Kundenwertmanagement bei gesetzlichen Krankenversicherungen. Joachim Büschken Marcus Gropp



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Transkript:

Kundenwertmanagement bei gesetzlichen Krankenversicherungen Joachim Büschken Marcus Gropp

Kundenwertmanagement bei gesetzlichen Krankenversicherungen Joachim Büschken Marcus Gropp Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt April 2005 Dieses Papier ist nach einer Reihe von intensiven Diskussionen mit Vertretern verschiedener Gesetzlicher Krankenversicherungen entstanden. Besonders hervorzuheben ist Herr Claus-Dieter Hunke, Regionaldirektor der IKK Westfalen. Ihm sind wir für seine kritischen Diskussionsbeiträge zu besonderem Dank verpflichtet. 3

WAS IST WERTORIENTIERTES MANAGEMENT VON KUNDEN? Der Wert eines Kunden ( Customer Lifetime Value ) ist die Summe der Deckungsbeiträge, die dieser Kunde im Laufe der Beziehung zu einem bestimmten Unternehmen erzeugt. Das Denken in Lifetime Value ersetzt in der Marketing- und Vertriebspraxis zunehmend das klassische Denken in Marktanteilen und Umsätzen. Wir glauben, dass es für Krankenversicherer an der Zeit ist, sich mit dem Thema Customer Lifetime Value zu beschäftigen. Der starke Wettbewerbsdruck in dieser Branche zwingt dazu, die vertrieblichen Akquisitions- und Bindungsbemühungen auf solche Kunden zu konzentrieren, die einen überdurchschnittlichen Wertbeitrag beisteuern und damit die finanzielle Basis für einen stabilen Beitragssatz in einer Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sicherstellen. Wir wollen mit diesem Beitrag zwei Dinge erreichen: Zum einen soll erklärt werden, was unter dem Konzept des kundenwertorientierten Managements der Kundenbasis grundsätzlich zu verstehen ist. Zum zweiten befassen wir uns mit der Frage, welche Rolle dieses Konzept für gesetzliche und private Krankenversicherer spielt. Das Ziel der Instrumente besteht dabei nicht in einer Risikoselektion, sondern in der Optimierung des Kundenwertes. Auf der Ausgabenseite für die Leistungserbringung wird nicht nur die Kostenseite angesprochen, sondern gleichzeitig eine Verbesserung der Qualität, welche nicht von der Kostenseite zu trennen ist. Der Kunde steht dabei im Mittelpunkt. Daran ändert sich natürlich nichts. Kundenmanagement und Kundenlebenszyklus Effektives Kundenmanagement bezieht sich zunächst auf verschiedene Phasen des Lebenszyklus in einer Kundenbeziehung, in denen Kunden unterschiedliche Anforderungen stellen. Kundenwertmanagement fokussiert dabei besonders die quantitativen Faktoren der Kundenbeziehung (z.b. kundenspezifische Umsätze und Deckungsbeiträge, Akquisitions- und Bindungswahrscheinlichkeit). Es zielt im Kern auf eine effektivere und effizientere Verbesserung der Kundenbearbeitung. Im Mittelpunkt stehen die Optimierung der Kundenansprache und die Bindung von profitablen Kunden an das Unternehmen. Beziehungsintensität/ Kundenwert Akquisitionsphase Sozialisationsphase Wachstumsphase Gefährdungsphase Kundenbetreuung Cross-Selling Akquisitionsanalyse: Analyse der Akquisitionskanäle Verbesserung der Kundenansprache Bonitätsprüfung Kundenwertmanagement: Kundenwertberechnungen Steigerung des Kundenwertes: Cross-Selling Optimierung Bild 1: Aufgaben des Kundenwertmanagements im Lebenszyklus der Kundenbeziehung 1 Strategische Aspekte des Kundenwertmanagements Kundenwertberechnungen zielen darauf ab, die Maßnahmen für die Kundenbearbeitung am aktuellen Kundenwert und ihrem Potential (zukünftige Wertentwicklung) aus- Abwanderungsphase Revitalisierungsphase Kundenakquisition Kundenmanagement: Beschwerdemanagement Abwanderungsmanagement Rückgewinnungsmanagament Reduzierung der Abwanderung: CHURN Analysen Die strategischen Aspekte des Kundenwertmanagements umfassen eine stärkere Individualisierung von Marketing- und Vertriebsanstrengungen. Damit werden Marketingkosten in der Akquisition und Bindung gesenkt und die Erlöse durch Cross- Selling gesteigert. Die Analyse und Segmentierung der Kundenstruktur und die effektivere Bearbeitung der Kunden sind dazu die beiden Kernelemente des Kundenwertmanagements. Durch eine Segmentierung der Kunden nach Kundenwert kann deren Profitabilität und ihr Entwicklungspotential ermittelt werden. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, seine Produkte und Dienstleistungen stärker auf individuelle Bedürfnisse und Kundenwert abzustimmen. Statt nach dem Gießkannenprinzip jeden Kunden mit den gleichen Maßnahmen zu betreuen, werden die Kundengruppen mit darauf zugeschnittenen Instrumenten bearbeitet, die den größten Ertrag für das Unternehmen versprechen. Ein verbessertes Kundenmanagement ist die Folge. Zeit 1 In Anlehnung an: Stauss, B. (2000): Perspektivenwandel: Vom Produktlebenszyklus zum Kundenbeziehungs-Lebenszyklus, in: Thexis, 17. Jg., Nr. 2, S. 16. 4 5

zurichten. Hierdurch wird es bspw. möglich, die Neukunden-Akquisition gezielter zu steuern und Angebote an solche Zielgruppen zu adressieren, die für das Unternehmen von besonderem Interesse sind. Für die Ermittlung des Kundenwertes ist die kundenindividuelle Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben unerlässlich. Es ist wichtig zu betonen, dass mit Kundenwertberechnungen keine Risikoselektion betrieben werden soll. Der Kundenwert dient lediglich zur Segmentierung der Kundenbasis und erlaubt eine priorisierte Vorgehensweise im Bereich der Kundenbearbeitung. Der Kundenwert schwankt zwischen Branchen und auch zwischen Unternehmen einer Branche stark. Ein durchschnittlicher T-Online-Kunde ist 130 wert, ein solcher von United-Internet hingegen nur 40. Das heisst: Ein durchschnittlicher T-Online-Kunde erzeugt im Laufe seiner gesamten Verweildauer bei T-Online ein Ergebnisbeitrag von in Summe 130. Vor allem die Bindungsrate der hochwertigen Kunden (wenig Kosten, hohe Erlöse) hat einen überragenden Einfluss auf den Wert der gesamten Kundenbasis. Analytische Komponente des Kundenwertmanagements Wertorientiertes Management der Kundenbasis hat neben der strategischen Perspektive vor allem eine analytische Komponente. Hierunter verstehen wir die Methoden, die die notwendigen Steuerungsinformationen bereitstellen. Die Informationen zur Kundenbasis werden mit verschiedenen analytischen Verfahren aufbereitet. Je nach Problemstellung ist es möglich, eine Segmentierung der Kunden nach bestimmten Fragestellungen vorzunehmen. Bild 2 veranschaulicht dies. Ë Berechnung des Kundenwertes: Ë Entwicklungspotential der Kunden Mit erweiterten Modellen kann auch das Entwicklungspotential des Kunden einbezogen werden. Hauptsächlich sind dabei die Abwanderungswahrscheinlichkeit, das Cross-Selling-Potential (Wahrscheinlichkeit, dem Kunden zusätzliche Leistungen zu verkaufen) und die daraus resultierende zukünftige Entwicklung des Kundenwertes von Interesse. Die Kundenbasis wird so hinsichtlich quantitativer Kontroll- und Steuerungsgrößen transparent, was Bild 2 zeigt: Kundenwert ist die Summe der durch einen individuellen Kunden erzeugten Erlöse, reduziert um die Kosten der Leistungen, die dieser Kunde in Anspruch nimmt. Der kundenindividuelle Strom von Erlösen und Leistungen wird über die Verweildauer des Kunden prognostiziert und auf den Betrachtungszeitpunkt abgezinst. Jede nach Nachhaltigkeit strebende Organisation muss Kundenwert steuern entweder über die Erlöse oder über die Kosten, am besten aber über beides. Dies gilt natürlich auch für Krankenversicherer und andere Dienstleistungsunternehmen. Der Gesetzgeber fordert von den Krankenkassen die Beitragssätze so gering wie möglich zu halten. Der Kundenwert kann hierzu seinen Beitrag leisten, da er ein Steuerungsinstrument darstellt, welches nicht nur vertriebsbezogene Optimierungspotentiale aufweist, sondern auch eine effizientere und effektivere Versorgung des Patienten ermöglichen kann. Der Kundenwert wird im Kern von vier Faktoren bestimmt: den Akquisitionskosten des einzelnen Kunden, dem Deckungsbeitrag des Kunden (Erlöse in Periode t subtrahiert um die Kosten in Periode t), der Bindungsrate (Dauer der Kundenbeziehung) und den Kapitalkosten des Unternehmens. Bild 2: Segmentierung der Kundenbasis nach Aspekten des wertorientierten Kundenmanagements 6 7

Funktionale und organisatorische Aspekte des Kundenmanagements Die funktionalen Aspekte des Kundenmanagements umfassen die Planung, Steuerung und Kontrolle der damit verbundenen Maßnahmen. Der organisatorische Aspekt befasst sich mit dessen Implementierung in die Abläufe und Strukturen des Unternehmens. Der Kundenservice wird bspw. nach Kundensegmenten mit unterschiedlichen Wertprofilen gegliedert. Die technische Organisation, wie die Anpassung der IT-Systeme, ist ebenfalls Element der organisatorischen Komponente im Kundenmanagement. Durch die Effizienzsteigerung im Vertrieb lassen sich knappe Managementressourcen dort einsetzen wo sie sich lohnen, was auch neben einem effizienteren Mitteleinsatz zu einer Qualitätsverbesserung führt. Vor allem kleinere Organisationen mit knappen Managementkapazitäten erleben spürbare Qualitätssteigerungen durch wertorientierte Fokussierung auf Zielkunden. KUNDENWERT BEI KRANKENVERSICHERUNGEN Im Kontext von Krankenversicherungsträgern ist Kundenmanagement eine wichtige Quelle für nachhaltige Wettbewerbsvorteile. Weil die Versicherungsbeiträge der Kunden starken externen Einflüssen unterliegen gesteuert durch die Einkommensentwicklung und durch den Gesetzgeber ist eine Veränderung des Kundenwertes vor allem durch gezielte Neukundenakquisition, Kundenbindung, Kundenwertsteigerungen, den Verkauf von Zusatzprodukten (Cross-Selling) und eine Optimierung der Leistungserbringung zu erreichen. Die klassische Kundenwert-Modellierung muss für Krankenversicherer aus verschiedenen Gründen modifiziert werden, da diese Branche zahlreiche Besonderheiten aufweist: Die Umsätze (Beiträge) eines Kunden unterliegen weitreichenden gesetzlichen Regelungen. Sie sind in diesem Sinne dem Einfluss des Anbieters ein Stück weit entzogen. Die Beitragssätze richten sich in absoluter Höhe gesehen nach dem Einkommen oder anderen soziodemografischen Kriterien (z.b. Alter) des Kunden, weniger oder gar nicht aber nach dessen Kostenprofil (welche Kosten verursacht er/sie in Zukunft). Dies führt dazu, dass der Kundenwert stark über die Inanspruchnahme von Leistungen gesteuert wird. GKV s haben hier keinen Selekionsmechanismus: sie müssen jeden Antragsteller nehmen. Private Krankenversicherungen (PKV) können hingegen neue Kunden bei schlechtem Risikoprofil ablehnen. Da für die gesetzlichen Krankenversicherungen keine Risikosteuerung in Frage kommt, müssen andere Instrumentarien angewandt werden. Besonders die Leistungsausgaben spielen dabei eine zentrale Rolle. Kundenwert steuern heißt daher auch: Leistungserbringung steuern. Die Erlöskomponente im Kundenwert eines Krankenversicherers ist deutlich komplexer als herkömmlich. Zwischen den GKV s existiert ein gesetzlich geregelter Risikostrukturausgleich (RSA), der auf der Ebene der Gesamtorganisation entweder einen Erlös- oder Kostenfaktor darstellt. Für die Berechnung des Kundenwerts z.b. von Familien kann dies ein Ausschlag gebender Faktor sein. Vor diesem Hintergrund wird klar, warum eine schweizerische private Krankenversicherung einen kalkulatorischen RSA unter ihren eigenen Versicherten betreibt: Jüngere Versicherte mit günstigerer Beitrags-Leistungsstruktur wird ein altersbezogener kalkulatorischer Kostenaufschlag aufgebürdet, ältere Versicherte hingegen mit diesem entlastet. Der Kostenauf- bzw. abschlag richtet sich nach dem durchschnittlichen also gewissermaßen normalisierten Einfluss des Alters auf die Inanspruchnahme von Leistungen. Dieser dient dazu, den von externen Faktoren gesteuerten Leistungsbedarf der Versicherten in der Berechnung des Kundenwerts besser zu berücksichtigen. In gewisser Weise egalisiert man auf diesem Wege das Spielfeld für alle Spieler wie im Golf das Handicap. Besonders im Rahmen der Solidargemeinschaft, auf welcher das System der Gesetzlichen Krankenversicherung beruht, spielt die Untersuchung des Kundenwertes eine wichtige Rolle. Kunden mit positivem Kundenwert zahlen letztlich für diejenigen, welche einen negativen Kundenwert haben. Um das Prinzip der Solidargemeinschaft und der Beitragsstabilität zu erhalten, empfiehlt es sich die Kundenbasis zu segmentieren, um besonders die positiven Kundenwerte zu identifizieren. Langfristig müssen besonders diese Kunden an die Versicherung gebunden werden um die Leistungsfähigkeit der Kasse zu garantieren und die Beitragsätze zu stabilisieren. Integriertes Kundenwertmanagement für Krankenversicherer Auch wenn der Gesundheitsmarkt in Deutschland erhebliche Besonderheiten aufweist, lassen sich dennoch moderne Managementinstrumente in entsprechend angepasster Form anwenden. Im Sinne einer qualitativen und quantitativen Nutzenbetrachtung für die Versicherer und deren Kunden lässt sich ein ganzheitliches Konzept des Kundenwertmanagements formulieren, welches im Kern vier Elemente umfasst wie Bild 3 zeigt. 8 9

Ergebnistreiber Individuelle Beitrags- und Kostenzuordnung 4. Der konsequente nächste Schritt sind Integrationsmodelle, bei denen der Versicherer solche Partner auf der Ebene der Leistungserbringer enger an sich bindet, welche Kosten- und Qualitätsvorteile erzeugen. Kosten des Versicherten Beiträge des Versicherten Kosten- und Qualitätstransparenz, Leistungsmanagement Neukunden- Akquisition, Kündigungswahrscheinlichkeit Stabilisierung Integrierte Versorgung, HMO-Modelle Kundenwachstum (Cross Selling) Nachhaltiges Wachstum Bild 3: Z-Modell des Kundenwertmanagements für Krankenversicherer Fokus Leistungserbringer Fokus Versicherter Strategische Zielrichtung Dieses Z-Modell hat zum einen die Stabilisierung der Beiträge und zum andern die Steigerung der kundenbezogenen Einnahmen (nachhaltiges Wachstum) auf der Ebene der Versicherten als Zielrichtung. Die Leistungserbringer sind im Kontext des Kundenwertmanagement eingebunden, da sie durch die von Ihnen verursachten Kosten einen signifikanten Teil des Kundenwertes bestimmen. Wir sehen insgesamt vier Aufgabenbereiche: 1. Die Stabilisierung der Beitragseinnahmen durch eine gezielte, wertorienterte Akquisition von Neukunden ( nicht jeder Kunde ist es Wert, dass in seine Akquisition Geld investiert wird ) und das proaktive Management der Kundenabwanderung. Es muss die Abwanderungswahrscheinlichkeit vor allem der hochwertigen Kunden prognostizieren, um wechselgefährdete Kunden vorzeitig zu adressieren. 2. Das Erzielen von nachhaltigem Beitragswachstum durch gezieltes Cross-Selling. Wichtig ist dabei die Fokussierung auf solche Kundengruppen, die Wachstumspotential aufweisen. 3. Die Stabilisierung der Leistungsaufwendungen durch die Schaffung von Kostenund Qualitätstransparenz unter den Leistungserbringern. Dies ist die Grundlage für gezielte Eingriffe des Versicherers in das Leistungsgeschehen (Leistungsmanagement). STABILISIERUNG DER BEITRÄGE AUF EBENE DER VERSICHERTEN Datenbasis mit Bestandskunden und Kundenwertanalyse Aufbereitung der Daten Analyse der Akquisitionskanäle: Kundenwertanalyse Welchen Kundenwert bringt welcher Kanal hervor? Responseanalyse: Fokussierung von Kunden mit hoher Antwortwahrscheinlichkeit anhand von Bestandskunden Implementierung dieses Modells in die Datenbank des Unternehmens Optimierung der Akquisitionskanäle Optimierung der Neukundenakquisition durch gezielte Kundenansprache Neukundenakquisition Im Mittelpunkt der Steuerung der Neukunden- Akquisition steht die Kontrolle der Akquisitionskanäle. Es gilt zu analysieren über welche Kanäle welche Kunden mit welchen Kundenwertmerkmalen akquiriert werden. Wir wissen mittlerweile aus Erfahrungen vieler Branchen, dass unterschiedliche Akquisitionskanäle unterschiedliche Typen von Kunden mit unterschiedlichem Beitrags-Leistungs-Profil generieren. Je nach Wertprofil dieser Kundentypen ist zu entscheiden, ob und wie viel in einen bestimmten Akquisitionskanal investiert werden soll. Die entscheidende Frage ist, ob der Akquisitionskanal auch unter Kundenwertgesichtspunkten rentabel für das Unternehmen ist. Des Weiteren stellt sich im Bereich der Kundenakquisition die Frage nach dem Erfolg der eingesetzten Akquisitionsinstrumente (klassische Werbung, Direkt-Marketing). In diesem Zusammenhang kann anhand von Erfahrungswerten oder Testgruppen eine Analyse der eingesetzten Akquisitionsinstrumente durchgeführt werden. Diese Responseanalyse beschäftigt sich mit der Optimierung der positiven Reaktionswahrscheinlichkeit. Hierbei geht es wieder um die Vermeidung des Gießkannenprinzips. Ziel ist es, mit einer zielgruppengerechten Kundenansprache eine hohe, positive Rücklaufquote zu erreichen. Mit Hilfe von statistischen und computergestützten Data Miningverfahren kann dabei ein Modell entwickelt werden, welches eine hohe Responserate (Antwortwahrscheinlichkeit) erzeugt und somit die Kosten für diese Instrumente reduziert. 10 11

12 NACHHALTIGES WACHSTUM AUF EBENE DER VERSICHERTEN Kundenbindung und Reduzierung der Abwanderungsrate Datenbasis mit Kunden, die bereits gekündigt haben und Kundenwertanalyse Aufbereitung der Daten Ursachenanalyse: Wer hat warum gekündigt? Was sind die Treiber für die Kündigungen? Aus den Ursachen können nun bestimmte Kundengruppen selektiert werden. Hieraus lässt sich ein Prognosemodell für die Frühidentifikation von Wechselgefährdeten Kunden erstellen Implementierung dieses Modells in die Datenbank des Unternehmens Präventive Kundenbearbeitung, um die Abwanderungsrate zu senken Einführung bzw. Optimierung des Kundenmanagement zur Reduktion der Abwanderung Die Bindungsrate einer Krankenversicherung hat herausragende Bedeutung für den Wert der Kundenbasis und damit für den Erfolg eines Krankenversicherers. Tendenziell kündigen von sich aus die profitablen Kunden in diesem Geschäft, die Unprofitablen (hohe Leistungsquote) aber bleiben. Ein Kernelement beim Kundenmangement ist es deshalb die profitablen Kunden mit Hilfe der Kundenwertberechnung zu identifizieren. Diese Kunden stellen das Fundament des Solidarprinzips dar. Des Weiteren stellen diese Versicherten den stärksten Faktor dar, welcher auf den Beitragsatz wirkt. Ein zentraler Baustein im Kundenmanagement ist die Betrachtung des Abwanderungsverhaltens (Churn-Analyse). Besonders die überdurchschnittlich profitablen Kunden sollten das Unternehmen nicht verlassen. Oft ist aber das Gegenteil der Fall: Erfahrungen vieler Krankenversicherer zeigen, dass tendenziell die Kunden (überdurchschnittliche Beiträge) mit unterdurchschnittlicher Inanspruchnahme von Leistungen kündigen. Um das Wechselverhalten besser zu steuern, ist eine Analyse des Abwanderungsverhaltens gefordert. Durch die Identifikation der Kündigungstreiber und die Charakterisierung der Kündiger lassen sich Modelle entwickeln, mit welchen die Kündigungswahrscheinlichkeit prognostizierbar erscheint. Wir wissen aus empirischen Studien zum Kundenwert, dass die Bindungsrate einen weit überdurchschnittlichen Einfluss auf die Rentabilität von Unternehmen gegenüber anderen Werttreibern (Akquisitionskosten, Marge, Kapitalkosten) ausübt. Besonders die profitablen Kunden (hoher Kundenwert) sollten daher stärker an die Unternehmung gebunden werden. Grundlage für die Analyse der Abwanderungswahrscheinlichkeit sind die Versicherten, die das Unternehmen in jüngerer Vergangenheit verlassen haben. Aus dieser Untersuchung lassen sich Rückschlüsse über die Gründe für den Austritt ermitteln. Diese Resultate werden zur Früherken- nung von wechselgefährdeten Kunden verwendet. Im Rahmen dieser Früherkennung ist es möglich, profitable Kunden durch Bindungsmaßnahmen wie z.b. dem Angebot von zusätzlichen Versicherungsleistungen (Bundling) oder Sonderleistungen in ihrem Wechselverhalten zu beeinflussen. Haben die Kunden das Unternehmen bereits verlassen, dienen die Ergebnisse dieser Analysen auch dem Rückgewinnungsmanagement zur Identifikation von besonders interessanten Kunden, welche wieder an das Unternehmen gebunden werden sollen. Kundenwertsteigerung (Cross-Selling) Viele Krankenversicherer bieten ein Spektrum von komplementären Basis- und Zusatzleistungen an GKVs vor allem in Kooperation mit privaten Versicherern. Die Produkte solcher Bündel unterschieden sich in aller Regel ganz erheblich in ihrer Profitabilität: Zusatzversicherungen sind oft profitabler als Basispakete. Deshalb werden folgende Fragen interessant: Welchen Kunden können welche Zusatzpakete verkauft werden? In welchem Maße kann damit der Kundenwert gesteigert werden? Für welche Kunden lohnt es sich, diese mit bestimmten Zusatzangeboten zu adressieren? Wie effektiv dagegen ist der Gießkannenansatz? Kann durch Individualisierung der Cross-Selling Aktivitäten der Erfolg gesteigert werden? Das Angebot von Zusatzprodukten oder Dienstleistungen kann unter anderem durch eine am Kundenwert orientierte Kundensegmentierung deutlich profitabler gestaltet werden. Somit lassen sich gezielte Angebote an solche Kunden kommunizieren, welche mit höherer Wahrscheinlichkeit positiv reagieren. Als Grundlage für diese Art der Analyse sind sowohl Erfahrungswerte als aber auch Testgruppen (d.h. Reaktionstest auf Angebote) nötig. Im Vertrieb können so durch Minimierung der Streuverluste die Kosten gesenkt und die Effektivität ( Trefferquote ) gesteigert werden. Datenbasis mit Kaufverhalten von Kunden Aufbereitung der Daten Kaufanalyse: Kundenwertanalyse Wer hat was gekauft? Was sind die Treiber für die Kaufentscheidung Ableitung von bestimmten Kundensegmenten: Zielgruppenanalyse Bildung von Testgruppen Implementierung dieses Modells in die Datenbank des Unternehmens Zielgruppenspezifische Ansprache mit passendem Produkt/ Dienstleistung, um die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen und die Marketingkosten zu optimieren 13

STABILISIERUNG DER LEISTUNGSAUSGABEN AUF EBENE DER LEISTUNGSERBRINGER Kostentransparenz, Qualität und Leistungsmanagement Neben dem Kundenwertmanagement, welches sich auf die Beitragsebene bezieht, stehen in einem modernen Kundenmanagement die Leistungsausgaben im Mittelpunkt. Zur Stabilisierung des Kundenwertes sind in erster Linie die Transparenz des Leistungserbringers sowie das Leistungsmanagement von Interesse. Ziel ist es, die Leistungsausgaben für den Versicherer zu optimieren. Fehlende Markttransparenz In einem funktionierenden Markt steuern Angebot und Nachfrage den Preis. Qualität ist ein wesentlicher Faktor, da der Nachfrager vor allem bei Gesundheitsgütern eine hohe Qualität einkaufen will. Qualität spielt in Bezug auf die Kosten der Leistungserbringung eine Rolle, da ein hoher Qualitätsstandard auch zur Kostensenkung beitragen kann. Im Falle schlechter Behandlungsqualität ist ein Kostenanstieg unausweichlich, weil Fehlbehandlungen oder Doppeluntersuchungen die Kosten der Leistungserbringung in die Höhe treiben. Indikatoren für Qualität sind Verweildauer, Komplikationsrate, Mortalitätsrate sowie Behandlungspfade. Treiber für Qualität sind: Qualifikation des Arztes, Anzahl von Behandlungsfällen, medizinische Technik und Optimale Behandlungspfade. Nicht nur der deutsche Gesundheitsmarkt leidet an mangelnder Transparenz. Weder Ärzte, Patienten noch Versicherer können im Allgemeinen etwas über die relative Qualität ( besser/schlechter als Wettbewerb ) sagen. In einem solchen Markt sind die materiellen Anreize, Qualität systematisch zu steigern, gering. Ziel muss es daher sein, Qualitätstransparenz zu erzeugen, um die durchschnittlich erbrachte Leistung zu verbessern. Es ist allerdings zu beachten, dass dadurch nicht die Kosten steigen, sondern die verbesserte Qualität zur Senkung von Kosten beiträgt. Qualitätstransparenz muss für den Patienten als auch für den Leistungsträger erreicht werden. Der Gesetzgeber wie auch die Krankenkassen selber haben in der Vergangenheit einiges dazu unternommen. Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser, die Zentrenpolitik sowie Qualitätsrankings tragen dazu bei, dass Qualitätsdruck auf die Leistungserbringer entsteht. Durch Intensivierung dieser Transparenzinitiative können Patienten und Krankenkassen selektiv ihre Partner zur Leistungserbringung wählen. Analyse von Abrechnungsdaten zur Schaffung von Qualitätstransparenz Die systematische und regelmäßige Analyse der Behandlungsdaten kann eine Krankenversicherung bei der Qualitätsanalyse der Leistungserbringer erheblich unterstützt. Durch die Untersuchung verschiedener Leistungserbringer ist ein Vergleich bezüglich Indikationen, Kosten und Resultaten möglich, welcher bei der Optimierung der Leistungsausgaben langfristig von Nutzen ist. Für die Kassen entsteht so Transparenz, welche von entscheidender Bedeutung für die langfristige Strategie des Unternehmens ist. Durch dieses Benchmarking ist es den Versicherungen möglich, gezielt Verträge mit effektiveren Leistungserbringern ihrer Wahl abzuschließen. Wie bereits gezeigt, wird das Kundenwertmodell eines Krankenversicherers von zwei Einflussfaktoren bestimmt: Den individuellen Beiträgen der Versicherten und den Kosten der von ihnen in Anspruch genommen Leistungen. Letztere sind aufgrund ihrer enormen Streuung unter den Versicherten ein wichtiger Hebel auf die Profitabilität der Kundenbasis eines Krankenversicherers. Um Leistungsaufwendungen optimieren zu können, müssen Krankenversicherer Leistungen, Kosten und Behandlungserfolg erfassen. Dies ist die Grundlage dafür, Leistungsindizes einzelner Leistungserbringer zu ermitteln und damit Kosten und Qualität der Leistungserbringung transparenter werden zu lassen. Das heißt: Die Analyse und das Management von Kundenwert im klassischen Sinne ( Beitragsperspektive ) ist für einen Krankenversicherer von der Kostenseite ( Leistungstransparenz ) nicht zu trennen. Denn individuelle Kosten und Beiträge sind gleichermaßen wichtige Treiber des Kundenwerts. Im Rahmen einer solchen Analyse müssen einzelnen Krankheiten mit Behandlungspfaden definiert werden. Anhand dieser Pfade können dann die Abrechnungsdaten der verschiedenen Leistungserbringer untersucht werden. Hierbei stehen sowohl die Kosten als auch die Qualität im Vordergrund. NACHHALTIGES WACHSTUM UND LEISTUNGSOPTIMIERUNG DURCH INTEGRIERTE GESUNDHEITSPROGRAMME Optimierung der Leistungsausgaben Die Optimierung der Leistungsausgaben kann nach der Schaffung der Qualitätstransparenz erfolgen. Durch die Erfahrungswerte aus der Qualitätsanalyse lassen sich optimale Behandlungspfade für Krankheiten entwickeln. Diese Behandlungspfade dienen als Grundlage für die Optimierung der Leistungsausgaben, da Prozesse und damit verbundene Kosten definiert werden. Langfristig empfiehlt es sich, eine IT-Infrastruktur aufzubauen, in der optimale Behandlungspfade digital hinterlegt sind und die regelmäßig auf Kosten und Qualität kontrolliert werden. 14 15

Diese Behandlungspfade lassen sich als Gesundheitsprogramme oder in integrierten Versorgungsstrukturen realisieren. Die Krankenkasse sollte jedoch darauf achten, dass diese Pfade eingehalten werden, um die Leistungsausgaben zu kontrollieren. Idealerweise existiert für jede Krankheit ein Behandlungspfad. Da dieses jedoch nur langfristig zu realisieren ist, sollten zunächst für kostenintensive Behandlungen Gesundheitsprogramme (wie z.b. Disease Management bei Diabetes) und interdisziplinäre Behandlungspfade definiert werden. Integrierte Versorgungsstrukturen, welche zurzeit gegründet werden, stellen eine gute Gelegenheit für die Kassen dar. Schon während der Verhandlungen mit den Leistungserbringern, müssen die Kassen Behandlungspfade kostengerecht und qualitätsbewusst definieren. Im nächsten Schritt ist die Identifikation der Versicherten in diese Gesundheitsprogramme oder integrierten Versorgungsprogramme notwendig: Gesundheitsprogramme Die Identifikation von Versicherten für Gesundheitsprogramme kann unter anderem durch Datenanalyse erfolgen, sofern der Arzt die Identifikation nicht vornimmt. Es empfiehlt sich, die Versicherten nach Kundenwert und anderen Merkmalen wie Soziodemographie oder bspw. Krankengeschichte zu untersuchen. Die so ermittelte Kundenstruktur erlaubt es der Krankenkasse, Rückschlüsse über die Ursachen von Schwankungen bei Leistungsausgaben zu erlangen. Versicherte mit hohen Leistungsausgaben oder mit bestimmten Symptomen, die auf eine Steigerung der Leistungsausgaben hindeuten, sollen identifiziert werden. Damit diese Ausgaben langfristig reduziert werden können, wäre eine Überführung dieser Kunden in bestimmte Gesundheitsprogramme (integrierte Versorgung etc.) von Interesse. Des Weiteren lassen sich Früherkennungsmodelle entwickeln um bestimmte Versicherte schon vorzeitig in Gesundheitsprogramme zu transferieren. Datenbasis Abrechnungsdaten Aufbereitung der Daten Datenanaylse nach verschiedenen Kriterien: Kundenwert Behandlungsdaten (Abrechnungsdaten) Analyse von Auffälligkeiten und Benchmarking: Gruppierung von bestimmten Versicherten Ziel: Stabilisierung der Leistungsausgaben durch Schaffung von Qualitätstransparenz Überführung von bestimmten Versicherten in Gesundheitsprogramme ZUSAMMENFASSUNG Im Hinblick auf ein ganzheitliches Kundenmanagement können die dargestellten Instrumentarien in den zu Beginn angesprochenen Lebenszyklus der Kundenbeziehung implementiert werden. In unserem Beispiel (Bild 4) werden drei Phasen unterschieden. Im Laufe der Zeit (Alter) entwickelt sich der Kundenwert eines Versicherten zunächst positiv, bis er mit zunehmendem Alter langsamer steigt und schließlich abnimmt. Die verschiedenen Kundenwertinstrumente und Kundenmanagementmaßnahmen zur Optimierung des Kundenwertes lassen sich den einzelnen Phasen zuordnen. Kundenwert Akquisitionsphase Wachstumsphase Kundenakquisition Kundenbetreuung Cross-Selling Akquisitionsanalyse: Analyse der Akquisitionskanäle Verbesserung der Kundenansprache Bonitätsprüfung Gefährdungsphase Hoher Kundenwert und niedriger Leistungsbezug Abwanderungsphase Kundenmanagement: Beschwerdemanagement Abwanderungsmgmt. Rückgewinnungsmgmt. Steigerung des Kundenwertes: Cross-Selling Optimierung Kundenwertmanagement: Kundenwertberechnungen Bild 4: Entwicklung des Kundenwertzyklus bei Krankenversicherten Optimierungsphase Im zunehmenden Alter steigt der Leistungsbezug und der Kundenwert sinkt Reduzierung der Abwanderung: CHURN Analysen Leistungsmanagement Gesundheitsprogramme Leistungsmanagement und Gesundheitsprogramme: Analyse der Abrechnungsdaten Optimierung der Leistungsausgaben Wo sollte ein sinnvoller Einstieg in das Thema Kundenmanagement beginnen? Optimierungsphase Ohne eine Kundenwertanalyse auf Individualbasis ist wenig zu erreichen. Sie ist die Grundlage für alle Modelle, mit denen man die Wirksamkeit von Akquisitions-, Bindungs- und Cross Selling-Maßnahmen misst. Hier muss jeder Versicherer für sich selbst tätig werden. Dies liegt an der individuellen Struktur der Kunden eines Unternehmens. Eine GKV aus Bayern ist mit einer GKV aus Thüringen nur schlecht zu vergleichen. Zeit 16 17

Kontrolle der Neukundenakquisition und Kündigungsanalyse sind ein sinnvoller erster Schritt. Sie stellen gleichzeitig eine geeignete Plattform für die Entwicklung eigenen Know-hows dar. Man sollte auch sehen: Wettbewerbsvorteile generiert man nur mit Wissen, das andere nicht haben. Die Anwendung dieses Konzeptes kann nachhaltig zu einer Kostenreduktion im Rahmen der Verwaltungsausgaben und der Leistungsausgaben führen. Durch die Stabilisierung der Kundenbasis sind weitere Überschüsse zu erwarten. Somit könnten diese Instrumente im Rahmen eines einheitlichen Konzeptes, wie es hier vorgeschlagen wird, zu einer Stabilisierung, wenn nicht sogar zu einer Reduzierung des Beitragssatzes führen. Man sieht: Marketing, Controlling und Management von Gesundheitsleistungen sind nicht mehr zu trennen. Zusammen bilden Sie die Grundpfeiler eines modernen Kundenmanagements für Krankenversicherungen. Kontakt: Prof. Dr. Joachim Büschken joachim.bueschken@ku-eichstaett.de Dipl.- Kfm. Marcus Gropp marcus.gropp@ku-eichstaett.de www.wfi.edu/mkt Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Lehrstuhl für Marketing Auf der Schanz 49 85049 Ingolstadt Fon: 0841.937.1976 Fax: 0841.937.2976 18

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt Lehrstuhl für Marketing Auf der Schanz 49 85049 Ingolstadt Fon: 0841.937.1976 Fax: 0841.937.2976 www.wfi.edu/mkt Design: 2005 www.maassarbeit.de