Zugehende Beratung für Menschen mit Demenz und ihre Nahestehenden Ein Pilot-Projekt der Alzheimervereinigung Aargau Samuel Vögeli, BScN Leiter der Geschäfts- und Beratungsstelle 1
Entstehung der Projektidee Erfahrung in der Beratung: Betroffene und Nahestehende brauchen mehr, als wir anbieten können Beispiele: Kanton Thurgau, Stadt Zürich Wissenschaftliche Evidenz => 2011: Beschluss Vorstand ALZ AG: Pilot-Projekt Zugehende Beratung Januar 2012 Dezember 2013 2
Beratungsprozess 1 Zugang Überweisung durch den Hausarzt, Memory Clinic, Spitex, Entlastungsdienst, Selbstanmeldung Überweisung Aktive Kontaktaufnahme durch BeraterIn 1.Sitzung Angehörige + BeraterIn: Aufbau einer Arbeitsbeziehung. Rollenfindung. Klärung der Zusammenarbeit. Infos über zeitlichen Ablauf der Beratung, über Techniken, Therapie- und Entlastungsangebote. Assessment des Bedarfs. Wissensvermittlung zu Demenz. Zielvereinbarung Aktionsplan Angehörige + BeraterInsuchen gemeinsam nach massgeschneiderten Lösungen. Klare, eindeutige, positiv formulierte Ziele in einem Aktionsplan. Üben, trainieren, Rollenspiel. Vermittlung von spezifischen Diensten (z.b. Finanzberatung, Therapien). Kontinuierlich Angehörigengruppe Angehörigenseminare Telefonberatung nach Bedarf Krisenintervention Stärkung des sozialen Netzwerks Betreuungsnetzwerk: Familienberatung. Klärung der Rollen der Angehörigen. Konflikte bearbeiten. Bedürfnisse aussprechen. Lastenausgleich. Freunde und Nachbarn einbeziehen. Hausbesuche Beratung zu Einrichtung, Ausleuchtung, Sicherheit, Hilfsmittel, Technologie 3
Beratungsprozess 2 Die beratende Begleitung dauert - je nach Wunsch und Bedarf - von der Kontaktaufnahme (möglichst früh nach der Diagnose) über den Heimeintritt bis nach dem Tod der Person mit Demenz. Die Beraterin nimmt regelmässig proaktiv Kontakt auf zu den Betroffenen und/oder ihren Angehörigen.
Beratungsteam (280%): 2 Pflegefachpersonen 2 pflegende Angehörige mit fachlicher Aus- bzw. Weiterbildung (Pflege, Beratung) 1 Sozialarbeiterin 5
Pilot-Projekt Zugehende Beratung Finanzielle Unterstützung (CHF 435 000): Age Stiftung: CHF 140 000 Schweiz. Alzheimervereinigung: CHF 75 000 Departement für Gesundheit und Soziales, Kanton Aargau CHF 50 000 Hatt-Bucher-Stiftung CHF 40 000 Alzheimer Forum Schweiz: CHF 20 000 Für Teilprojekt Individuelle Schulung : Stiftung Empiris: CHF 110 000 6
Kooperationen: Memory Clinic Windisch und Aarau Entlastungsdienst Aargau Institut für Gerontologie, Universität Heidelberg Enge Zusammenarbeit mit: Pro Senectute Spitex Pflegeheime, Tagesstätten, Tag-Nacht-Zentren usw. Div. Betreuungs- und Entlastungsanbieter 7
Beratungs-Repertoire (Auswahl): Verständnisvoll zuhören / Ballast abwerfen" Informationen zu Entlastungsmöglichkeiten, Angehörigengruppen, Seminaren, finanziellen Ansprüchen, rechtlichen Rahmenbedingungen Gemeinsam Lösungen entwickeln / Durchbrechen von negativen Gedankenspiralen / Ressourcen stärken Reflexion der Beziehung / der Kommunikation mit dem Angehörigen mit Demenz / Training (z.b. Rollenspielen) Familienberatung (gemeinsame Lösungsentwicklung, Konfliktbearbeitung, Lastenausgleich) Organisation und Koordination von Entlastungsdiensten, Tagesstätten, Spitex, Finanzierung, Heimeintritt usw. 8
Instrumente für die Zugehende Beratung 9
Familienzentrierte Pflege Wright, M. W., & Leahey, M. (2009). Familienzentrierte Pflege - Assessment und familienbezogene Interventionen. Bern: Huber.
Genogramm der Familie K. Franz 77 Gestorben 1999 Marianne 75 in Amerika Matthias 45 Ca. 1993 mit 23 j. 23 20
Ökogramm der Familie K. Freunde bzw. deren Witwen Nachbarn Erweiterte Familie? Franz 77?? Marianne 75 Mahlzeitendienst Gärtner Spitex Haushaltshilfe
BIZA-D-PV Berliner Inventar zur Angehörigenbelastung Demenz Praxisversion Sechs Dimensionen: 1. Belastung durch kognitive Einbussen (4 Fragen) 2. Belastung durch Verhaltensstörungen (5 Fragen) 3. Persönliche Einschränkungen (5 Fragen) 4. Praktische Betreuungsaufgaben (6 Fragen) 5. Mangelnde soziale Unterstützung (6 Fragen) 6. Akzeptanz der Pflegesituation (4 Fragen) (Schacke, C., & Zank, S., 2009) 13
BIZA-D-PV (Schacke, C., & Zank, S., 2009) 14
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Kognitive Umstrukturierung => Negative Gedankenspiralen durchbrechen 19
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A: Ereignis / Auslöser für negative Gefühle 21
B: Bewertung des Ereignisses (innerer Dialog) 22
C: Emotionale Konsequenzen / Reaktion 23
B 2 : alternative Bewertung des Ereignisses (innerer Dialog) 24
C 2 : alternative emotionale Konsequenzen 25
Datum ABC- Modell A Situationsbeschreibung B C B 2 C 2 26
Zufriedenheitsbefragung (September 2012) (33 ausgefüllte Fragebögen; Rücklauf: 78.6%) Grosse Zufriedenheit Wird als sehr hilfreich wahrgenommen Mit Hausbesuchen und Familiengesprächen können massgeschneiderte Lösungen und Entlastung erreicht werden. 27
Pilot-Projekt Stand Frühling 2014: Familien in der Zugehenden Beratung: Oktober 2012: Juni 2013: Januar 2014: 57 Familien 139 Familien 197 Familien 28
Fazit: Dauernd steigende Nachfrage Grosse Zufriedenheit Massgeschneiderte Lösungen mit gezielter Entlastung Stabilisierung der häuslichen Pflegearrangements 29
Ausblick: Interne und externe Evaluation => Hinweise auf Wirksamkeit und Verbesserungsbedarf Sicherung der Finanzierung Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie Zugang zu Beratung, Begleitung und Schulung von Menschen mit Demenz und ihren Nahestehenden in allen Kantonen 30
Menschen mit Demenz und ihre Nahestehenden brauchen eine Hauptbezugsperson, welche sie auf der Reise durch die Krankheit begleitet und unterstützt. Pflegefachpersonen können dabei eine entscheidende Rolle spielen. 31
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