Vier-Farbenproblem Kann man jede Landkarte mit vier Farben färben, sodass keine aneindander angrenzenden Länder die gleiche Farbe haben? Versuchen Sie die Karte Deutschlands oder eines der anderen Bilder so einzufärben, dass benachbarte Gebiete nicht die selbe Farbe haben. Verwenden sie dabei so wenige Farben wie möglich. Das ursprüngliche Problem behandelt höchstens vier Farben sie können es aber auch mit fünf oder sechs probieren. (a) Bär (b) Deutschland (c) Ein etwas schwereres Beispiel... 1
Das Vierfarbenproblem Kann man jede Landkarte mit vier Farben färben, sodass keine aneindander angrenzenden Länder die gleiche Farbe haben? Dies fragte sich Francis Guthrie im Jahre 1852, vor mehr als 150 Jahren, als er die Grafschaften von England einfärbte. Da er keine Karte konstruieren konnte, für die er mehr als vier Farben brauchte, schickte er die Frage an seinen Mathematikprofessor Augustus De Morgan, der das Problem kurz darauf veröffentlichte. Dies ist die erste bekannte Erwähnung dieses Problems. Von hier an sollte es allerdings noch 124 Jahre dauern, bis die Vermutung, auch Vierfarbenproblem genannt, bewiesen werden konnte. 1878 wurde das Problem von Arthur Cayley der London Mathematical Society vorgestellt. Ein Jahr darauf veröffentlichte der mathematikbegeisterte Jurist Alfred Kempe einen Beweis, der 11 Jahre lang als richtig anerkannt wurde, bis schließlich Percy Heawood den Fehler aufdeckte. Heawood fand allerdings, Ideen des falschen Beweises aufgreifend, einen Beweis für das Fünffarbenproblem. Mitte des letzten Jahrhunderts, 1950, entwickelte Heinrich Heesch ein Verfahren, den Beweis mit dem Computer durchzuführen. Auf Grundlage der Arbeiten von Heesch entwickelten Kenneth Appel und Wolfgang Haken 1976 einen Algorithmus, der den Vierfarbensatz beweisen konnte. Damit war der erste Beweis für das Vierfarbenproblem erbracht. Viele fanden den Beweis aber sehr unschön, da er nicht per Hand nachzuvollziehen ist, sondern Computerunterstützung benötigt. Bis heute existiert kein nicht-computergestützter Beweis des Vierfarbenproblems. Hat der Vierfarbensatz eigentlich eine Anwendung? Abgesehen davon, das es sich bei dem Problem des Einfärbens einer Karte mit möglichst wenig Farben um eine nette Spielerei handelt, findet der Satz und sein graphentheoretischer Hintergrund auch Anwendung in der modernen Technik. Stellen wir uns folgende Situation vor: Das Land X soll mit Funkmasten für den Mobilfunk ausgestattet werden. Die Masten werden nun so aufgestellt, dass man sich an jedem Ort im Sendebereich eines Masten befindet. Jede Funkzelle, die von einem Mast erzeugt wird, lässt sich einfach als Feld, ähnlich wie die Bundesländer Deutschlands, interpretieren nur kleiner. Nun ist allerdings darauf zu achten, dass je benachbarte Funkzellen nicht die selbe vom Mast erzeugte Funkfrequenz benutzen, da es sonst in den Bereichen, in denen sich die Funkzellen überschneiden, zu Interferenzen und somit zur Auslöschung des Funksignals kommen kann. Ein Handynutzer hätte also in diesen Bereichen einfach keinen Empfang. Die Lösung dieses Problems liegt darin, dass benachbarte Masten im ganzen Land X unterschiedliche Frequenzen benutzen müssen. Stellen wir uns also vor, die unterschiedlichen Funkfrequenzen hätten eine Farbe, dann lautet die zu lösende Aufgabe: Färben sie die Karte des Landes X mit den eingezeichneten Funkbereichen der Masten so ein, das benachbarten Funkbereiche keine gleiche Farben haben um Interferenzen zu vermeiden. Eine weitere Anwendung könnte man sich in der Landwirtschaft vorstellen. Die Pflanzen auf Äckern und Feldern beeinflussen sich gegenseitig in ihrem Wachstum. Zusätzlich sollte auch die Fruchtfolge eingehalten werden. Experimentell könnte man also dieses Problem mit Hilfe der Graphentheorie formalisieren. 2
Die Lösung Um die Eingangsfrage beantworten zu können, verallgemeinern Mathematiker gerne das Problem: Wieviele Farben braucht man, um eine Landkarte so zu färben, dass keine aneinander grenzenden Länder die gleiche Farbe haben? Benötigt man fünf oder sechs Farben oder vielleicht doch nur vier oder sogar nur drei? Schnell lässt sich zeigen, dass eine beliebige Karte nicht mit nur drei Farben gefärbt werden kann, etwa so: Um nun genauere Aussagen treffen zu können, muss das Problem weiter formalisiert werden. Man bedient sich der Graphentheorie. Dazu markiert man die einzelnen Flächen der gesamten Karte mit Punkten etwa die Hauptstädte der Bundesländer und verbindet die Punkte benachbarter Länder miteinander. Abbildung 1: Die Verbundenen Hauptstädte. Trennt man nun das Netz aus Punkten und Linien von der Landkarte, so erhält man einen sogenannten Graphen. Ein Graph besteht aus Ecken (Punkte) und Kanten (Verbindungslinien). Die Hauptstädte sind also zu Ecken eines Graphen geworden und diese sind teilweise durch Kanten miteinander verbunden. Flächen, die sich nun zwischen den Kanten gebildet haben, entsprechen aber nicht den Ländern der ursprünglichen Karte. Im folgenden nennen wir der Übersicht wegen die Ecken e, die Kanten k und die Flächen f (nicht die Länder). Das Ursprüngliche Problem überträgt sich also in die Graphentheorie und äußert sich in der Fragestellung, ob alle Ecken des Graphen eingefärbt werden können, ohne das durch Kanten verbundene Ecken die gleiche Farbe haben. 3
Abbildung 2: Ein gefärbter Graph. Einen solchen Graphen, wie er durch unsere Landkarte entsteht, nennt man planaren Graphen, weil sich keine der Kanten mit einer anderen kreuzt. Betrachtet man nun beliebige planare Graphen, so fällt auf, dass es mindestens eine Ecke (Punkt) mit nur höchstens fünf Nachbarn gibt. Falls diese Vermutung stimmt, so würde dieser Sachverhalt den Kern eines Beweisansatzes bilden. Warum? Wenn diese Ecke E nur fünf Nachbarn hat, dann würde man zum Einfärben dieser insgesamt sechs Ecken nur sechs Farben benötigen fünf Farben benötigt man für die Nachbarn, die übrig bleibende sechste Farbe verwendet man für die Ecke E. Die Ecke E ist also eher uninteressant bezüglich der Farbwahl, man könnte sie aus dem Graphen herausnehmen und nach Färben des restlichen Graphens einfach wieder einfügen. Außerdem bildet der Graph G ohne die Ecke E ja immer noch einen planaren Graphen, der nach unser Vermutung wieder eine Ecke E 2 beinhaltet, die von nur fünf Nachbarn umgeben ist und aus dem Graphen entfernt werden könnte. Dieses Verfahren lässt sich also anschaulich so oft wiederholen, bis nur noch ein kleiner planarer Graph mit einer Ecke E i und deren fünf Nachbarn übrig bleibt. Dieser könnte mit sechs Farben gefärbt werden, man fügt die zuletzt entfernte Ecke wieder hinzu, färbt diese passend ein, so dass keiner der Nachbarn die selbe Farbe hat (dies ist ja nach Konstruktion möglich) und wiederholt diesen Schritt bis zu vollständigen Färbung des Graphen mit nur sechs Farben. An dieser Stelle hätte man bewiesen: Man braucht höchstens sechs Farben um eine beliebige Landkarte zu färben. Allerdings benötigen wir noch die Sicherheit, dass es wirklich in jedem planaren Graphen eine solche Ecke E gibt, die wir entfernen können sonst wäre der Beweis nichts wert. Wir wollen also nun zeigen: Jeder planare Graph G hat eine Ecke E mit höchstens fünf Nachbarn. Speziell für planaren Graphen gilt die sogenannte Eulersche Formel. Sie besagt, das die Anzahl der Flächen und Ecken ohne die Anzahl der Kanten gleich zwei ist. f k + e = 2 Eulersche Formel Ob die Formel stimmt, kann man schnell ausprobieren sie lässt sich allgemein mit Hilfe der Vollständigen Induktion beweisen. Außerdem ist kar, dass jede gebildete Fläche eines Graphen mindestens drei Seiten, also Kanten besitzt und jede Kante wiederum an höchstens zwei Flächen grenzt. Es gilt also: k 3 2 f 4
Nehmen wir also an, dass jede Ecke E j des Graphen sechs oder mehr Nachbarn hat (also keine Ecke E mit nur fünf Nachbarn). Formal also: 2 k 6 e k (6 e) 1 2 Benutzt man nun die beiden letzten Abschätzungen und setzt sie in die Eulersche Formel ein, so ergibt sich folgende Gleichung: 2 = f k + e 2 3 k k + 1 3 k = 0 Das ist ganz offensichtlich ein Widerspruch, denn niemals ist 2 0. Also war die Annahme falsch und unsere erste Vermutung muss richtig sein es gibt also in jedem planaren Graphen eine Ecke mit nur fünf Nachbarn. Also ist hiermit zunächst der Sechs-Farbensatz bewiesen. Und was ist mit nur fünf Farben? Durch geschicktes umfärben des Graphen, den wir eben mit sechs Farben eingefärbt haben, kann man das benutzte Farbspektrum auf fünf Farben beschränken. Dieses Vorgehen ist recht einfach. Der Vier-Farbensatz allerdings konnte bis heute nur mit Hilfe von Computern bewiesen werden, obwohl die Idee des Beweises der Idee zum Beweis des Fünf-Farbenbeweises ähnelt. (a) Umfärben ergibt eine Karte mit nur fünf Farben (b) Durch weiteres Umfärben lässt sich eine Karte mit nur vier Farben erreichen 5