Fallbesprechung bei Menschen mit Demenz

Ähnliche Dokumente
Eine Methode zum Umgang mit herausforderndem d Verhalten

Wittener Modell der Fallbesprechung bei Menschen mit Demenz narrative Ansatz

Modellprojekt FallDem

InDemA- Einführung in die Verstehende Diagnostik

Herausforderndes Verhalten von Menschen mit Demenz in der stationären Altenpflege

Wittener Modell der Fallbesprechung bei Menschen mit Demenz mit Hilfe des Innovativen-demenzorientierten- Assessmentsystems

Interdisziplinäre Implementierung von Qualitätsinstrumenten zur Versorgung von Menschen mit Demenz in Altenheimen (InDemA)

Quartiersbezogener Gesamtversorgungsvertrag/-konzept für pflegebedürftige Menschen in der Häuslichkeit

akkon aspekte Chancen und Risiken des Projektes zur Entbürokratisierung in der Pflege

MEDIKAMENTE IN DER ALTENHILFE UND DIE BEDEUTUNG VON. Ein Blick auf die Praxis. FALLBESPRECHUNGEN

Bedürfnisse und Bedarfe von Menschen mit Demenz im Quartier

Fallbesprechungen bei Menschen mit Demenz und herausforderndem

Gemeinsam im Team haben wir es besser verstanden!

Determinanten der Lebensqualität von Menschen mit Demenz in der stationären Altenpflege

Menschen mit Demenz verstehen durch Fallbesprechungen im Team

INHALT. Vorwort 12. Grundlagen der Kommunikation. Gottfried Adam. 1 Zum Begriff der Kommunikation 16

Qualitätserhebung zur Ernährung und Dekubitus in deutschen Altenpflegeheimen

Du bist es mir wert Menschen mit Demenz im Akutkrankenhaus Lösungsansätze mit Fall- und Gefühlsarbeit. erstellt von DGKP Nimmervoll Sandra

Exemplarisch: Ernährungsmanagement zur Sicherung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege

Patientenedukation: Information, Anleitung, Beratung

Fallbesprechungen für MENSCHEN mit demenz

Das Stepped Wedge Design

Sabine Bartholomeyczik Daniela Holle Margareta Halek Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit Demenz verstehen

Ich begrüße Sie herzlich zu meinem Vortrag. Kollegiale Beratung ein geniale Methode

2011 PIK AS. Kollegiale Hospitation mit anschließendem Feedback in der Schule

DemOS: Demenz Organisation Selbstpflege

Der Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der Pflege

Strukturmodell Entbürokratisierung der Pflegedokumentation

Häufige Fragen zum neuen Strukturmodell

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, DZNE Versorgungsforschung

Qualifizierung als TrainerIn im Wissenschaftsbereich. Weiterbildungsprogramm

Was ist, was will. und. was kann. Klinische Ethik? Klinische Ethikberatung am. Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf: Methoden, Erfahrungen,

Durch Wertschätzung zu Wertschöpfung und Mitarbeiterzufriedenheit in Einrichtungen der Altenpflege- Beispiele CBT und EvA Gemünd

H.I.L.DE. Das Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität dementiell erkrankter Menschen

Die Pflegevisite kann anhand der Dokumentation, in Form eines Pflegeaudits beim Pflegekunden und mit Einbezug der Angehörigen durchgeführt werden.

Prozessbeschrieb des Wissensaustauschs zwischen den Generationen in Unternehmen, Organisationen und in der Verwaltung

Pflegemassnahmen im Überblick. Erster St.Galler Demenz-Kongress 27. Nov Prof. Dr. Susi Saxer

Assessmentinstrumente in der Pflege

-JAHRESGESPRÄCHE- Ein Projekt zur Förderung der Führungskultur

100 Tage SIS. 1. Pflegetag in Rheinland - Pfalz Julia Stoffel

Ergebnisindikatoren in der stationären Altenpflege Integration und praktischer Nutzen

Das Praktikum mit Seminar vertieft die in der Vorlesung erworbenen Fähigkeiten in theoretischer und praktischer Hinsicht:

Ablauf der Entscheidungsprozesse zur Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)

Beratung & Coaching. Jede Lösung beginnt mit einer Frage

Entwicklung eines Einstiegsmanagement und die Einführung von Einstiegsmentoren

Haus Maihof. 3. Plattform Konzept der Funktionalen Gesundheit

Workload: 150 h ECTS Punkte: 5

Paul Stelzer / Matthias Wißotzki. Enterprise Architecture Management. in kleinen und mittleren Unternehmen - Ein Vorgehensmodell

KONZEPT - PRÄSENTATION

Interventionskonzepte und ihre Wirkungen

Strukturiere Informationssammlung (SIS) Schnellüberblick für Freiberufler

Herzlich willkommen zum Seminar Ansätze und Methoden der Personal- und Organisationsentwicklung WiSe 2006/07

PRIMARY NURSING. Die Anwendung in der Mobilen Pflege- und Betreuung. Wien/

Umfassende Versorgung & Betreuung für Menschen mit Demenz

Fortbildungsveranstaltungen Lina-Oberbäumer-Haus Ansprechpartnerin: Ulrike Ollinger Halbjahr 2017

INTERVISION in der Caritas -> Ablauf, Evaluierung, Steuerung. Mag. Anita Lang Graz, 2005

Jahresbericht Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen. Standort Witten Postfach Stockumer Straße Witten

Herzlich willkommen zum Seminar Ansätze und Methoden der Personal- und Organisationsentwicklung WiSe 2005/06

Aufbau. Definition. Merkmale. Nutzen. Voraussetzungen. Ablauf. Beispiel. Literatur

5. Praxistreffen 5. November 18,

Licht. durch Wolken. die. tragen. Praxistag. Modulare Reihe (Verden) MehrTägige Fortbildung (Bremen)

Umgang mit Menschen mit Demenz

Europäische Prävalenzerhebung der Mangelernährung Ergebnisse für Deutschland

Kursübersicht Philosophische Fächer - Ethik

GERONTOPSYCHIATRISCHE FACHPFLEGE AUFBAUSTUFE FERNLEHRGANG ZFU ZUGELASSEN

Coaching Konzept. Coaching im Business. Martin Ott, Nürtingen November 2012

Illustration: Magdalena Czolnowska Demenz Support Stuttgart ggmbh. Praxishilfe zum Kurzfilm: demenz balance-modell

Einführung einer Konzeption zum Umgang mit Demenzerkrankungen bei Bewohnern des Institutes Hartheim

Leitfaden zum Transfermodul

Die IBIS Methode Eine RE-Methode zur Entwicklung Intuitiver Nutzungsschnittstellen

Bund-Länder-AG Pflege

ANSÄTZE UND INSTRUMENTE DER QUALITÄTSSICHERUNG im Einsatzfeld der Familienhebammen und Familien-, Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen

Förderung klinischer Entscheidungsfindung und kritischen Denkens: Fallstudien

Hochbetagte Menschen Herausforderung für die Pflege!?

Projekt Palliative Versorgung, Betreuung und Pflege im KWP

Das Projekt Employability an der Universität Münster

Auswertung der Praxisaufgabe

DESKRIPTOREN. CAS-Abschlussarbeit. Basierend auf den Richtlinien zur CAS-Abschlussarbeit vom 20. März Genehmigt, 20. März 2017 Verena Kovatsch

Thema. Demenz Wenn das Vergessen zur Krankheit wird

Creative Digital Health

Frühe Diagnose Demenz

Herausforderndes Verhalten im Akutkrankenhaus. Milieugestaltung und nicht medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten

Junge Menschen für das Thema Alter interessieren und begeistern Lebenssituation von älteren, hochaltrigen und pflegebedürftigen Menschen verbessern

Problembeschreibung / Zieldefinition. Herangehensweise / Lösungsansatz. Eva S. Fritzsche

Pflegeberatung, ein Ansatz zur psychischen Entlastung

Was ist wirklich wichtig für die Qualitätssicherung der Pflege?

Frühe Information und Hilfen bei Demenz. Fachtagung FIDEM Niedersachsen Ergebnisse aus dem zweiten Modellprojekt 17. August 2016

Pflegeheim Am Nollen Gengenbach

16. GESUNDHEITSPFLEGEKONGRESS HAMBURG 2018 FORUM PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

Gefühl und Mitgefühl

Kommentiertes Beispiel für eine Unterrichtseinheit nach dem Unterrichtsprinzip Berufssprache Deutsch

Integrierte, sektorenübergreifende Psychoonkologie (ispo) Stationäre Psychoonkologie: Zugang zur psychoonkologischen Versorgung

Arbeitsvorlage Einstellungsgespräch planen und durchführen

GI FG RE, 27. November 2003

Qualifikation leitender Fachkräfte und selbständig Tätiger in haushaltsnahen Dienstleistungen

Forum C Praxisnahes Lernen am dritten Lernort

13. PraxisForum PflegeQualität 08. Mai Die Umsetzung der Expertenstandards Schmerzmanagement in der Pflege im stationären Bereich

Erfahrungen im Handlungsfeld Gerontopsychiatrie

Lebenswelt, Orientierung, Geborgenheit Gemeinsam für ältere Patienten im Akutkrankenhaus

Transkript:

Fallbesprechung bei Menschen mit Demenz - Zwei Modelle für die stationäre Altenpflege - ALTENPFLEGE 2012 Pflege-Kongress - 27. 29. März 2012 - Hannover Ines Buscher, Sven Reuther, Daniela Holle, Sabine Bartholomeyczik, Margareta Halek

Hintergrund Fallbesprechungen werden für die Versorgung von Menschen mit Demenz empfohlen (Bartholomeyczik et al. 2006) Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen Oft fehlt es an einem strukturierten Vorgehen und klaren Fallbesprechungskonzepten für die Praxis In dem Projekt FallDem wurden zwei Modelle konzeptionell ausgearbeitet. Bartholomeyczik, S., Halek, M., Sowinski, C., Besselmann, K., Dürrmann, P., Haupt, M., et al. (2006). Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Seite 2

Hintergrund Das Verhalten von Menschen mit Demenz ist als herausfordernd zu bezeichnen, wenn sich die soziale Umgebung dadurch herausgefordert fühlt. Hierzu zählen Verhaltensformen wie Aggressivität, Agitation, Apathie/ Rückzugsverhalten und vokale Störungen. Diese Verhalten hat wie jedes andere Verhalten auch, Gründe (u.a. NDB-Modell). Und ist ein Ausdruck/ eine Art der Kommunikation von Bedürfnissen. Oft wird dies nicht verstanden. Herausforderndes Verhalten belastet nicht nur das soziale Umfeld, sondern oft auch die Personen die sich so verhalten. Bartholomeyczik, S., Halek, M., Sowinski, C., Besselmann, K., Dürrmann, P., Haupt, M., et al. (2006). Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Seite 3

Hintergrund Der Begriff Fallbesprechung beschreibt ein strukturiertes, zielgerichtetes [ ]professionelles Gesprächsverfahren Es dient dem Verstehen der Lebens- und Versorgungssituation, einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und der Abstimmung oder Evaluation eines gemeinsamen Vorgehens. Probleme werden im Team fallbezogen reflektiert. Bartholomeyczik, S., Halek, M., Sowinski, C., Besselmann, K., Dürrmann, P., Haupt, M., et al. (2006). Rahmenempfehlungen zum Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Seite 4

Modelle Entwicklung: Literaturstudie Experteninterviews (n=9) Entwürfe Fallbesprechungsmodelle (IdA & Narrativ) Pretest Fallbesprechungsmodelle Evaluation Fallbesprechungsmodelle Expertenrunde fertige Fallbesprechungsmodelle Seite 5

Modelle Theorie: Quelle Grafik: Buscher, I., Reuther, S., Holle, D., Bartholomeyczik, S., Vollmar, H. C., & Halek, M. (2012). Das kollektive Lernen in Fallbesprechungen. Theoretische Ansätze zur Reduktion herausfordernden Verhaltens bei Menschen mit Demenz im Rahmen des Projektes FallDemPflegewissenschaft, 03(12), 168-178. Seite 6

Modelle Charakteristiken: Die demenzspezifische Fallbesprechung ist eine Methode mit der sich Mitarbeiter eines Teams strukturiert und zielgerichtet über eine Problemsituation bei Menschen mit Demenz und herausforderndem Verhalten fachlich austauschen. Der Reflexionsprozess orientiert sich an einer festgelegten Ablauf- und Rollenstruktur. Narrativ Charakteristisch ist, dass die themenzentrierte und lösungsorientierte Reflexion in einem Prozess des freien Erzählens erfolgt. Eine inhaltliche Struktur wird nicht vorgegeben. IdA Charakteristisch ist, dass IdA anhand von standardisierten Fragen und Antwortoptionen in 6 festgelegten Themenkomplexen die Pflegenden in der lösungsorientierten Reflexion anleitet. Seite 7

Modelle - Definition Fall: Der Fall Der Fall ist das Verhalten eines Menschen mit Demenz welches von mindestens einer Person (z.b. Pflegende) als irritierend erlebt wird. Die Situation kann vom Individuum mit den herkömmlichen Handlungsroutinen nicht gelöst werden und wird zum Problem und damit zum Fall, der dem Team (Kollektiv) im Rahmen einer Fallbesprechung zur Reflektion vorgestellt wird. Seite 8

Modelle Vorbereitung: Fallauswahl Inhaltliche Vorbereitung Formale Vorbereitung Seite 9

Voraussetzungen Umgang: Verpflichtende Grundregeln Wertschätzung Verbindlichkeit Aktive Beteiligung Bereitschaft zur Offenheit Klare Kommunikationsregeln schaffen Ziel- und Ressourcenorientierung Seite 10

Modelle Rahmenstruktur: Gruppengröße Teilnehmer Ort Zeitpunkt Intervall Dauer 5 8 Personen Kernteam (Moderator, WBL, Pflegende) ungestörter Raum; Teilnehmer sind freizustellen Individuell anzupassen min. alle vier Wochen 60 90 Minuten Seite 11

Modelle Rollenstrukturen: Moderator Falleinbringer Protokollant Reflektionspartner Methoden-, Zeit- und Rollendisziplin Fallvorbereitung/-vorstellung Umsetzung und Evaluation der Ergebnisse Fallbesprechungsbogen ausfüllen zentrale Ergebnisse schriftlich festhalten bzw. IdA ausfüllen Fragen stellen, Feedback geben, Hypothesen bilden, Lösungsansätze entwickeln Seite 12

Modelle Ablaufstruktur: Narrativ Problemskizzierung Fallschilderung (Was ist das konkrete Problem? Was stört mich besonders?) Zieloffenbarung Spontane Assoziation (Wie hat der Fall auf mich gewirkt?) Erste Hypothesen (Welche Gründe könnten das Verhalten haben?) Deutung der Situation (Welche Hypothesen klingen stimmig?) 1. Phase: Eingang 2. Phase: Problembeschreibung 3. Phase: Situationsanalyse 4. Phase: Maßnahmenplanung 5. Phase: Abschluss IdA Problemskizzierung Fallschilderung (Verhaltenserfassung IdA) Zieloffenbarung Fallexploration (ersten Themenkomplex IdA bearbeiten, Hypothesen bilden, zweiten Themenkomplex IdA bearbeiten ) Deutung der Situation (Auswertung der Hypothesen) Seite 13

Modelle Nachbereitung: Ggf. Übertragung der Maßnahmen in die Pflegedokumentation Information des gesamten Teams Evaluation der Maßnahmen Seite 14

Voraussetzungen Implementierung: Implementierungsstrategie Phase 1: Schulung Modul 1: Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit Demenz Modul 2: Durchführung von Fallbesprechungen Modul 3: Moderatorenschulung Modul 4: Implementierung der Fallbesprechungen Phase 2: Schulung in der Praxis Phase 3: Erinnerung Seite 15

Kontakt: Ines Buscher Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Stockumer Str. 12 58453 Witten Email: Ines.Buscher@dzne.de tel +49 23 02-926 255 Seite 16