5. Zeitreihenanalyse und Prognoseverfahren



Ähnliche Dokumente
Dynamische Systeme und Zeitreihenanalyse // Saisonbereinigung und Glättung 10 p.2/??

Zerlegung von Zeitreihen

Zeitreihenanalyse. Zerlegung von Zeitreihen Saisonindex, saisonbereinigte Zeitreihe Trend und zyklische Komponente Prognose Autokorrelation

Zeitreihenanalyse Das Holt-Winters-Verfahren

6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell. 6. Das klassische Komponentenmodell

Dynamische Systeme und Zeitreihenanalyse // Beschreiben von Zeitreihen 9 p.2/??

Explorative Zeitreihenanalyse

Zeitreihenanalyse. Zerlegung von Zeitreihen Saisonindex, saisonbereinigte Zeitreihe Trend und zyklische Komponente Prognose Autokorrelation

[ 1 ] Welche der folgenden Aussagen sind WAHR? Kreuzen Sie sie an.

1 Prognoseverfahren F H

QUANTITATIVE STATISTICAL METHODS: REGRESSION AND FORECASTING JOHANNES LEDOLTER VIENNA UNIVERSITY OF ECONOMICS AND BUSINESS ADMINISTRATION SPRING 2013

Zeitreihenanalyse. Seminar Finanzmathematik. Andreas Dienst SS Einleitung - Begrüßung - Motivation - Inhaltsangabe. 2.

Dynamische Systeme und Zeitreihenanalyse // Zustandsraummodelle und Kalman Filter 15 p.2/??

Kapitel 5. Prognose. Zeitreihenanalyse wird aus drei Gründen betrieben: Beschreibung des Verlaufs von Zeitreihen.

Explorative Zeitreihenanalyse

6. Statistische Schätzung von ARIMA Modellen

Ausgewählte Probleme der Ökonometrie

SE aus Ökonometrische Prognose bei Prof. Dr. Kunst. Prognose der langfristigen Arbeitslosenraten und der kurzfristigen Arbeitslosenzahlen

11. Zeitreihen mit Trend und Saisonalität

Basiswerkzeuge. Kapitel 6. Lernziele. Zeitreihen-Plot. Beschreiben von Zeitreihen. Graphische Darstellungen. Univariate und bivariate Maßzahlen

Institut für Statistik und Mathematische Wirtschaftstheorie Universität Augsburg. PROGNOSE II - Vertiefung Aufgaben und Lösungen Sommersemester 2004

Zeitreihenanalyse in den Wirtschafts Wissenschaften

In konstanten Modellen wird davon ausgegangen, dass die zu prognostizierende Größe sich über die Zeit hinweg nicht verändert.

Kapitel XII - Einführung in die Zeitreihenanalyse

Überschrift. Titel Prognosemethoden

Stochastische Prozesse und Box-Jenkins Technik

9.1. Lineare und nichtlineare Trends. 9. Zeitreihen mit Trend Lineare und nichtlineare Trends Transformation der Daten

5.6 Empirische Wirtschaftsforschung

Gewöhnliche Autokorrelationsfunktion (ACF) eines stationären Prozesses {X t } t Z zum Lag h

Einführung in die Statistik für Wirtschaftswissenschaftler für Betriebswirtschaft und Internationales Management

7. Stochastische Prozesse und Zeitreihenmodelle

Zeit Umsatz. t U=U(t) BS - 13 BS Modul : Analyse zeitabhängiger Daten z.b. Prof. Dr. W. Laufner Beschreibende Statistik

Gütebewertung und Performanceanalyse von Prognosealgorithmen bei unterschiedlichen Signalklassen

Dynamische Modelle: Stabilität und Interpretation

13. Übungswoche - Lösungen

Hauptseminar Technische Informationssysteme

Problemstellung und Lernziele

Regionale Arbeitslosenprognosen: Die Leistungsfähigkeit ausgewählter Zeitreihenverfahren

John Komlos Bernd Süssmuth. Empirische Ökonomie. Eine Einführung in Methoden und Anwendungen. 4y Springer

1 Einführung Ökonometrie... 1

Bivariater Zusammenhang bei metrischen Variablen: Regression und Korrelation

Oscar A. G. Treyer. Business Forecasting. Anwendungsorientierte Theorie quantitativer Prognoseverfahren. Haupt Verlag Bern Stuttgart - Wien

Übungsaufgaben zu Statistik II

Kointegration. Kapitel 19. Angewandte Ökonometrie / Ökonometrie III Michael Hauser

3 Trend- und Saisonkomponenten

13. Übungswoche. Kapitel 12: Varianzanalyse (Fortsetzung)

3 Trend- und Saisonkomponenten

Ökonometrische Modelle

Dr. Maike M. Burda. Welchen Einfluss hat die Körperhöhe auf das Körpergewicht? Eine Regressionsanalyse. HU Berlin, Econ Bootcamp

Stochastik-Praktikum

Beispiel in R: Verfahren zur Modellierung von ZR mit Saison und Trend

Definition und Beispiele. Lineare Prozesse. Kausalität und Invertierbarkeit. Berechnung der Autokovarianzfunktion. Prognosen in ARMA-Modellen

Lineare Regression. Kapitel Regressionsgerade

Methoden der Zeitreihenanalyse

Multivariate Verfahren

Bestandsmanagement. Prognoseverfahren und Lagerhaltungspolitiken

Intermediate Macroeconomics: Übungsveranstaltung

Deskriptive Beschreibung linearer Zusammenhänge

a) Nennen Sie die verschiedenen Ebenen der amtlichen Statistik in Deutschland und die dafür zuständigen Behörden.

Übung V Lineares Regressionsmodell

1 Wahrscheinlichkeitsrechnung. 2 Zufallsvariablen und ihre Verteilung. 3 Statistische Inferenz. 4 Intervallschätzung. 5 Hypothesentests.

die täglichen Schlusskurse eines börsengehandelten Wertpapiers,

Dynamische Modelle: Schätzen und Modellwahl

Zeitreihenanalyse Saisonbereinigung

Regressionsmodelle mit Anwendungen in der Versicherungs- und Finanzwirtschaft Probeklausur Wintersemester 2017/

Datenanalyse für Ingenieure im betriebswirtschaftlichen Umfeld: Gedanken zum Curriculum

Einführung in die Zeitreihenanalyse

Technische Universität München. Prognoseverfahren. Mit PC-Unterstützung Tendenzen und Prognose in der Forstwirtschaft erkennen

Kompaktskript zur Vorlesung Prognoseverfahren

x t2 y t = 160, y = 8, y y = 3400 t=1

4.1. Verteilungsannahmen des Fehlers. 4. Statistik im multiplen Regressionsmodell Verteilungsannahmen des Fehlers

SBWL Tourismusanalyse und Freizeitmarketing, Vertiefungskurs 2

11. Übungsblatt zur Vorlesung Ökonometrie SS 2014

Dr. W. Kuhlisch Dresden, Institut für Mathematische Stochastik

Untersuchung von Algorithmen zur Fehlerlokalisation und Prognose in Automatisierungsprozessen. Yongrui Qiao Yongrui Qiao

Kapitel 4. Geldpolitik und Erwartungsbildung. 4.1 Philip Cagan's Modell der Hyperination. Nachfrage nach Geld

Multivariate Verfahren

Kapitel 8. Einfache Regression. Anpassen des linearen Regressionsmodells, OLS. Eigenschaften der Schätzer für das Modell

Statistisches Testen

Konfidenzintervalle Grundlegendes Prinzip Erwartungswert Bekannte Varianz Unbekannte Varianz Anteilswert Differenzen von Erwartungswert Anteilswert

Ausgewählte Probleme der Ökonometrie

ML-Schätzung. Likelihood Quotienten-Test. Zusammenhang Reparametrisierung und Modell unter linearer Restriktion. Es gilt: β = Bγ + d (3.

Stochastische Prozesse und Zeitreihenmodelle

Zusammenfassung 11. Sara dos Reis.

10 ARIMA-Modelle für nicht-stationäre Zeitreihen

1 Einfachregression 1.1In 10 Haushalten wurden Einkommen und Ausgaben für Luxusgüter erfragt:

Das (multiple) Bestimmtheitsmaß R 2. Beispiel: Ausgaben in Abhängigkeit vom Einkommen (I) Parameterschätzer im einfachen linearen Regressionsmodell

Heteroskedastie. Test auf Heteroskedastie. Heteroskedastie bedeutet, dass die Varianz der Residuen in der Stichprobe nicht konstant ist.

Beispiel: Multiples Modell/Omitted Variable Bias I

Statistik II. II. Univariates lineares Regressionsmodell. Martin Huber 1 / 20

Kurs 9.3: Forschungsmethoden II

Hauptseminar Technische Informationssysteme

Korrelation und Regression

Lösungsvorschläge zur Klausur Beschreibende Statistik und Wirtschaftsstatistik (Sommersemester 2013)

Übungsblatt 4. Autokovarianz, Autokorrelation Invertierbarkeit und Kausalität

3.3 Konfidenzintervalle für Regressionskoeffizienten

Transkript:

5. Zeitreihenanalyse und Prognoseverfahren Stichwörter: Trend, Saisonalität, Noise, additives Modell, multiplikatives Modell, Trendfunktion, Autokorrelationsfunktion, Korrelogramm, Prognosehorizont, Prognoseintervall, Exponentielles Glätten, Verfahren nach Holt, Verfahren nach Winters, autoregressives Modell, AR- Modell, Box-Jenkins Modelle. Literatur: Newbold & Bos, Introductory Business Forecasting, 2 nd Edition. Besonders in den Betrieben werden viele Daten in Form von Zeitreihen erhoben. Fragestellungen, die mit Zeitreihen oft verbunden sind, betreffen ihre Beschreibung und die ihrer Komponenten wie Trend und Saisonalität, das Verstehen des Prozesses, in dem diese Daten entstanden sind, und vielleicht am häufigsten die nach der künftigen Entwicklung der Zeitreihe, also das Erstellen von Prognosen. Im ersten Teil des Kapitels befassen wir uns mit den Verfahren zum Beschreiben von Zeitreihen und zum Berechnen ihrer Komponenten. Im zweiten Teil werden wir einige Prognoseverfahren und insbesondere die Methode des exponentiellen Glättens in einigen Varianten behandeln. 1 Zeitreihen Unter einer Zeitreihe verstehen wir in regelmäßigen Zeitabständen genommene Beobachtungen y 1, y 2,..., y t,..., (y n ) eines Merkmals Y. Beispiele: jährliche Investitionen eines Unternehmens, die wöchentlichen Umsätze einer Supermarkt-Kette, die täglichen Börsenkurse einer Aktiengesellschaft. Aufgaben der Analyse von Zeitreihen: Beschreibung der Zeitreihe, Prognose, Erklärung des datengenerierenden Prozesses.

1.1 Beschreibung der Zeitreihe Komponenten von Zeitreihen sind Trend, Saisonale (und/oder zyklische) Schwankungen (Saisonalität), Irreguläre Schwankungen (Störterm, Noise). Allgemeine Modelle für Zeitreihen sind y t = T t + S t + u t (additives Modell) y t = T t S t u t (multiplikatives Modell) wobei y t für die Beobachtung von Y und die Größen T t, S t und u t für den Trend, die Saisonalität und den Störterm stehen, jeweils in der Periode t. Modelle für den Trend (Trendfunktionen) T t = α + β t (linearer Trend) T t = α + β t + γ t 2 +... (polynomialer Trend) T t = α e βt (exponentieller Trend) α T t = (Sättigungsmodell) 1 + β e γ t Der in jedem Modell notwendige, meist additive Störterm (u t ) wurde hier der Übersichtlichkeit halber nicht angeschrieben. Die Konstanten α, β und γ sind Parameter der Modelle, die normalerweise unbekannt sind. Das Schätzen der Parameter eines geeignet spezifizierten Modells aus den Daten gehört zu den Hauptaufgaben der Analyse von Zeitreihen, die dafür eine Vielzahl von Methoden entwickelt hat. Schätzen der Trendkomponente: Die Verfahren kann man einteilen in Methoden der globalen Anpassung: ein typischer Vertreter ist die Methode der kleinsten Quadrate; lokalen Anpassung: etwa die Methode der gleitenden Durchschnitte. Warum interessieren uns die Saisonkomponenten? Weil man die Saisonalitäten kennen möchte.

Weil man sie zum Saisonbereinigen benötigt. Schätzen der Saisonalitäten: Bei Annahme eines additiven Modells (y t = T t +S t +u t ) können die Saisonalitäten in einem mehrstufigen Verfahren geschätzt werden.: 1. Schätzung des Trends T t ; 2. Abziehen des Trends liefert näherungsweise S t + u t ; der Durchschnitt dieser Werte zu jeder Saisonkomponente gibt vorläufige Schätzer; 3. Abziehen des Durchschnittes der Saisonkomponenten (Zentrieren). 1.2 Die Autokorrelationsfunktion Unter Autokorrelation versteht man die Korrelation der Beobachtungen einer Zeitreihe, deren Beobachtungsperioden einen bestimmten Abstand haben. Der Autokorrelationskoeffizient r k ist definiert als (yt ȳ)(y t+k ȳ) r k = (yt ȳ) 2 mit der Stichprobenkovarianz = s k s 2 s k = 1 n (yt ȳ)(y t+k ȳ) und der Stichprobenvarianz s 2 = s 0 ; ȳ ist der Durchschnitt der y t. Der Autokorrelationskoeffizient r k ist ein Maß für die Stärke der Abhängigkeit zwischen y t und y t+k (oder y t k ). Unter der Autokorrelationsfunktion versteht man die Abhängigkeit des Autokorrelationskoeffizienten r k von k. Sie wird als Tabelle oder in graphischer Form dargestellt; diese graphische Darstellung von r 1, r 2, r 3,... nennt man auch ein Korrelogramm. Interpretation der Autokorrelationsfunktion oder des Korrelogramms: Das Korrelogramm zeigt saisonale Effekte an. Bei Zeitreihen mit Trend fällt Korrelogramm nur langsam ab. Autokorrelationsfunktion und Prognose: Stark korrelierte Reihe: Vergangene Werte können zur Prognose künftiger Werte verwendet werden Alle r k klein: Vergangene Werte sind keine Hilfe für die Prognose.

2 Prognoseverfahren Zeitreihe eines Merkmals Y : y 1, y 2,..., y n y n+1, y n+2,... y n+r ; die historischen Daten sind y 1, y 2,..., y n ; zukünftige Beobachtungen sind y n+1, y n+2,..., y n+r. Prognose oder Vorhersage für die Beobachtung y n+r der (zukünftigen) Periode n + r im Zeitpunkt n ist ŷ n (r) wir nennen n den Prognosezeitpunkt, r den Prognosehorizont. Prognoseintervall: ŷ n (r) ± c (vergleiche das Konfidenzintervall). Aufgabe der Prognoserechnung ist das Bestimmen von ŷ n (r) und c. Eine Systematik der Prognosemethoden: A. Univariate Methoden exponentielles Glätten Box-Jenkins ARIMA Modelle Strukturelle Zeitreihenmodelle B. Multivariate Methoden Regressionsmodelle Ökonometrische Modelle (simultane Gleichungssysteme) C. judgmental methods Software: EXCEL (nur beschränkt), ForecastPRO. 2.1 Methode des Exponentiellen Glättens Die Struktur der Zeitreihe ist für Wahl der Prognosemethode entscheidend. Wir unterscheiden die Fälle: Die Zeitreihe hat A. keinen Trend, keine Saisonalität B. Trend, keine Saisonalität C. Trend, Saisonalität

2.1.1 Prognose für Zeitreihen ohne Trend, ohne Saisonalität Ausgangspunkt ist das Modell y t = µ + u t µ : Niveau, u t : Irreguläre Schwankung (Störterm, Noise). Fall 1: Konstantes Niveau Wir schätzen µ mittels der Methode der Kleinsten Quadrate (OLS-Schätzung) zu ȳ = 1 n (y n + y n 1 +... + y 1 ). Als Prognose für y n+r nehmen wir ŷ n (r) = ȳ für alle r Beachte! Der Durchschnitt gibt allen Beobachtungen das gleiche Gewicht n 1. Fall 2: Variables Niveau Wir schätzen µ mittels der Methode des Exponentiellen Glättens. Wir bezeichnen das geschätzte Niveau mit L n ; wir erhalten es aus L n = α[y n + (1 α)y n 1 + (1 α) 2 y n 2 +...] ; dabei ist α die Glättungskonstante (0 α 1). Wir nehmen als Prognose für y n+r ŷ n (r) = L n für alle r. Die Prognose ist der gewichtete Durchschnitt der Beobachtungen aus der Vergangenheit, wobei den aktuelleren Beobachtungen mehr Gewicht gegeben wird als den älteren. Rekursion zur einfacheren Berechnung ( Update ) des Niveau-Schätzers: L n = αy n + (1 α)l n 1

Beispiel 1: Prognose einer einfachen Zeitreihe. Die beobachteten Werte der Zeitreihe sind y 1 = 5; y 2 = 4; y 3 = 5; y 4 = 6; y 5 = 8. Wir wählen den Anfangswert L 1 = y 1. Alternativ könnten wir den Durchschnitt der ersten (hier zwei oder drei) Beobachtungen nehmen. Wahl der Glättungskonstante: α = 0.2. Dann bekommen wir: Prognose für t = 6, 7,...: L 2 = αy 2 + (1 α)l 1 = (0.2)(4) + (0.8)(5) = 4.8 L 3 = (0.2)(5) + (0.8)(4.8) = 4.84 L 4 = (0.2)(6) + (0.8)(4.84) = 5.072 L 5 = (0.2)(8) + (0.8)(5.072) = 5.658 ŷ 5 (r) = 5.658 für alle r. Zur Wahl der Glättungskonstante α kann die Summe SSE der quadrierten einstufigen Prognosefehler minimiert werden: SSE = [y t ŷ t 1 (1)] 2. Manche Prognose-Software, nicht aber EXCEL, bieten das automatische Schätzen von α nach diesem Kriterium. Zum Verständnis zwei Fälle: A. α= 1: ŷ n (r) = L n = y n ; naive Prognose, random walk Prognose. B. α= 0: ŷ n (r) = L n = 1 n [y n + y n 1 +... + y 1 ] ; alle Beobachtungen bekommen das gleiche Gewicht. Beispiel 2: Koreanische Exporte. Die Daten gehen von 1970:1 bis 1986:2 (Quartalsdaten, n = 66). Mit α = 0.5156 ergeben sich L 66 = (0.5156)[y 66 + 0.4844y 65 + 0.2346y64 +...] = 8474.2, ŷ 66 (r) = 8474.2.

2.1.2 Exponentielles Glätten nach Holt Das Verfahren wird verwendet für Prognosen bei Zeitreihen mit Trend und ohne Saisonalität. Als Modell verwenden wir y t = µ + βt + u t µ: Niveau, β: Anstieg der Trendgeraden, u t : Irreguläre Schwankung, Störterm, Noise. Die OLS-Schätzung von µ und β funktioniert im Allgemeinen nicht gut. Als Prognose bekommen wir ŷ n (r) = L n + rt n für alle r, mit dem geschätzten Niveau L n und der geschätzten Trendkomponente T n. Rekursion zum Update der Schätzer: L n = α 1 y n + (1 α 1 )[L n 1 + T n 1 ] T n = α 2 [L n L n 1 ] + (1 α 2 )T n 1 ; Für die Glättungskonstanten α 1 und α 2 gilt 0 α 1 1 und 0 α 2 1; großer Wert einer Glättungskonstanten: Betonung der neuesten Information; kleiner Wert einer Glättungskonstanten: alle Beobachtungen bekommen ziemlich das gleiche Gewicht. Initialisierung: L 2 = y 2, T 2 = y 2 y 1. Wahl der Glättungskonstanten durch Minimieren der Summe der quadrierten einstufigen Prognosefehler. Beispiel 2: Koreanische Exporte (Fortsetzung). Die Daten gehen von 1970:1 bis 1986:2 (Quartalsdaten, n = 66). Mit α 1 = 0.064, α 2 = 0.971 erhalten wir ŷ 66 (r) = 8448.0 + 278.2 r ; ŷ 66 (1) = 8726.2. Beispiel 3: Verkauf von Thermostaten. Die Daten gehen von 1998:1 bis 2002:4 (Monatsdaten, n = 52). Mit α 1 = 0.246, α 2 = 0.093 erhalten wir Ŷ 52 (r) = 315.84 + 4.49 r Ŷ 52 (1) = 320.33

2.1.3 Exponentielles Glätten nach Holt-Winters Dieses Verfahren erlaubt die Prognose für Zeitreihen mit Trend und Saisonalität. Annahme: Wir untersuchen monatliche Daten mit einem jährlichen Saisonmuster (s = 12). Die Prognose für y n+r ergibt sich zu ŷ n (r) = [L n + rt n ]S n + r 12 für r = 1, 2,..., 12 = [L n + rt n ]S n + r 24 für r = 13, 14,..., 24 = etc. mit dem geschätzten Niveau L n, der geschätzten Trendkomponente T n und der saisonalen Komponente S n. Rekursion zum Update der Schätzer: L n = α 1 y n S n 12 + (1 α 1 )[L n 1 + T n 1 ] T n = α 2 [L n L n 1 ] + (1 α 2 )T n 1 S n = α 3 y n L n + (1 α 3 )S n 12 Für die Glättungskonstanten α 1, α 2 und α 3 gilt 0 α 1, α 2, α 3 1. Wahl der Glättungskonstanten durch Minimieren der Summe der quadrierten, einstufigen Prognosefehler. 2.2 Prognoseintervalle In Literatur und Zeitreihen-Software finden sich unterschiedliche Definitionen und Berechnungsverfahren. Prognoseintervall für y n (r): 1. Berechne alle r-stufigen Prognosefehler y r+1 ŷ 1 (r), y r+2 ŷ 2 (r),..., y n ŷ n r (r) 2. Ermittle die Standardabweichung der historischen Prognosefehler s 2 r = 1 n r [y t ŷ t r (r)] 2 t 3. Das 95%-ige (r-stufige) Prognoseintervall für y n+r ist ŷ n r (r) ± 2s r

2.3 Autoregressive Modelle zur Prognose Die AR-Modelle, auch Box-Jenkins Modelle genannt, definieren y t Funktion der eigenen früheren Beobachtungen. AR(1)-Modell: y t = β 0 + β 1 y t 1 + u t als lineare AR(2)-Modell: AR(p)-Modell: y t = β 0 + β 1 y t 1 + β 2 y t 2 + u t y t = β 0 + β 1 y t 1 +... + β p y tp + u t Aufgaben: Identifikation, d.h. Festlegen der Ordnung p des Modells, Schätzen der Parameter; zum Schätzen wird die OLS-Schätzung verwendet. Prognose für das AR(1)-Modell: ŷ n (1) = b 0 + b 1 y n ŷ n (2) = b 0 + b 1 ŷ n (1)... Prognose für das AR(2)-Modell: ŷ n (r) = b 0 + b 1 ŷ n (r 1) für r 2 ŷ n (1) = b 0 + b 1 y n + b 2 y n 1 ŷ n (2) = b 0 + b 1 ŷ n (1) + b 2 y n ŷ n (3) = b 0 + b 1 ŷ n (2) + b 2 ŷ n (1)... ŷ n (r) = b 0 + b 1 ŷ n (r 1) + b 2 ŷ n (r 2) für r 3 Beispiel 3: Verkauf von Thermostaten (Fortsetzung). Die Daten gehen von 1998:1 bis 2002:4 (Monatsdaten, n = 52). Das AR(2)-Modell ergibt sich zu (R 2 = 0.61) ŷ t = 25.37 + 0.54y t 1 + 0.34y t 2.

Aufgaben 1. Die Tabelle zeigt den Umsatz (in Mio ATS) eines Kaufhauses nach Quartalen: Jahr 1.Q 2.Q 3.Q 4.Q 1997 838 802 835 805 1998 897 867 893 873 1999 932 895 912 893 2000 941 897 925 899 2001 953 924 951 927 (Daten unter http://statistik.wu-wien.ac.at/stat4/hackl/ss02/05umsatz.htm) (a) Zeichnen Sie ein Zeitreihendiagramm. (b) Schätzen Sie (i) eine linearen und (ii) einen quadratischen Trend; interpretieren Sie die Trendfunktionen. Welche andere Trendfunktion kommt in Frage? (c) Bestimmen Sie die Saisonkomponenten. (a) Stelle Sie die desaisonalisierte und die ursprüngliche Zeitreihe einander in einem gemeinsamen Zeitreihendiagramm gegenüber. (d) Berechnen und zeichnen Sie das Korrelogramm. 2. Die EXCEL-Datei Exporte gibt Koreas Erlöse aus Exporten (in Mio USD) in der Zeit 1970:1 bis 1986:2 (Quartalsdaten) an. (a) Zeichnen Sie ein Zeitreihendiagramm. (b) Zeichnen Sie Korrelogramme der Zeitreihe, der Differenzen zum Vorwert und der Differenzen zum Vorjahreswert. (c) Berechnen Sie Prognosen für 1986:3 bis 1989:2 nach der Methode des Exponentiellen Glättens (i) ohne Trend und Saisonalität, (ii) mit Trend und ohne Saisonalität, und (iii) mit Trend und ohne Saisonalität. (d) Bestimmen Sie für alle Quartale bis Ende 1987 95%-ige Konfidenzintervalle; wählen Sie jenes Modell, das die Zeitreihe am besten repräsentiert. (e) Verwenden Sie Expert Selectio von ForecastPro und diskutieren Sie an Hand der Prognosefehler und anderer within-sample Statistics die Qualität der vier Modelle.