Examensrepetitorium Sachenrecht Sachverhalt Fall 1 Sachverhalt Fall 1: Eine Perlenkette zum Geburtstag - B arbeitet bei K als Kassenbote. Abends muss er die Kasse mit K s Tageseinnahmen bei der Bank abliefern. - Als Kaution überließ B zu Beginn seiner Tätigkeit bei dem immer misstrauischen K sein Sparbuch mit einem Guthaben in Höhe von 5000,-. - K will seiner Ehefrau E zum Geburtstag eine wertvolle Perlenkette schenken. - K kann den Kaufpreis (4000,- ) nicht aufbringen. Er erinnert sich an das Sparbuch, das ihm von B übergeben wurde. - Der Juwelier J erklärt sich mit der Veräußerung der Kette bereit, als ihm K sein Sparguthaben unter Übergabe des Sparbuchs abtritt. - Auf die skeptische Frage des J, weshalb das Sparbuch auf den Namen des B ausgestellt sei, antwortet K pfiffig, dass er es geerbt habe.
Sachverhalt Fall 1 - Ein paar Wochen später gibt B seine Tätigkeit als Kassenbote bei K auf und verlangt die Rückgabe seines Sparbuchs. - K erklärt, dass sich das Sparbuch inzwischen bei J befinde. - Als J daraufhin von der wahren Sachlage erfährt, erklärt er entrüstet die Anfechtung der Geschäfte mit K, da ihn dieser getäuscht habe. 1. Kann B von J die Herausgabe des Sparbuchs beanspruchen? 2. Kann J von E die Herausgabe der Perlenkette verlangen, wenn E davon ausging, K habe die ihr zum Geburtstag geschenkte Perlenkette bar gezahlt? Lösungsskizze Fall 1: Frage 1: Ansprüche B gegen J auf Herausgabe des Sparbuchs A. Anspruch aus 985 BGB I. Voraussetzungen 1.) B als Anspruchsteller müsste Eigentümer sein Achtung: 952 Abs. 1 S. 1 BGB (Sonderform des gesetzl. Eigentumserwerbs: Erwerb an Schuldurkunden: steht dem Inhaber des verbrieften Rechts zu) Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier 952 Abs. 1 BGB: Schuldschein (jede eigenhändig unterschr. Urkunde, in der Gläubiger zu Beweiszwecken Bestehen einer Schuld bestätigt) 952 Abs. 2 BGB: Anwendungsbereich wird auf weitere Urkunden erstreckt, nach denen eine Leistung gefordert werden kann. Auch auf die in 808 BGB gen. Legitimationspapiere. Hauptanwendungsfall: Dr. Barbara Sparbuch! v. Finckenstein
Exkurs: In analoger Anwendung gilt 952 Abs. 2 BGB auch für den Kfz-Brief. Nicht von 952 BGB erfasst werden dagegen die Wertpapiere ies, also alle Inhaberpapiere (Inhaberschuldverschreibung, Inhaberaktie) und Orderpapiere (Wechsel, Scheck). Bei ihnen folgt das Recht aus dem Papier stets dem Recht am Papier, so dass sich deren Übertragung nach den 929 ff. BGB richtet, wobei bei den Orderpapieren zusätzlich das sog. Indossament zu beachten ist. Um die Frage zu beantworten, wer Eigentümer eines Sparbuchs ist, gilt es stets zu fragen: Wer ist Inhaber der Sparforderung? Hier: B war ursprünglich Inhaber der Sparforderung und damit Eigentümer des Sparbuchs 2.) Eigentumsverlust durch Überlassung des Sparbuchs als Kaution an K? Auslegung gem. 133, 157 BGB, was Parteien mit Kaution wollten a) Abtretung der Sparforderung als Sicherungsabtretung? Voraussetzung wäre ein zu sichernder Anspruch (1) Aktueller Anspruch z. Ztpkt. der Einstellung (-) (2) Zukünftiger Anspruch? Ggf. SEA für den Fall, dass B Tageseinnahmen veruntreut. Jedoch erfolgte Einstellung des B für eine Vertrauensaufgabe; daher ist nicht von einer zukünftigen Veruntreuung auszugehen. Sicherungsabtretung(-) b) Pfandrechtsbestellung oder vertragl. begründetes ZBR? Dabei wird die Sparforderung aber nicht übertragen, so dass B Eigentum am Sparbuch nicht verl. hätte c) Sicherungsübereignung allein des Sparbuchs? Nach hm nicht mit 952 BGB vereinbar. Zudem als Sicherungsmittel untauglich: K könnte die Sparforderung ggü. Bank nur geltend machen, wenn B ihm auch die Sparforderung abtreten würde.
3.) Eigentumsverlust durch Abtretung der Sparforderung von K an J? Achtung: Da B Inhaber der Sparforderung ist, fehlt K die Berechtigung! Kein Gutglaubenserwerb von Forderungen! Ergebnis: B ist Inhaber der Forderung und Eigentümer des Sparbuchs geblieben II. Recht zum Besitz des besitzenden J ggü. B nach 986 Abs. 1 BGB 1.) Alt.1: Eigenes RzB? infolge einer Pfandrechtsbestellungnach 1273 ff. BGB (als Auslegung der Kaution gem. 133, 157 BGB) hierzu bedürfte es aber nach 1279, 1280 BGB einer Verpfändungsanzeige hier: (-), daher keine Pfandrechtsbestellung Ergebnis: Kein eigenes RzB 2.) Alt.2: Abgeleitetes RzB? Fragl, ob J ein RzBvon K ableiten kann. Dann müsste K dem B ggüzum Besitz berechtigt gewesen und zur Besitzweitergabe befugt gewesen sein. RzBdes K ggü. B durch Verpfändung der Sparforderung, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB? Verpfändung nach 1273 ivm1204 Abs. 2 BGB auch möglich zur Sicherung einer zukünftigen Forderung (hier etwa SEA bei Unterschlagung) (1) Einigung über Pfandrechtsbestellung? Mögliche Deutung der Übergabe als Kaution (+) K sollte das Recht haben, als Pfandgläubiger das Sparguthaben zu verwerten, falls B wider Erwarten eine Unterschlagung begehen würde (2) Verpfändungsanzeige nach 1279, 1280 BGB an Bank? Hier(-) Zwischenergebnis: Pfandrechtsbestellung (-), somit insofern abgeleitetes RzB(-)
RzB infolge der vertraglichen Begründung eines persönlichen ZBR des K ggü. B als Auslegung nach 133, 157 BGB der Übergabe als Kaution auch mit ZBR wird das von den Parteien verfolgte Ziel, eine Sicherheit für K zu bestellen, erreicht: Bank braucht als Schuldner der Sparforderung nur gegen Aushändigung des Sparbuchs zu leisten, 808 Abs. 2 S. 1 BGB K hat somit Sicherheit, dass die Bank nicht ohne weiteres an B auszahlen wird. ZBR des K würde B Legitimation erschweren Zwischenergebnis: K hatte wegen des ZBR gegenüber B ein RzB. Aber: Keine Befugnis des K zur Weitergabe des Besitzes an J Ergebnis: Dem J steht daher keinvon K abgeleitetes RzBggü. B zu 3.) 986 Abs. 1 S. 2 BGB -Etwaiger beachtlicher Besitzanspruch des K? Fraglich ist, ob B die Herausgabe des Sparbuchs von J an sich selbst verlangen kann Das wäre dann der Fall, wenn B nach Erlangung von J wiederum dem Kden unmittelbaren Besitz einzuräumen hätte hier jedoch (-), infolge der Beendigung des BeschäftigungsverhältnissesWegfall des RzBdes K Ergebnis: B kann die Herausgabe an sich selbst verlangen. Endergebnis der 1. Frage: Anspruch B gegen J auf Herausgabe des Sparbuchs aus 985 BGB (+)
Frage 2: Ansprüche J gegen E auf Herausgabe der Perlenkette A. Anspruch aus 985 BGB I. J müsste Eigentümer sein: ursprünglich (+) II. Eigentumsverlust des J durch Veräußerung an K? 1.) Einigung (+) 2.) Rückwirkende Nichtigkeit der Einigung nach 142 Abs. 1 BGB wg. Anfechtung? a) Anfechtungserklärung fristgerecht erfolgt (+) b) Anfechtungsgrund 123 Abs. 1: Arglistige Täuschung: -K spiegelt Erbfall vor, macht vorsätzlich unrichtige Angaben über die Erlangung des Sparbuchs sowie seine Rechte am Sparguthaben -ursächlich für Abschluss des Kaufvertrags und für das Verfügungsgeschäft Zwischenergebnis:Übereignung der Kette ist rückwirkend unwirksam. Daher kein Eigentumsverlust von J an K. III. Eigentumsverlust des J durch die Übereignung der Kette von K an E? Wegen der Anfechtung hat K als Nichtberechtigter verfügt Zu prüfen ist daher der Gutglaubenserwerb nach 929 S. 1, 932 BGB 1.) Einigung und Übergabe (+) 2.) Rechtsschein der Berechtigung des J: hier der Besitz (+) 3.) Guter Glaube der E und Unkenntnis der E von der Anfechtbarkeit (+) 4.) Kein Abhandenkommen freiwillige Übertragung (+) Ergebnis: Gutglaubenserwerb der E gem. 929 S. 1, 932 BGB (+), Herausgabeanspruch des J aus 985 BGB (-)
B. Anspruch aus 816 Abs. 1 S. 2 BGB Verpflichtung zur Herausgabe und Rückübereignung infolge unentgeltlicher Verfügung durch einen Nichtberechtigten bei unmittelbarer Erlangung eines rechtlichen Vorteils Verfügung des J als Nichtberechtigter (+) Verfügung wirksam, hier: aufgrund Gutglaubenserwerb (+) Unentgeltlich, hier: in Erfüllung einer Schenkung (+) Unmittelbarer rechtlicher Vorteil, hier: Besitz u. Eigentum an der Kette (+) Endergebnis der 2. Frage: Anspruch des J gegen E auf Herausgabe und Rückübereignung der Perlenkette aus 816 Abs. 1 S. 2 BGB (+)