1. Abschätzung des Stentthromboserisikos



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Transkript:

Perioperatives Management von PatientInnen mit Koronarstents unter dualer Antiplättchentherapie bei nicht-kardiochirurgischen Eingriffen Empfehlungen der Arbeitsgruppe perioperative Gerinnung der ÖGARI Update Juni 2013 Die aktuellen Änderungen im Vergleich zur letzten Version der Empfehlung sind kursiv hervorgehoben. Bei PatientInnen, bei denen aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung eine Stentimplantation mit dualer Antiplättchentherapie mit einem P2Y 12 Rezeptorblocker (Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor) und Aspirin erfolgt, besteht im Falle eines bevorstehenden operativen Eingriffes in zweierlei Hinsicht ein erhöhtes perioperatives Risiko. Zum Einen erhöht das vorzeitige Absetzen der dualen Antiplättchentherapie das relative Risiko einer Ischämie bzw. Stentthrombose um das 90 fache 1, wobei die Mortalität einer Stentthrombose zwischen 30 und 70% liegt. Auf der anderen Seite kann die Fortsetzung der Therapie zu einem bis zu 10fach erhöhten Risiko einer bedeutsamen Blutungskomplikation im erationsgebiet führen. 2,3 Voraussetzung für eine Minimierung dieser Risiken ist eine enge Kooperation zwischen Chirurgie, Kardiologie und Anästhesie. Die Basis der OP-Terminplanung und des Medikamentenregimes erfolgt in Abwägung von PatientInnen- und Eingriffs-spezifischen Blutungs- und Thromboserisikofaktoren. Die vorliegende Empfehlung soll als Diskussionsgrundlage für Krankenhaus-intern zu definierende Entscheidungsregime dienen. Generell sollten PatientInnen mit hohem Stentthromboserisiko an einem Zentrum operiert werden, in dem die Möglichkeit einer raschen Koronarintervention gegeben ist. Niedergelassene ÄrztInnen müssen dringend in das Risikomanagement involviert und über die aktuellen Empfehlungen informiert werden. 1. Abschätzung des Stentthromboserisikos Es müssen Drug-Eluting Stents (DES) und Bare-Metal Stents (BMS) unterschieden werden. Das Stentthromboserisiko ergibt sich einerseits aus dem verwendeten Stenttyp (BMS oder DES) und andererseits aus dem Zeitintervall zwischen Stentimplantation und operativem Eingriff. 5,6 Geringes Stentthromboserisiko: BMS > 3 Monat nach Stentimplantation DES > 12 Monate nach Stentimplantation Hohes Stentthromboserisiko: BMS < 6 Wochen bis 3 Monate nach Stentimplantation DES < 6-12 Monate nach Stentimplantation Für beide Stenttypen besteht in den ersten 3 Monaten nach Stentimplantation im Falle einer eration das höchste Thromboserisiko. Klinische und angiographische Faktoren beeinflussen das individuelle Stentthromboserisiko und sollen in die Risikostratifizierung einbezogen werden (siehe Tabelle) 6. Die Einstufung dieses individuellen Stentthromboserisikos insbesondere anhand der angiographischen Faktoren obliegt der Kardiologin bzw. dem Kardiologen. Prädiktoren einer Stentthrombose bei DES Klinische Prädiktoren Hohes Alter Akutes Koronarsyndrom Diabetes Mellitus Low Ejection Fraction Frühere Brachytherapie Nierensinsuffizienz Angiographische Prädiktoren Langer Stent Multiple Gefäßläsionen Überlappende Stents Stents an Ostien od Bifurkationen Kleine Gefäße Suboptimale Stentresultate

2. Abschätzung der Dringlichkeit des Eingriffs Elektive Eingriffe: Die Indikation für nicht-kardiochirurgische elektive Eingriffe ist durch internationale kardiologische Empfehlungen eindeutig geregelt: Bei PatientInnen mit Koronarstents sollten elektive Eingriffe bis zur Beendigung der dualen Antiplättchentherapie (ASS + P2Y 12 Blocker) aufgeschoben werden: Bei DES wird eine duale Plätchenhemmung für 12 Monate nach Stentimplantation empfohlen, bei BMS wird eine duale Plätchenhemmung für 1 bis 3 Monate nach Stentimplantation empfohlen. 17 Generell soll Aspirin lebenslang nach koronarer Stentimplantation verordnet werden. 5,6 Notfalleingriffe: Bei Notfalleingriffen müssen sich die verantwortlichen ÄrztInnen bewusst sein, dass es keine Möglichkeit der direkten Antagonisierung von ASS und P2Y 12 Blockern gibt, sondern nur eine symptomatische Behandlung der Blutung. 4 Relativ dringliche (semi-elektive) Eingriffe: Bei Eingriffen, die innerhalb der oben genannten Zeiträume nach Stentimplantation erfolgen sollen und relativ dringlich sind, beruht das perioperative Management auf einer individuellen und interdisziplinären Risikostratifizierung. Das Vorgehen bei diesen Eingriffen ist komplex. Es muss das Eingriffs-spezifische chirurgische und das PatientInnen-spezifische Thromboserisiko berücksichtigt werden. Aspirin soll grundsätzlich ohne Unterbrechung weiter verabreicht werden 6. P2Y 12 Blocker sollen so früh wie möglich nach dem Eingriff wieder verabreicht werden. 7 3. Abschätzung des chirurgischen s Die Klassifikation des Chirurgie-abhängigen s sollte hausintern interdisziplinär definiert werden, wobei die individuelle Routine und Erfahrung des erateurs und die spezifische erationstechnik Berücksichtigung finden soll. 8 Es gibt keinen allgemein anerkannten Katalog zur Klassifikation des s, wobei höheres Alter, Hypertonie, Niereninsuffizienz, Diabetes Mellitus und eine positive Blutungsanamnese per se ein höheres darstellen. 9 Als Diskussionsgrundlage kann folgende Auflistung dienen: Beispiele für geringes : Handchirurgie, Zahnextraktion, dermatologisch-oberflächliche Eingriffe, Augenchirurgie (Linse) Beispiele für mittleres : Plastische Chirurgie, Viszeralchirurgie, Gynäkologie, Urologie, Orthopädie, Lungenchirurgie, Gefäßchirurgie, HNO Beispiele für hohes : Wirbelsäulenchirurgie, Leberchirurgie, Nierenteilresektion, Augenchirurgie (Hinterkammer), intrakranielle Chirurgie, abdominelles Aortenaneurysma, große Prostatachirurgie 4. Synthese aus Blutungs- und Stentthromboserisiko bei elektiven und relativ dringlichen Eingriffen Es wird empfohlen, Aspirin perioperativ durchgehend ohne Therapiepause zu verabreichen. P2Y 12 Rezeptorblocker sollen je nach Risikostratifizierung (siehe Tabelle) pausiert bzw. durchgehend ohne Therapiepause verordnet werden. 10

Hohes Thromboserisiko * Geringes Mittleres Hohes Geringes Thromboserisiko Clopidogrel weiter Clopidogrel weiter Clopidogrel Ticagrelor Prasugrel 5-7 Tage Clopidogrel,Ticagrelor 5 Prasugrel 7 Tage BMS < 6 Wochen bis 3 Monate nach Stentimplantation, DES < 12 Monate nach Stentimplantation interdisziplinäre case-by-case Entscheidung Aspirin stop Clopidogrel,Ticagrelor 5 Prasugrel 7 Tage Ablaufplanung Die Anästhesie soll möglichst frühzeitig, am besten schon bei Terminerstellung durch die chirurgischen PartnerInnen in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, da dadurch das intraoperative Management und der Umfang der postoperativen Überwachung festgelegt werden kann (z.b. längere Überwachung im Aufwachraum, Intensivstation, Postanästhesievisite). Karenzzeiten der Thrombozytenfunktionshemmer präoperativ: Im nicht-kardiochirurgischen Bereich gibt es keine wissenschaftliche Evidenz zum perioperativen in Abhängigkeit von der Karenzzeit von Aspirin und Clopidogrel im Zeitintervall von 2 11 bis 10 Tagen präoperativ. Drei Tage nach Absetzten dieser irreversiblen Thrombozytenfunktionshemmer ist (in Abhängigkeit von der individuellen Knochenmarksfunktion) ist eine etwa 50%ige Regeneration des Thrombozytenpools zu erwarten. In der Praxis wird in Österreich zumeist eine Therapiepause von 3 (2-7) Tagen für Aspirin und 7 (5-10) Tagen für Clopidogrel eingehalten. Prasugrel gehört ebenfalls zur Klasse der Thienopyridine und zeigt gegenüber Clopidogrel einen rascheren Wirkeintritt und eine geringere Inzidenz von schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen. Allerdings wurde besonders bei Patienten > 75 Jahren, bei geringem Body Mass Index,(< 60 kg Körpergewicht) sowie bei stattgehabten cerebralen Insult eine höhere Blutungsrate festgestellt. 12 Die präoperative Karenzzeit beträgt 7 Tage. _ Ticagrelor hemmt als reversibler Antagonist den P2Y 12 Rezeptor. Bereits 24h nach der Einnahme ist 57% der Thrombozytenfunktion wiederhergestellt. Dennoch wird ein Absetzen vor einem geplanten Eingriff von 5 Tagen empfohlen. 13 Eine Reversierung von Ticagrelor beim Blutungsnotfall erscheint aufgrund der hohen Proteinbindung nur mittels Plasmapherese möglich. Neu transfundierte Thrombozyten werden innerhalb von 12 h nach Ticagrelorverabreichung ebenfalls gehemmt und sind damit wirkungslos. Bei Verordnung von Karenzzeiten soll die eration möglichst zum geplanten Termin stattfinden um ein verlängertes Absetzten zu vermeiden. Die präoperative stationäre Aufnahme sollte im Krankenhaus-internen Standard festgelegt werden. Übergangstherapie Bridging : Über eine erfolgreiche Übergangstherapie mit Glykoprotein IIb/IIIa Inhibitoren und niedermolekularem Heparin (das keine plättchenhemmende Wirkung besitzt) wurde in einigen Arbeiten berichtet. Prospektive Studien dazu liegen bisher aber noch nicht vor. 7,14,16 Daher kann derzeit hierzu keine Empfehlung formuliert werden. Eine weitere Möglichkeit eines Bridgings wurde kürzlich im Rahmen des BRIDGE Trial 19 bei herzchirurgischen Patienten untersucht. Dabei wird die duale Plättchentherapie abgesetzt und parallel dazu Cangrelor, ein parenteraler P 2 Y 12 Rezeptorantagonist mit sehr kurzer Halbwertszeit (5-6 Minuten) für 48 Stunden verabreicht.

1 bis 6 h präoperativ wurde die Gabe von Cangrelor beendet. Dabei konnte gezeigt werden, dass in der Cangrelorgruppe die Plättchenaggregation und damit die Thrombosegefahr deutlich niederer war als in der Placebogruppe bei gleich hoher Blutungsrate. Auch hier müssen weitere Ergebnisse dieser Studie abgewartet werden, um eine endgültige Beurteilung bezüglich einer adäquaten Bridgingtherapie abgeben zu können. Wiederbeginn der Thrombozytenfunktionshemmer postoperativ: Postoperativ soll die Therapie so früh wie möglich, je nach Blutungssituation, wieder begonnen werden: Aspirin innerhalb von 24h, Clopidogrel innerhalb von 48h (gegebenenfalls mit einer Anfangsdosis (loading) von 300 mg). Bezüglich der Lokoregionalanästhesie unter Gerinnungshemmung wird auf die gesonderte Empfehlung der Arbeitsgruppe Perioperative Gerinnung der ÖGARI verwiesen. Monitoring: Das Monitoring der Thrombozytenfunktionshemmer mit geeigneten Thrombozytenfunktionstests könnte das Management der PatientInnen unterstützen. 15,18 Es ist aber derzeit noch unklar, welche Grenzwerte und welche Testverfahren hierzu empfohlen werden können. 5. Vorgehen bei perioperativen Komplikationen Die krankenhausinterne, namentliche Nennung von AnsprechpartnerInnen im Fachgebiet Anästhesie, Kardiologie und Chirurgie und deren Erreichbarkeiten wird empfohlen. Verdacht auf Stentthrombose: Symptomatik: ST-Streckenhebung, hämodynamische Instabilität, kardiale Rhythmusstörungen, kardiogener Schock Therapie: sofortige Revaskularisierung, Kontaktaufnahme mit dem Herzkatheterlabor und gegebenenfalls Transferierung lebensbedrohliche perioperative Blutung: Es gibt kein Antidot gegen P2Y 12 Blocker und Aspirin. Bei entsprechender Indikation kann eine stufenweise empirische Gerinnungstherapie erfolgen: lokale Hämostyptika, Tamponade ( Packing ), Thrombozytenkonzentrat, Desmopressin 0,3 µg/kg als Kurzinfusion über 30 Minuten, Tranexamsäure (Cyclokapron 15-20 mg/kg langsam iv), gegebenenfalls Fibrinogenkonzentrat, rekombinanter aktivierter Faktor VII, Vermeidung von Hypothermie, Azidose und Hypokalzämie. 6. Referenzen 1. Iakovou I, Schmidt T, Bonizzoni E et al Incidence, predictors, and outcome of thrombosis after successful implantation of drug-eluting stents. JAMA 2005; 293: 2126 2. Burger W, Chemnitius JM, Kneissl D, Rücker G. Low-dose aspirin for secondary cardiovascular prevention cardiovascular risks after its perioperative withdrawal versus bleeding risks with its continuation review J Intern Med 2005; 257: 399 3. Ferrari E, Benhamou M, Cerboni P, Marcel B. Coronary syndroms following aspirin withdrawal J Am Coll Cardiol 2005; 45: 456 4. Kozek-Langenecker SA, Duris M, Rottmann B. Antikoagulantien und deren Reversierung. Anästh Intensivmed 2007; 48: S153 5. Carlsson C, von Wagenheim B, Linder R et al. Is late stent thrombosis in drug-eluting stents a real clinical issue? A singlecenter experience and review of the literature. Clin Res Cardiol 2007; 96: 86 6. Grines C, Bonow RO, Casey DE et al. Prevention of premature discontinuation of dual antiplatelet therapy in patients with coronary artery stents. Circulation 2007; 115: 813 7. Practice Alert, Anesthesiology 2009; 110: 22 8. Ernst A, Eberhardt R, Wahidi M, Becke HD, Herth FJ. Effect of routine clopidogrel use on bleeding complications after transbronchial biopsy in humans Chest 2006; 129: 734 9. Moscucci M, Fox KAA, Cannon CP et al. P redictors of major bleeding in acute coronary syndromes: the Global Registry of Acute Coronary Eventa (GRACE). Eur Heart J 2003; 24, 1815 10. Poldermans D, Bax JJ, Boersma E et al. Guidelines for pre-operative cardiac risk assessment anf perioperative cardiac management in non-cardiac surgery. Eur Heart J 2009; doi:10.1093/eurheartj/ehp337 11. O'Riordan JM, Margey RJ, Blake G, O'Connell PR. Antiplatelet agents in the perioperative period. Arch Surg 2009; 144: 69 12: Wiviott SD, Trenk D, Frelinger AL, Braunwald E et al. the Prasugrel in comparison to Clopidogrel for inhibition of platelet activation and aggregation-thrombolysis in myocardial infarction 44 trial. Circulation 2007;116:2923-32

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