SCM). Bezogen auf das sog. Sustainable Supply Chain Management (SSCM) umfasst der Begriff Nachhaltigkeit die ökonomische, ökologische und soziale Dimension. 8 Auf diese drei Dimensionen wird im Rahmen dieser Arbeit genauer eingegangen. 1.1 Problemstellung und Zielsetzung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Relevanz des nachhaltigen Wirtschaftens am Beispiel verschiedener Faktoren an der Supply Chain. Ziel ist die Klärung der zentralen Fragestellung: Inwieweit spielt Nachhaltigkeit an ausgewählten Punkten der Supply Chain am Beispiel des Lebensmittelsektors eine Rolle? Wie eingangs erwähnt, wächst der Druck auf die Unternehmen in Bezug auf die Einhaltung ökologischer und sozialer Zielsetzungen seitens der Stakeholder. Im Fokus stehen vor allem große und einflussreiche Unternehmen in der Konsumgüterindustrie, die auf nachhaltiges und verantwortungsvolles Handeln entlang der Supply Chain überprüft werden. Nachhaltigkeitsberichte werden regelmäßig veröffentlicht, jedoch unterscheidet sich der Inhalt dieser Berichte oftmals deutlich von den tatsächlich umgesetzten Zielen. 9 Innerhalb der SC gibt es eine Reihe verschiedener Faktoren, die Nachhaltigkeitspotentiale bieten. Im Zuge dieser Ausarbeitung werden zwei Supply Chain Punkte ausgewählt und anhand von Indikatoren genauer analysiert. Dabei soll die Relevanz von Nachhaltigkeit an den ausgewählten Punkten der Supply Chain unter Einbezug öffentlicher Kritik auf ihre Glaubwürdigkeit untersucht werden. Die Untersuchung der Praxisbeispiele erfolgt hauptsächlich durch die Nutzung verschiedener Quellen, wie Internetpräsenzen der Unternehmen und frei zugängliche, veröffentlichte Informationen, wie z.b. Nachhaltigkeitsberichte. Es davon ausgegangen, 7 Vgl. Van der Vorst et al.(2009), S. 6614, vom Verfasser übersetzt 8 Vgl. KPMG (2012), S.1 9 Vgl. Handelsblatt (2011) 2

1. Einleitung dass alle nachhaltigen Tätigkeiten der Unternehmen veröffentlicht wurden und für den Konsumenten frei zugänglich sind, da in dieser Arbeit lediglich diese Informationen herangezogen werden können. 10 1.2 Vorgehensweise Diese Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Die Einleitung beschäftigt sich zunächst mit der Darstellung der Ausgangsituation und geht im weiteren Verlauf auf die zentrale Fragestellung sowie die Vorstellung der methodischen Vorgehensweise dieser Arbeit ein. Im darauffolgenden zweiten Kapitel, dem Theorieteil, werden die Grundlagen eines nachhaltigen Supply Chain Managements behandelt. Hierbei werden relevante Begriffe dargelegt und definiert. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Lebensmittelsektor als Untersuchungsfeld und geht neben der Relevanz des Lebensmittelsektors in Bezug auf Nachhaltigkeit, auf die Besonderheit der Lebensmittelwertschöpfungskette ein. Das vierte Kapitel bildet den Schwerpunkt der Arbeit und beschäftigt sich mit den Supply Chain Punkten Lieferantenmanagement und Abfallmanagement. Sowohl das Thema des Lieferantenmanagements, als auch das Thema des Abfallmanagements könnten den Umfang einer eigenständigen Arbeit füllen und werden daher auf die relevantesten Punkte eingegrenzt. Beide Bereiche der Supply Chain werden zunächst aus theoretischer fachliterarischer Sicht analysiert und anschließend anhand jeweils eines Praxisbeispiels unter Einbezug von zuvor benannten Nachhaltigkeitsindikatoren näher untersucht. Im Rahmen des SC-Punktes Lieferantenmanagement soll in dieser Arbeit auf soziale Aspekte im Unternehmen eingegangen werden. Das Praxisbeispiel untersucht in diesem Fall, ob das Unternehmen über die sozialen Indikatoren berichtet und diese gleichermaßen auf seine Lieferanten anwendet. Das Lieferantenmanagement deckt größtenteils soziale Aspekte ab und wird in dieser Arbeit daher als Teil der sozialen Dimension betrachtet. 11 Desweiteren gehen Entwicklungen im Bereich des Abfallmanagements hingegen überwiegend mit Veränderungen in der ökologischen Dimension einher. Es soll analysiert werden, ob Entwicklungen und Ziele im Bereich des Abfallmanagements von 10 Ziel dieser Arbeit ist nicht, zwischen den Praxisbeispielen eine Vergleichbarkeit zu schaffen. Sie sollen vielmehr dazu dienen, die Relevanz von Nachhaltigkeit anhand von Indikatoren an den Supply Chain Punkten zu untersuchen. 11 Die sozialen Indikatoren dienen dafür zu untersuchen, inwieweit die soziale Dimension berücksichtigt wird. 3

1. Einleitung dem Unternehmen festgelegt und nach außen kommuniziert werden. Da beim Abfallmanagement besonders ökologische Aspekte eine Rolle spielen, wird dieser Supply Chain Punkt als Teil der ökologischen Dimension angesehen. Durch den Mangel an veröffentlichten spezifischen Daten seitens der Unternehmen ist es jedoch schwierig eine direkte Bewertung vorzunehmen. Deshalb werden Indikatoren aufgegriffen, die es ermöglichen anhand zugänglicher Informationen die Umsetzung der Nachhaltigkeitsfaktoren innerhalb der Unternehmen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Abschließend wird im letzten Kapitel das Fazit gezogen, welches die wesentlichen Erkenntnisse zusammenfasst. 4

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements 2 GRUNDLAGEN EINES NACHHALTIGEN SUPPLY CHAIN MANAGEMENTS 2.1 Das Leitbild der Nachhaltigkeit Im Abschlussbericht der Brundtland Kommission ( Our Common Future ) von 1987 wird eine nachhaltige (dauerhafte) Entwicklung als eine Entwicklung definiert, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen 12 13 ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Der Brundtland-Kommission gelang es mit dieser vielfach zitierten Definition auch der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit den Begriff der nachhaltigen Entwicklung als Entwicklungsleitbild näher zu bringen. 14 Der Begriff nachhaltig, wie er im heutigen Sprachgebrauch bekannt ist, hat sich über Jahre hinweg entwickelt und wurde besonders durch den Brundtland- Bericht und die Weltkonferenz in Rio de Janeiro im Jahr 1992 geprägt. 15 16 2.1.1 Nachhaltiges Wirtschaften Das nachhaltige Wirtschaften stellt die Ressourcen eines Unternehmens in den Mittelpunkt. Grundsätzlich geht es darum, nicht von der Substanz, sondern von den erwirtschafteten Erträgen zu leben. 17 Im Fokus der Nachhaltigkeit sollte vor allem eine dauerhafte Erhaltung natürlicher Ressourcen stehen und nicht deren optimaler Verbrauch. 18 Eine dauerhafte Produktionsfähigkeit stellt sich erst dann ein, wenn der Verbrauch von Ressourcen und deren Nachschub ausgeglichen ist. 19 Die Basis für eine zukunftsfähige Entwicklung von Unternehmen stellt umweltorientiertes und verantwortungsvolles Wirtschaften dar. 20 Gesichtspunkte des sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Handeln sollten die gleiche Wichtigkeit 12 Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs. Brundland Report (1987) 13 Hauff (1987), S. 46 14 Vgl. Grunwald/ Kopfmüller (2006), S. 20f. 15 Vg. Sommer (2007), S. 49 16 Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung wurde auf der Weltkonferenz in Rio de Janeiro als internationales Leitbild anerkannt. Als wichtige Ergebnisse gingen unter anderem die Agenda 21 und drei völkerrechtlich verbindliche Konventionen zu Klimaschutz aus dieser Konferenz hervor. Vgl Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.j.) 17 Vgl. Schaltegger/ Dyllick (2002), S. 30 18 Vgl. Rogall (2013a), S. 1 19 Vgl. Müller-Christ/ Remer (1999), S. 70 20 Vgl. Grothe/ Marke (2012), S. 26 5

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements erfahren. Folglich bedeutet Zukunftsfähigkeit in diesem Kontext, den nachfolgenden Generationen ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge zu hinterlassen. Im Zusammenhang mit dem Begriff der Nachhaltigkeit wird oft das Drei- Säulen-Modell (Triple-Bottom-Line) genannt. Noch treffender jedoch ist der Begriff Drei-Dimensionen, da dieser die Zieldimensionen aus mikroökonomischer Sicht betrachtet (Abbildung 1). 21 22 Abbildung 1 - Zieldreieck der Nachhaltigkeit in den Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit 23 Die Grenzen zwischen den Dimensionen sind allerdings verschwommen und es sollte bedacht werden, dass jede unternehmerische Handlungsweise sich auf alle Dimensionen auswirkt und damit sowohl auf die Entfaltung gesellschaftlicher Effekte, als auch auf den begrenzt zur Verfügung stehenden Umweltraum Einfluss hat. 24 Dieses Wissen sollte genutzt werden, um in Zukunft verantwortungsvoll zu handeln. Ideal wäre es, dieses Anliegen einer nachhaltigen Entwicklung in die betriebliche Wertschöpfung zu integrieren und neben einem langfristigen Unternehmenserfolg auch soziale und ökologische Fortschritte zu erzielen. 21 Vgl. Carter/ Rogers (2008), S. 364, vom Verfasser übersetzt 22 Vgl. Das Drei-Säulen-Modell wird in aktuellen Diskussionen kritisiert, da durch die Gleichsetzung der drei Säulen, die ökologische als zu gering gewichtet wird. Dieses Konzept entspricht der schwachen Nachhaltigkeit. Für eine starke Nachhaltigkeit müsste vielen Experten zufolge, die Dimension Ökologie als maßgebliche Säule höher gewichtet werden. Vgl. Rogall (2013) 23 Rogall (2012), S. 47 24 Vgl. Grothe/ Marke (2012), S. 28 6

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements 2.1.2 Indikatoren zur Bewertung von Nachhaltigkeit Auf nationaler sowie internationaler Ebene gewinnt die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren zunehmend an Wert. Deshalb fordert Kapitel 40 der Agenda 21 explizit die Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren. 25 26 Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass sich Unternehmen zunehmend auf verlässliche Informationen stützen können. 27 Gleichermaßen benennt KPMG Leistungsindikatoren als wichtigen Bestandteil des komplexen Umsetzungsprozesses eines nachhaltigen Supply Chain Managements. Geeignete Leistungsindikatoren sollen ausgewählt werden, um den Fortschritt eines SSCM zwischen global agierenden Unternehmen messbar und vergleichbar zu machen. 28 Ökonomische Leistungsindikatoren umfassen die Auswirkungen von Unternehmen auf die wirtschaftliche Lage seiner Stakeholder und auf das Wirtschaftssystem auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. 29 Ökologische Leistungsindikatoren sollen hingegen den Input (Wasser, Energie und Material), den Output (Abwasser, Abfall und Emissionen) sowie deren Auswirkungen auf nicht-lebende und lebende Natursysteme abdecken (einschließlich der Ökosysteme im Wasser, in der Luft und am Boden). Auswirkungen von Unternehmen auf das Gesellschaftssystem sind den sozialen Indikatoren zuzuordnen. 30 25 Die Agenda 21wurde 1992 in Rio de Janeiro auf der Konferenz für Entwicklung und Umwelt der Vereinten Nationen (UNCED) verabschiedet. Sie gilt als Aktionsprogramm bzw. als Leitdokument für eine nachhaltige Entwicklung für das 21. Jahrhundert in Bezug auf entwicklungs- und umweltpolitische Herausforderungen. Vgl. Klabunde (2013), S. 1 26 Ihre erfolgreiche Umsetzung ist in erster Linie Aufgabe der Regierungen. Eine entscheidende Voraussetzung dafür sind einzelstaatliche Strategien, Pläne, Maßnahmen und Prozesse. Die auf nationaler Ebene unternommenen Anstrengungen sollten durch internationale Zusammenarbeit unterstützt und ergänzt werden. Hierbei kommt dem System der Vereinten Nationen eine Schlüsselrolle zu. Auch andere internationale, regionale und subregionale Organisationen sind aufgefordert, sich an diesen Anstrengungen zu beteiligen. Agenda 21 (1992), S. 1 27 Vgl. Agenda 21 (1992), S. 354 f. 28 Der komplexe Umsetzungsprozess eines nachhaltigen Supply Chain Managements wird nach KPMG in vier Schritte untergeteilt: Wesentlichkeitsanalyse, Nachhaltigkeitsstrategie, Maßnahmen und Monitoring (sowie Berichterstattung). Vgl. KPMG (2012), S.4 29 GRI (2000-2006) 30 Vgl. GRI (2000-2006) 7

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements 2.2 Supply Chain Management In der Literatur existieren zu dem Begriff Supply Chain Management verschiedene gleichwertige Definitionen, wohingegen sich noch keine anerkannte einheitliche Festlegung herausgebildet hat. Laut Fandel et al. lässt sich die Vielzahl von Definitionen in zwei Gruppen unterteilen: Zum einen in Definitionen mit einem direkte Bezug zur betriebswirtschaftliche Logistik und zum anderen als unternehmensübergreifendes Management von Geschäftsprozessen. 31 Die Definition von Simchi-Levi gilt als charakteristisch für die erste Definitionsgruppe: Supply Chain Management is a set of approaches utilized to efficiently integrate suppliers, manufacturers, warehouses, and stores, so that merchandise is produced and distributed at the right quantities, to the right locations and at the right time, in order to minimize systemwide costs while satisfying service level requirements. 32 Wohingegen die zweite Gruppe SCM als Integration von Geschäftsabläufen entlang der Supply Chain versteht. Repräsentativ für die zweite Gruppe gilt die Definition von Cooper et al.: Supply Chain Management is the integration of business processes. 33 Durch den direkten Bezug der Material- und Warenflüsse auf die klassische Logistik ist SCM in dieser Arbeit als logistische Themenstellung zu verstehen und aus diesem Grund liegt dieser Arbeit die SC-Definition von Simchi-Levi zu Grunde. 34 Das SCM geht über die Definition der Logistik insofern hinaus, als dass Verbesserungsbestrebungen durch starken Kundenbezug und unternehmensübergreifende Fluss- und Prozessoptimierung in den Mittelpunkt der Betrachtungen gerückt werden. 35 Abbildung 2 veranschaulicht den Prozess anhand einer Wertschöpfungskette, den der Endverbraucher durch seine Nachfrage auslöst. Die Informationen werden vom Handelsunternehmen an Kooperationspartner weitergeleitet und Materialflüsse und 31 Vgl. Fandel et al. (2009), S. 1f. 32 Simchi-Levi et al. (2008), S. 1 33 Cooper et al. (1997), S. 2 34 Vgl. Fandel et al. (2009), S. 3f. 35 Arndt (2008), S.48 8

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements letztendlich auch Finanzflüsse werden zwischen den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette veranlasst. 36 37 Abbildung 2 - Die drei Flüsse des SCM 38 Den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden wird in der Definition nach Arndt eine höhere Bedeutung beigemessen: Supply Chain Management ist die unternehmensübergreifende Koordination und Optimierung der Material-, Informations- und Wertflüsse über den gesamten Wertschöpfungsprozess von der Rohstoffgewinnung über die einzelnen Veredelungsstufen bis hin zum Endkunden mit dem Ziel, den Gesamtprozess unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse sowohl zeit- als auch kostenoptimal zu gestalten. 39 Übersetzt werden kann SCM als Versorgungskettenmanagement. Die Lieferkette ist dabei weniger als Kette im Sinne von nur einem Lieferanten und Kunden pro Unternehmen zu verstehen, sondern vielmehr als ein Netzwerk, wie Abbildung 3 veranschaulicht. 40 36 Vgl. Fandel et al. (2009), S. 3f. 37 The supply chain has been traditionally defined as a one-way, integrated manufacturing process wherein raw materials are converted into final products, then delivered to the customers. Beamon (1999), S. 332 38 Fandel et al. (2009), S. 2 39 Arndt (2008), S. 47 40 Vgl. Arndt (2008), S. 47 9

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements Abbildung 3 - Supply Chain Management 41 Ein Unternehmen kann sich demnach dann erfolgreich am Markt durchsetzen, wenn es besser mit seinen Wertschöpfungspartnern kooperiert als seine Konkurrenten. Die Kernidee besteht in der Verbesserung der SC als Ganzes durch eine Reduktion von Schnittstellen. 42 2.3 Integration von Nachhaltigkeit in die Supply Chain Das SSCM gestattet eine breitere Betrachtung auf die Supply Chain, als es beim klassischen SCM der Fall ist. Neben der Herkunft der Produkte wird ein gesteigertes Interesse auf die Verwendung und Entsorgung der SSCM gelegt. Mit dem Ziel der langfristigen Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung sollen die drei Dimensionen in die Struktur der SC eingebettet werden. 43 Zu einer erfolgreichen Integration des Nachhaltigkeitsleitbildes im Unternehmen bedarf es neben einem bestehenden ökonomischen Zielsystems, auch der Einführung ökologischer und sozialer Ziele. Diese sollten bei der Planung, Koordination, Entscheidung und Kontrolle operativ und strategisch berücksichtigt werden. In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Dort werden die ökologische und soziale Dimension untergeordnet betrachtet bzw. existieren nebeneinander, während der ökonomische Wertschöpfungsprozess 41 Arndt (2008), S. 47 42 Vgl. Arndt, S. 48 43 Vgl. KPMG (2012), S. 1 10

2. Grundlagen eines nachhaltigen SC- Managements weiterhin den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit ausmacht. 44 Um soziale und ökologische Ziele glaubhaft zu machen, sollten diese dem Kerngeschäft und der Vision des Unternehmens zugeordnet werden. Die Integration von Partnern in die Lieferkette rückt selbständige und autonom agierende Unternehmen als Einheit in den Mittelpunkt der Betrachtung. 45 In den Unternehmensnetzwerken entstehen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen SC- Mitgliedern, weshalb sich Nachhaltigkeit erfolgreicher anwenden lässt, als es bei isolierten Unternehmen der Fall ist. 46 Laut Carter und Rogers können Unternehmen eine schwer zu imitierende und somit stabile Wettbewerbsposition erreichen, wenn Ansprüche der Stakeholder und Entwicklungstrends entlang der SC berücksichtigt werden. 47 48 Seuring und Müller definieren SSCM als management of material, information and capital flows as well as cooperation among companies along the supply chain while taking goals from all three dimensions of sustainable development, i.e., economic, environmental and social, into account which are derived from customer and stakeholder requirements. 49 Besondere Punkte wie die Kooperation unter SC- Partnern, die Gleichbehandlung der Dimensionen und der Einbezug der Stakeholder werden hier gleichermaßen aufgegriffen. 44 Vgl. Sommer (2007), S. 51 45 Vgl. Zelewski et al. (2008), S. 785 46 Vgl. Jentjens/ Münchow-Küster (2012), S. 3 47 Vgl. ebd. 48 Vgl. Carter/ Rogers (2008), S. 371, vom Verfasser übersetzt 49 Seuring/ Müller (2008), S. 1700 11

3. Der Lebensmittelsektor als Untersuchungsfeld 3 DER LEBENSMITTELSEKTOR ALS UNTERSUCHUNGSFELD 3.1 Relevanz des Lebensmittelsektors für Nachhaltigkeit Kunden legen bei der Auswahl von Lebensmitteln zunehmenden Wert auf nachhaltig produzierte Produkte, Lebensmittelqualität, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz. 50 51 Der Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) äußerte sich zu der steigenden Relevanz von Nachhaltigkeit im Lebensmittelsektor wie folgt: Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren im Lebensmittelsektor immer mehr zur zentralen Perspektive unternehmerischen Handelns. Dabei muss nachhaltiges Wirtschaften auf allen Stufen der Wertschöpfungskette sichtbar umgesetzt werden. 52 Unternehmen, die es sich zum Ziel machen, den Kundenanforderungen nachzukommen, spezialisieren sich auf eine Zielgruppe mit einer gesteigerten Wahrnehmung der Nachhaltigkeitsdimensionen. Zusätzlich gewinnen faire und soziale Kriterien neben dem ökologischen Wirtschaften an Wichtigkeit. Laut einer Studie der DLG aus dem Jahr 2012, entwickelt sich Nachhaltigkeit in der Lebensmittelbranche zu einem globalen Trend. 53 Dies spiegelt sich in der Unternehmensgröße, dem steigenden grenzüberschreitenden Handel von Lebensmitteln und Viehbestand, internationalen Kooperationen und Partnerschaften wieder. 54 Technologischer Fortschritt und globaler Wettbewerb bewegen Partner der Lebensmittelindustrie dazu einen koordinierten Ansatz zu verfolgen, um Supply Chains effektiver und effizienter zu gestalten. 55 Nachhaltiges Wirtschaften im Lebensmittelsektor bedeutet, Maßnahmen hinsichtlich der Probleme wie beispielsweise als Abfall entsorgte Lebensmittel, deren Qualität nicht mehr angemessen ist und zurückgelegte Meilen der Produkte bis zum Endkunden (sogenannte Food Miles) anzugehen. Darüber hinaus spielen Treibhausgas-Emissionen im Zusammenhang mit Geschäftsprozessen eine wichtige Rolle (sog. Carbon Footprint). 56 Ein zunehmender Wert liegt ebenfalls auf umweltfreundlichen Transportmethoden (Züge statt Lastwagen und Luftfracht), einer 50 Vgl. Van der Vorst et al. (2009), S. 6611, vom Verfasser übersetzt 51 Vgl. Beske et al. (2014), S. 134, vom Verfasser übersetzt 52 Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (2010) 53 Vgl. Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (2012) 54 Vgl. Van der Vorst et al. (2009), S. 6612, vom Verfasser übersetzt 55 Vgl. ebd. 56 Vgl. ebd. 12

3. Der Lebensmittelsektor als Untersuchungsfeld hohen Ausschöpfung der Ladekapazität der Verkehrsmittel, wie auch einer hohen Kapazitätsauslastung der Produktionsstätten. 57 3.1 Die Besonderheit der Lebensmittelwertschöpfungskette Die EU-Verordnung 178/2002 definiert Lebensmittel als alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von den Menschen aufgenommen werden. 58 Zu dem finalen Produkt der Lebensmittel, welche sich in Nahrungs- und Genussmittel differenzieren lassen, gehören im Weiteren auch alle Ausgangsstoffe zu deren Herstellung sowie Be- und Verarbeitung. Die Produktion der Lebensmittel erfolgt schrittweise in mehreren, aufeinander folgenden Wertschöpfungsstufen, die sich je nach Lebensmitteltyp unterscheiden. 59 In der Regel umfassen die Stufen des Lebensmittel-Wertschöpfungssystems die landwirtschaftliche Vorproduktion (Herstellung von Düngemitteln, Herstellung von Saatgut), die Primärproduktion pflanzlicher und/oder tierischer Erzeugnisse, die Lebensmittelproduktion/-verarbeitung der Nahrungsmittel (bzw. Getränke) und letztendlich den Absatz durch die Gastronomie und den Einzel- und /oder Großhandel an den Konsumenten. 60 In Abbildung 4 werden die wesentlichen Hauptstromrichtungen und Wirtschaftsströme dargelegt, wobei nicht jedes Lebensmittel alle genannten Wertschöpfungsstufen durchlaufen muss. 61 57 Vgl. Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 77, vom Verfasser übersetzt 58 Vgl. Sommer (2007), S. 126 59 Sommer (2007), S. 126 60 Vgl. Sommer (2007), S. 127 61 So ist bspw. auch möglich, dass Konsumenten landwirtschaftliche Produkte direkt beim Landwirt kaufen (lokale Direktvermarktung). Sommer (2007), S. 127 13

3. Der Lebensmittelsektor als Untersuchungsfeld Abbildung 4 - Vereinfachtes Strukturmodell eines Lebensmittel-Wertschöpfungssystems 62 An den Konsum schließen sich die Prozesse der geregelten Entsorgung und schlussendlichen Rückführung der Stoffe an die Natur an. Externe logistische Prozesse sind hauptsächlich zwischen der Stufe des Handels und Gastgewerbes und dem Konsum anzusiedeln. Die Wertschöpfungsketten im Lebensmittelsektor weisen eine unterschiedliche Länge auf. Da der Fokus dieser Arbeit auf komplexen und langen Wertschöpfungsketten (aus mehreren Rohstoffen) liegt, wird auf Produkte mit kurzen und einfachen Wertschöpfungsketten (Obst und Gemüse) nicht weiter eingegangen. Landwirtschaftliche Produkte werden dabei als Rohstoff für Konsumgüter mit einer höheren Wertschöpfung verwendet. 64 Lebensmittelkooperationen sind durch Kooperationen wie Beteiligungen, Spin-Offs und Joint Ventures verwoben und oft machtvoller als auf den ersten Blick ersichtlich. Die dem Kunden gebotene Vielfalt, besteht bei näherer Betrachtung oft gar nicht in Form unabhängiger Hersteller. Im letzten Jahrhundert erfuhren einflussreiche Lebensmittelkonzerne einen noch nie dagewesenen kommerziellen Erfolg. So gehören zum Beispiel Nestlé und Unilever zu den Top 10 der Konsumgüter-Hersteller weltweit und haben folglich einen überaus großen Einfluss auf den Lebensmittelsektor und seine Lieferanten. Die große Präsenz auf dem Markt und der daraus resultierende Einfluss bietet den Unternehmen einen bemerkenswerten Handlungsspielraum und dementsprechend die Möglichkeit, die Macht des Konzerns und der Marke zu nutzen, um Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Die 63 62 Sommer (2007), S. 127 63 Vgl. Loew (2006), S. 30f. 64 Vgl. Van der Vorst et al. (2009), S. 6616, vom Verfasser übersetzt 14

3. Der Lebensmittelsektor als Untersuchungsfeld Lebensmittelkonzerne sind in der Lage, nachhaltiges Wirtschaften auch von Lieferanten zu fordern und Druck auszuüben. 65 Den Großunternehmen bietet sich viel Potential Umweltauswirkungen zu reduzieren, da sie als Arbeitgeber, Investoren und Produzenten in vielen Ländern aktiv sind. Die Lebensmittelkonzerne Nestlé und Unilever dienen als Praxisbeispiele, um zu untersuchen, inwieweit sich nachhaltiges Wirtschaften anhand aufgestellter Indikatoren an den Punkten Lieferantenmanagement (soziale Dimension) und Abfallmanagement (ökologische Dimension) nachzuvollziehen lässt. 65 Voraussetzung ist, dass die Lebensmittelkonzerne mit ihrer Markenmacht und Marktpräsenz Einfluss auf die gesamte SC haben. 15

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC 4 AUSGEWÄHLTE RELEVANTE BEREICHE DER NACHHALTIGEN SUPPLY CHAIN 4.1 Lieferantenmanagement Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist heute stärker denn je von der Leistungsfähigkeit seiner Lieferanten abhängig. Oftmals wird dabei weniger von einem Wettbewerb zwischen den Unternehmen gesprochen, sondern vielmehr von einem Wettbewerb zwischen den Supply Chains. Vor diesem Hintergrund und dem Fakt, dass man mit den Lieferanten über den gesamten Produktlebenszyklus zusammenarbeitet, ist ein systematisches Lieferantenmanagement von enormer Wichtigkeit. 66 67 Die Aufgaben des Lieferantenmanagements bestehen darin einen Lieferantenstamm aufzubauen und die Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen auszugestalten. Beziehungen mit Lieferanten sollen effizient gestaltet, gelenkt und entwickelt werden, mit dem Ziel, dass der Lieferant die Bedürfnisse des Unternehmens bestmöglich und langfristig befriedigt. Wie in Abbildung 5 veranschaulicht wird, stellt das Lieferantenmanagement eine Untermenge des Beschaffungs- und Supply Chain Managements dar. 68 Abbildung 5 - Einordnung des Lieferantenmanagements 69 66 Vgl. Rink/ Wagner (2007), S. 39 67 Vgl. Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 75, vom Verfasser übersetzt 68 Vgl. Hofbauer et al. (2012), S.23 f. 69 Hofbauer et al. (2012), S.24 16

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Immer mehr Unternehmen, besonders große multinationale Unternehmen, haben auf den Druck und die Erwartungen reagiert und Verfahren und Vorgehensweisen entwickelt um sicherzustellen, dass Lieferanten Umwelt- und Sozialstandards erfüllen. Dazu zählen unter anderem jährlich erstellte Umweltberichte, Nachhaltigkeitsstrategien und der Code of Conduct. 2013 befrage HEC/ EcoVadis 133 multinationale Unternehmen in 24 Ländern zu der Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Beschaffung (Abbildung 6). Im Ergebnis ist ein klarer Anstieg der konstant steigenden Relevanz dieses Themas zu erkennen. 70 71 Abbildung 6 - Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Beschaffung 72 Zahlreiche Unternehmen implementieren das Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR), um dem wachsenden sozialen Druck der Stakeholder standzuhalten. SSCR ist eine Schlüsselkomponente der CSR. 73 CSR ist ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. 74 Verantwortung soll einen Teil des Kerngeschäfts ausmachen und über das Gesetz hinaus wahrgenommen werden, denn sozial verantwortlich handeln heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die bloße 70 Vgl. Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 75, vom Verfasser übersetzt 71 Trotz der Bemühungen multinationaler Unternehmen, soziale und ökologische Probleme in der SC anzugehen, existiert zwischen der Theorie und Praxis ein nicht unerheblicher Unterschied. Vgl Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 75, vom Verfasser übersetzt 72 Hec/ EcoVadis (2013), S. 7 73 Vgl. UN Global Compact/ BSR (2010), S. 5, vom Verfasser übersetzt 74 Europäische Kommission (2001) 366, S. 7 17

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Gesetzeskonformität hinaus mehr investieren in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern. 75 Es existieren zahlreiche Instrumente, die dabei helfen sollen, Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen zu managen und messbar zu machen. Oftmals verwendete Instrumente im sozialen Bereich sind beispielsweise das Arbeitsschutzmanagementsystem OHSAS 18001, die DIN-Norm 26000 und der Standard SA 8000. 76 Der Code of Conduct stellt ein oftmals angewandtes Instrument dar: Although firms choose their own approach to systematising the CSR efforts in supply chains, many studies reveal that the most visible element in the approach of large multinational companies is the employment of corporate codes of conduct. 77 Der Einsatz von Codes of Conduct ist seit dem Jahr 2011 stark angestiegen, immer üblicher und soll aus dem Grund näher untersucht werden. 78 Der CoC ist eine Zusammenstellung aus schriftlich festgehaltenen Richtlinien und Standards, welche darauf abzielen, die unternehmerische Leistung in sowohl sozialen als auch ökologischen Belangen zu verbessern. Ein weiteres Ziel des CoCs ist eine gemeinschaftliche Grundlage für alle Akteure der SC zu schaffen. Die Erwartungen sollten dabei auf international bestehenden Normen beruhen, um das internationale Gesetz in keiner Weise zu untergraben und der Globalisierung und Konflikten mit Lieferanten mit mehreren Käufern vorzubeugen. Mit der Einführung des Codes of Conduct sollen idealerweise sozial verantwortliche Geschäftspraktiken vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden garantiert werden. 79 Die Zusammenarbeit von Abnehmern und Lieferanten gewährleistet so neben der Geschäftstätigkeit eine kollektive Einflussnahme auf die Gesellschaft und Umwelt. 80 Der CoC soll als Rahmenplan, die Basis der nach innen und außen gerichteten Erwartungen darstellen, um die Unternehmensziele in Bezug auf Nachhaltigkeit zu erreichen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung eines Verhaltenskodexes ist die Integration der Standards in die Firmenkultur. Eine 75 Europäische Kommission (2001) 366, S. 7 76 Im Bereich der ökonomischen Dimension sind die ISO 9001 und das Prozessmanagement dazu zu zählen. Den Umweltmanagementsystemen sind der ökologische Fußabdruck, die internationale Umweltmanagementnorm ISO 14001 und die EMAS-Verordnung zuzuordnen. Vgl. Jentjens/ Münchow-Küster (2012), S. 22-29 77 Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 77 78 Vgl. Hec/ EcoVadis (2013), S. 13, vom Verfasser übersetzt 79 Vgl. Pedersen/ Andersen (2006), S. 229 ff., vom Verfasser übersetzt 80 Vgl. UN Global Compact/ BSR (2010), S. 3, vom Verfasser übersetzt 18

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Reduktion auf die Funktion der öffentlichen Kritikabwehr ist nicht ausreichend. 81 Die Notwendigkeit besteht darin, die im CoCs beschriebenen Standards in das Bewusstsein der Mitarbeiter zu rufen. Erst wenn die SC-Fachleute mit dem neuen Rahmenplan vertraut sind, kann dieser effektiv nach außen kommuniziert werden. Dann wird auch deutlich, in welcher Art und Weise Unternehmen mit Lieferanten zusammenarbeiten wollen, um die Einhaltung des CoC und eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu garantieren. 82 Mit der Kooperation und der Erfüllung nachhaltiger Ziele gehen Vorteile, wie Qualitätssteigerungen und Kostensenkungen einher. 83 Unternehmen setzen sich aktiver mit der eigenen Wertschöpfungskette auseinander und lernen so Schlüsselprozesse besser kennen. Einflüsse können schneller erkannt und aktiv gelenkt werden. Mit der Anwendung von Arbeits-, Gesundheits- und Sicherheitsstandards werden Engpässe schneller aufgedeckt. Von besonderer Bedeutung ist, dass CSR-Themen und Verantwortung nicht mehr nur innerhalb des Unternehmens gefordert werden, sondern über die gesamte Wertschöpfungskette. So sind Unternehmen in zunehmendem Maße für die Produktionsbedingungen entlang der ganzen Supply Chain verantwortlich. CoCs gehen weit über die individuellen Grenzen einer Organisation hinaus, zumal sie obendrein soziale Ansprüche an die Lieferanten berücksichtigen. 84 Im folgenden Abschnitt liegt der Fokus auf der Übertragbarkeit der CoCs auf Lieferanten. 4.1.1 Ausweitung der unternehmensinternen Richtlinien auf die Lieferanten Bei der Erstellung der CoCs ist es von Vorteil, Stakeholder und Lieferanten früh und regelmäßig miteinzubeziehen, um relevante Ansätze und Standards leichter zu identifizieren und zu bestimmen. Wie bereits erwähnt, können Unternehmen eine schwer zu imitierende und somit stabile Wettbewerbsposition erreichen, wenn Ansprüche der Stakeholder und Entwicklungstrends entlang der SC berücksichtigt werden. Es besteht die Möglichkeit Fachkenntnisse der Stakeholder zu nutzen, da diese bereits mit der Erstellung von CoCs in Kontakt gekommen sein können. 85 81 Vgl Loew (2006), S. 61 82 Vgl. UN Global Compact/ BSR (2010), S. 22, vom Verfasser übersetzt 83 Vgl. Jentjens/ Münchow-Küster (2012), S. 19 84 Vgl. Pedersen/ Andersen (2006), S. 229 ff., vom Verfasser übersetzt 85 Vgl. UN Global Compact/ BSR (2010), S. 22, vom Verfasser übersetzt 19

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Es existiert eine Vielzahl von Ansätzen zur Kommunikation des CoCs an die Lieferanten. Unter anderem kann der Rahmenplan bei der ersten Kontaktaufnahme mit neuen Lieferanten einbezogen werden. Umgesetzt werden kann dies durch das Veröffentlichen der CoCs auf deren Website oder bei der Anfrage bzw. Einholung von Angeboten. Auf diese Weise wird dem potentiellen Lieferanten von Beginn an demonstriert, welche Wichtigkeit das Thema Nachhaltigkeit in der Geschäftsbeziehung mit dem Unternehmen hat. Zudem ist es denkbar, die Einhaltung der Erwartungen im Code of Conduct bindend in den Lieferantenvertrag zu integrieren. Eine andere Möglichkeit besteht darin, zur regelmäßigen Durchsicht des Rahmenvertrags, Geschäftssitzungen abzuhalten. 86 Die im CoC formulierten Standards sollten auf ihre Einhaltung regelmäßig kontrolliert werden. In Verbindung damit sollten erstellte Kodex- Kriterien überprüft, Produktionsstätten inspiziert und ggf. vertrauliche Mitarbeitergespräche geführt werden. Zusätzlich zu den internen Prüfungen entscheiden sich viele Unternehmen auch für die Kontrolle durch externe, akkreditierte Inspekteure. 87 Die externen Prüfungen beruhen oftmals auf internationalen Standards oder auf einem Sozialmanagementsystem. Falls die Standardkriterien vom Lieferanten nicht erfüllt werden können, sollte nach Loew eine Korrekturphase vorgesehen werden und der Lieferant dabei unterstützt werden. Sollte kein Verbesserungsprozess nach einem zuvor festgelegten Zeitraum zu erkennen sein, so stellt die Auflösung des Geschäftsverhältnisses die letzte Konsequenz dar. 88 Besonders für die Initiatoren (first mover) des CoC besteht der Anreiz die weiteren Akteure von der Wichtigkeit der Codes zu überzeugen und sie bei der schrittweisen Umsetzung zu unterstützen. Alle beteiligten Akteure der SC müssen dabei verstehen, was mit dem Verhaltenskodex bewirkt werden soll. 89 Selbstverpflichtung und Engagement stellen wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung der Codes of Conducts dar. Die Großunternehmen und Konzerne wie Nestlé und Unilever haften mit ihrem Namen und jeglicher Misserfolg schlägt sich auf den Markenwert, das Ansehen und folglich auch auf den Unternehmenserfolg nieder: Nestlé s reputation remains one of the Company s most important assets today. Da der Erfolg der Umsetzung von CSR im Unternehmen von allen Akteuren der SC abhängt, ist es umso wichtiger organisationsübergreifende Beziehungen effizienter zu 90 91 86 Vgl. ebd., S. 23, vom Verfasser übersetzt 87 Vgl. Loew (2006), S. 63 88 Vgl. ebd. 89 Vgl. ebd., S. 62 90 Nestlé (2008a), S. 1 91 Vgl. Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 76, vom Verfasser übersetzt 20

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC steuern und zu kontrollieren, um ein Scheitern und eine damit verbundene Nicht- Einhaltung zu verhindern. Die Vorteile der Einführung der CoCs verteilen sich hingegen ungleichmäßig auf die Unternehmen der SC und dementsprechend besteht der Anreiz den COCs nachzukommen, nicht zwangsläufig für alle Akteure der SC. Beispielsweise werden die Bemühungen der Unternehmen verantwortungsvoller zu handeln seitens der Kunden oft mit der Marke verbunden. Das Unternehmen, welches diese Marke trägt (z.b. Nestlé), stellt zwar nur einen Teil der gesamten Wertschöpfungskette dar, erhält aber einen Großteil des Verdienstes. Die weiteren Akteure erhalten nur indirekte Vorteile (zum Beispiel neue Lieferungen). 92 Indessen spielen besonders für die kleineren Unternehmen die Kosten für die Implementierung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Somit entsteht an dieser Stelle ganz klar ein potentieller Konflikt durch die Interessen der verschiedenen Parteien entlang der SC. Besonders schwierig gestaltet sich die Durchsetzung in globalen SCs, da Unternehmen hier zusätzlich räumlich, wirtschaftlich, rechtlich, politisch und kulturell getrennt sind. Zahlreiche Unternehmen versuchen zu Beginn der Einführung von Sustainable Supply Chains der ganzen Wertschöpfungskette zugleich gerecht zu werden. Vor dem Hintergrund der Größe der SCs, der Ansiedlung globaler SCs und der anfänglich aufkommenden Kosten für die Umsetzung ist es dagegen unrealistisch, der ganzen Wertschöpfungskette gerecht zu werden. Daher wählen Unternehmen oftmals ausgesuchte Lieferanten, bei denen direkt eingekauft wird. Ansonsten sollten sogenannte hot spots Beachtung finden, die möglichweise mehrere Stufen vom eigenen Unternehmen entfernt liegen, jedoch mit einem hohen Risiko verbunden sind. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Rohstoffe aus einem Land bezogen werden, in dem soziale Konflikte und Menschenrechtsverletzungen präsent sind. Unternehmen sollten festmachen, in welchem Ausmaß die verschiedenen Lieferanten in den CoC beteiligt werden. 93 Für die Unternehmen, die dieses Thema aufgreifen entsteht der Vorteil, die Vorgaben nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt umsetzen zu müssen, sondern diese schrittweise zu integrieren. 94 Gleichzeitig bietet sich hier die Möglichkeit für die Lieferanten sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen und Richtlinien schrittweise zu implementieren. Das hat den Vorteil, dass ein Vorsprung ausgebaut wird, sollten gewisse Richtlinien bindend werden. 92 Vgl. Pedersen/ Andersen (2006), S. 229 ff., vom Verfasser übersetzt 93 Vgl. UN Global Compact/ BSR (2010), S. 25, vom Verfasser übersetzt 94 Vgl. Röcher (2013) 21

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Als großes Problem in Bezug auf die Umsetzung des CoCs, erweist sich das Thema Transparenz. Zahlreiche Konzerne übernehmen im Rahmen ihrer Berichterstattung die Verantwortung für die Einhaltung der CSR-Aspekte für ihre Lieferanten, obwohl sie diese in allen Einzelheiten oft nicht nachprüfen können. Mit dem CoC wird Verantwortung für den Lieferanten übernommen, obwohl die Einhaltung der CSR- Aspekte von den Konzernen nicht lückenlos überprüft werden kann. Dabei spielen nicht mehr nur Aspekte wie Qualität und Liefertermine eine Rolle, sondern auch Arbeitsbedingungen und Umwelteinflüsse. 95 Gleichzeitig ist schwer nachzuvollziehen, ob die Lieferanten dem Thema Nachhaltigkeit im Sinne des Initiators nachkommen. Ziel sollte sein, das Risiko des Unternehmens zu senken, indem die Transparenz der teilnehmenden Unternehmen gesteigert wird. 96 Laut Kell gehen regulative Maßnahmen oft mit dem Nachteil einher, ein Konformitätsstreben herbeizuführen. Der Versuch die Kosten und Risiken auf einem Minimum zu halten sorgt dafür, dass jeglicher Anreiz von Innovation und Veränderung verloren geht. 97 Die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen, einen CoC einzuführen, bewirkt also durch gemeinsames Lernen und Ausprobieren und im Zusammenspiel mit Dialogplattformen, das Finden der effektivsten Maßnahmen. Voraussetzung sind jedoch flache hierarchische Strukturen und ein großes Maß an Flexibilität. Utting äußerte sich tadelnd zu den Codes of Conduct, da dieser oft nur solche Themen priorisiert, auf die Kunden empfindlicher reagieren, wie Kinderarbeit, Diskriminierung und Umweltschutz. 98 Zudem werden diese oftmals nicht effektiv umgesetzt: Codes very often remain at the level of lofty principles and well-intentioned policy statements that are not effectively implemented. 99 Darüber hinaus bezeichnet Klein Codes of Conduct als awfully slippery. 100 Diese Aussage basiert auf der Argumentation, dass die CoCs im Gegensatz zu gesetzlichen Bestimmungen nicht bindend und nicht auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter anderer Unternehmen der SC ausgerichtet sind. Schnell kommt der Verdacht auf, dass der Code of Conduct lediglich Reputationszwecken dient und dem Rahmenvertrag keine Taten folgen. Dieser Umstand wird als bluewashing bezeichnet, was den Unternehmen durch fehlende Transparenz allerdings nur schwer nachgewiesen werden kann. Sicher 95 Vgl. Andersen/ Skjoett-Larsen (2009), S. 77, vom Verfasser übersetzt 96 Vgl. Runhaar/ Lafferty (2008), S. 481, vom Verfasser übersetzt 97 Vgl. Kell (2005), S. 74, vom Verfasser übersetzt 98 [ ] and not others identified by international organizations, such as the ILO. Utting, S. 12 99 Utting (2000), S. 12 100 Klein (2000), S. 425 22

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC ist jedoch, dass den Unternehmen durch die freiwillige Selbstverpflichtung genügend Gelegenheit geboten wird, bluewashing zu betreiben. Die Argumentation von Utting, Klein und Baßel lässt vermuten, dass der CoC mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung kein geeignetes Instrument für eine maßgebliche Veränderung darstellt, da eine Umsetzung der einzelnen Punkte des Codes of Conducts nicht garantiert werden kann. Laut Oxfam sind die zehn größten Lebensmittelkonzerne weit davon entfernt, soziale und ökologische Standards bei der Produktion ihrer Lebensmittel zu erfüllen. 101 102 Frank Braßel, der stellvertretende Kampagnenleiter von Oxfam Deutschland, kritisiert, dass die Unternehmen nicht einmal auf dem Papier, ein ausreichendes ökologisches und soziales Problembewusstsein zeigen. 103 104 Zusätzlich bringt Oxfam an, dass Konzerne in Bezug auf ihre Lieferanten schweigen und nicht transparent sind. Die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sei in der Realität schwer nachzuprüfen: Angesichts der wachsenden Macht der Konzerne, fehlt es an klaren staatlichen Regeln, die die Unternehmen zu sozialem und ökologischem Handeln verpflichten. 105 Studien zu den Codes of Conduct belegen, dass diese in ihrem Umfang in Bezug auf die Abdeckung von Arbeitsnormen stark variieren. Eine Studie von 18 englischen Unternehmen kam zu dem Ergebnis, dass sich alle Unternehmen in ihren CoCs über Gesundheit und Sicherheit äußern und die Hälfte ebenso zu Themen wie Diskriminierung, Kinderarbeit und Zwangsarbeit Stellung nimmt. Hingegen ging nur eine Minderheit der Unternehmen auf Arbeitszeiten und Vereinigungsfreiheit ein. Nur drei der englischen Unternehmen informierten über Arbeitsplatzsicherheit. Das Recht auf Kollektivverhandlungen wurde in keinem der Codes aufgegriffen. Die fehlende Berücksichtigung ist sehr aussagekräftig, da sie mit der Vereinigungsfreiheit als Kernarbeitsnorm angesehen wird. 106 Das Führungsgremium der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) erachtet acht Übereinkommen als fundamental, weil sie fundamentale Prinzipien und Arbeitsrechte abdecken. Dazu zählen die Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter in der Beschäftigung, Nr. 182 über die 101 Untersucht wurden Coca-Cola, Danone, Unilever, Kellogg s, Mars, Mondelez, Nestlé, PepsiCo, General Mills und Associated British Food. Vgl. Oxfam Deutschland (2013b) 102 Vgl. Oxfam Deutschland (2013a) 103 Vgl. Oxfam Deutschland (2013a) 104 Oxfam ist eine internationale Entwicklungsorganisation, die sich als Ziel gesetzt hat, Menschen zu mobilisieren Armut aus eigener Initiative und Kraft zu bekämpfen. Vgl. Oxfam (2014) 105 Oxfam Deutschland (2013a) 106 Vgl. Jenkins (2001), S. 22 23

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC schlimmsten Formen der Kinderarbeit und die Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes. 107 Im folgenden Kapitel werden die in Tabelle 1 aufgezeigten Indikatoren am Praxisbeispiel von Nestlé analysiert. Bezugnehmend auf die oben beschriebene Studie, wird ein Indikator aus den vier unterschiedlichen Kategorien (Berücksichtigung in den CoCs) aufgegriffen und auf nicht vorhanden, vorhanden und stark vorhanden untersucht: Indikator Berücksichtigung in der Studie (1) Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz In allen CoCs vorhanden (2) Kinderarbeit In der Hälfte der CoCs vorhanden (3) Work-Life Balance (u.a. Arbeitszeiten) Minderheit (Arbeitszeiten) (4) Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen Minderheit/ nicht berücksichtigt Tabelle 1 Soziale Indikatoren 4.1.2 Umsetzung am Praxisbeispiel von Nestlé Die Untersuchung der sozialen Indikatoren am Beispiel des Lebensmittelkonzerns Nestlé erfolgt an veröffentlichen, frei zugänglichen Unternehmensgrundsätzen und Richtlinien und dem Nachhaltigkeitsbericht. 108 109 Öffentliche Kritik wird dann mit einbezogen, sollte diese mit den Indikatoren in Bezug gebracht werden können. Nestlé ist mit einem Umsatz von 92,2 Milliarden Franken (75 Milliarden Euro) im Jahr 2013 der größte Lebensmittelhersteller der Welt. 110 Ansässig in der Schweiz, operiert das Unternehmen weltweit in 196 Ländern. Unter der Devise Good Food, Good Life strebt Nestlé den Platz Nummer eins in den Punkten Ernährung, Gesundheit und 107 Vgl. ILO (o.j.), vom Verfasser übersetzt 108 Anhang 1, S.56 : Nestlé (2010), S. 4f. 109 Nestlé Deutschland erster Bericht entspricht den Anforderungen des neuen Berichtsstandards G4 der GRI. Nestlé (2014b) 110 Nestlé (2014a) 24

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Wohlbefinden an. 111 Die Forschungsfirma Corporate Knights kürte den Konzern beim Weltwirtschaftsforum in Davos Global 100 zu einem der 100 weltweit nachhaltigsten Unternehmen. 112 Nachhaltigkeitsberichte des Lebensmittelkonzerns entsprechen den Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) und zusätzlich erhielt Nestlé laut ihrer Homepage ein Topranking in Oxfam s Behind the Brand Scorecard. 113 Ferner wurde das Unternehmen 2013 als führender Lebensmittelhersteller im Dow Jones Sustainability Index (DJSI) aufgeführt. 114 Die Sustainability Scores des DJSI kennzeichnen Nestlé als Vorreiter in allen drei Dimensionen (Abbildung 7). 115 Abbildung 7 - Sustainability Scores des DJSI 116 Sowohl in dem Carbon Disclosure Project (CDP) Global 500 Climate Disclosure Leadership Index 2013 als auch in dem Climate Performance Leadership Index erhielt Nestlé 2013 mit 100 Punkten die A-Performance. 117 118 Welche Kriterien Nestlé für eine A-Performance erfüllen muss, wird aus der Website jedoch nicht ersichtlich. Die Unternehmensgrundsätze von Nestlé stellen mit dem Lieferantenkodex (Supplier Code of Conduct) und der Nestlé Umweltpolitik durch weiterführende Leitlinien und 111 Nestlé (2014b) 112 Vgl. Global 100 Index (2014) 113 Nestlé (2014c), vom Verfasser übersetzt 114 The Dow Jones Sustainability Index is based on an analysis of companies economic, environmental and social performance, including areas such as corporate governance, climate strategy, supply chain standards and labour practices. Nestlé (2014c) 115 Vgl. Industry Group Leader Report (2013) 116 Industry Group Leader Report (2013) 117 CDP (2013) 118 Laut CDP ist die Anzahl multinationaler Unternehmen und deren Lieferanten, die CDP nutzen, steigend, um ein nachhaltiges SCM zu erreichen. Allein 2013 wurden, durch die Entwicklung des CDP s Supply Chain Programm, 2.3 Millionen metrische Tonnen an CO2- Emissionen vermieden und das allein durch Supplier Engagement. Vgl. CDP (2014), vom Verfasser übersetzt 25

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Standards eine Ergänzung der aufgegriffenen Grundsätze des UN Global Compact dar (UNGC Grundsätze). 119 Die zehn Unternehmensrichtlinien zur Geschäftstätigkeit von Nestlé beschreiben gewisse Werte und Prinzipien, zu denen sich das Unternehmen weltweit bekennt und sind mit Referenzen und Richtlinien verknüpft (Anhang 2). 120 Zusätzlich dient der Lieferantenkodex als Unterstützung für die laufende Umsetzung der Verpflichtung zur Einhaltung internationaler Standards wie den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, den Kernübereinkommen der IAO und den zehn Grundsätzen des UN Global Compact außerhalb des eigenen Geschäfts durch alle Glieder der vorgelagerten Lieferkette. 121 Nestlé gibt an, dass der Lieferantenkodex verbindlich gelte, welcher stets als Bestandteil in den Liefervertrag integriert wird und genaue Anforderungen an die Lieferanten definiert. Arbeits- und Sozialstandards sollen als Voraussetzung für eine weitere Zusammenarbeit akzeptiert und in den Betrieben durchgesetzt werden. 122 Laut Nestlé werden die Audits von unabhängigen Auditoren im Rahmen der SMETA- Richtlinie durchgeführt. 123 Im Nachhaltigkeitsbericht informiert Nestlé darüber, dass Lieferanten zur der Erfüllung der Kodex-Standards ermutigt und bei dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterstützt werden. Falls der Lieferant Mängel nicht beheben kann oder will, so beendet Nestlé das Geschäftsverhältnis. 124 Für die Betrachtung der sozialen Indikatoren sollen die Unternehmensgrundsätze, der Lieferantenkodex, ggf. verknüpfte Dokumente und der Nachhaltigkeitsbericht herangezogen werden. (1) Der Indikator Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz wird von Nestlé als eigener Unternehmensgrundsatz aufgegriffen und verweist auf das Dokument Nestlé Policy on Safety and Health at Work. Ein Managementsystem für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet demnach eine gesunde und sichere Arbeitsumgebung. 125 Im Nachhaltigkeitsbericht aus dem Jahr 2013 wird außerdem 119 Anhang 2, S. 57: UN Global Compact (o.j.) 120 Vgl. Nestlé (2010), S. 7 121 Nestlé (2013a), S.1 122 Vgl. Nestlé (2014d) 123 SMETA steht für Sedex Members Ethical Trade Audit und untersucht anhand eines umfangreichen Anforderungskatalogs die Arbeitsbedingungen und Entlohnung von Mitarbeitern, die angewandten Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards sowie die allgemeinen Geschäftspraktiken von Unternehmen. Aigner (2014) 124 Vgl. Nestlé (2013b) 125 Nestlé (2010), S. 16 26

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC über den Indikator informiert. 126 Nestlé Policy on Safety and Health at Work legt Sicherheit als nicht verhandelbar fest und spricht damit nicht nur die eigenen Mitarbeiter an, sondern alle Angestellten der kompletten Lieferkette. 127 Das Arbeitsund Sicherheitsmanagement soll bei der Lieferantenauswahl eine besondere Berücksichtigung erfahren. Darüber hinaus wird berichtet, dass Nestlé für eine einheitliche und stimmige Einführung alle Fertigungsstätten von unabhängigen akkreditieren Stellen auf OHSAS 18001 128 zertifizieren lässt. 129 Der Indikator stellt die zweite Säule des Lieferantenkodex dar. Der Konzern nimmt direkt auf den Lieferanten Bezug und geht dabei auf gewisse Punkte ein (z.b. Arbeitsumgebung, Notfallvorsorge und Produktqualität und sicherheit). 130 Der Indikator Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz wird von Nestlé in den Grundsätzen, dem Nachhaltigkeitsbericht, Nestlé Policy on Safety and Health at Work und dem Lieferantenkodex aufgriffen. Dies ist ein Indiz dafür, dass der Indikator Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz stark vorhanden ist. (2) Als Punkt sechs der Unternehmensgrundsätze greift Nestlé den Indikator Kinderarbeit auf. Es wird angegeben, dass das Unternehmen die Grundsätze der Global-Compact-Initiative der Vereinigten Nationen zu den Menschen- und Arbeitsrechten voll unterstützt. Aus den Grundprinzipien geht hervor, dass der Konzern für die Abschaffung von Kinderarbeit eintritt (United Nations Global Compact Grundsatz 5) und sich an das Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung und das Übereinkommen Nr. 182 über die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit hält (Kernübereinkommen der Internationalen Arbeiterorganisation IAO). 131 132 133 Auch die erste Säule des Lieferantenkodex fordert gemäß dem ILO-Übereinkommen Nr. 138 und Nr. 182, ein Mindestalter und die Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit. 134 Somit 126 Nestlé (2013b), S. 32f. 127 Nestlé (2008b), S. 1 128 OHSAS 18001 is an internationally recognised occupational, health and safety management system series standard. The OHSAS 18001 standard is based on the similar ISO 9001 and ISO 14001 Plan - DO - Check - Act structure. Certification Europe (o.j.) 129 Nestlé (2008b), S. 4 130 Vgl. Nestlé (2013a), S. 3 131 IAO, auch ILO, englisch für International Labour Organization 132 Adopted in 1998, the ILO Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work is an expression of commitment by governments, employers' and workers' organizations to uphold basic human values - values that are vital to our social and economic lives. International Labour Organization (2014a) 133 Übereinkommen Nr. 138 und 182 sind beide Teil der Fundamental Conventions. Vgl. International Labour Organization (2014a) 134 Vgl. Nestlé (2013a), S. 2 27

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC nimmt der Konzern sowohl in den Unternehmensrichtlinien als auch im Lieferantenkodex direkt auf Kernübereinkommen der IAO Bezug. Ebenso wurde das Problem der Kinderarbeit im Nachhaltigkeitsbericht aufgegriffen. Dieser berichtet darüber, dass im Rahmen eines Responsible-Sourcing-Programs, Hot-Spot Analysen an zwölf strategischen Rohstoffen durchgeführt und Risiken betrachtet wurden. Dazu gehört neben Verstößen gegen Sozialstandards zu Arbeitnehmerrechten, unter anderem der Indikator Kinderarbeit. 135 Mehrere Kritiker äußerten sich 2009 und 2010 anlässlich der Ausbeutung von Kindern auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste. So berichtete Teevs, Kritiker von Spiegel Online, wie Hilfsorganisationen die Schokoladenindustrie verdächtigen von Kinderarbeit in dem westafrikanischen Land zu profitieren. 136 Die öffentliche Kritik an Nestlé in Bezug auf die Ausbeutung von Kindern zwischen 10 und 14 Jahren, deutet darauf hin, dass die aufgestellten Richtlinien und Standards keine vollständige Umsetzung garantieren können. Nestlé reagierte mit dem Nestlé Cocoa Plan, allerdings ergab eine vom Schweizer Konzern angeforderte Prüfung im Jahr 2012, dass die von Nestlé ergriffenen Maßnahmen im Kampf gegen die Kinderarbeit bei der Kakaoproduktion in der Elfenbeinküste noch immer nicht ausreichend wären. Diese müssten ausgebaut werden, da zahlreiche Verstöße gegen die internen Arbeitsregeln festgestellt worden seien. 137 Das Unternehmen greift das Problem der Kinderarbeit in den Unternehmensgrundsätzen, dem Nestlé Cocoa Plan, dem Lieferantenkodex und dem Nachhaltigkeitsbericht auf. Die Kritik kann hingegen als Indiz dafür gesehen werden, dass die genannten internen Richtlinien nicht in dem gewünschten Maße umgesetzt werden. Somit ist der Indikator Kinderarbeit lediglich vorhanden. (3) Im Jahr 2011 berichtete Grant vom Chicago Tribute über die Topposition von Nestlé Purina Petcare bei einem Ranking von glassdoor zur Work-Life Balance. 138 139 Hohman, CEO von glassdoor äußerte sich folgendermaßen dazu: "Companies that have a strong work-life balance are optimized for long-term success, those companies tend to keep employers longer, and those employees tend to be happier. 140 Die fünfte Dimension Mitarbeiter der Unternehmensrichtlinien besagt, dass der Erfolg des Unternehmens auf der Fähigkeit aufbaut, die richtigen und besten Mitarbeiter 135 Vgl. Nestlé (2013b), S. 21 136 Teevs (2010) 137 Doherty/ James (2012) 138 Anhang 3, S. 58: glassdoor (2011) 139 Vgl glassdorr (2011) 140 Grant (2011), vom Verfasser übersetzt 28

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC anzuwerben, zu binden, zu fördern und zu schützen. 141 Dabei wird auf das Dokument Nestlé Human Resources Policy verwiesen. 142 Dieses greift den Indikator Work-Life Balance als eigenständigen Punkt auf und berichtet, dass Nestlé flexible Arbeitsbedingungen unterstützt und Mitarbeiter motiviert, Interessen außerhalb des Arbeitsplatzes zu verfolgen. Zudem geht der Lieferantenkodex auf Arbeitszeiten, Überstunden und Ruhetage ein. 143 Darüber hinaus berichtet der Konzern im Nachhaltigkeitsbericht über zeitlich und räumlich flexibles Arbeiten. Es wird mitunter über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Form von Teilzeitmodellen und Kinderbetreuung informiert. 144 Über den Indikator Work-Life Balance wird in den Unternehmensgrundsätzen, dem Lieferantenkodex, dem Nachhaltigkeitsbericht und Nestlé Human Resources Policy berichtet. Das deutet darauf hin, dass der Indikator stark vorhanden ist. (4) Zu den Fundamental Conventions gehört neben dem Übereinkommen Nr. 138 und Nr. 182 die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen. Der Indikator Vereinigungsrecht und Recht auf Kollektivverhandlungen (ILO: Übereinkommen Nr. 98) wird von Nestlé als Teil der Unternehmensgrundsätze Menschenrechte aufgegriffen. 145 146 Der Konzern berichtet über die volle Unterstützung der Grundsätze der Global-Compact-Initiative (UNGC Grundsatz 3). 147 Gleichermaßen fordert Nestlé im Lieferantenvertrag in Bezug auf die Lieferanten, dass diese den Mitarbeitern das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen in Einklang mit den geltenden Gesetzen und Vorschriften gewähren. 148 Im Nachhaltigkeitsbericht äußert sich der Lebensmittelkonzern zu Kollektivverhandlungen und berichtet, dass Nestlé Deutschland ab März 2014 die Rückkehr zur Tarifbindung plant. Im Jahr 2013 fielen laut dem Konzern bereits 50 % unter Kollektivvereinbarungen. 149 Beachtet man hingegen den asiatischen Kontinent, so erntet der Lebensmittelkonzern Kritik durch die Missachtung grundlegender Gewerkschaftsrechte. Die Internationale Union der Gewerkschaften der Lebens- und Genussmittelarbeiter (IUL) berichtete, dass die Bildung unabhängiger Gewerkschaften und das Recht auf 141 Vgl. Nestlé (2010) 142 Vgl. Nestlé (2002) 143 Vgl. Nestlé (2013a) 144 Vgl. Nestlé (2013b) 145 Vgl. Nestlé (2010), S. 14 146 ILO (2014) 147 Anhang 2, S: 57: UN Global Compact (o.j.) 148 Nestlé (2013a), S. 2 149 Vgl. Nestlé (2013b), S. 31 29

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Kollektivverhandlungen in Produktionsstätten in asiatischen Ländern seit Jahren zurückgewiesen werden. In Pakistan und Indonesien kämpfen laut Möllendorf, Kritiker der Zeitschrift junge Welt, Menschen gegen willkürliche Entlassungen und die Schikanierung von Gewerkschaftsaktivisten an. In Indonesien konnte die Gewerkschaft der Nestlé-Beschäftigten (Nestcafé-Fabrik) erst mit der Hilfe der IUL und nach einem langen Kampf im Jahr 2013 eine Kollektivvereinbarung aushandeln. 152 150 151 Der Indikator Vereinigungsrecht und Recht auf Kollektivverhandlungen wurde von Nestlé in den Unternehmensrechtlinien, dem Lieferantenkodex und dem Nachhaltigkeitsbericht aufgegriffen. Hingegen lässt die Kritik vermuten, dass die Umsetzung entlang der Lieferkette nicht garantiert werden kann. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass der Indikator lediglich als vorhanden eingestuft werden kann. 4.1.3 Zwischenfazit Multinationale Unternehmen sind gezwungen Verfahren und Vorgehensweise zu entwickeln, um auf steigende Erwartungen zu reagieren. Der Code of Conduct stellt bei Großunternehmen ein oftmals angewandtes Instrument dar, welches eine gemeinschaftliche Grundlage auf Basis internationaler Normen bildet und eine kollektive Einflussnahme auf Gesellschaft und Umwelt gewährleistet. Alle sozialen Indikatoren wurden in den Unternehmensrechtlinien, dem Lieferantenkodex und dem Nachhaltigkeitsbericht aufgegriffen. 153 Die öffentliche Kritik kann bei den Indikatoren Kinderarbeit und Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen darauf hindeuten, dass die von Nestlé aufgegriffenen Normen und Richtlinien vom Unternehmen nicht vollständig umgesetzt werden. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass die Indikatoren lediglich als vorhanden bewertet werden können. Hingegen können Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und Work-Life Balance als stark vorhanden eingestuft werden (Tabelle 2). 150 Vgl. IUL (2013) 151 Als die im Jahr 2000 gegründete»gewerkschaft der Arbeitnehmer von Nestlé Indonesien«nach einer Fabrikerweiterung 2007 ihre Forderungen für einen neuen Kollektivvertrag vorlegte, bestritt Nestlé ihre Tariffähigkeit [ ]. Möllendorf (2012), S. 15 152 Vgl. Möllendorf (2012), S. 15 153 Anhang 4, S. 59: Soziale Indikatoren 30

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Indikator Nicht vorhanden Vorhanden Stark vorhanden (1) Gesundheit und Sicherheit X (2) Kinderarbeit X (3) Work-Life Balance X (4) Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen X Tabelle 2 Soziale Indikatoren bei Nestlé Das Ergebnis bestätigt die Meinung der Kritiker insofern, dass Nestlé zwar einerseits von den Lieferanten, Zwischenhändlern, Zulieferern und ihren Mitarbeitern Ehrlichkeit, Integrität und Fairness sowie die Einhaltung nicht verhandelbarer Standards erwartet, andererseits die Umsetzung der einzelnen Punkte des Codes of Conduct (Supplier Code of Conduct) nicht garantieren kann. 154 Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass der CoC nicht bindend sei und mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung kein geeignetes Instrument für eine maßgebliche Veränderung darstelle. Ohne Zweifel gibt es viele Schwachstellen und berechtigte Kritik an seiner Ausgestaltung und Umsetzung. Einzuräumen ist jedoch, dass der Rahmenvertrag eine ausbaufähige Lösung darstellt. Inwieweit der Code of Conduct Nachhaltigkeitsziele im Unternehmen durchsetzt, liegt im Ermessen der Unternehmen selbst und kann daher lediglich in Bezug auf Nestlé beurteilt werden. 154 In dem Praxisbeispiel gilt das gleichermaßen für die weiteren verwendeten öffentlichen Dokumente. 31

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC 4.2 Abfallmanagement Unternehmen, die einem erhöhten Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind und gesetzlichen Umweltauflagen nachkommen müssen, weil deren Prozesse eine bedeutende Wirkung auf die Umwelt haben, beziehen produktions- und prozessbedingte Umweltwirkungen häufiger in die Unternehmensstrategie ein. Die innerbetriebliche Abfallwirtschaft befasst sich als Teil des betrieblichen Umweltmanagements mit der Entstehung, Erfassung, der Vermeidung, der Verwertung und der Beseitigung von Abfällen im Unternehmen. 155 Der durchschnittliche Verlust von Nahrungsmitteln über die gesamte Supply Chain wird global auf 35 % geschätzt. Etwa ein Drittel der produzierten Lebensmittelprodukte geht somit als Abfall verloren. Allein in Europa beträgt der Verlust geschätzt jährlich 90 Millionen Tonnen, ohne dass die für die Herstellung eingesetzten Ressourcen in diese Betrachtung miteinbezogen werden. Eine der häufigsten Ursachen für die Entstehung von Abfall ist die Überschreitung des Verfalldatums. Gründe hierfür sind unter anderem, dass die Bestellmenge die Nachfrage überschreitet oder die Ware den Händler zu spät erreicht, resultierend in einer kürzeren verbleibenden Haltbarkeitsdauer. 156 Eine schlechte Planung und Verspätungen in den vorherigen Supply Chain Phasen können sich auf spätere Betriebsabläufe und Tätigkeiten auswirken. Der Fakt, dass Organisationen Informationen nicht offen teilen und keine technologisch fortgeschrittenen Prognoseverfahren einsetzen, wurde als Grund für die Lebensmittelverschwendung zwischen den Lieferanten und den Händlern identifiziert. Zudem liegt der Fokus der Leistungsindikatoren in Unternehmen oft auf den Kosten, der Effektivität und der Verfügbarkeit. Laut Kaipia et al. wird der Verfügbarkeit von Produkten oftmals sogar eine höhere Bedeutung beigemessen, als der Abfallreduktion. 157 Auswirkungen auf die Umwelt haben dabei nicht allein die Produkte, die schlussendlich nicht konsumiert werden. Mit dem Endprodukt gehen ebenfalls alle dafür eingesetzten Ressourcen über die gesamte Wertschöpfungskette verloren. Es zeigt sich, wie wichtig es im Sinne der Nachhaltigkeit ist, sicherzustellen, dass die Produkte in einwandfreiem Zustand und in voller Quantität den Endkonsumenten erreichen. Da es sich bei Abfall um Materie am falschen Ort handelt, wird im Sinne der Nachhaltigkeitsbetrachtung angestrebt, Umweltbelastungen zu vermeiden und Ressourcen zu schonen. Anhand 155 Kranert/ Cord-Landwehr (2010), S. 495 156 Kaipia et al. (2012), S. 263 157 Vgl. Kaipia et al. (2012), S. 262f., vom Verfasser übersetzt 32

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC einer Effizienzstrategie fördert die Vermeidung und Verwertung von Abfall im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, die Produktivität des Primärenergie- und Materialeinsatzes. 158 Dem Problem des Abfallaufkommens kann nur entgegengewirkt werden, wenn Ressourcenmanagement, Produktpolitik und Verbrauchsmuster im Zusammenhang betrachtet werden. In der Politik sollten dementsprechend bei der Steuerung des Abfallaufkommens alle Aspekte der drei Dimensionen gleichgewichtet werden. 159 Basierend auf den Ansätzen der EU-Strategie für die Vermeidung und Verwertung von Abfällen und der Abfallrahmenrichtlinie der EU, wird die Abfallhierarchie strukturiert in die Abfallvermeidung (Prevention), die Vorbereitung zur Wiederverwendung (Re-use, Recovery), die stoffliche Verwertung (Recycling), die sonstige Verwertung z.b. energetische Verwertung (other recovery) und die Beseitigung (Abbildung 8). 160 161 Abbildung 8 - Europäische Abfallhierarchie-Pyramide 162 158 Vgl. Kaipia et al. (2012), S. 262f., vom Verfasser übersetzt 159 Vgl. Kranert/ Cord-Landwehr (2010), S. 495 160 Vgl. ebd., S. 3 161 Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das zuletzt durch 44 Absatz 4 des Gesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324) geändert worden ist 162 Fischer (2011), S. 36 33

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Behandlung und Verwertung von Abfällen große CO 2 -Einsparpotentiale birgt. Allein die Wiederverwendung von Aluminium kann bis zu 95 Prozent an Energie einsparen und dadurch gleicherweise die Freisetzung des klimaschädlichen CO 2. Ein erheblicher Anteil klimarelevanter Wirkungen kann auf Methanemissionen aus Deponien zurückgeführt werden, was der Relevanz der Verhinderung der Abfallbeseitigung als letzte Alternative der Abfallhierarchie noch mehr Bedeutung beimisst. 163 Im Folgenden soll auf zwei Größen eingegangen werden, die einen nicht unerheblichen Anteil zum Abfallaufkommen von Unternehmen beitragen. Diese sind zum einen Verpackungen und zum anderen Nebenprodukte, die im Unternehmen während der Produktion anfallen. Anschließend sollen ökologische Indikatoren aus der Theorie abgeleitet und am Praxisbeispiel Unilever näher untersucht werden. 4.2.1 Verpackungen Das Konsumverhalten unterliegt regelmäßigen Veränderungen. Das betrifft nicht nur die allgemeine Nachfrage nach Produkten, sondern auch deren Verpackungsgröße. 164 Bereits seit der Entstehung regionaler Supermärkte sind neue Verpackungstechniken unabdingbar, da die Wünsche der Kunden immer individueller und anspruchsvoller werden. Die Transport- und Umverpackungen haben regelrecht zu einer entstehenden Müll-Lawine beigetragen. Nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung nimmt eine umweltfreundliche Verpackung für zwei Drittel der Verbraucher beim Einkauf einen hohen Stellenwert ein. Allein in Deutschland fallen pro Person und Jahr 196 kg Verpackungsabfälle an und somit 20 Prozent mehr als der europäische Durchschnitt. 165 Nach Eurostat (Statistisches Amt der Europäischen Union) waren es in Europa im Jahr 2011 80 Millionen Tonnen Verpackungsmüll. 166 167 Die Verpackungsindustrie steht nun vor der Herausforderung durch kreislauforientiertes Ressourcenmanagement und intelligentes Design, den Ansprüchen der Verbraucher gerecht zu werden. Besonders im Lebensmittelsektor fällt auf, dass Produktverpackungen oftmals nur halb gefüllt sind und damit eine geringe Materialeffizienz aufweisen. Laut Fischer nahm die Materialeffizienz der eingesetzten 163 Vgl. BAV (o.j.) 164 Vgl. Kaipia et al. (2012), S. 263, vom Verfasser übersetzt 165 Fischer (2011), S. 35 166 Eurostat (2011) 167 Anhang 5, S. 60: Eurostat (2011) 34

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Verpackungen seit dem Beginn dieses Jahrtausends sogar tendenziell wieder ab. 168 169 Verpackungen haben auf lange Sicht Auswirkungen auf die Umwelt und sind langfristig nicht nachhaltig. Die Auswirkungen umfassen den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen, die Erzeugung von Emissionen während der Herstellung und die Produktion von Feststoffabfall, der einer Entsorgung auf Mülldeponien bedarf. 170 Dieses Problem wurde im Aktionsprogramm der Agenda 21 im Jahr 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung aufgegriffen. Die Vermeidung aufwendiger Verpackungen, die Begünstigung der Einführung umweltverträglicher Produkte und die Senkung des Energie- und Materialverbrauchs je Produktionseinheit bei der Erzeugung von Gütern und Erbringung von Dienstleistungen wurde in der Agenda 21 gefordert, um Abfallprodukte zu vermeiden. 171 Die traditionelle Funktion einer Verpackung ist der Schutz des Produktes, um dessen 172 173 Verlust entlang der SC bis zu Endkunden entgegenzuwirken. Insbesondere im Lebensmittelsektor spielt der Schutz der Produkte bei der Lagerung und während des Transportes eine wichtige Rolle, um den Konsumenten einen tadellosen Zustand der Lebensmittel zu garantieren und folglich jeglichen Gesundheitsrisiken vorzubeugen. Verpackungen stellen heute ein Element dar, welches Verbesserungen im Sinne eines effizienten und nachhaltigen SCMs unterstützen kann. 174 Laut García-Arco und Prado- Prado werden mit Verpackungen drei Funktionen verbunden: wirtschaftliche, logistische und ökologische. 175 Wegen dieser multifunktionellen Vision entstand der Begriff der packaging logistics, welcher die Verzahnung von Verpackungsdesign und 168 Vgl. Fischer (2011), S. 35 169 The packaging thrown in the garbage have increased since 2000 by more than 1 million tons (+9% [ ]. Ceppa/ Morino (2012), S. 617, Several studies, however, identify food losses as an important environmental issue in the food-packaging system, and measures to decrease food losses play a significant role in reducing the overall environmental impact. Williams et al. (2008), S. 854 170 Vgl. Verghese/ Lewis (2007), S. 4382, vom Verfasser übersetzt 171 Agenda 21 (1992), S. 21 172 Vgl. Azzi et al. (2012), S. 439f., vom Verfasser übersetzt 173 Verpackungen lassen sich in Primär-, Sekundär- und Tertiärpackmittel unterteilen. Bei der Primärverpackung handelt es sich um die endgültige Verpackung an den Endverbraucher, welche das Produkt direkt schützt, wohingegen die Sekundärverpackung wird entworfen, um eine oder mehrere Erstverpackungen zu umfassen. Die Tertiärverpackung wird genutzt, wenn eine ganze Zahl von Primär- und Sekundärprodukten auf Paletten oder Rollcontainern transportiert werden. Zwischen diesen drei Stufen bestehen Abhängigkeiten, um ihrer jeweiligen Funktion gerecht zu werden. Vgl. García-Arca et al. (2014), S. 329, vom Verfasser übersetzt 174 Vgl. Verghese/ Lewis (2007), S. 4382, vom Verfasser übersetzt 175 Vgl. Garcí-Arco/ Prado-Prado (2008), S. 375, vom Verfasser übersetzt 35

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Logistikmanagement hervorhebt. 176 177 Die drei Dimensionen müssen nichtsdestotrotz auf das weitere Konzept der Nachhaltigkeit ausgeweitet werden. Azzi et al. benennen drei Komponenten der nachhaltigen Verpackung: environmental footprints [ ] the social equity and economic value generated by innovations in packaging systems. 178 Voraussetzung für Nachhaltigkeit von Verpackungen ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, da bereits kleine Änderungen zu Verbesserungen in den drei Dimension führen können. Jedoch zeigt sich wie bereits an anderen Punkten der SC, dass beim Thema Verpackungen oftmals der ökonomische Aspekt im Mittelpunkt steht, mit einem zu kleinen Fokus auf sozialen und ökologischen Interessen. 179 Das Design der Verpackung sollte idealerweise zu einer gesteigerten Effizienz beitragen (Abfallvermeidung), bezogen auf Tätigkeiten entlang der SC, wie dem Packen, der Bearbeitung, der Lagerung und dem Transport vom Lieferanten und Packer zum Händler. 180 181 Gleichzeitig ist es möglich, mit der Wiederverwendung und dem Recycling an einem späteren Punkt der SC anzusetzen (diese folgen in der Abfallhierarchie auf die Abfallvermeidung). Ebenso zielt die Richtlinie 94/62/EG des Rates und des Europäischen Parlamentes auf die Förderung der stofflichen Verwertung und Wiederverwertung von Verpackungsabfällen ab. Die Produktion selbiger soll begrenzt werden, denn die umweltfreundlichste Verpackung ist die, die gar nicht erst entsteht. 182 Auch die endgültige Beseitigung von Verpackungsabfällen soll weitestgehend verhindert werden. 183 Der Fokus auf dem Umwelteinfluss von Verpackungen sollte über das Abfallmanagement am Ende der Supply Chain hinausgehen, da das Verpackungsdesign die verbrauchten Ressourcen und den verursachten Abfall beeinflusst, inklusive der Verluste. García-Arca und Prado-Prado haben verschiedene Ansätze zusammengestellt, welche die Supply Chain in Bezug auf Effizienz und Nachhaltigkeit verbessern können. Dazu zählen Produktveränderungen in Gewicht, Form und Größe, die Standardisierung 176 Packaging Logistics : The process of planning, implementing and controlling the coordinated Packaging system of preparing goods for safe, secure, efficient and effective handling, transport, distribution, storage, retailing, consumption and recovery, reuse or disposal and related information combined with maximising consumer value, sales and hence profit Saghir (2002), zitiert nach García-Arca et al. (2014), S. 329 177 Vgl. García-Arca et al. (2014), S. 326, vom Verfasser übersetzt 178 Azzi et al. (2012), S. 441 179 Vgl. Azzi et al. (2012), S. 441, vom Verfasser übersetzt 180 Vgl. García-Arca et al. (2014), S. 327, vom Verfasser übersetzt 181 Vgl. Garcí-Arco/ Prado-Prado (2008), S. 376, vom Verfasser übersetzt 182 Fischer (2011), S. 36 183 Vgl. European Commission (1994) 36

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC von Formaten und Änderungen bezüglich der Materialqualität und Größenanpassungen von Verpackungen. Darüber hinaus spielen Verpackungen eine aktive Rolle in Bezug auf neue Produktinnovationen. Sie haben einen wesentlichen Anteil daran, ein Produkt oder eine Marke von anderen zu unterscheiden, indem sie bestimmte von Konsumenten als positiv bewertete Charakteristiken aufweisen. 184 Dazu zählen unter anderem eine einfache Handhabung, ein einfaches Öffnen und Schließen der Verpackung und eine unkomplizierte Trennung von Verpackungsabfällen. Besonders Life-Style-Produkte und der demographische Wandel erhöhten spätestens seit Beginn dieses Jahrtausend das Verpackungsaufkommen und machen deutlich, dass die Erwartungen der Kunden oftmals über den einfachen Schutz der Produkte hinausgehen. Packmittel- und Verpackungsspezialisten präsentierten auf der Messe Interpack interessante Packaging-Konzepte für Food-Hersteller. Diese umfassten unter anderem Barriere- und Wiederverschluss-Lösungen, Frische-Indikatoren und Verpackungen, die die Haltbarkeit in Wechselwirkungen mit dem Füllgut aktiv verlängern. 185 Von der ökonomischen Seite betrachtet, agieren Verpackungen als silent salesperson, indem sie sich durch gewisse Produktcharakteristika von anderen Produkten bzw. Marken unterscheiden. Als silent salesperson trägt sie einen Anteil zu gesteigerten Umsätzen 186 187 bei und nähert sich somit dem kommerziellen Aspekt der Verpackung an. Der soziale Aspekt ist im Bereich der Verpackungen wurde bisher weniger untersucht. Vernuccio et al. (2010) und Azzi et al. beschäftigten sich mit sozialen Gesichtspunkten von Verpackungen. Dazu zählen unter anderem ein vereinfachtes Recycling, das Bereitstellen von ehrlichen, klaren und vollständigen Informationen, Sicherheit der Produkte und einen an die Bedürfnisse der Konsumenten angepassten Produktgebrauch, wie z.b. bei älteren Menschen. Hygiene und Sicherheit der Produkte sind im Lebensmittelsektor aufgrund des Verzehrs durch den Konsumenten von besonderer Wichtigkeit. Azzi et al. heben hervor, dass eine verantwortungsbewusstere Nutzung der Verpackung durch innovatives Verpackungsdesign, einen positiven Effekt auf die heutige Wegwerfgesellschaft haben kann. Bei der Betrachtung bestimmter sozialer Bereiche, wie dem Gesundheitswesen, fällt jedoch auf, dass 184 Vgl. Verghese/ Lewis (2007), S. 4387f., vom Verfasser übersetzt 185 Vgl. Wenzel (2014), S. 40 186 Vgl. García-Arca et al. (2014), S. 328, vom Verfasser übersetzt 187 Vgl. Williams et al. (2008), S. 854, vom Verfasser übersetzt 37

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Kostenreduktionen oder eine verbesserte Effektivität in der SC oftmals negative soziale Auswirkungen haben können. 188 189 Es ist schwierig die ökologischen Kosten von verschiedenen Verpackungsalternativen zu messen. Zwar lassen sich einige Kosten teilweise berechnen (Grüne Punkt und Mehrverpackungssysteme), doch stellt sich dies beispielsweise bei der am häufigsten eingesetzten Technik des Life Cycle Assessments (LCA) in Übereinstimmung mit der ISO-Norm 14040 als schwieriger heraus. 190 191 Laut ISO 14040 stellt das LCA eine Unterstützung in der Wahl relevanter Indikatoren der ökologischen Leistung dar. 192 Autoren wie Svanes et al. (2010) und Azzi et al. attestieren jedoch einen Mangel an Indikatoren zur Messung der Effektivität und Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette, welche eine objektive Einschätzung von Verpackungsalternativen zulassen würden. 193 194 195 Auf dem Weg zur besten Verpackung sollte ein möglichst nachhaltiges Design mit geringsten Kosten verbunden werden. Zwar hängt die Art der Verpackung von der Art des Produktes ab, jedoch sollten Doppelverpackungen entschieden vermieden werden. Im Transport von Waren werden beispielsweise sog. Mehrwegsysteme genutzt, wie Obst- und Gemüsekisten aus Kunststoff und Euro-Paletten. Mehrwegverpackungen stellen insgesamt einen guten Lösungsansatz dar, da sie durch ihre mehrfache Nutzung einen großen Teil zur Abfallvermeidung beitragen können. Rohstoffe können gespart werden, da Verpackungen nicht für denselben Zweck neu hergestellt werden müssen. Bewusst gewählte Verpackungsmaterialien erleichtern die Umsetzung der Wiederverwendbarkeit.. 197 Darüber hinaus kann die Entwicklung geeigneter Verpackungen die Kosten entlang der gesamten Lieferkette reduzieren. Diese Kosten setzen sich sowohl aus direkten Kosten (Beschaffung von Verpackungsmaterial), als auch aus indirekten Kosten (Beschädigungen und Verluste aufgrund schlechter Verpackungen) zusammen. 188 Vgl. Azzi et al. (2012), S. 443, vom Verfasser übersetzt 189 Vgl. Vernuccio et al. (2010), S. 335, vom Verfasser übersetzt 190 Das LCA dient der Bewertung der gesamten Umweltbelastungen eines Produktes, eines Prozesses oder einer Tätigkeit, indem der Energie- und Materialverbrauch und der an die Umgebung freigegebene Abfall quantifiziert werden. Ziel des LCAs ist es, den gesamten Umwelteinfluss von industriellen Operationen oder des ganzen Systems zu ermitteln. Vgl. Palsson et al. (2013), S. 291, vom Verfasser übersetzt 191 ISO 14040:2006 describes the principles and framework for life cycle assessment. ISO (2006) 192 Vgl. ISO (2006), vom Verfasser übersetzt 193 Vgl. Azzi et al. (2012), S. 446, vom Verfasser übersetzt 194 Vgl. García-Arca et al. (2014), S. 330, vom Verfasser übersetzt 195 Vgl. Svanes et al. (2009), S. 161ff., vom Verfasser übersetzt 196 Vgl Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz Deutschland (2010) 197 Vgl. Fischer (2011), S. 36f. 196 38

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Besonders die indirekten Kosten verhindern, dass Unternehmen die Vorteile einer angemessenen Verpackung in vollem Umfang verstehen und zu schätzen wissen. Verghese und Lewis geben jedoch zu bedenken, dass Kosteneinsparungen in Bezug auf die direkten Kosten abgewägt werden sollten, da diese zu höheren Kosten für andere Akteure der SC führen können. 198 Laut Williams et al. liegt der Fokus in der Food Supply Chain vielmehr auf den einzelnen Abschnitten und deren Umwelteinfluss, als auf dem ganzen, was in Suboptimierungen resultierte. Beispielsweise ergibt ein LCA von Verpackungen stets, dass größere Verpackungen in Kombination mit größeren Portionsgrößen im Vergleich zu kleineren Verpackungen materialeffizienter sind, lässt dabei jedoch das erhöhte Risiko von Essensresten außer Acht. 199 Dieses Beispiel verdeutlicht die Wichtigkeit, die SC als Gesamtes zu betrachten, um sie nachhaltiger zu gestalten. Gleichzeitig hebt sie die Notwendigkeit einer funktionierenden Zusammenarbeit mit den Lieferanten hervor. Bei der Produktion fallen Nebenprodukte an, die für das Unternehmen für die Herstellung der Produkte nicht weiter relevant sind und daher Abfall darstellen. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Problematik, inwieweit die entstehenden Nebenprodukte von anderen Unternehmen als Ressource in der Produktion weiter verwendet werden können. 198 Vgl. Verghese/ Lewis (2007), S. 4387f., vom Verfasser übersetzt 199 Vgl. Williams et al. (2008), S. 853, vom Verfasser übersetzt 39

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC 4.2.2 Nebenprodukte Während sämtlicher Produktionsprozesse fallen Nebenprodukte (Output) an. Abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen sind Nebenprodukte erwünscht oder unerwünscht, da sie entweder verkauft werden können oder kostenpflichtig entsorgt werden müssen. 200 Faber et al. argumentieren, all production is joint production. 201 Das bedeutet, dass die Produktion von Gütern stets mit der Erzeugung für das Endprodukt unrelevanter Outputs einhergeht, welche unter Umständen sogar 202 203 umweltschädlich sein können (Abbildung 9). Abbildung 9 - Joint Products 204 Idealerweise sollen Überschüsse im System wieder- bzw. weiterverwertet werden: The idea of bringing unintended joint outputs to valuable economic use is the core interest of industrial ecology, which builds upon a metaphor comparing industrial systems to ecosystems. 205 206 Das entspricht der Effizienzstrategie bezüglich der Verwertung von Abfall im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Dahingehend kann entstandener Output, der von einem 200 Vgl. FoodDrinkEurope (2012), S. 45, vom Verfasser übersetzt 201 Faber et al. (1998), S. 131 202 Entstehen bei einem Produktionsprozess zwingend mehrere Produktionsarten, so handelt es sich um die Kuppelproduktion. Bloech (1992), S. 14 203 Vgl. Kronenberg/ Winkler (2009), S. 3027, vom Verfasser übersetzt 204 Kronenberg/ Winkler (2009), S. 3028 205 Ebd. S. 3027 206 Industrial ecologists claim that, although natural systems exhibit a high degree of joint production, pollution is almost non-existent in nature. Kronenberg/ Winkler (2009), S. 3027 40

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Industriezweig als nicht marktfähiger Abfall erfasst wird, eine begehrte Inputressource für einen anderen Produktionsprozess werden. 207 Lebensmittelabfälle können beispielsweise als Futtermittel, Dünger, Kosmetika, Schmieröl oder Pharmazeutika weitergenutzt werden. Der Verkauf unerwünschter Nebenprodukte kann eine zusätzliche Einnahmequelle für Unternehmen darstellen und gleichzeitig Kosten hinsichtlich der Beseitigung von Abfall einsparen. Dementsprechend muss Abfall nicht zwangsläufig mit den negativ belasteten Wörtern wie Kosten und Umweltbelastung in Verbindung gebracht werden, da durchaus Potential besteht, zu einer Kostenreduzierung, zu einer international anwachsenden Wettbewerbsfähigkeit und zu einer sinkenden Umweltbelastung beizutragen. 208 In der Abfallhierarchie entspricht dieser Punkt der Wiederverwendung (Re-use). Auf diese Weise würde ein Netzwerk (Industrial Symbiosis) von geografisch nahe beieinander liegenden Unternehmen entstehen, welche aus der nachhaltigen Nutzung sekundärer Rohstoffe wirtschaftliche und ökologische Vorteile ziehen. Wechselseitige Wertschöpfungspotentiale können durch Kooperationen genutzt und ausgeschöpft und Ressourceneffizienz und Kosteneinsparungen verbessert werden. Neue Einnahmequellen ergeben sich für die Unternehmen, da sich diese des Wertes ihrer Abfallmaterialien für andere Unternehmen oftmals nicht bewusst sind. Eine lokale Umsetzung würde hohen Transportkosten und einer steigenden Luftverschmutzung vorbeugen. 209 210 211 In der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates wird ein Nebenprodukt folgendermaßen definiert: Ein Stoff oder Gegenstand, der das Ergebnis eines Herstellungsverfahrens ist, dessen Hauptziel nicht die Herstellung dieses Stoffes oder Gegenstandes ist, kann nur dann als Nebenprodukt und nicht als Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer1 gelten, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a) es ist sicher, dass der Stoff oder Gegenstand weiter verwendet wird, b) der Stoff oder Gegenstand kann direkt ohne weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, verwendet werden, 207 Vgl. Kronenberg/ Winkler (2009), S. 3026, vom Verfasser übersetzt 208 Vgl. ebd. 209 Beachtet werden sollte, dass die Erzeugung und Vernichtung von Energie während eines Produktionsprozessen unmöglich ist. Das erste Gesetz der Thermodynamik gilt als besondere Form des Energieerhaltungssatzes und besagt, dass die Menge des Inputs und der aufgewendeten Energie, der Menge des Outputs und der umgewandelten Energie entspricht. Vgl. Ceppa/ Marino (2012), S. 619, vom Verfasser übersetzt 210 WWF (2010) 211 Vgl. Ahrendts/ Kabelac (2014), S. 4 41

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC c) der Stoff oder Gegenstand wird als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt und d) die weitere Verwendung ist rechtmäßig, d.h. der Stoff oder Gegenstand erfüllt alle einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen für die jeweilige Verwendung und führt insgesamt nicht zu schädlichen Umwelt- und Gesundheitsfolgen. 212 Die Unterscheidung zwischen Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung stellt ein zentrales praktisches Problem dar. 213 Mit der modernen Technologiegesellschaft ist sowohl die Quantität als auch die Komplexität der Ströme von Zwischenerzeugnissen angestiegen, welche die Situation für das Management zusätzlich erschwert. Park und Chertow bringen an, dass unvollständige und widersprüchliche Statistiken zum Thema Abfall auf eine Unsicherheit der Abfalldefinition und deren Kategorisierung schließen lassen. Abbildung 10 - Overview of the criteria to distinguish between by-products and waste 212 European Kommission (2008), vom Verfasser übersetzt 213 Vgl. Schug et al. (2005), S. 105 42

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Abbildung 10 zeigt die Klassifizierung von FoodDrinkEuropa nach Nebenprodukten und Abfällen. Entscheidend für die Abgrenzung ist dabei der Hauptzweck. Besonders Kooperationen der Supply-Chain-Partner tragen dazu bei, die Verwertung und Entsorgung von Altprodukten und Abfällen in der Kreislaufwirtschaft kostengünstiger zu gestalten. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure kann bereits in den frühen Phasen der Produktion und Entsorgung dazu beitragen, ökologische und ökonomische Probleme zu entdecken und zu verhindern. 214 Der Wild Wildlife Fund (WWF) zählte Industrial Symbiosis 2010 zu den Top Business Innovations, die der Umwelt zugute kommen. 215 Das Ergebnis ist idealerweise ein geringerer Verbrauch von Rohstoffen und ein folglich erhöhter Verbrauch von bereits bestehenden Ressourcen in industriellen Prozessen. Nichtsdestotrotz soll die Herstellung von qualitativ hochwertigen Produkten gewährleistet sein. 216 Die Optimierung des Ressourceneinsatzes an jedem Punkt der Lieferkette soll die Lebensmittelsicherheit in keiner Weise beeinträchtigen. Jährlich werden schätzungsweise 85 Millionen Tonnen Nebenprodukte, wie beispielsweise Maiskleber, Treber, Sojabohnen und Sonnenblumenkerne als Futtermittel verwendet. Die Futtermittelindustrie nutzt in etwa 60 Millionen Tonnen der Nebenprodukte, wobei der Rest von Landwirten verbraucht wird. Die europäische Zuckerindustrie beweist, dass es möglich ist 100 Prozent der Rohstoffe zu nutzen, was größtenteils durch die weitere Verwendung als Futtermittel erreicht wird. So werden die anfallenden Zuckerrübenschnitzel als Viehfutter genutzt und Wasser wird für deren Säuberung wiederverwendet. Viele anfallende Nebenprodukte sind für die weitere Nutzung als erneuerbare Energiequelle aufgrund des landwirtschaftlichen Ursprungs geeignet. 550 000 Tonnen Fettsäure werden schätzungsweise jährlich von der Europäischen Ölsaatenverarbeitenden Industrie produziert, welche sich ideal als erneuerbare Energiequelle eignen. Die anaerobe Gärung und Verbrennung wird genutzt, um Bioenergie zu gewinnen. 217 218 214 Vgl. Jentjens/ Münchow-Küster (2012), S. 19 215 Vgl. WWF (2010), von Verfasser übersetzt 216 Vgl. Ceppa/ Marino (2012), S. 616, von Verfasser übersetzt 217 Vgl. FoodDrinkEurope (2012), S. 47, von Verfasser übersetzt 218 Beispielsweise verbrennt Nestlé zur Erzeugung von Energie, den nach dem Produktionsprozess übrig gebliebenen Kaffeesetz auf Kaffeeplantagen in Deutschland, Frankreich und England. Die erneuerbare Energie wird für weitere Phasen der Produktion verwendet. Ferner trägt dies im Vergleich zur Nutzung fossiler Brennstoffe dazu bei, CO 2 - Emissionen signifikant zu reduzieren und trägt zur Sicherung von 12 Prozent von Nestlé s 43

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Im Folgenden werden ökologische Indikatoren benannt, welche auf stark vorhanden, vorhanden und nicht vorhanden untersucht werden sollen. Verpackungen und Nebenprodukte stellen einen erheblichen Anteil am Abfallaufkommen dar, können daher ebenfalls einen beachtlichen Beitrag zur Abfallreduzierung beitragen. García- Arca und Prado-Prado haben, wie bereits erläutert, verschiedene Ansätze zusammengestellt. Dazu zählen unter anderem Produktveränderungen in Gewicht, Form und Größe und Änderungen bezüglich der Materialqualität. In Bezug auf Verpackungen sollen die Indikatoren Materialeffizienz (am Beispiel von Produktveränderungen in Gewicht, Form und Größe) und Materialqualität am Praxisbeispiel von Unilever untersucht werden (Tabelle 3). Beide Indikatoren haben einen großen Einfluss auf die Wiederverwendung und das Recycling von Verpackungen. Darüber hinaus geht aus der Abfallhierarchie hervor, dass die Beseitigung von Abfall idealerweise komplett vermieden werden sollte. Daher soll der dritte Indikator Abfallbeseitigung analysieren, inwieweit das Unternehmen über die letztendliche Entsorgung als letzte Alternative in der Abfallhierarchie berichtet. An dieser Stelle soll untersucht werden, ob Unilever über Nebenprodukte in Bezug auf die Abfallvermeidung eingeht. Die Verwertung und Behandlung von Abfällen bietet den Unternehmen gleichzeitig CO 2 -Einsparpotentiale. Folglich wird der Reduzierung von CO 2 -Emissionen neben der Materialeffizienz- und qualität und der Vorbeugung von Deponieabfall eine bedeutende Wichtigkeit beigemessen. Aus diesem Grund wird Treibhausgasemissionen als vierter Indikator für die Untersuchung aufgegriffen. erneuerbaren Energieressourcen vor Ort bei. FoodDrinkEurope (2012), S. 48, von Verfasser übersetzt 44

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Indikatoren Fokus (1) Materialeffizienz Produktänderungen in Gewicht, Form und Größe (2) Materialqualität Wahl der verwendeten Materialien (3) Abfallbeseitigung Vermeidung der Abfallentsorgung als letzte Alternative der Abfallhierarchie (4) Treibhausgasemissionen Co2-Einsparspotentiale durch Wiederverwendung Tabelle 3- Ökologische Indikatoren 4.2.3 Umsetzung am Praxisbeispiel von Unilever Zahlreiche Marken der Lebensmittelindustrie wie iglo, Pfanni und Langnese haben sich in den Köpfen der Verbraucher festgesetzt. Nicht jeder weiß hingegen, wer sich hinter diesem Namen wirklich verbirgt. Neben weiteren Produkten macht der Bereich der Lebensmittel einen nennenswerten Anteil des Erwerbs aus. 219 Der niederländischbritische Konzern Unilever gehört mit einem Umsatz von 49,80 Milliarden Euro im Jahr 2013 zu den global players der Wirtschaft. 220 Im Internet präsentiert sich Unilever als ein Unternehmen, das verstanden hat, dass Unternehmen sich verändern müssen und Erfolg an nachhaltiges und stetiges Wachstum geknüpft ist. Mithilfe der sogenannten Kompass-Strategie definiert Unilever seine Vision für die Zukunft: Unser Geschäft verdoppeln, während wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern und unseren positiven sozialen Einfluss stärken. 221 Der Begriff Nachhaltigkeit spielt laut Unilever schon seit geraumer Zeit eine große Rolle: Um im 21. Jahrhundert ein stabiles Geschäft zu gewährleisten, müssen wir sicherstellen, dass unsere Handlungen mit nachhaltiger Entwicklung in Einklang zu 219 Zwar umfasst die Geschäftstätigkeit von Unilever neben Lebensmitteln auch Wasch- und Reinigungsmittel, jedoch stellt Unilever damit keine Ausnahme dar (Procter& Gamble: Lebensmittel und Körperpflege). Nichtsdestotrotz liegt der Fokus auf Unilever als Repräsentant der Top 10 der Konsumgüterhersteller. 220 Vgl. Unilever (2014a), von Verfasser übersetzt 221 Unilever (2014b) 45

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC bringen sind. 222 14 Mal in Folge wurde Unilever im Dow Jones Sustainability Index als nachhaltigstes Unternehmen im Bereich Lebensmittel aufgeführt. 223 Nach einer Erhebung durch die Globescan Inc. und SustainAbility Ltd. wurde der Konzern 2014 zum Erstplatzierten der Liste der Global Corporate Sustainable Leader gekürt. 224 Zudem hat sich Unilever für die Aufnahme in den FTSE4Good Environmental Leaders Europe 40 Index qualifiziert. Unilever stellt basierend auf einer Studie des CRF Institutes im Jahr 2014 einen Toparbeitgeber dar. Begründet wird die Zertifizierung damit, dass Unilever über hervorragende Mitarbeiterangebote verfügt. 225 Im Jahr 2012 erhielt der Konzern den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Deutschlands nachhaltigste Zukunftsstrategie (Konzern). Jährlich werden die Veränderungen im Konzern anhand des UN Global Compact, der Global Reporting Standards und der Millennium Development Goals (MDG) beurteilt. Der Konzern wirbt mit der Verankerung des weltweiten Nachhaltigkeitsplans Sustainable Living Plan als globale Geschäftsstrategie. Dabei kennzeichnet das Unternehmen, inwieweit angestrebte Ziele erfüllt sind, anvisiert werden oder prozentual erfüllt sind. 226 Der im Jahr 2010 entwickelte Unilever Sustainable Living Plan berichtet über drei wichtige Ziele, welche die Steigerung von Gesundheit und Wohlbefinden, die Reduzierung der Umweltbelastungen und die Verbesserung der Lebensbedingungen umfassen. Der SLP wird in dieser Arbeit mit dem Fokus auf die Reduzierung von Umweltbelastungen zur Bewertung der ökologischen Indikatoren herangezogen, da dieser laut Unilever für die gesamte Wertschöpfungskette gültig ist. 227 Unterstützend dient die Internetseite des Lebensmittelkonzerns Unilever, da dort auf verschiedene Punkte des Sustainable Living Plans noch genauer eingegangen wird. 228 (1) Der Konzern greift im Sustainable Living Plan den Indikator Materialeffizienz auf und berichtet darüber, dass Unilever allein jährlich 2,4 Millionen Tonnen Verpackung einkauft, jedoch anstrebt, diese Menge an Material zu reduzieren und die Ressourcen 222 Greenpeace magazin (2003) 223 Vgl. Unilever (2014c) 224 Anhang 6, S: 61: GlobeScan/ SustainAbility Survey (2014) 225 Unilever (2014d) 226 Vgl. Unilever (2014d) 227 Vgl. Unilever (2013) 228 Im Gegensetz zu Nestlé vereint Unilever die aus Sicht des Unternehmens relevanten Themen im Bereich Nachhaltigkeit in einem Bericht. Ergänzende Informationen bietet dazu die Internetseite des Lebensmittelkonzerns: : Housed in the Sustainable Living section of the global Unilever website, this is the principal means of reporting our performance against the targets set out in our Unilever Sustainable Living Plan. Unilever (2014j) 46

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC besser zu nutzen. Eine innovative Nutzung von Materialien und effiziente Verpackungen zählen laut Unilever zu den Hauptfaktoren bei der Reduzierung von Verpackungsabfall. Als Basis für eine Optimierung der Materialnutzung verschiedener Produktentwürfe und nachhaltiger leichter Verpackungen sieht Unilever neue Technologien. 229 Darüber hinaus informiert der Lebensmittelkonzern auf deren Website über Entwicklungen auf dem Gebiet der Verpackungen. So berichtet der Konzern, dass es in enger Zusammenarbeit mit zwei weltweit handelnden Verpackungsherstellern gelang, 15 Prozent Plastik einzusparen. 230 Unilever spezifiziert auf der Internetseite darüber hinaus die angewandten Methoden zur Reduzierung des Gewichtes der Verpackungen um ein Drittel. Diese umfassen leichtgewichtige Materialien, die Optimierung des Struktur- und Material-Designs (Verdichtung), die Entwicklung konzentrierter Versionen der Produkte und die Vermeidung unnötiger Verpackungen. Der Konzern gibt an, durch die Verknüpfung verschiedener Methoden in den Jahren 2010 bis 2013 eine Gewichtreduzierung je Konsumentennutzung von 11 Prozent angestrebt und erreicht zu haben. 231 Der Indikator Materialeffizienz wird von Unilever sowohl im SLP aufgegriffen als auch der Internetseite des Lebensmittelkonzerns. Dies ist ein Indiz dafür, dass der Indikator Materialeffizienz stark vorhanden ist. (2) Der Lebensmittelkonzern informiert im SLP darüber, dass Materialien für eine bessere Ressourcennutzung und Materialreduktion wiederverwendet oder recycelt werden sollen. 232 Somit greift Unilever den Indikator Materialqualität in Bezug auf die Wahl verwendeter Materialien auf. Der Konzern gibt ebenfalls an, dass Verpackungen bis zum Jahr 2015 zu 75 Prozent aus Recyclingmaterial oder zertifiziert nachhaltiger Forstwirtschaft beschafft werden sollen (bis 2013 waren es 62 Prozent). 233 In einigen Ländern plant Unilever eine Verdopplung der Recyclingquote, vereinzelt sogar eine Verdreifachung. 234 Ein ansteigender Anteil von Recyclingmaterial in den Verpackungen soll diesen Prozess vereinfachen. Darüber hinaus erleichtern die 229 Vgl. Unilever (2014e) 230 Vgl. Unilever (2014f), von Verfasser übersetzt 231 Vgl. Unilever (2013) 232 Vgl. Unilever (2013) 233 Unser Versprechen: Bis 2020 werden wir 100 % unserer landwirtschaftlichen Rohwaren nachhaltig beschaffen: 10 % bis 2010; 30 % bis 2012; 50 % bis 2015; 100 % bis 2020. Unilever (2014g) 234 Unilever geht bei den Angaben zu Nachhaltigkeitsentwicklungen oftmals auf die wichtigsten Länder (die 14 wichtigsten Länder) ein, spezifiziert diese Angaben jedoch nicht. Angenommen wird, dass es sich dabei um die absatz- bzw. umsatzstärksten Länder handelt. 47

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC verwendeten Materialien laut Unilever ebenfalls den Konsumenten das Recycling. 235 Durch Einbindung des Konsumenten in den Recyclingprozess wäre es möglich gesteigerte Recyclingquoten schneller zu erreichen. Vergleicht man den durchschnittlichen Recycling- und Rückgewinnungsindex der Jahre 2010 und 2013, so fand in den 14 wichtigsten Ländern eine Steigerung von 7 Prozent statt. 236 3204 Tonnen nach dem Gebrauch recycelter Materialien integrierte Unilever 2013 in harte Kunststoffverpackungen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Indikator Materialqualität in Bezug auf die Wahl der verwendeten Materialien im SLP aufgegriffen wird. Der Lebensmittelkonzern berichtet darüber hinaus auf der Internetseite des Konzerns über Recyclingmaterial in Verpackungen und eine erleichterte Recyclingquote aufgrund eines ansteigenden Anteils von Recyclingmaterial, was die Vermutung aufkommen lässt, dass der Indikator Materialqualität stark vorhanden ist. (3) Unilever informiert im Sustainable Living Plan über die Reduktion von Rohstoff- und Verpackungsabfall seit 2008, wodurch das Unternehmen 200 Millionen Euro einsparen konnte. An der Stelle greift Unilever den Indikator Abfallbeseitigung auf und berichtet, dass bei 75 Prozent der konzerneigenen Produktionsstätten kein Deponieabfall entsteht. 237 Als Grund nannte der Konzern ein wachsendes Bewusstsein für Abfallströme und die Identifikation von Verbesserungsmöglichkeiten. 238 Das kann darauf hindeuten, dass Unilever die Wichtigkeit der Vermeidung von Abfall erkannt hat und damit einhergehend auch das Einsparpotential. Zudem geht Unilever auf der Internetseite unter dem Punkt Reduktion des Abfalls aus unserer Herstellung genauer auf die Vermeidung von Deponieabfall ein. 239 Laut eigener Angaben haben die Werke von Unilever ihr Ziel für das Jahr 2020 bereits erreicht und den Abfall seit 2008 um 66 Prozent reduzieren können. Seit dem Jahr 2010 ist der Verpackungsabfall, der auf Deponien entsorgt wird, um 11 Prozent gesunken. Unilever berichtet außerdem, dass 2013 ca. 97.000 Tonnen weniger Gesamtabfall entsorgt werden mussten. Ursache für die Verbesserungen ist die Einführung des Sustainable Living Plans. 240 241 235 Dazu werden wir Materialien verwenden, die für die in ihren Ländern zur Verfügung stehenden Entsorgungsanlagen am besten geeignet sind. Unilever (2014e) 236 Unilever geht bei den Angaben zu Nachhaltigkeitsentwicklungen oftmals auf die wichtigsten Länder (die 14 wichtigsten Länder) ein, spezifiziert diese Angaben jedoch nicht. Angenommen wird, dass es sich dabei um die absatz- bzw. umsatzstärksten Länder handelt. 237 Das sind insgesamt 186 Produktionsstätten in 38 Ländern. Unilever (2013) 238 Vgl. Unilever (2013) 239 Vgl. Unilever (2014e) 240 Vgl. ebd. 48

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Die Abbildung 11 veranschaulicht die Reduzierung des gesamten Abfalls und deren Entsorgung auf Mülldeponien. Abbildung 11 - Total waste sent to disposal (1995-2013) 242 Es wird hingegen nicht erläutert, was neben der Reduktion von Verpackungsabfall noch zur Senkung des Deponieabfalls beigetragen hat. Der Lebensmittelkonzern geht an keiner Stelle des SLP auf entstehenden Abfall aufgrund während der Produktion anfallender Nebenprodukte, ein. Zwar berichtet der Konzern über die Wiederverwendung von Verpackungen, jedoch nicht in Bezug auf Nebenprodukte. Anfallende Nebenprodukte bieten allerdings durchaus Potential, zu einer Kostenreduzierung und sinkenden Umweltbelastung beizutragen, wie in 4.2.2 erläutert wurde. Dies lässt die Vermutung aufkommen, dass der Konzern Nebenprodukte bei der Reduzierung von Abfall nicht berücksichtigt, obwohl diese durchaus einen nicht 241 Bezüglich des Gesamtabfalls, nimmt sich der Konzern bis 2020 vor, das Gesamtabfallsaufkommen trotz steigender Produktionsmengen, bis zu dem Niveau aus dem Jahr 2008 zu reduzieren. Dies entspricht einer Minderung von 40 Prozent je produzierter Tonne. Vergleicht man das Ziel für 2020 mit der Ausgangslage aus 1995, so beträgt die Reduzierung 80 Prozent je produzierter Tonne und absolut 70 Prozent. Vgl. Unilever (2014e) 242 Unilever (2014i) 49

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC unerheblichen Anteil zur Reduzierung des Deponieabfalls beitragen könnten und damit ebenfalls zu dem angestrebten Ziel, das jegliche Entsorgungen auf Deponien bis zum Jahr 2015 vermieden werden sollen. Insgesamt ist zu sagen, dass Unilever im SLP über den Indikator Abfallbeseitigung berichtet und ebenfalls auf Entwicklungen und angestrebte Ziele eingeht. Dennoch geht der Konzern weder im SLP, noch auf der Unilever Internetseite auf anfallende Nebenprodukte ein. Dies deutet darauf hin, dass der Indikator Abfallbeseitigung von Unilever zwar aufgegriffen wird, durch den Mangel an Informationen zu anfallenden Nebenprodukten dennoch lediglich als vorhanden bewertet werden kann. (4) Ebenfalls informiert das Unternehmen im Sustainable Living Plan über den Indikator Treibhausgasbelastung, indem es sich zu den in der Produktion eingesparten CO 2 - Emissionen von 32 Prozent pro Tonne seit 2008 äußert. Zusätzlich informiert das Unternehmen darüber, dass der CO 2 -Ausstoß an den DACH-Standorten um 48 Prozent reduziert wurde. 243 Als Grund wird die Beschaffung grünen Stroms aus Wasserkraft genannt. Zertifiziert wird das Energiemanagement laut SLP seit dem Jahr 2013. Die Treibhausgasbelastung stellt für Unilever hingegen ebenfalls ein schwieriges Thema dar, denn insgesamt ist der Treibhausgas-Abdruck des Unternehmens bezogen auf den gesamten Lebenszyklus seit 2010 um 5 Prozent gestiegen. 244 Trotz ansteigender Produktvolumina strebt das Unternehmen bis 2020 an, die CO 2 -Emissionen um die Hälfte zu senken. 245 Angesichts des in der Vergangenheit gestiegenen Treibhausgas-Abdrucks, kommt die Vermutung auf, dass die Umsetzung dessen als schwierig angesehen werden kann. Darüber hinaus ist Unilever, als einer der größten Palmölproduzenten, für die Rodung weiter Flächen des Regenwaldes verantwortlich. Damit verletzte das Unternehmen nicht nur Menschenrechte, aufgrund der Zerstörung von Lebensraum, sondern zerstörte gleichzeitig einen gewaltigen Kohlenstoffspeicher. 246 Die Brandrodung und Abholzung haben zur Folge, dass der natürliche Kohlenstoffspeicher aufgelöst wird und daher erhebliche Mengen an CO 2 zusätzlich in die Atmosphäre gelangen. 247 Nach der Energieerzeugung stellt die Entwaldung die zweitwichtigste Quelle, der durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen dar. Zwar wird der Indikator Treibhausgasemissionen sowohl im SLP, als auch auf der Unilever-Internetseite 243 Die DACH-Standorte umfassen die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz. 244 Hier muss jedoch beachtet werden, dass die Ursache dafür hauptsächlich auf andere Bereiche des Portfolios zurückzuführen ist (Körperpflege). Nichtsdestotrotz werden diese Informationen in die Bewertung miteinbezogen. 245 Vgl. Unilever (2014k) 246 Vgl. Utopia (2013) 247 Vgl. Volmert (2011), S. 5 50

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC aufgegriffen, jedoch verzeichnete der Lebensmittelkonzern einen Anstieg des Treibhausgas-Abdrucks und ist zudem für die Zerstörung weiter Flächen des Regenwaldes verantwortlich. Aus den genannten Gründen kann der Indikator lediglich als vorhanden eingestuft werden. 4.2.4 Zwischenfazit Das Abfallmanagement nimmt einen hohen Stellenwert innerhalb des Unternehmens ein, da dem an verschiedenen Punkten der Supply Chain durch Vermeidung, Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertungen und Beseitigung (Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union) vorgebeugt werden kann. Verpackungen und während der Produktion anfallende Nebenprodukte stellen zwei beeinflussbare Größen der Abfallursache für Unternehmen dar. Intelligentes Design von Verpackungen und Produktinnovationen sollen über die traditionelle Funktion des Schutzes des Produktes hinausgehen und Nebenprodukte sollen idealerweise wiederverwendet oder an andere Unternehmen verkauft werden. Unilever berichtet sowohl in dem Sustainable Living Plan, als auch auf der Unilever- Internetseite ausführlich über die Indikatoren Materialeffizienz und Materialqualität. 248 Der Konzern geht dabei sowohl auf Produktänderungen, als auch auf recycelbare Materialien in Bezug auf Verpackungen ein, weshalb dies als Indiz dafür gedeutet werden kann, dass beide Indikatoren als stark vorhanden eingestuft werden können (Tabelle 4). Auch der Indikator Abfallbeseitigung (Vermeidung der Abfallentsorgung als letzte Alternative der Abfallhierarchie) wird von Unilever im SLP und auf deren Internetseite aufgegriffen. Jedoch fällt auf, dass Unilever an keiner Stelle über Nebenprodukte berichtet, obwohl diese durchaus das Potential haben, einen nicht unerheblichen Anteil zu der Reduzierung von Deponieabfall beizutragen. Der Mangel an Informationen hinsichtlich der Nebenprodukte lässt vermuten, dass der Indikator Abfallbeseitigung nur als vorhanden bewertet werden kann. Der Indikator Treibhausgasemissionen kann trotz seiner Berücksichtigung im SLP ebenfalls nur mit vorhanden bewertet werden, da Unilever einen Anstieg des Treibhausgas-Abdrucks verzeichnete und zudem für die Rodung weiter Fläche des Regenwaldes verantwortlich ist. 248 Anhang 7, S. 62: Ökologische Indikatoren 51

4. Ausgewählte relevante Bereiche der nachhaltigen SC Indikator Nicht vorhanden Vorhanden Stark vorhanden Materialeffizienz X Materialqualität X Abfallbeseitigung X Treibhausgasemissionen X Tabelle 4- Ökologische Indikatoren bei Unilever Unilever zeigt anhand spezifischer Zielvorgaben seine Bemühungen genaue Angaben zu treffen und diese nach außen zu kommunizieren. Bestehen bleibt die Unsicherheit von Konsumenten bezüglich der Richtigkeit von Angaben, da diese auf den ersten Blick oftmals schwierig nachvollziehbar erscheinen. Nichtsdestotrotz kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass sich in dem Bereich des Abfallmanagements durchaus Leistungspotentiale realisieren lassen können. 52

5. Zusammenfassung 5 ZUSAMMENFASSUNG Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Fragestellung, inwieweit Nachhaltigkeit an den ausgewählten Supply Chain Punkten Lieferantenmanagement und Abfallmanagement am Beispiel des Lebensmittelsektors eine Rolle spielt. Anhand der Fachliteratur wurde aufgeführt, dass Supply Chain Management als Versorgungskettenmanagement angesehen werden kann, wobei die betriebliche Wertschöpfungskette die Verbindung aller wertschöpfenden Prozesse von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden bildet. Der Supply Chain Punkt Lieferantenmanagement hat dargestellt, dass Unternehmen nicht mehr nur Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen müssen, sondern ebenfalls für deren Lieferanten. Um auf den steigenden Druck der Stakeholder zu reagieren, werden verschiedene Verfahren und Vorgehensweisen entwickelt. Der Code of Conduct stellt bei multinationalen Unternehmen ein oftmals angewandtes Instrument dar. Es bietet mit seiner freiwilligen Selbstverpflichtung jedoch viele Schwachstellen, sowie berechtigte Kritik an seiner Ausgestaltung und Umsetzung. Die Vermutung liegt nahe, dass dieser lediglich Reputationszwecken dient und die Unternehmen bluewashing betreiben. Durch fehlende Transparenz ist dies allerdings schwer beweisbar, weshalb nur Annahmen getroffen werden können. Unbestreitbar ist jedoch, dass die freiwillige Selbstverpflichtung genügend Gelegenheit dafür bietet, bluewashing zu betreiben. Trotzdem stellt der Rahmenvertrag eine ausbaufähige Lösung dar. Dies ist ein Thema, welches einer näheren Betrachtung durchaus wert ist. Um eine aussagekräftige Untersuchung der sozialen Indikatoren durchführen zu können, wurden die Nestlé Unternehmensrichtlinien, verknüpfte Dokumente, der Lieferantenkodex und der Nachhaltigkeitsbericht herangezogen. Die folgenden sozialen Indikatoren wurden innerhalb dieser Arbeit ausgewählt und am Praxisbeispiel von Nestlé untersucht: Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Kinderarbeit, Work-Life Balance und Vereinigungsrecht und Recht auf Kollektivverhandlungen. Zunächst ist zu erwähnen, dass Nestle alle Indikatoren berücksichtigt, allerdings lässt wiederholte negative Kritik an der Art der Umsetzung der Indikatoren Kinderarbeit und Vereinigungsrecht und Recht auf Kollektivverhandlungen zweifeln. Es ist zu vermuten, dass die Realisierung, der von Nestlé aufgegriffenen Richtlinien an dieser Stelle nicht garantiert werden kann. Diese Vermutung resultierte darin, dass beide Indikatoren lediglich als vorhanden eingestuft werden konnten, wohingegen die 53

5. Zusammenfassung Indikatoren Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz und Work-Life Balance als stark vorhanden klassifiziert wurden. Der Supply Chain Punkt Abfallmanagement veranschaulichte, dass die beeinflussbaren Größen Verpackungen und Nebenprodukte einen nicht unerheblichen Teil zur Reduktion des Abfallaufkommens beitragen können. Produktinnovationen und intelligentes Design von Verpackungen sollen über die traditionelle Funktion des Schutzes hinausgehen und helfen, den Erwartungen der Kunden wie beispielsweise einer einfachen Handhabung und einer unkomplizierten Trennung von Verpackungsabfällen gerecht zu werden. Darüber hinaus sollen ausgewählte Verpackungsmaterialien die Wiederverwendbarkeit und das Recycling erleichtern. Neben den Verpackungsmaterialien können während der Produktion anfallende Nebenprodukte wiederverwendet oder an andere Unternehmen verkauft werden. Auf diese Weise können zusätzliche Einnahmen generiert und Einsparpotentiale bezüglich der Ressourcen und Kosten geschaffen werden. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurden die Indikatoren Materialeffizienz und Materialqualität in Bezug auf Verpackungen, der Indikator Abfallbeseitigung mit dem Fokus auf Nebenprodukten und der Indikator Treibhausgasemissionen untersucht. Zur Bewertung wurde der Unilever Sustainable Living Plan, der laut Unilever alle wichtigen Nachhaltigkeitsziele vereint, herangezogen. Zusätzlich wurde die Internetseite des Lebensmittelkonzerns unterstützend berücksichtigt, da dort auf verschiedene Punkte des Sustainable Living Plans genauer eingegangen wird. Der Konzern Unilever berichtete über die beiden Indikatoren Materialeffizienz und Materialqualität im Sustainable Living Plan und zusätzlich auf deren Internetseite, unter Angabe von konkreten Entwicklungen und Zielen. Beide Indikatoren konnten bei der Untersuchung als stark vorhanden klassifiziert werden, da Unilever sowohl auf Produktänderungen, als auch auf recycelbare Materialien in Bezug auf Verpackungen eingegangen ist. Der Indikator Abfallbeseitigung wurde zwar ebenfalls im SLP und auf der Unilever-Internetseite berücksichtigt, jedoch wurde an keiner Stelle über Nebenprodukte informiert. Aufgrund mangelnder Berücksichtigung der Nebenprodukte, konnte der Indikator Abfallbeseitigung lediglich als vorhanden eingestuft werden. Letztendlich wurde der Indikator Treibhausgasemissionen betrachtet und ließ aufgrund des Anstiegs des Treibhausgas-Abdrucks und der Rodung weiter Fläche des Regenwaldes, was die Zerstörung eines immensen Kohlenstoffspeichers zur Folge hat, darauf schließen, dass dieser lediglich vorhanden ist. 54

5. Zusammenfassung Die Praxisbeispiele konnten zeigen, dass sowohl Nestlé als auch Unilever alle Indikatoren in den öffentlichen Dokumenten berücksichtigen. Andererseits musste anhand negativer öffentlicher Kritik in Bezug auf die Indikatoren Kinderarbeit und Vereinigungsrecht und Recht auf Kollektivverhandlungen innerhalb des Lieferantenmanagements und die Indikatoren Abfallbeseitigung und Treibhausgasemissionen des Abfallmanagements festgestellt werden, dass die Realisierung der vier Indikatoren nicht gewährleistet werden konnte. Darüber hinaus setzte Unilever hinsichtlich der ökologischen Indikatoren konkretere Ziele als Nestlé. Hierdurch wurde eine größere Transparenz geschaffen, da diese Nachhaltigkeitsziele idealerweise nachprüfbar sein sollten. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Angaben bezüglich der ökologischen Nachhaltigkeit oftmals den Vorteil haben, leichter quantifiziert zu sein. Letztendlich kann gesagt werden, dass Nachhaltigkeit und effizientes Wirtschaften essentiell zu einem erfolgreichen Bestehen von Unternehmen beitragen, da Unternehmen sich aktiver mit der eigenen Wertschöpfungskette auseinandersetzen und Engpässe entlang der Supply Chain schneller aufgedeckt werden können. Insbesondere namenhafte Unternehmen im Lebensmittelsektor besitzen den Einfluss und die Macht, Nachhaltigkeit entlang der Supply Chain durchzusetzen, da diese als Arbeitgeber, Investoren und Produzenten in vielen Ländern aktiv sind. Zahlreiche Unternehmen haben das Potential für nachhaltiges und effizientes Wirtschaften entlang der Supply Chain erkannt und somit den ersten Schritt in einem kontinuierlich andauernden Prozess gemacht. Abschließend bleibt ebenfalls festzuhalten, dass eine nachhaltig gestaltete Supply Chain ohne erhöhte Kosten und einen Verlust an Qualität und Zuverlässigkeit umgesetzt werden kann. Nachhaltigkeitsziele können indessen sogar Ziele des Supply Chain Managements stärken. Ferner kann der Einbezug von externen Experten den anspruchsvollen Umsetzungsprozess für eine nachhaltige Ausrichtung der Supply Chain erleichtern und das Unternehmen zukunftsorientierter gestalten. Demnach schafft Sustainable Supply Chain Management die Basis dafür, sich langfristig erfolgreich auszurichten und den Erwartungen der Stakeholder gerecht zu werden. 55

Anhang ANHANG Anhang 1: Die Unternehmensgrundsätze und Richtlinien von Nestlé im Überblick 56

Anhang Anhang 2: Die zehn Prinzipien des Global Compact 57

Anhang Anhang 3: Ranking der Top 25 Companies für Work-Life Balance 58

Anhang Anhang 4: Soziale Indikatoren 59

Anhang Anhang 5: Development of packaging waste generated 2005-2011 60

Anhang Anhang 6: The 2014 GlobeScan/ SustainAbility Survey 61

Anhang Anhang 7: Ökologische Indikatoren 62