Fortbildungsveranstaltung in Dortmund am Fallbeispiele zu Nebenwirkungen und Medikationsfehlern aus dem Spontanmeldesystem



Ähnliche Dokumente
Fortbildungsveranstaltung der AkdÄ in Dortmund 7. März Fallbeispiele zu Nebenwirkungen und Medikationsfehlern aus dem Spontanmeldesystem

Fortbildungsveranstaltung der AkdÄ in Saarbrücken 2. November Fallbeispiele zu Nebenwirkungen und Medikationsfehlern aus dem Spontanmeldesystem

Fortbildungsveranstaltung am 28. Januar 2017 in Stuttgart. Fallbeispiele zu Nebenwirkungen und Medikationsfehlern aus dem Spontanmeldesystem

Mitteilung des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen über Maßnahmen zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit:

Curriculum Entwicklungspsychopharmakologie: Arzneimittel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Ulm 2017

Anhang IV. Wissenschaftliche Schlussfolgerungen

Workshop beim 5. Kongress für Arzneimittelinformation am 4. Februar 2017 in Köln

Pharmakovigilanz Basics und Beispiele Gemeinsame Fortbildungs- und Informationsveranstaltung von AkdÄ und AMK am

Zu den wichtigsten Nebenwirkungen gehören schwere Nierenfunktionsstörungen und Kieferosteonekrosen.

Internationales Multiples Myelom Symposium für PatientInnen und Angehörige 5.Mai 2007 Kardinal König Haus in Wien

Datum: Kontakt: Abteilung: Tel. / Fax: Unser Zeichen: Ihr Zeichen:

Frage: Führt die antibiotische Behandlung der Helicobacter pylori Infektion bei Patienten mit funktioneller Dyspepsie zur Beschwerdefreiheit?

(Zoledronsäure 5 mg/100 ml Infusionslösung) Leitfaden für Ärzte

Optimale Blutzuckereinstellung bei kardial erkrankten Menschen mit Diabetes - Wege und Ziele

Fortbildungsveranstaltung der AkdÄ am 7. November 2015 Sächsische Landesärztekammer, Dresden

Anlage III. Vorlage zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zur Nutzenbewertung nach 35a SGB V

Aclasta. Leitfaden für Ärzte. (Zoledronsäure 5 mg/100 ml Infusionslösung)

Neue Medikamentengruppen bei kardiovaskulärem Syndrom SGLT2-Inhibitoren

Antrag auf Freistellung aus der Verschreibungspflicht für Omeprazol 20 mg

Broschüre zur Aufklärung von Patienten

Neufassung des Wortlauts der Produktinformationen Auszüge aus den Empfehlungen des PRAC zu Signalen

Multiples Myelom: Diagnose und Therapie Fortschritte in den letzten 15 Jahren Aussicht auf die Zukunft Personalisierte Therapie Immuntherapie

Vitamin B12-Mangel? Abklärung einer autoimmunen Ursache Dr. rer. nat. Brit Kieselbach

Schwerpunkte zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit im Versorgungsprozess

Antidiabetika in der Kardiologie: Zeit für einen Paradigmenwechsel?

Bedeutung von Nebenwirkungen

Empagliflozin (Jardiance ), Empagliflozin/Metformin (Synjardy ) * (frühe Nutzenbewertung)

Umsetzung der Handlungsempfehlung Arzneimitteltherapiesicherheit im Krankenhaus Welchen Beitrag leistet closed-loop medication?

Patienteninformation Lamotrigin Desitin 04/2007

Neufassung des Wortlauts der Produktinformationen Auszüge aus den Empfehlungen des PRAC zu Signalen

Patient mit Husten: Klinische Unterscheidung von akuter Bronchitis und Pneumonie

JINARC (Tolvaptan) Broschüre zur Aufklärung von Patienten. rz_jin_patientenbroschuere_a4_2017.indd :58

Wichtige Sicherheitsinformationen zur Minimierung des Risikos von immunbedingten Nebenwirkungen

Empagliflozin (Jardiance ), Empagliflozin/Metformin (Synjardy ) * (frühe Nutzenbewertung)

Glomeruläre Filtrationsrate nimmt ca ml/min/1,73 m 2 pro Altersdekade ab (Delanaye et al. 2012)

Magen-Darm-Trakt und Sjögren-Syndrom 7. Deutscher Sjögren Tag,

wirtschaftlich umsetzbar

Aktuelle medikamentöse Therapieoptionen beim Diabetes

Risikoinformation der FDA: UAW-News International: Sprue-ähnliche Enteropathie unter Olmesartan

Datum: Kontakt: Abteilung: Tel. / Fax: Unser Zeichen: Ihr Zeichen:

Das multiple Myelom Allgemeine Grundlagen. Dr. med. Christian Taverna Leitender Arzt Onkologie

Bisphosphonate - ein Vorteil für alle?

Medikationsfehler und wie man sie vermeidet

Säurebedingte Magen-Darm- Erkrankungen

Bisphosphonate und der RANKL-Antikörper Denosumab

TVT-Therapie. Bayer HealthCare: Zwei weitere große nicht-interventionelle Xarelto Studien in der Schlaganfall-Präventio

Denosumab: Neue Behandlungsoption für Männer mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko

Presseinformation. BARMER Arzneimittelreport 2018 / 10. Jahr in Folge

Notfallmässige Konsultation auf der Notfallstation

Patienteninformationspaket

Wichtige Sicherheitsinformationen zur Minimierung des Risikos von immunbedingten Nebenwirkungen. Informationen für Patienten

Verschärfung der Warnungen um die Anwendung in der Schwangerschaft zu verhindern

Helicobacter pylori. Dr. med. Olivier Dubuis

Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Broschüre zur Aufklärung von Patienten

HERZLICH WILLKOMMEN ST. GALLER DIABETES SYMPOSIUM.

Nebenwirkungen der Therapie

Speiseröhre Erkrankungen II. Dr. Katalin Müllner

Position analgetisch wirksamer Substanzklassen in der Therapie von Gelenkschmerzen NSAR oder nicht NSAR?

Anhang III. Änderungen relevanter Abschnitte der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und der Packungsbeilage

XGEVA 120 mg (Denosumab)

Procain zur Anwendung am äußeren Gehörgang

Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht (SVA) 72. Sitzung, TOP 7 Famciclovir

Beschluss. I. Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um die Wirkstoffkombination Empagliflozin/Metformin wie folgt ergänzt:

imedication Identifizierung und Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Mit Hilfe: i Thromboseanamnese i Thrombophilen Risikofaktoren

Epideminologie akuter & chronischer Harnwegsinfekte Jürgen E. Scherberich

Refluxkrankheit Update. Refraktäre Refluxkrankheit. Refraktäre Refluxkrankheit. Definition. Beschwerdelinderung

RoACTEMRA (Tocilizumab) i.v. und s.c. Patientenpass

Infekte der (oberen) Atemwege. Husten Halsschmerzen Ohrenschmerzen NNH - Entzündung

Hausärzte-Strukturvertrag

Volkskrankheit Vorhofflimmern Prof. Dr. Frank M. Baer

Kriterien zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie

Harnwegsinfekte nach Nierentransplantation Symposium 25 Jahre Transplantationszentrum Stuttgart

Neue Zielwerte in der Therapie der Hypertonie

Gastrointestinale Erkrankungen

Gebrauchsinformation: Information für Patienten. XGEVA 120 mg Injektionslösung Denosumab

Kriterien zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie

Anhang III. Änderungen an relevanten Abschnitten der Fachinformation und der Packungsbeilage

Myositis - Erfahrungen mit Immunglobulintherapie

Risikoüberwachung von Arzneimitteln - Aktuelle Situation

Medikamentöse Therapie in der Gastroenterologie

RMA modifizierte Version 10/2017 KEYTRUDA. (Pembrolizumab) Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung.

Leitfaden für verschreibende Ärzte

Medikationsleitfaden für Patienten

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Ich habe Vorhofflimmern! Was nun?

ABC der Insulintherapie. Peter Wiesli Endokrinologie und Diabetologie Kantonsspital Frauenfeld

Pharmakovigilanz: Risiken erfassen und kontrollieren

WANN IST EINE LANGZEITTHERAPIE

Prävention Kiefernekrosen (Vermeidung des Absterbens von Kieferteilen)

Der elektronische Medikationsplan mehr Sicherheit in der Arzneimitteltherapie?

Helicobacter pylori. Erstellt durch P. Kump, C. Steininger M. Gschwantler, C. Langner, C. Högenauer, im Mai 2018

AMGEVITA (Adalimumab)

Vit-K-Antagonisten, Heparine, Plättchenhemmer rund um die operative Medizin, insbesondere unter dem Aspekt der Dialyseshuntchirurgie

Transkript:

Fortbildungsveranstaltung in Dortmund am 20.04.2016 Fallbeispiele zu Nebenwirkungen und Medikationsfehlern aus dem Spontanmeldesystem Dr. med. Thomas Stammschulte

Interessenkonflikte Referent für Pharmakovigilanz bei der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, International Society of Pharmacovigilance (ISoP) Tätigkeit in der Testberatung bei der Berliner Aidshilfe e.v. Folie 2

Inhalt UAW-Verdachtsmeldungen an die AkdÄ 2015 Osteonekrosen des Kieferknochens und des äußeren Gehörgangs unter Bisphosphonaten und Denosumab Protonenpumpen-Inhibitoren und das Risiko einer Demenz SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) und diabetische Ketoazidose Projekt zur Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern Gadolinium-Ablagerungen im Hirngewebe Folie 3

Was sollte gemeldet werden? Folie 4 Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 2010; 1 (4): 18-26.

Osteonekrosen des Kieferknochens und des äußeren Gehörgangs unter Bisphosphonaten und Denosumab Folie 5

Osteonekrosen des Kiefers / des äußeren Gehörgangs Folie 6 Assaf et al., Anticancer Research 2013; 33: 3917-3924 Bast et al., HNO 2012; 60: 1127-1129

Osteonekrosen des Kiefers = freiliegender Knochen in der Mundhöhle, der > 8 Wochen persistiert, ohne anamnestische Bestrahlungstherapie Komplikation einer Therapie mit Bisphosphonaten / Denosumab Inzidenz bei Osteoporose: 0,001 0,15 % pro Jahr Tumor: bis 12 % pro Jahr RF: hochpotente Wirkstoffe (Zoledronat, Pamidronat, Denosumab) parenterale / häufige Verabreichung, kumulative Dosis chirurgische Eingriffe am Ober- /Unterkiefer Glucocorticoide, Diabetes mellitus schlechte Mundhygiene, schlechtsitzende Zahnprothesen antiangiogene Arzneimittel (z. B. Sunitinib, Bevacizumab oder Aflibercept) Folie 7 Risikoabwehrmaßnahmen: z. B. Patientenerinnerungskarte

Osteonekrosen des äußeren Gehörgangs = freiliegender Knochen im äußeren Gehörgang, der > 8 Wochen persistiert, ohne anamnestische Bestrahlungstherapie Komplikation einer Therapie mit Bisphosphonaten; Denosumab? Symptome: Ohrenschmerzen, Ausfluss aus den Ohren, Zeichen chronischer Ohrentzündungen asymptomatische Zufallsbefunde beschrieben Risikofaktor: Reinigung mit Wattestäbchen? Latenzzeit zwischen erster Gabe und Diagnose: 4,5 10 Jahre DD: Cholesteatom, Otitis externa necroticans, Malignom Folie 8 Therapie: chirurgische Sanierung / Antibiotikagabe, Abheilung dauert bis zu 2,5 Jahren

Protonenpumpen-Inhibitoren und das Risiko einer Demenz Folie 9

Verordnungen von Ulkustherapeutika 2005 bis 2014 Quelle: Arzneiverordnungreport 2015 Folie 10

Fragliche Risiken im Zusammenhang mit der (Langzeit-) Anwendung von PPI Frakturen Akutes Nierenversagen bei älteren Patienten Hypomagnesiämie Clostridium difficile-infektionen Vitamin B12 Mangel Pneumonie Spontan bakterielle Peritonitis (Leberzirrhose) Demenz? Folie 11

Association of Proton Pump Inhibitors With Risk of Dementia A Pharmacoepidemiological Claims Data Analysis Folie 12 Gomm et al., JAMA Neurology 2016 Apr 1;73(4):410-6.

Indikationen für Protonenpumpen-Inhibitoren Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) Ulkuskrankheit Helicobacter pylori - Eradikation Zollinger-Ellison-Syndrom (Gastrinom) Symptomatische oder rezidivierende funktionelle Dyspepsie Gastritis (histologisch nachgewiesen) Prävention von NSAR-Ulcera Prävention von Ulcera oder GIB durch Plättchenhemmer Folie 13

SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) und diabetische Ketoazidose Forxiga Xigduo Jardiance Synjardy Invokana (Dapagliflozin) (Dapagliflozin/Metformin) (Empagliflozin) (Empagliflozin/Metformin) (Canagliflozin) Vokanamet (Canagliflozin/Metformin) Folie 14

Diabetische Ketoazidose unter SGLT-2-Inhibitoren: Pathophysiologie Folie 15 Rosenstock, Ferannini, Diabetes Care 2013; 38: 1638-42

Informationsbrief zum Risiko einer diabetischen Ketoazidose unter SGLT-2-Inhibitoren vom 14. März 2016 Übelkeit, Erbrechen, Anorexie, Bauchschmerzen, starker Durst, Schwierigkeiten beim Atmen, Verwirrtheit, ungewöhnliche Müdigkeit oder Schläfrigkeit diabetische Ketoazidose (DKA) in Betracht ziehen (auch bei nur mäßig erhöhtem Blutzucker) Patienten über Zeichen einer Azidose aufklären und sie anweisen, sich ggf. unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben. Verdacht oder Diagnose DKA SGLT-2 Inhibitoren sofort absetzen. Folie 16

Informationsbrief zum Risiko einer diabetischen Ketoazidose unter SGLT-2-Inhibitoren vom 14. März 2016 Erneute Behandlung mit SGLT-2 Inhibitoren nach DKA nicht empfohlen, es sei denn, ein anderer eindeutiger auslösender Faktor wurde ermittelt und beseitigt. Bei Patienten, die wegen eines größeren chirurgischen Eingriffs oder einer akuten schweren Krankheit hospitalisiert werden, Behandlung mit SGLT-2 Inhibitoren unterbrechen. Behandlung kann fortgesetzt werden, sobald sich der Zustand des Patienten stabilisiert hat. Folie 17

Projekt zur Erfassung und Bewertung von Medikationsfehlern Folie 18

Hintergrund Definition Medikationsfehler (unbeabsichtigtes) Abweichen vom optimalen Medikationsprozess (potenzielle) Schädigung des Patienten grundsätzlich vermeidbar Jeder Schritt des Medikationsprozesses kann betroffen sein. Jeder Beteiligte kann Medikationsfehler verursachen. Folie 19 Dtsch Arztebl 2014; 111(44): A-1892 / B-1618 / C-1550

Medikationsprozess Indikation / Verordnung Monitoring Information des Patienten Anwendung / Einnahme Transkription Selbstmedikation Abgabe Folie 20

Folie 21

Berichtsbogen für Medikationsfehler Erfassung von Medikationsfehlern, die zu einem (schwerwiegenden) Schaden geführt haben oder hätten führen können. Folie 22

Folie 23 EMA-Bewertung von Gadolinium-Ablagerungen im Hirngewebe

Folie 24

Folie McDonald 25 et al.: Intracranial Gadolinium Deposition after Contrast-enhanced MR Imaging. Radiology 2015.

Folie 26 Publikationen der AkdÄ zur Arzneimittelsicherheit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.akdae.de thomas.stammschulte@akdae.de Folie 27