Nierenerkrankung - Welchen Einfluss hat der Bluthochdruck?

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Transkript:

Nierenerkrankung - Welchen Einfluss hat der Bluthochdruck? Dr. med. Arnd J. Busmann Dobbenweg 12, 28203 Bremen praxis-dobbenweg.de

Chronische Niereninsuffizienz = Nierenschwäche Ursachen: Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Nierenerkrankungen wie z.b. Glomerulonephropathien. Befunde: Eiweiß im Urin, veränderte Blutwerte (GFR, Kreatinin) verändertes sonografisches Bild länger als 3 Monate

Vorweg sei bemerkt: Art. Hypertonie ist einerseits häufig Ursache, andererseits aber auch typische Folge einer chronischen Niereninsuffizienz. Sie ist wesentlich für das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verantwortlich und erhöht damit in doppelter Weise das kardiovaskuläre Risiko der Nierenpatienten.

Ein Aufruf zum Handeln! Die meisten Nierenpatienten sind nicht ausreichend blutdruckbehandelt! Die Niereninsuffizienz ist ein unterschätztes Krankheitsbild! Nierenersatztherapie ist der Endpunkt dieser chronischen Krankheit, dessen Basis 6-10% der Bevölkerung mit eingeschränkter Nierenfunktion darstellt!

Teufelskreis Hypertonie Niereninsuffizienz Bislang ist es nicht gelungen, die fortschreitende Natur der gestörten Nierenfunktion zu durchbrechen. Je weiter fortgeschritten, desto häufiger besteht auch eine Hypertonie (50-90%). Alter, Grunderkrankung und Ausmaß des Eiweißverlustes sind wichtige Faktoren.

Theorie und Praxis sind 2 Paar Schuh - Es gibt viele potente Medikamente. - Alle Spezialisten fordern strenge und konsequente Einstellung. Klinische Alltagswirklichkeit sieht anders aus: Selbst in nephrologischen Spezialambulanzen überschreiten > 75% der Patienten die Zielwerte.

Warum dennoch ein Aufruf zum Handeln? Hoher Blutdruck und Niereninsuffizienz per se zählen zu den stärksten Herz-Kreislauf- Risikofaktoren. Die Mehrheit der Erkrankten stirbt schon vor der Dialyse an Gefäßproblemen (Infarkt, Schlaganfall u.a.). Bei Dialysepatienten ist das Risiko eines solchen Todes sogar 10-100 fach erhöht!

Ursachen der Hypertonie bei Niereninsuffizienz Es wird weniger Kochsalz ausgeschieden, Salz zieht Wasser, das Körperwasser nimmt zu, das Blutvolumen dehnt sich aus. Verstärkt durch salzreiche Kost. Gleichzeitig werden hormonelle Systeme (Angiotensin) beeinflußt. Es entsteht oxidativer Stress (relativer Sauerstoffmangel).

Ursachen der Hypertonie bei Niereninsuffiziens (II) Der Gefäßwiderstand steigt durch Aktivierung der Gefäßmuskelzellen. Aldosteron wird freigesetzt, noch mehr Salz wird zurückgehalten. Stresshormone werden aktiviert (Sympathisches Nervensystem). Parathormon steigt an. Ggf. zugeführtes EPO (Dialyse).

Besonderheiten des Nierenhochdrucks Abnahme der Gefäßelastizität und Zunahme der Aortensteifigkeit führen zu systolischer Hypertonie. - Daran kann man ein erhöhtes Gefäßrisiko erkennen. Fehlendes Absinken des Blutdrucks in der Nacht.

Welcher Blutdruck ist entscheidend? 24-Stunden Blutdruckmessung ist die beste Methode. Praxismessungen sind häufig verfälscht. Eigene Messungen zu Hause von zuverlässigen Patienten sind gut. Ausreichend breite Manschette wichtig.

Ziele der Blutdrucktherapie Senkung der erhöhten Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen. Verzögerung des Fortschreitens der chronischen Niereninsuffizienz. Verbesserung der Lebensqualität nierenkranker Patienten.

Fragen zur Therapie Nierenkranker: Welcher Zielblutdruck? Welche Medikamente bevorzugen? Nichtmedikamentöse Maßnahmen sinnvoll? Was ist sonst noch wichtig? Warum erreichen wir die Ziele so selten? Was sollen wir dann tun?

Welcher Zielblutdruck? Leitlinien: kleiner gleich 130/80 mmhg. Europäische Richtlinien: so niedrig, wie es der Patient toleriert. Bei Eiweißausscheidung > 1 g/d: 125/75 mmhg. Optimaler Blutdruck letztlich nicht bekannt.

Welche Medikamente? 1.Wahl: ACE Hemmer und AT-II-Rezeptor- Antagonisten senken den Blutdruck und verzögern darüber hinaus das Fortschreiten der Niereninsuffizienz. Umso wirksamer, je mehr Eiweiß über die Nieren ausgeschieden wird. Gilt für diabetische und nicht-diabetische nierenkranke Patienten.

Kombinationstherapie Falls ACE Hemmer oder AT-II-Rezeptor- Antagonisten nicht ausreichen (häufig): Thiazid- oder Schleifendiuretikum Betablocker (Metoprolol) Calciumantagonisten (Nicht-Dihydropyridintyp) Moxonidin Alphablocker

Nichtmedikamentöse Maßnahmen sinnvoll? - Auf jeden Fall, leider häufig vernachlässigt. - Effektivität ist den medikamentösen Maßnahmen ebenbürtig. Kochsalzbeschränkung < 5g/Tag (kein zusalzen, keine Fertigprodukte). Regelmäßige körperliche Aktivitäten. Beendigung des Rauchens.

Nichtmedikamentöse Maßnahmen sinnvoll? (II) Gewichtsreduktion Einschränkung des Alkoholkonsums => Verbesserung der Blutdruckeinstellung. => Direkte Verzögerung des Fortschreitens der Niereninsuffizienz. => Verbesserte Wirkung der Medikamente.

Was ist noch wichtig? Trinken nach Durstempfinden, solange keine Überwässerung vorliegt. Vorsicht mit Röntgenkontrastmitteln. Kalzium und Phosphat beachten. Behandlung des hohen Cholesterins. Ggf. Behandlung der Blutarmut und Übersäuerung.

Warum erreichen wir die Ziele so selten? Vielfältige Ursache - Therapie nicht einfach Meistens Kombinationstherapie erforderlich. Ggf. Dosis ausreichend anheben. Häufig noch viele andere Medikamente erforderlich. Hohe Disziplin nötig. Salzarme Kost ist schwer einzuhalten.

Was sollen wir dann tun? An besondere Blutdruckformen denken. Reservemittel Minoxidil. Indikation zur Dialysebehandlung prüfen. Trockengewicht reduzieren. Ultima ratio: bds. Nierenentnahme. - Nicht immer sind alle Ziele zu erreichen, besonders dann ärztliche Begleitung!