Günter Adrians Rechtsanwalt DIE ABNAHME DER LEISTUNG IM WERKVERTRAGSRECHT



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Transkript:

Günter Adrians Rechtsanwalt DIE ABNAHME DER LEISTUNG IM WERKVERTRAGSRECHT Stand: 02.04.2015

Die Abnahme der Leistung im Werkvertragsrecht (Stand 02.04.2015) Inhalt I. Begriff der Abnahme Seite 2 II. Teilabnahme Seite 3 III. Formen der Abnahme Seite 4 1) ausdrückliche Abnahme Seite 4 2) förmliche Abnahme Seite 5 3) fiktive Abnahme Seite 6 4) konkludente Abnahme Seite 7 IV. Abnahmereife Seite 8 V. Abnahmefolgen Seite 9 1) Erfüllungswirkung Seite 9 2) Fälligkeit des Werklohns Seite 9 3) Verzinsung der Vergütung Seite 10 4) Gefahrübergang Seite 11 5) Entfallen von Schutzpflichten Seite 13 6) Beginn der Verjährungsfrist Seite 14 7) Beweislastumkehr für Mängel Seite 14 8) Ausschluss von Vertragsstrafe u. Mängelrechten Seite 14 9) Entscheidungen zur Abnahme Seite 15 1

I. Begriff der Abnahme Der Begriff taucht im Werkvertragsrecht an verschiedenen Stellen auf: 634a Abs. 2; 640; 641 Abs. 1 und 4; 644 Abs. 1; 645 Abs. 1 BGB, 12 ; 13 Abs. 1; 13 Abs. 4 Nr. 3 ; 4 Abs. 5 VOB/B. Die häufige Erwähnung lässt bereits auf die besondere Bedeutung der Abnahme für das Werkvertragsrecht schließen. Abnahme bedeutet, die Billigung der Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgerecht. In der Praxis ist folgende Situation nicht ungewöhnlich: Der Bauunternehmer trifft sich nach Fertigstellung der Bauleistung mit dem Architekten des Bauherrn auf der Baustelle. Man macht eine gemeinsame Baustellenbegehung und der Architekt erklärt im Anschluss, bis auf Kleinigkeiten sei die Werkleistung o.k. Liegt in dieser Erklärung eine Abnahme? Nach der HOAI ist der mit der Objektplanung beauftragte Architekt im Rahmen der Leistungsphase 8 Objektüberwachung zur Abnahme der Bauleistungen unter Feststellung von Mängeln verpflichtet. Beachte: Eine solche Erklärung des Architekten stellt in aller Regel keine Abnahme im Sinne des BGB bzw. der VOB/B dar! Bei der Abnahme nach BGB/VOB/B handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die nur der AG (Bauherr) abgeben kann, es sei denn, der Architekt ist durch den Bauherrn ausdrücklich zur Abgabe dieser rechtsgeschäftlichen Erklärung bevollmächtigt. Ohne ausdrückliche Bevollmächtigung ist der Architekt aber nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen für den Bauherrn berechtigt. Praxistipp: Erscheint zu einem vereinbarten Abnahmetermin statt des Bauherrn der Architekt, muss geklärt werden, ob der Architekt zur Erklärung der Abnahme bevollmächtigt ist! Bei der Abnahme im Rahmen der Objektüberwachung handelt es sich im Unterschied zur rechtsgeschäftlichen Abnahme um eine technische Abnahme. 2

Der Architekt prüft, ob die Ausführung mit den Plänen übereinstimmt und die anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden. Die technische Abnahme durch den Architekten bindet den Bauherrn in keiner Weise. Dieser ist nicht gehindert, die rechtsgeschäftliche Abnahme wegen Mängel zu verweigern. Von der rechtsgeschäftlichen Abnahme ist ferner die Gebrauchsabnahme zu unterscheiden. Diese erfolgt durch die Baubehörde und bestätigt die Übereistimmung des Bauwerkes mit öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften. Schließlich ist die Abnahme zu unterscheiden von der Zustandsfeststellung von Teilen der Leistung nach 4 Abs. 10 VOB/B. Hierbei handelt es sich um eine technische Abnahme, die der Vorbereitung einer späteren rechtsgeschäftlichen Abnahme dient. Zweck ist es, solche Bauleistungen, die durch die weitere Ausführung verdeckt werden und daher später nicht mehr zugänglich sind, zu prüfen: Bewehrung vor Betonierung, Leitungen vor Schließung der Wandschlitze etc. AG und AN haben das Recht, eine Zustandsfeststellung zu verlangen. Das Ergebnis ist schriftlich niederzulegen. Beachte: Der AG ist zwar mit späteren Mängelrügen nicht ausgeschlossen, er trägt aber die Beweislast für das Vorhandensein der erst bei Abnahme gerügten Mängel! Praxistipp: Bei Leistungen, die überdeckt werden, sollte mit der Zustandsfeststellung nach Möglichkeit gleichzeitig ein gemeinsames Aufmass genommen werde. Auch hierzu sollte schriftlich aufgefordert werden. II. Teilabnahme Im BGB-Bauvertrag kann eine Teilabnahme nur verlangt werden, wenn eine solche vertraglich vereinbart ist. Für den abgenommenen Teil der Werkleistung gelten die gleichen Rechtsfolgen wie für die Abnahme des gesamten Werkes (vgl. unter IV). Beim VOB-Vertrag hat der Auftragnehmer nach 12 Abs. 2 VOB/B einen Anspruch auf Abnahme von in sich abgeschlossenen teilen der Werkleistung. Das in diesem Zusammenhang bestehende Problem besteht darin zu bestimmen, wann eine in sich abgeschlossene Leistung vorliegt. Eine generelle 3

Beantwortung der Frage, wann eine in sich abgeschlossene Leistung vorliegt, ist nicht möglich. Der BGH legt einen strengen Maßstab an. Danach handelt es sich um abgeschlossene Teilleistungen, wenn diese nach der Verkehrsanschauung als selbständig und von den übrigen Teilleistungen aus dem Bauvertrag unabhängig anzusehen sind, diese Leistungen sich überdies in ihrer Gebrauchsfähigkeit abschließend beurteilen lassen. Maßgeblich dürfte sein, ob die Leistung nach der Vertragsgestaltung selbständig bewertbar ist. Praxistipp: In der Praxis empfiehlt es sich, die Teilabnahme in dem Sinne zu regeln, dass die besonders abnehmbaren Teilleistungen und die Voraussetzungen für die Teilabnahme exakt beschrieben werden. III. Formen der Abnahme Die Abnahme ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung des AG (Bestellers), an die zahlreiche Rechtsfolgen geknüpft sind. Die Erklärung hat zwei Komponenten: (1) die Übergabe der Werkleistung und (2) die Billigung als im Wesentlichen vertragsgerecht Je nachdem, wie die Erklärung, das Werk als im Wesentlichen zu billigen, artikuliert wird, unterscheidet man: 1) ausdrückliche Abnahme > der AG artikuliert ausdrücklich die Billigung der Werkleistung, wobei nicht unbedingt der Begriff der Abnahme benutzt werden muss ( die Leistung ist o.k. ; ich bin mit der Leistung einverstanden (zufrieden) etc.) Für die ausdrückliche Abnahme ist keine besondere Form vorgeschrieben. Aus Beweisgründen sollte aber über die Abnahme immer ein Protokoll gefertigt werden. In diesem Zusammenhang ist 12 Abs. 1 VOB/B zu beachten: verlangt der AN im Rahmen eines VOB-Vertrages eine Abnahme, so hat der AG sie vorbehaltlich einer anderen vereinbarten Frist - innerhalb von 12 Werktagen durchzuführen. Nach Ablauf der 12 Werktage gilt die Leistung aber nicht etwa als abgenommen, vielmehr kommt der AG mit der Annahme der Werkleistung in Verzug. 4

Konsequenz: 300 Abs.1 BGB, 304 BGB, 644 Abs. 1 Satz 2 BGB. Beachte: Der Zugang des Abnahmeverlangens muss sichergestellt werden, um den Beginn der 12-Werktagefrist nachweisen zu können. Praxistipp: Um die Abnahmewirkung zu erreichen sollte ein Abnahmeverlangen sofort mit einer Frist verbunden werden. 2) förmliche Abnahme > Es handelt sich um eine ausdrückliche Abnahme unter Beachtung besonderer Förmlichkeiten. Sie ist im BGB-Werkvertrag nicht geregelt und bedarf dort einer gesonderten Vereinbarung. Im VOB-Vertrag sieht 12 Abs. 4 Nr.1 VOB/B vor, dass eine förmliche Abnahme auf Verlangen einer Vertragspartei stattzufinden hat. Die förmliche Abnahme ist dadurch gekennzeichnet, dass über sie ein schriftliches Protokoll zu fertigen ist, dass von AG und AN zu unterschreiben ist. Hieraus folgt, dass die förmliche Abnahme die Anwesenheit beider Parteien voraussetzt. Eine Vertretung ist zulässig. Ausnahmsweise lässt 12 Abs. 4 Nr. 2 VOB/B eine förmliche Abnahme in Abwesenheit des AN zu, wenn ein Abnahmetermin vereinbart und der AN rechtzeitig dazu geladen war. Das Ergebnis der Abnahme ist dem AN umgehend mitzuteilen. Ist der AG nicht anwesend, kann die Leistung nicht förmlich abgenommen werden. Der AG gerät allerdings in Annahmeverzug. Der AN kann eine Frist zur Abnahme setzen (12 Werktage) und damit die Abnahmefolgen herbeiführen, 640 Abs. 1 Satz 3 BGB. Bedeutung des Abnahmeprotokolls Das Protokoll liefert den Beweis für den Verlauf des Abnahmetermins. Es beweist noch nicht die Richtigkeit der dort aufgeführten Punkte. Durch seine Unterschrift erkennt der AN weder Mängel an, noch eine vorbehaltene Vertragsstrafe. Er bringt nur zum Ausdruck, dass er die behaupteten Mängel und den Vertragsstrafenvorbehalt zur Kenntnis genommen hat. Die Unterschriften von AG und AN sind nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Abnahme. Bei der Anfertigung des Protokolls hat der AN das Recht zur Mitwirkung. So hat er z.b. das Recht, Einwendungen gegen protokollierte Mängel im 5

Protokoll festhalten zu lassen. Wird die Mitwirkung verweigert, ist der AN mit seinen Einwendungen dennoch nicht ausgeschlossen. Er sollte sie allerdings unverzüglich nach dem Abnahmetermin gegenüber dem AG schriftlich äußern. Beachte: Jede Partei hat nach 12 Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 VOB/B das Recht, auf eigene Kosten einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Die Feststellungen des SV sind für die andere Partei allerdings nicht bindend. 3) fiktive Abnahme > 12 Abs. 5 VOB/B und 640 Abs. 1 Satz 3 BGB Wesentlich für die fiktive Abnahme ist, dass es auf den Willen des AG, die Leistung abzunehmen, nicht ankommt. Sie ist für den AG besonders gefährlich, da die Abnahme und mit der Abnahme die damit verbundenen Rechtsfolgen, eintritt, ohne dass der AG sich dessen bewusst ist. Wann tritt eine fiktive Abnahme ein: a) Im VOB-Vertrag durch Schweigen des AG auf eine Fertigstellungsanzeige des AN. Wichtig: Die Zusendung der Schlussrechnung ist gleichzeitig die Mitteilung der Fertigstellung der Leistung und führt nach 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B dazu, dass nach Ablauf von 12 Werktagen die Leistung als abgenommen gilt. Beachte: Zugang der Schlussrechnung muss nachgewiesen werden! b) Durch Inbenutzungnahme nach 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B > nach Ablauf von 6 Werktagen gilt die Leistung als abgenommen Beachte: In Verträgen mit Verbrauchern hält 12 Abs. 5 VOB/B einer Inhaltskontrolle nicht stand! Im BGB-Vertrag (gilt auch im VOB-Vertrag): Nach 640 Abs. 1 Satz 3 BGB, indem der AG zur Abnahme unter Fristsetzung aufgefordert wird. Nach Fristablauf gilt die Leistung als abgenommen. Beachte: Eine fiktive Abnahme kommt nicht in Betracht, wenn eine der Parteien eine Abnahme verlangt! 6

Praxistipp: Im VOB-Vertrag sollte der AN versuchen, die Abnahmewirkungen über die Fiktion zu erreichen! Konsequenzen für den AG: 1. Kein Vertragsstrafenanspruch, da kein Vorbehalt bei Abnahme. 2. Kein Nachbesserungsanspruch wegen bekannter Mängel, da kein Vorbehalt bei Abnahme! 4) konkludente Abnahme Bei einer konkludenten Abnahme erklärt der AG durch sein Verhalten, dass er die Werkleistung als vertragsgemäß akzeptiert. Voraussetzung ist, dass der AG Zeit genug hat, das Werk zu prüfen und zu bewerten. Die Dauer der Prüf- und Bewertungsfrist hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Beispiele: vorbehaltlose Zahlung des Werklohns Bezug des Bauwerks nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist (anders, wenn ein Einzug unter dem Zwang der Verhältnisse erfolgt ist; erhebt der AG Mängeleinwendungen, ist eine konkludente Abnahme durch Einzug ausgeschlossen) Auszahlung/Rückgabe von Sicherheiten Beachte: Auch für den AN sind mit einer konkludenten Abnahme Unwägbarkeiten verbunden, weil unklar ist, zu welchem konkreten Zeitpunkt die Abnahme erfolgt ist und die Abnahmewirkungen eintreten. Eine konkludente Abnahme ist in der Praxis nicht selten als Folge einer vergessenen förmlichen Abnahme, d.h., die Parteien haben eine förmliche Abnahme vereinbart, führen diese aber nicht durch. Die Benutzung des fertiggestellten Werkes über Wochen und Monate kann z.b. als Verzicht auf die vereinbarte förmliche Abnahme angesehen werden. Da eine fiktive Abnahme nicht in Betracht kommt, muss ermittelt werden, wann die konkludente Abnahme eingetreten ist. 7

IV. Wann kann die Abnahme verlangt werden? Abnahmereife liegt vor, wenn 1) das Werk vollständig fertiggestellt ist (unbedeutende Restarbeiten stehen einer Abnahme nicht entgegen; keine Abnahmereife soll bestehen bei fehlendem Sockelputz und Eingangspodest eines EFH; bei fehlender Dokumentation die zum sachgerechten Betrieb einer technischen Anlage notwendig ist; wenn schlüsselfertiges Haus nicht uneingeschränkt bezugsfertig u. dauerhaft nutzbar ist; fehlende Konstruktionsunterlagen, Revisionspläne und Bestandsaufnahmen können wesentlich sein, so dass die Abnahme je nach Sachlage verweigert werden kann) und 2) das Werk im Wesentlichen mangelfrei ist> unwesentliche Mängel stehen einer Abnahme nicht entgegen! Problem: Wann sind Mängel unwesentlich? Die Frage lässt sich nicht generell beantworten, sondern ist in jedem Einzelfall zu entscheiden. Unwesentlich ist ein Mangel, wenn er an Bedeutung so weit zurücktritt, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Besteller zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten. Kriterien sind: Kosten und Zeitaufwand einer Mängelbeseitigung Beeinträchtigung der Nutzbarkeit (Funktionalität) optische Mängel eher nicht viele kleine unwesentliche Mängel können in der Summe wesentlich sein sicherheitsrelevante Mängel sind immer wesentlich (fehlendes Geländer) (OLG Hamm v. 26.11.2003, BauR 2005, 731) V. Abnahmefolgen 1. Erfüllungswirkung Der AN ist zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. 631 Abs. 1 BGB. Mit Abnahme tritt die Erfüllungswirkung ein. An die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt der Anspruch auf Beseitigung von Mängeln. 8

2. Fälligkeit des Werklohns Nach 641 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Vergütung bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Die Abnahme ist also Voraussetzung dafür, dass der AN überhaupt seinen Werklohn verlangen kann. Der AG ist allerdings nicht gehindert, dem fälligen Werklohnanspruch das Vorliegen von Mängeln entgegenzuhalten, 641 Abs. 3 BGB. Er ist berechtigt, wegen der Mängel einen angemessenen Teil der Vergütung zurückzubehalten. Angemessen ist gem. 641 Abs. 3 BGB in der Regel das Doppelte der Mangelbeseitigungskosten (sog. Druckzuschlag). Ausnahmsweise wird der Werklohnanspruch auch ohne Abnahme fällig, wenn (1) der AG die Abnahme unberechtigt verweigert (die behaupteten Mängel liegen nicht vor), nachdem der AN eine Frist zur Abnahme gesetzt hat; (2) der AG keine Mangelbeseitigung fordert, sondern Schadensersatz. Sonderfall: Abnahme nach Kündigung des Bauvertrages? Während nach der früheren Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 09.10.86, BauR 1987,95) die Vergütung ohne Abnahme fällig wurde, hat der BGH mit Urt. vom 11.05.2006 (BauR 2006,1294) seine Rechtsprechung geändert: Da der AN trotz Kündigung zur Beseitigung eventuellen Mängeln verpflichtet bleibt, bedarf es einer Abnahme der bis zur Kündigung ausgeführten Leistung, um die Fälligkeit des Teilwerklohns herbeizuführen. Praxistipp: Der AN sollte nach Kündigung dem AG eine Frist zur Abnahme der Teilleistungen setzten und nach Möglichkeit die Abnahme mit einem gemeinsamen Aufmaß verbinden. Problem: Abgrenzung zwischen unfertigen und mangelhaften Leistungen! 3. Verzinsung der Vergütung Nach 641 Abs. 4 BGB ist die Vergütung des AN von der Abnahme an zu verzinsen. Der An hat Anspruch auf eine Verzinsung in Höhe von 4% (vgl. 9

246 BGB). Handelt es sich um ein beiderseitiges Handelsgeschäft beträgt der Zinssatz 5% (vgl. 352 HGB). Beachte: Setzt der AN den AG in Zahlungsverzug, kann er nach 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz verlangen. Handelt es sich im einen Vertrag, an dem kein Verbraucher beteiligt ist, beträgt der Zinsanspruch acht Prozentpunkte über Basiszinssatz, 288 Abs. 2 BGB! Praxistipp: Voraussetzung für den Zahlungsverzug des AG ist neben der Fälligkeit (Abnahme) eine Mahnung des AG. Der AN sollte daher den AG unter Fristsetzung zur Zahlung auffordern. Ohne gesonderte Mahnung kommt der AG gem. 286 Abs. 3 BGB 30 Tage nach Fälligkeit und Rechnungszugang automatisch in Verzug, wenn der AN den AG, der Verbraucher ist, in der Rechnung auf diese Folge hinweist. Beachte: Im VOB-Vertrag tritt an die Stelle des 641 Abs. 4 BGB die Regelung des 16 Abs. 5 Nr. 3 VOB/B. Der AN hat daher im VOB-Vertrag keinen Anspruch auf Fälligkeitszinsen. Der AN muss vielmehr nach Fälligkeit eine Nachfrist setzen und hat nach Ablauf der Nachfrist Anspruch auf Verzugszinsen! 4. Übergang von Leistungs- und Vergütungsgefahr Nach 644 Abs. 1 Satz 1 BGB trägt der AN bis zur Abnahme die Vergütungsgefahr. Das heißt: Wird die Werkleistung vor Abnahme zufällig zerstört oder beschädigt verliert der AN seinen Werklohnanspruch für die ausgeführte Leistung! Der AN trägt desweiteren die Leistungsgefahr. Das heißt: Wird die Werkleistung ohne sein Verschulden zerstört (gestohlen) oder beschädigt, muss er die Leistung ein weiteres Mal erbringen! Beispiel: OLG Jena (NJW-RR 99,895) Brandstiftung im Mischwasserkanal OLG Düsseldorf (BauR 2003,1587) Großbrand vor Abnahme 10

Problem: Beschädigung der Werkleistung durch Nach- oder Nebenunternehmer! Beispiel: OLG Celle v. 18.03.2010 (BauR 2010, 1081) Beschädigung von Trockenbauarbeiten wegen fehlerhaft angebrachter Regenrinne Nach der Rechtsprechung sind Beschädigung durch Nach- oder Nebenunternehmer dem AG nicht zuzurechnen, da diese keine Erfüllungsgehilfen sind. Es bleibt daher dabei: das Risiko der Beschädigung vor Abnahme verbleibt bei dem AN! Aber: Der AN kann vom AG die Abtretung von Ersatzansprüchen verlangen, die diesem gegen den Schädiger zustehen. Bis zur Abtretung kann er die Neuherstellung des Werkes verweigern! Sonderregelung bei zufälliger Zerstörung/Beschädigung eines vom AG gelieferten Stoffes, 644 Abs. 1 Satz 3 BGB: Keine Verantwortlichkeit des AN vor Abnahme! Beispiel: OLG Naumburg v. 18.03.2004 (ZfBR 1004,791) Vergütung für fehlgeschlagene Bohrarbeiten (Werkleistung war vor Abnahme aufgrund eines Mangels des Baustoffes Baugrund unbrauchbar geworden) Konsequenz: AN hat Anspruch auf den entsprechenden Anteil seiner Vergütung nach 645 Abs. 1 Satz 1 BGB! Beachte: Während des Annahmeverzugs geht die Gefahr auf den AG über, 644 Abs. 1 Satz 2 BGB! Für den VOB-Vertrag bestimmt 12 Abs. 6 VOB/B den Übergang der Gefahr auf den AG mit der Abnahme, soweit der AG die Gefahr nicht schon nach 7 VOB/B trägt. 7 Abs. 1 VOB/B bestimmt eine Ausnahme insoweit, als bereits vor Abnahme die Gefahr auf den AG übergeht, wenn die Leistung ganz oder teilweise durch höhere Gewalt, Krieg, Aufruhr od. andere objektiv unabwendbare vom AN nicht zu vertretende Umstände beschädigt oder zerstört wird. 11

Problem: Wann ist ein unabwendbares Ereignis gegeben? BGH: Wenn das Schadensereignis trotz Anwendung wirtschaftlich zumutbarer Mittel durch äußerste Sorgfalt nicht vermeidbar war. Praxisfälle: Sturm als unabwendbares Ereignis? Unternehmer sichert Baustelle gegen bevorstehenden Sturm. Dieser entwickelt sich unvorhersehbar zu einem Jahrhundertorkan. Konsequenz: Unternehmer erhält für die ausgeführte Leistung trotz Beschädigung die Vergütung! 5. Entfallen von Schutzpflichten nach 4 Abs. 5 VOB/B Nach 4 Abs. 5 VOB/B hat der AN die von ihm ausgeführten Leistungen und die ihm für die Ausführung übergebenen Gegenstände bis zur Abnahme vor Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Aussagen über Schutzpflichten finden sich in den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV). In den einzelnen DIN-Normen ist jeweils unter Ziffer 4 (Nebenleistungen) geregelt, dass Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen Leistungen sein können, die auch ohne ausdrückliche Erwähnung zur vertraglich geschuldeten Leistung gehören (z.b.: Ziffer 4.1.2 der DIN 18331; Ziffer 4.1.5 der DIN 18356, Ziffer 4.1.3 der DIN 18367). Beispiel: Werkunternehmer hat bei Dachsanierung das darunter liegende Wohnhaus vor Niederschlägen zu schützen. Hierzu muss er geeignete Maßnahmen in Form einer Schutzfolie bzw. eines Notdaches treffen (OLG Celle v. 29.09.2002). Erkennt der AN bei Angebotsabgabe, dass außergewöhnliche Schutzmaßnahmen notwendig sind, kann er diese einkalkulieren. Erkennt er erst während der Ausführung deren Notwendigkeit, kann er ein Nachtragsangebot erstellen. Da außergewöhnliche Schutzmaßnahmen in der VOB/C in vielen Normen als Besondere Leistung aufgeführt werden, besteht insoweit ein Vergütungsanspruch nach 2 Abs. 6 VOB/B. Lehnt der AG ein entsprechendes Nachtragsangebot trotz eines Bedenkenhinweises nach 4 Abs. 3 VOB/B ab, ist der AN nicht mehr verpflichtet, die Werkleistung zu schützen. 12

6. Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt nach 634a Abs. 2 BGB mit der Abnahme. Die für das Werkvertragsrecht wesentlichen Verjährungsfristen finden sich in 634a Abs.1 BGB: zwei Jahre für Arbeiten an Sachen oder diesbezüglichen Planungoder Überwachungsleistungen, für Bauwerke und darauf bezogene Planungs- und Überwachungsleistungen beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung beträgt die Verjährungsfrist für Bauwerke im VOB-Vertrag vier Jahre; 7. Beweislastumkehr hinsichtlich Mängel Vor der Abnahme hat der AN zu beweisen, dass sein Werk mangelfrei ist. Nach der Abnahme geht die Beweislast auf den AG über. Ausnahme: Hat der AG sich bei der Abnahme seine Mängelrechte vorbehalten, tritt keine Beweislastumkehr ein! 8. Ausschluss von Vertragsstrafe und Mängelrechten bei fehlendem Vorbehalt Nach 341 Abs. 3 BGB verliert der AG einen Vertragsstrafeanspruch, wenn er sich einen solchen bei Abnahme nicht vorbehält. Nach 640 Abs. 2 BGB verliert der AG seine Mängelrechte, wenn er sich diese Bei Abnahme nicht vorbehält. 9. Entscheidungen zum Thema Abnahme: 1. OLG Celle, Urteil vom 09.05.2012 14 U 147/10 Hat der Auftraggeber entgeltlich die Reparatur solcher Leistungen in Auftrag gegeben, die der Auftragnehmer bereits erbracht hat und die von einem Drittunternehmen vor der Abnahme beschädigt worden sind, 13

entfällt die Vergütungspflicht für diesen Auftrag nicht bereits deshalb, weil der Auftragnehmer möglicherweise noch die Vergütungsgefahr trug. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. In der Regel trägt der Unternehme vor Abnahme seiner Werkleistung die Leistungs- und Vergütungsgefahr: geht die Werkleistung vor Abnahme unter oder wird sie beschädigt, so muss er seine Leistung noch einmal erbringen. Einen Vergütungsanspruch hat er erst, wenn sein mangelfreies Werk abgenommen wird. Der Unternehmer muss daher sein Werk bis zur Abnahme vor Beschädigungen schützen. Das OLG Celle hatte darüber zu befinden, ob der Unternehmer auch dann keine Vergütung verlangen kann, wenn seine Leistung vor Abnahme beschädigt wurde, der Auftraggeber einen gesonderten Auftrag zur Schadensbeseitigung erteilte und hierüber eine Rechnung zur Vorlage bei einem Versicherer verlangte. 2. OLG Oldenburg, Urteil vom 11.12.2014 8 U 140/09 -: Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werde. Die Wirkungen der Abnahme treten auch bei einer unberechtigten Abnahmeverweigerung ein. Gemäß 640 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. 12 Abs. 3 VOB/B kann der Auftraggeber wegen unwesentlicher Mängel die Abnahme nicht verweigern. Wann ein Mangel unwesentlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Den Nachweis hierfür hat der Unternehmer zu führen. Sicherheitsrelevante Mängel sind nie unwesentlich! 3. OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.12.2014 1 U 49/14 Der Unternehmer trägt bis zur Abnahme der Werkleistung das Risiko eines Diebstahls von Baumaterialien, die in dem errichteten Haus gelagert werden. Obwohl der Bauherr das Haus vor Abschluss der Innenausbauarbeiten bereits in Besitz genommen hatte, weist das OLG Saarbrücken das Risiko des Diebstahls von Innenausbaumaterialien, die im Haus gelagert waren, dem Unternehmer zu. Dieses Ergebnis leitet das Gericht aus 644 Abs. 1 Satz 1 BGB ab, wonach der Unternehmer die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes 14

trägt. Den Umstand, dass das Haus bereits an den Bauherrn übergeben worden war, wertet das Gericht als Teilabnahme, die aber nicht die noch nicht fertig gestellten Innenausbauarbeiten umfasste. 4. OLG Brandenburg, Urteil vom 05.07.2012 12 U 231/11 Mängel können einer konkludenten Abnahme entgegenstehen, wenn der Unternehmer nicht erwarten darf, der Besteller werde das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß hergestellt hinnehmen. Hiervon kann regelmäßig nur ausgegangen werden, wenn die Mängel den Vertragsparteien bekannt bzw. durch den Besteller gerügt sind. Nicht bekannte Mängel stehen einer konkludenten Abnahme daher grundsätzlich nicht entgegen. Vereinbaren die Parteien eine förmliche Abnahme, setzt eine konkludente Abnahme voraus, dass die Vereinbarung einvernehmlich aufgehoben wurde, was ebenfalls konkludent erfolgen kann. An die Voraussetzungen eines konkludenten Verzichts auf die vereinbarte förmliche Abnahme sind strenge Anforderungen zu stellen. Sowohl die förmliche als auch die konkludente Abnahme setzen zwei Komponenten voraus: die Entgegennahme des Werkes und die Erklärung des Bestellers, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt. Bei der förmlichen Abnahme wird die rechtsgeschäftliche Erklärung ausdrücklich abgegeben, bei der konkludenten Abnahme wird sie aus dem Verhalten des Bestellers abgeleitet, z.b. aus der Zahlung des Werklohns, die Ingebrauchnahme des Werkes über einen längeren Zeitraum hinweg etc. 5. OLG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2014 1 U 282/12 Die Fälligkeit des Werklohns setzt die Abnahme oder die Abnahmefähigkeit des Werkes voraus. Die Abnahme ist allerdings entbehrlich, wenn der Auftraggeber die Abnahme ernsthaft verweigert, Minderung oder Schadensersatz verlangt oder eine Ersatzvornahme durchgeführt hat. Liegen wesentliche Mängel vor, fehlt es an der Abnahmefähigkeit. Fehlt es an der Abnahme und der Abnahmefähigkeit, ist die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen. Aus Sicht des Unternehmers sollte nach Fertigstellung der Werkleistung unverzüglich auf eine Abnahme durch den Auftraggeber gedrängt werden. Wir die Abnahme mit der Begründung verweigert, es lägen Mängel vor, sollte 15

dieser Einwand ernsthaft geprüft und eventuelle Mängel beseitigt werden. Sind auch nach gewissenhafter Prüfung keine (wesentlichen) Mängel feststellbar, ist das Werk abnahmefähig und der Werklohn damit fällig. Der Nachweis für die Abnahmefähigkeit obliegt dem Unternehmer. 6. Bundesgerichtshof, Urteil vom 05.06.2014 VII ZR 276/13 Mit der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung und der Abgabe einer die Dokumentation betreffenden Übernahmeerklärung wird die Leistung jedenfalls dann nicht durch schlüssiges Verhalten abgenommen, wenn sie noch nicht voll funktionsfähig ist. Im konkreten Fall hatte der Auftraggeber dem Auftragnehmer bestätigt, die Leistung vollständig, ordnungsgemäß, funktionsfähig und der Beschreibung im Vertrag gemäß übernommen zu haben, obwohl beiden bekannt war, dass das Gewerk nicht richtig funktionierte. Der BGH hat die Erklärung des Auftraggebers als Bestätigung der körperlichen Übernahme des Werkes gewertet. Eine rechtsgeschäftliche Erklärung, das Werk sei im Wesentlichen vertragsgerecht sei damit nicht verbunden gewesen. An einer Abnahme fehle es daher. 16