Ethinylestradiol vs Estradiol in der Pille - praktische Konsequenzen

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Transkript:

GYN ALLROUND - Winterfortbildung unter südlicher Sonne Teneriffa, 25.02. 03.03.2012 Ethinylestradiol vs Estradiol in der Pille - praktische Konsequenzen ALFRED O. MUECK Univ.-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Schwerpunkt Endokrinologie/Menopause, Leiter Landesinstitut für Frauengesundheit für Baden-Württemberg; Ärztl. Direktor Universitäts-Frauenklinik Peking, China Capital Medical Hospital, WHO Joined Centre, Honorary Director und University Professor

Vier-phasige Pille QLAIRA : Estradiol-Valerat/ Dienogest-Pille ( E2V / DNG ) DNG 2 mg 3 mg E2V Tage 3 mg 2 mg 1 mg Plazebo 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 26 wirkstoffhaltige Tabletten, Vierphasenschema 22 E2V/DNG Tage pro Zyklus (Tage 3-24) 4 E2V Tage (Tage 1-2 und 25-26) 2 hormonfreie Tabletten pro Zyklus (Placebo, Tage 27-28)

Neue monophasische Pille ZOELY Estradiol/Nomegestrolacetat ( E2 / NOMAC ) NOMAC 2,5 mg E2 1,5 mg Plazebo Tage 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 Monophasisches 28-Tage-Einnahmeschema 24 Tage: E2 1,5 mg plus NOMAC 2,5 mg 4 Tage: hormonfrei (Plazebo-Tabletten)

Gestagen in QLAIRA : DIENOGEST ( DNG ) OH CH 2 CN O Dienogest 19-Nortestosteron-Derivat Dosis 2-3 mg/tag (Mittel 2.3 mg)

Gestagen in ZOLEY : NOMAC Nomegestrol acetat (NOMAC) 19-Nor-Progesteron- Derivat Dosis: 2.5 mg/tag

Estradiol vs. Ethinyl-Estradiol in der "Pille": Rationale und praktische Konsequenzen 1. Prinzip der kombinierten Kontrazeptiva 2. Langer Weg zu Kombinationspillen mit Estradiol 3. Vergleich Estradiol (E2) vs. Ethinyl-Estradiol (EE) 4. Vergleich Dienogest vs. NOMAC 5. Vergleich der beiden Estradiol-basierten Pillen ALFRED O. MUECK: Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Landesinstitut für Frauengesundheit Baden-Württ. Univ.Frauenklinik Peking, WHO Joined Centre, China

50 Jahre orale Empfängnisverhütung

Rationale der kombinierten hormonalen Kontrazeptiva Gestagen: Empfängnisverhütung Estrogen: Zyklusregulierung Ovulationshemmung durch Hemmung des LH-Peaks weitere kontrazeptive Mechanismen Endometriumproliferation und endometriale Stabilität

Gesundheitliche Bedenken und Nebenwirkungen bei kombinierten hormonalen Kontrazeptiva Bedenken Krebs Thrombose Herzinfarkt Schlaganfall Gewichtszunahme Abnahme der Libido Nebenwirkungen Durchbruchblutungen Brustspannen Gewichtszunahme Übelkeit Kopfschmerzen Stimmungsschwankungen

Ansätze für die Verbesserung der Verträglichkeit von kombinierten oralen Kontrazeptiva Senkung der Dosis Ethinylestradiol (EE) von > 50 µg auf 20 bis 15 µg pro Tag. Einsatz von EE in Kombination mit Gestagenen ohne verbleibende androgene Wirkung, und mit zusätzlichen anti-androgenen und anti-mineralocorticoiden Wirkungen. NEU: Austausch von EE, ein synthetisches Estrogen, durch das natürliche Estrogen Estradiol (E2)

Rationale für die Entwicklung von kombinierten oralen Kontrazeptiva In den letzten 50 Jahren wurde der Schwerpunkt darauf gelegt, unerwünschte Ereignisse bei gleicher Wirksamkeit zu verringern: durch Reduzierung der Estrogendosis durch neue Gestagene Speziell die Komponente Ethinyl-Estradiol (EE) wurde mit zerebrovaskulären Komplikationen, thromboembolischen Ereignissen und Myokardinfarkt in Verbindung gebracht. Zur weiteren Reduktion dieser Risiken sowie anderer unerwünschter Ereignisse wurden kombinierte Pillen mit geringeren EE-Dosen entwickelt. Jedoch ist eine geringere EE-Dosierung mit einem Anstieg unregelmäßiger Blutungen assoziiert.

Estradiol vs. Ethinyl-Estradiol in der "Pille": Rationale und praktische Konsequenzen 1. Prinzip der kombinierten Kontrazeptiva 2. Langer Weg zu Kombinationspillen mit Estradiol 3. Vergleich Estradiol (E2) vs. Ethinyl-Estradiol (EE) 4. Vergleich Dienogest vs. NOMAC 5. Vergleich der beiden Estradiol-basierten Pillen ALFRED O. MUECK: Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Landesinstitut für Frauengesundheit Baden-Württ. Univ.Frauenklinik Peking, WHO Joined Centre, China

Versuche, kombinierte Pillen zu entwickeln, die auf natürlichem Estrogen basieren Verschiedene Östrogene In erster Linie EE und das synthetische Estrogen-Valerat (E2V), das zu E2 umgewandelt wird Verschiedene Gestagene Norethindron, Desogestrel, Cyproteronacetat, Drospirenon, Dienogest etc. Verschiedene Dosen und verschiedene Einnahmeschemata Einphasen-, Zweiphasen-, Dreiphasen-, und auch ein Vierphasenpräparat

Schlussfolgerungen zu ersten Versuchen zur Entwicklung einer Pille mit Estradiol Kontrazeptive Wirksamkeit: Ein erreichbares Ziel! Zyklusstabilität: Unbefriedigend hohe Inzidenz von Zwischenblutungen: Ein-, Zwei- oder Dreiphasen-Präparate konnten schlechte Zyklusstabilität nicht überwinden. 1. Mueck A.O., Sitruk-Ware R. Steroids 2011 76: 531 529 2. Rabe et al. J. Reproduktionsmed Endokrinol 2011; 8 Special Issue 1; 58-128

Prinzip der Zyklusstabilität in Kontrazeptiva durch Kombination von Gestagen mit Ethinyl-Estradiol OH C CH OH HO Ethinyl-Estradiol (Synthetisches Estrogen) HO Estradiol (Natürliches Östrogen) Die Ethinyl-Gruppe an C17 verhindert die Metabolisierung zu Estradiol (E2) sowie auch die Metabolisierung zu Estron (E1). Dies ist einer der Hauptgründe für die Zyklusstabilität der herkömmlichen Kombinationspillen mit Ethinyl-Estradiol! Mueck AO, Sitruk-Ware R. Steroids 2011; 76 (6): 531-539

E2 (pg/ml) E2-Konzentration während eines 28-tägigen Einnahme-Zyklus von Qlaira 160 140 120 100 80 60 40 20 0-20 -40 3 mg E2V 2 mg E2V/ 2 mg DNG 2 mg E2V/ 3 mg DNG 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 Zeit (Tage) 1 mg E2V Placebo Lu et al. Obstet Gynecol 2007;109(4(Suppl.)):61S

Entwicklung der E2/NOMAC-Pille: Testung Einnahmeschemata 21/7 vs. 24/4 Regime 21-Tage-Einnahmeschema 24-Tage-Einnahmeschema Hormonmessung + Ultraschall Wichtigste Endpunkte der Studie: Ovarielle Aktivität Muster der uterinen Blutungen Christin-Maitre S et al. Hum Reprod 2011; 26: 1338 1347

E2/NOMAC-Pille: Testung verschiedener Einnahmeschemata: 21/7 vs. 24/4- Regime Im Vergleich zu 21/7 zeigt das 24/4-Einnahmeschema: Erhöhte kontrazeptive Sicherheit: Stärkere Hemmung der Follikelreifung Niedrigere durchschnittliche Plasma-FSH-Spiegel Bessere Zyklusstabilität Kürzere Dauer der Entzugsblutungen ==> Die Kombination mit 2,5 mg NOMAC und 1,5 mg E2 im 24/4-Einnahmeschema wurde für die Phase-III-Studien ausgewählt. Christin-Maitre S et al. Hum Reprod 2011; 26: 1338 1347

E2/NOMAC: Dauer der Entzugsblutungen (Tage/Zyklus): Kürzer im Vergleich zur Drospirenon/EE Pille RUMBA NOMAC/E2 SAMBA 2 DRSP/EE 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Behandlungszyklen Behandlungszyklen 2) Mansour D et al. Eur J Contracept Reprod Health Care. 2011 Dec;16(6):430-43.

E2/NOMAC: Dauer von Spottings und Durchbruchblutungen (Tage/Zyklus): Vergleichbar zur Drospirenon/EE-Pille 10 8 6 4 2 RUMBA NOMAC/E2 DRSP/EE 10 8 6 4 2 SAMBA 2 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Behandlungszyklen 0 13 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Behandlungszyklen 2) Mansour D et al. Eur J Contracept Reprod Health Care. 2011 Dec;16(6):430-43.

Tage E2Val/DNG: Mittlere Dauer der Entzugsblutungen signifikant kürzer im Vergleich zu EE/LNG 5,5 5,1 Tage 5,0 4,5 Tage 4,5 4,0 Qlaira, n = 399 20 EE/100 LNG, n = 399 Parke et al. Eur J Contracept Reprod Health Care 2008; 13(1): 94 5

maximale Intensität (% Frauen) E2Val/DNG: Mittlere Stärke der Entzugsblutungen geringer im Vergleich zu EE/LNG 100 75 stark normal leicht Schmierblutung 50 25 0 1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7 Zyklus Qlaira, n = 399 20 EE/100 LNG, n = 399 Parke et al. Eur J Contracept Reprod Health Care 2008; 13(1): 94 5

Maximale Blutungsstärke (Frauen %) E2Val/DNG: Mittlere Stärke der Zwischenblutungen vergleichbar zu EE/LNG 100 75 50 stark normal leicht Spotting 25 0 1 2 3 4 5 6 7 Zyklus 1 2 3 4 5 6 7 Zyklus QLAIRA, n = 399 20 EE/100 LNG, n = 399

Zusatzindikation: "Heavy Menstrual Bleedings" Bislang nur für QLAIRA Menstrual Blood Loss (MBL)

Estradiol vs. Ethinyl-Estradiol in der "Pille": Rationale und praktische Konsequenzen 1. Prinzip der kombinierten Kontrazeptiva 2. Langer Weg zu Kombinationspillen mit Estradiol 3. Vergleich Estradiol (E2) vs. Ethinyl-Estradiol (EE) 4. Vergleich Dienogest vs. NOMAC 5. Vergleich der beiden Estradiol-basierten Pillen ALFRED O. MUECK: Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Landesinstitut für Frauengesundheit Baden-Württ. Univ.Frauenklinik Peking, WHO Joined Centre, China

Estradiol (E2) vs. Ethinyl Estradiol (EE): Stoffwechselwege und Wirkungen auf die Leber 0,15 E1 E2 0,014 0,05 0,65 0,21 0,54 EE EE EE E1S EE E2 wird bereits während der 1.Leberpassage zu E1 und E1S metabolisiert, mit geringer Rückumwandlung 1 EE wird nur langsam metabolisiert: Aufgrund der Ethinylgruppe, (die vor einer schnellen Metabolisierung schützt) durchläuft EE mehrere Leberpassagen. 2,3 EE weist aufgrund seiner 17-alpha-Ethinyl- Gruppe eine sehr starke Leberaktivität auf. Die Wirkungen von EE auf einige hepatische Proteine sind bis zu 500-600 Mal stärker als jene von E2. 4 1 Speroff L, Fritz MA. Clinical Gynecologic Endocrinology and Infertility, 7. Auflage, 2005, S. 689 2 Guengerich FP. Life Sci 1990;47:1981-8 3 Lobo RA & Stanczyk FZ. Am J Obstet Gynecol 1994;170:1499-507 4 Mashchak CA et al. Am J Obstet Gynecol 1982;144:511-8

Die physiologischen Wirkungen von Estradiol in östrogenen Zielorganen Kardiovaskuläres System (metabolischer Stoffwechsel) Endometrium, Brust OH Gastrointestinaltrakt HO Estradiol Urogenitaltrakt (Leber) ZNS Knochen

Estradiol vs. Ethinyl-Estradiol in der "Pille": Rationale und praktische Konsequenzen 1. Prinzip der kombinierten Kontrazeptiva 2. Langer Weg zu Kombinationspillen mit Estradiol 3. Vergleich Estradiol (E2) vs. Ethinyl-Estradiol (EE) 4. Vergleich Dienogest vs. NOMAC 5. Vergleich der beiden Estradiol-basierten Pillen ALFRED O. MUECK: Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Landesinstitut für Frauengesundheit Baden-Württ. Univ.Frauenklinik Peking, WHO Joined Centre, China

Chemische Klassifikation der Gestagene Progesteron-Derivate Dydrogesteron Medrogeston 17-OH Progesteron-Derivate (Pregnane): Medroxyprogesteronacetat Cyproteronacetat Chlormadinonacetat Megestrolacetat 19-Norprogesteron-Derivate (Norpregnane): Nestorone Nomegestrolacetat (NOMAC) Trimegeston Testosteron-Derivate Estrane: Norethisterone Dienogest Gonane: Levonorgestrel Desogestrel (Etonogestrel) Gestoden Norgestimat (Norelgestromin) Spirolacton-Derivat Drospirenon

Dienogest: Strukurell ein spezielles 19-Nortestosteron-Derivat Zusätzliche Doppelbindung OH CH 2 CN Cyanomethylstatt Ethinylgruppe an der 17α-Position O DNG ist das einzige Gestagen mit Kombination der Eigenschaften von 19-Nortestosteron-Derivaten und Progesteron-Derivaten.

E2/NOMAC (1,5/2,5 mg) - Pharmakokinetik Steady-State-Konzentrationen Parameter NOMAC E2 E1 Mittelwert ± SD Mittelwert ± SD Mittelwert ± SD T max (h) 1,5 (1,0-2,0) 6,0 (0,5-144) 3,0 (1,5-6,0) C max a 12,3 ± 3,50 86,0 ± 51,3 440 ± 339 AUC 0-24 b 106 ± 33,1 1.208 ± 616 6.366 ± 4.321 T ½ el (h) 45,9 ± 15,3 n.c. n.c. C av a 4,44 ± 1,38 50,3 ± 25,7 265 ± 180 C min a 3,08 ± 1,07 n.c. n.c. a Blutspiegel: NOMAC: ng/ml; E2 und E1: pg/ml b AUC: NOMAC: ng-h/ml; E2 und E1: pg-h/ml Data on file, 2012

E2/NOMAC (1,5/2,5 mg) - Pharmakokinetik Praktisch besonders relevante Daten Durchschnittliche E2-Konzentrationen: 50 pg/ml (vergleichbar mit früher follikulärer Phase ohne hormonale Kontrazeption) Weitgehend konstanter Plasmaspiegel-Verlauf Lange Plasmahalbwertszeit von NOMAC (ca. 50 Std.) mit einer Voraussetzung der Zyklusstabilität unter der einphasigen Kombinationspille mit Estradiol! kann die kontrazeptive Sicherheit der Kombinationspille erhöhen, zum Beispiel auch bei Vergessen einer Pille

Steroidrezeptor-Affinität der Gestagene Progestogen AE EST AND AA GLU AM Progesteron + - - - - + Dydrogesteron + - - - - - Cyproteronacetat + - - +++ +++ Chlormadinonacetat + - - + + - Medroxyprogesteronacetat + - (+) - + - Medrogeston + - - - - - Norethisteron ++ (+) + - - - Levonorgestrel + - + - - - Drospirenon + - - + ++ Dienogest +++ - - ++ NOMAC +++ - - (+) - - AE: Anti-Estrogen; EST: Estrogen; AND: Androgen; AA: Anti-androgen; GLU: Glucocorticoid; AM: Antimineralocorticoid. Mueck AO, Sitruk-Ware R. Steroids 2011; 76 (6): 531-539

E2/NOMAC: Phase III Studien Multizentrisch, offen, randomisiert vergleichend versus Drospirenon/EE (3 mg/30 µg) Pille Dauer 13 Zyklen SAMBA: 2.080 Frauen 1 1.560 NOMAC/E2; 520 Drospirenon/EE Europa, Asien and Australien RUMBA: 2.320 Frauen 1.740 NOMAC/E2; 580 Drospirenon/EE USA, Kanada and Lateinamerika Elektronische Patienten-Tagebücher zur Pilleneinnahme, vaginale Blutungen, Verträglichkeit u.a. Endpunkte v.a. Peal Index, Blutungen und Verträglichkeit 1 Mansour D et al. Eur J Contracept Reprod Health Care. 2011 Dec;16(6):430-43.

E2/NOMAC - Kontrazeptive Wirksamkeit: Pearl-Index NOMAC/E 2 Anzahl Frauen Verabreichung (Frauenjahre) Pearl-Index 1 (95 %-KI) 1 315 1 057,6 0,38 (0,10; 0,97) DRSP/EE 442 372,4 0,81 (0,17; 2,35) Unter NOMAC/E2 durfte im ganzen Zyklus 1 Tablette ausgelassen werden, oder 2 Tabletten, wenn die Pille zwischen Tag 8-17 des Zyklus vergessen wurde, jeweils ohne alternative (zusätzliche) Empfängnisverhütung! Unter Drospirenon/EE durfte ohne alternative Empfängnisverhütung nur eine Tablette während den Tagen 8-14 des Zyklus ausgelassen werden. Wurden mehr Tabletten oder Tabletten an anderen Tagen vergessen, musste eine alternative Empfängnisverhütung erfolgen. 1 Versagen der Methode und Anwendungsfehler Mansour D. et al., Eur J Contracept Reprod Health Care, Im Druck

Estradiol vs. Ethinyl-Estradiol in der "Pille": Rationale und praktische Konsequenzen 1. Prinzip der kombinierten Kontrazeptiva 2. Langer Weg zu Kombinationspillen mit Estradiol 3. Vergleich Estradiol (E2) vs. Ethinyl-Estradiol (EE) 4. Vergleich Dienogest vs. NOMAC 5. Vergleich der beiden Estradiol-basierten Pillen ALFRED O. MUECK: Universitäts-Frauenklinik Tübingen, Deutschland Landesinstitut für Frauengesundheit Baden-Württ. Univ.Frauenklinik Peking, WHO Joined Centre, China

Reduktion kardiovaskulärer Risiken bei Verwendung der E2-basierten Pillen zu erwarten Der Einfluss auf den metabolischen Stoffwechsel ( Lipide, Glukose, Gerinnung ), im vaskulären System sowie auch im hepatischen Stoffwechsel ist sehr gering: Zu erwarten ist eine gute Verträglichkeit und eine Reduktion von kardiovaskulären und hepatischen Risiken!

Prinzip für Beipackzettel: "Class-Labeling" Kontraindikationen, Warnhinweise, Hinweise auf Nebenwirkungen im Beipackzettel für QLAIRA und ZOELY : derzeit wie für andere orale Kontrazeptiva!

Klinische Vorteile der Pillen mit Estradiol im Vergleich zu Präparaten mit Ethinyl-Estradiol (EE) 1. stärkere positive Estrogenwirkungen auf ZNS, z.b. stärkere Reduktion von Hitzewallungen, positive Effekte auf Stimmung, Wohlbefinden Libidostörungen ( v.a. unter Pillen mit Ethinyl Estradiol ) 2. stärkere osteoprotektive Wirkung, bei erhöhtem Risiko wichtig für sehr junge Frauen und später in Perimenopause 3. Verbesserung von Vaginalepithel, bei vaginaler Atrophie Prophylaxe für rezidivierende (z.b. mykotische) vaginale Infektionen 4. Verbesserung von Turgor und Durchblutung der Haut und des Bindegewebes 5. Günstige Wirkungen im kardiovaskulären System: - keine oder geringere Effekte auf (Lipide, Glucose-Stoffwechsel) - geringeres Risiko von Gestagen-bedingten vasokonstriktiven Wirkungen (für Raucherinnen < 35 J., Risiko geringer als mit EE) - kardiovaskuläre PROTEKTIVE Effekte

GYN ALLROUND - Winterfortbildung unter südlicher Sonne Teneriffa, 25.02. 03.03.2012 Ethinylestradiol vs Estradiol in der Pille - praktische Konsequenzen ALFRED O. MUECK Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Alfred.Mueck@med.tuebingen.de