Merkblatt für Eltern Die kindgerechte Gestaltung der Eingewöhnungsphase nach dem Berliner Modell



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Transkript:

Pädagogische Tagesbetreuung für Säuglinge, Klein- und Kindergartenkinder Merkblatt für Eltern Die kindgerechte Gestaltung der Eingewöhnungsphase nach dem Berliner Modell Für Sie und Ihr Kind beginnt mit einer Fremdbetreuung ein neuer Lebensabschnitt. Vielleicht ist es das erste Mal, dass Sie Ihr Kind in Fremdbetreuung geben. Vielleicht hat Ihr Kind schon Erfahrungen damit, muss sich aber jetzt auf eine neue Bezugsperson, neue Kinder und eine neue Umgebung einstellen. Damit dieser Übergang gut gelingen kann und Sie und Ihr Kind sich bei der TagesBetreuungsPerson (Tagesmutter/-vater, Kinderfrau) wohl fühlen, geben wir Ihnen einen Einblick in das Konzept des Berliner Modells. Ein Modell, das von INFANS (Institut Für Angewandte Sozialisationsforschung/Frühe Kindheit e. V.) für eine kindgerechte Gestaltung der Eingewöhnungsphase entwickelt wurde. Ein Kernstück des Modells ist die Beachtung der frühen Bindungen des Kindes an seine Eltern und der unterschiedlichen Bindungsmuster. Was bedeutet Eingewöhnung? Der Übergang in eine Tagesbetreuung stellt an Ihr Kind die neue und hohe Anforderung, sich während der ersten Tage und Wochen mit einer neuen Umgebung vertraut zu machen und eine tragfähige Beziehung zur Tagesbetreuungsperson aufzubauen. Ihr Kind ist in dieser Phase mit ihm unbekannten Räumen, fremden Erwachsenen und anderen Kindern konfrontiert und muss sich an einen veränderten Tagesablauf und die tägliche mehrstündige Trennung von Ihnen als Eltern gewöhnen. Dieser Übergang stellt eine kritische Phase für Ihr Kind dar und kann schnell zu einer Überforderung führen. Sie als Eltern sind die wichtigsten Bindungspersonen für Ihr Kind und werden dies auch über die Eingewöhnungsphase hinaus bleiben. Sie bilden die sichere Basis, die alle Kinder in den ersten Lebensjahren brauchen, um sich mit einer neuen Umgebung vertraut machen und sich auf andere Bindungsbeziehungen einlassen zu können. Als Experten Ihres eigenen Kindes können Sie ihm diesen Übergang erleichtern, wenn Sie die Eingewöhnung in Zusammenarbeit mit der 1/6

Tagesbetreuungsperson und NEST-WERK e.v. mit gestalten und begleiten. Die Tagesbetreuungspersonen von Nest Werk e.v. sind alle entsprechend geschult. Forschungsergebnisse Ein bereits 1984/85 durchgeführtes Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin hatte zum Ergebnis, dass die Art der Eingewöhnung der Kinder, insbesondere in den ersten Lebensjahren, die allgemeine und gesundheitliche Entwicklung der Kinder erheblich beeinflussen kann. Kinder mit einer unangemessenen Gestaltung der Eingewöhnungssituation in einer Krippe unterschieden sich von anderen Kindern mit günstigen Bedingungen wie folgt: Sie fehlten in der Krippe während der ersten sieben Monate im Durchschnitt eine mehr als dreimal längere Zeit wegen Erkrankung Sie wiesen nach sieben Monaten Krippenbesuch deutliche Entwicklungsrückstände auf Sie zeigten nach sechs Monaten Krippenbesuch stärkere Verunsicherungen in ihrer Bindung zu ihren Müttern Sie zeigten eine Woche nach Abschluss der begleiteten Eingewöhnungszeit weniger positives Anpassungsverhalten und mehr ängstliches Verhalten Aus Anlass dieser Ergebnisse ist von INFANS ein Modell für eine kindgerechte Gestaltung der Eingewöhnungsphase entwickelt worden, das in Deutschland inzwischen die Aufnahmepraxis von Kindern in Krippen und Tagesbetreuungsstellen verändert hat. Eine Beteiligung der Eltern an dem Prozess der Eingewöhnung bildet die wesentliche Grundlage dieses Modells. Dabei tragen Sie als Eltern und wichtigste Bindungspersonen entscheidend dazu bei, dass Ihr Kind eine sichere Beziehung zur Tagesbetreuungsperson aufbauen zu kann. Darüber hinaus bietet das Modell die Chance, die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Tagesbetreuungsperson von Anfang an so zu gestalten, dass gemeinsam (Erziehungs-) Absprachen getroffen werden können und eine vertrauensvolle Beziehung zwischen den Erwachsenen entstehen kann. Dies wird auch Ihr Kind spüren und gibt ihm so die erforderliche Rückversicherung bzw. Beruhigung, dass die ihn erziehenden Bezugspersonen gut miteinander kommunizieren und sich verstehen. Das Berliner Modell Wie lange dauert eine von den Eltern begleitete Eingewöhnungszeit? Die Dauer der Eingewöhnungszeit hängt von den individuellen Besonderheiten des jeweiligen Kindes ab, d.h. die Entscheidung darüber, wie lange man das Kind begleitet, kann und soll sich am Verhalten des Kindes orientieren. Die 2/6

Tagesbetreuungsperson wird Ihnen dabei mit ihren Fachkenntnissen zur Seite stehen. Sollte Ihr Kind während oder am Ende der vereinbarten Eingewöhnungszeit durch sein Verhalten zeigen, dass es zu einer Trennung von seinen Eltern noch nicht in der Lage ist, wird Ihnen NEST-WERK e.v. umgehend ein Beratungsgespräch anbieten. Die Tagesbetreuungspersonen von NEST-WERK e.v. behalten sich vor, Eingewöhnungsphasen vorzeitig aus pädagogischen Gründen zu beenden, wenn das Wohl Ihres Kindes nicht gewährleistet werden kann. In den meisten Fällen dauert die Eingewöhnung etwa 14 Tage, im Einzelfall auch länger. In jedem Fall sollte ein Elternteil ca. 4-6 Wochen für die Eingewöhnung des Kindes zur Verfügung stehen. Dieser sollte in dieser Zeit noch nicht arbeiten; darüber hinaus ist von einem Wechsel des eingewöhnenden Elternteils abzuraten. Ein Zeitraum von 4-6 Wochen ist deshalb wichtig, da auch nach einer gelungenen Eingewöhnung noch Verunsicherungen oder Rückschritte Ihres Kindes eintreten können. In einer solchen Situation sollte eine sofortige Rückversicherung für Ihr Kind durch Sie als Eltern möglich sein. Planen Sie Ihren Urlaub entsprechend, damit es zu keiner Unterbrechung im Eingewöhnungsprozess kommt, die unter Umständen wieder zu Rückschritten führen kann. Eine erste Unterbrechung z.b. wegen eines Urlaubes von Ihnen als Familie oder von der Tagesbetreuungsperson sollte auch nach einer gelungenen Eingewöhnungsphase gut mit der Tagesbetreuungsperson abgesprochen werden. Was können Sie vor dem Beginn der Betreuung tun? Sie können sich und Ihrem Kind den Übergang zur Tagesbetreuungsperson erleichtern, wenn Sie an verschiedenen Tagen vor Beginn der eigentlichen Betreuung kurze Besuchszeiten mit ihr vereinbaren, an denen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Tagesbetreuungsperson in deren Räumlichkeiten aufsuchen, um sich kennenlernen zu können. Wichtig ist, dass Sie hier noch keine Trennungssituationen mit Ihrem Kind herstellen. Was Sie beachten sollten Wenn zeitgleich andere größere Veränderungen in Ihrer Familie stattfinden (z.b. Umzug, Geburt oder Schuleintritt eines Geschwisterkindes, Trennung der Kindeseltern, usw.) kann dies die Eingewöhnung Ihres Kindes erschweren, da solche Ereignisse ihrem Kind auch erhöhte Anpassungsleistungen abverlangen. Erkrankt Ihr Kind kurz vor oder zum geplanten Zeitpunkt des Betreuungsbeginns ist es sinnvoll, die Eingewöhnungsphase zu verschieben, bis Ihr Kind wieder gesund ist. Erkrankungen können die Fähigkeit des Kindes beeinträchtigen, sich mit einer neuen Umgebung auseinanderzusetzen. 3/6

Geben Sie Ihrem Kind vertraute Gegenstände von zu Hause mit (z.b. Kuscheltier, Schmusetuch, usw.). Diese können für das Kind in Trennungs- und Einschlafsituationen eine beruhigende Wirkung haben. Der eingewöhnende Elternteil sollte in der Eingewöhnungsphase 4-6 Wochen zur Verfügung stehen und erst nach 6 Wochen seine Arbeit antreten. So besteht die Möglichkeit, dass Ihr Kind sich in besonderen Stresssituationen bei Ihnen als vertraute Bindungsperson schnell rückversichern kann. Verweigert Ihr Kind während der Eingewöhnungsphase Essen oder Schlafen oder Ihr Kind schläft und isst in der Eingewöhnungsphase ungewöhnlich viel, sollte kein Druck ausgeübt werden. In der Regel ist dies ein Ausdruck des Kindes von Verunsicherung bezogen auf die veränderte Situation. Es empfiehlt sich, das erste Alleinbleiben Ihres Kindes bei der Tagesbetreuungsperson nicht an einem Montag zu gestalten, da dies die Eingewöhnung erschweren könnte. Die Erfahrung zeigt, dass es Kindern gerade nach Wochenenden, die sie ja in der Regel mit beiden Eltern verbringen, schwerer fällt, mit Veränderungen umzugehen. Der Ablauf der Eingewöhnungszeit Grundsätzlich gilt: Sie müssen bei der Eingewöhnung Ihres Kindes bei der Tagesbetreuungsperson gar nicht viel tun. Ihre bloße Anwesenheit im Raum genügt, um für das Kind ein Nest, einen sicheren Hafen zu schaffen, in den es sich jederzeit zurückziehen kann, wenn es sich überfordert fühlt. Wenn Sie als der eingewöhnende Elternteil still in einer Ecke des Raumes sitzen und für Ihr Kind präsent sind, hat es alles, was es braucht. 1. In den ersten Tagen genügt es, wenn Sie mit Ihrem Kind gemeinsam für ein oder zwei Stunden in der Tagesbetreuungsstelle sind. Sinnvoll ist es, mit der Tagesbetreuungsperson bestimmte, gleiche Zeiten hierfür zu vereinbaren, da dieses Ihrem Kind erleichtern wird, sich an die neue Situation zu gewöhnen. 2. Wenn Sie sich mit Ihrem Kind in den Räumlichkeiten der Tagesbetreuungsperson aufhalten, setzen Sie sich einfach in eine stille Ecke und seien Sie für Ihr Kind präsent. Die Tagesbetreuungsperson wird sich in dieser Zeit zunächst eher abwartend verhalten und erst nach einiger Zeit Kontakt mit Ihrem Kind aufnehmen und ihm kleine Spielangebote machen. Behalten Sie Ihr Kind im Auge und erlauben ihm, zu Ihnen zu kommen und zu gehen wie es will und drängen es nicht zu einem bestimmten Verhalten. Vom zweiten Tag an wird die Tagesbetreuungsperson auch im Blickfeld sein, wenn Sie Ihr Kind füttern oder wickeln. Es empfiehlt sich, diese Aufgaben am Anfang noch selbst zu übernehmen, um Ihrem Kind die Gelegenheit zu geben, die von zu Hause vertrauten Aktivitäten mit seiner neuen Umgebung in Verbindung zu bringen. 3. In den ersten 3 Tagen sollten Sie keine Trennungsversuche unternehmen. Auch wenn Sie den Raum kurz verlassen wollen, nehmen Sie Ihr Kind mit. Laut Ergebnis des bereits genannten Forschungsprojektes scheinen gerade die ersten drei Tage in der Eingewöhnung eine wichtige Rolle für deren Gelingen zu spielen. 4/6

4. Unterstützen Sie die Aktivitäten und das Interesse Ihres Kindes an der Tagesbetreuungsperson. Da Sie als Eltern die wichtigsten Bindungspersonen für Ihr Kind sind, wird es auf Ihre Zustimmung angewiesen sein, um entspannt den Kontakt zur Tagesbetreuungsperson aufnehmen zu können. 5. Am vierten Tag wird Ihnen die Tagesbetreuungsperson in den meisten Fällen vorschlagen, sich für kurze Zeit vom Kind zu verabschieden und den Raum zu verlassen. Die Reaktion Ihres Kindes auf diesen ersten Trennungsversuch in der neuen Umgebung enthält wichtige Anhaltspunkte über die richtige Dauer der Eingewöhnungszeit. Wenn Ihr Kind weint, wenn Sie den Raum verlassen, gehen Sie trotzdem hinaus, bleiben aber in der Nähe der Tür. Wenn die Tagesbetreuungsperson das Kind nach Ihrem ersten Trennungsversuch nicht innerhalb von wenigen Augenblicken beruhigen kann, wird sie Sie wieder in den Raum zurück bitten. Wenn Ihr Kind sich nach Ihrem ersten Trennungsversuch wieder beruhigen sollte, wird die Tagesbetreuungsperson Sie zu einem späteren Zeitpunkt wieder hineinbitten.die Tagesbetreuungsperson wird Sie dann an diesem Tag über das weitere Vorgehen in der Eingewöhnungsphase Ihres Kindes beraten. 6. Wenn möglich, sollten Sie ihr Kind in den ersten 6-8 Wochen nur halbtags in der Tagesbetreuungsstelle betreuen lassen. Eine Ganztagsbetreuung von Anfang an kann die Eingewöhnung Ihres Kindes erschweren. 7. Bereiten Sie sich darauf vor, dass Ihr Kind in der Tagesbetreuungsstelle nach einiger Zeit andere Verhaltensweisen zeigen wird, als Sie sie von zu Hause kennen (z.b. erledigt es Dinge, bei denen es zu Hause Ihre Hilfe einfordert, bei der Tagesbetreuungsperson nun selbständig). Dies hat nichts damit zu tun, dass die Tagesbetreuungsperson einen größeren Einfluss auf Ihr Kind hat als Sie selbst, sondern damit, dass Kinder in einer neuen Umgebung mit neuen Personen zwangsläufig andere Gewohnheiten entwickeln. Zum Schluss Auch wenn die Eingewöhnungsphase Ihres Kindes auch von Ihnen abverlangt, sich mit einer veränderten Situation auseinandersetzen zu müssen: Stehen Sie dem ruhig und positiv gegenüber und lassen Sie sich bei Unsicherheiten von Ihrer Tagesbetreuungsperson oder von NEST-WERK e.v. beraten. Je mehr Verständnis und Sicherheit unter Erwachsenen und Kindern in einer Betreuungsbeziehung besteht, desto eher wird diese Zeit für Sie als Eltern und für Ihr Kind zu einem guten Lebensabschnitt und Sie können beruhigt ihre Arbeit aufnehmen. Als Empfehlung zum Lesen: Elternbroschüre zum Berliner Modell Ohne Eltern geht es nicht Die Eingewöhnung von Kindern in Krippen und Tagespflegestellen 5/6

Hans-Joachim Laewen, Beate Andres, Éva Hédervári 2006 Beltz Verlag Weinheim u. Basel 4. unveränderte Auflage 2006 7,90 ISBN-3-407-56356-6 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Hiermit bestätige/n ich /wir, das mir/uns am ausgehändigte Merkblatt für Eltern Die kindgerechte Gestaltung der Eingewöhnungsphase nach dem Berliner Modell gelesen zu haben. (Datum) (Unterschrift Sorgeberechtigte/r) (Datum) (Unterschrift Sorgeberechtigte/r) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 6/6