Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen

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Transkript:

Blatt 1 Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen Die Höhe der Miete für Gewerberäume richtet sich im Allgemeinen nach Angebot und Nachfrage und wird lediglich durch das Verbot der Mietpreisüberhöhung bzw. des Mietwuchers reglementiert. Der Maßstab hierfür wird durch die marktübliche Gewerberaummiete gebildet. 1. Nutzungsarten von Gewerberäumen Die gewerblichen Mietflächen sind vielfältig strukturiert. Es werden Läden, Büros, Fabrikations-, Werkstatt- und Serviceflächen, Lagerraum, Freiflächen, aber auch Gastronomie- und Beherbergungsobjekte, Sport- und Freizeitanlagen u.a.m. angeboten und nachgefragt. Diese unterliegen bei der Mietpreisbildung sowohl allgemeinen als auch besonderen marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und Regeln. Die hauptsächlichen Teilmärkte des gewerblichen Vermietungsmarktes bilden Läden bzw. Verkaufs- und Andienungsflächen sowie Büro- und Praxisflächen und Lager- und Fabrikationsflächen. Für die übliche Bewertungspraxis werden insbesondere nachfolgende mietpreisbildenden Faktoren herausgestellt (siehe dazu vertiefend Dröge, s.u.). Gewerbemieten für Läden Die Geschäftslage stellt für Läden nach einhelliger Auffassung den wichtigsten Mietpreisfaktor dar. Die Lage wird dabei sowohl durch die Passantenfrequenz als auch durch qualitative Momente wie das Auftreten internationaler Filialisten oder die Häufung von Dienstleistungsangeboten im Erdgeschossbereich u. ä. definiert. Der etablierten Klassifikation des Rings Deutscher Makler folgend wird zwischen einer Lage im Geschäftskern und einer im Nebenkern unterschieden, die weiter in jeweilige 1a- und 1b-Lagen sowie 2er und ggf. 3er Lagen differenziert werden können. Diese Ausdifferenzierung ist je nach Umfang des örtlichen Einzelhandelsmarktes möglich und auch sinnvoll. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf den Mietpreis ist die Größe der Ladenfläche. Gängig wird zwischen kleinen Flächen (bis ca. 100 m², idealer Weise mit stufenlosem Zugang und 6 m Frontbreite) und Flächengrößen über 100 m² (mit Abgrenzungen zum so genannten größer flächigen Einzelhandel, oft größer 300 m² angesetzt) unterschieden. In Lagen mit vergleichsweise höherem Preisniveau ist der Sachverständige gehalten, ggf. eine Zonenbildung in Bezug auf die Ladentiefe oder den Zuschnitt des Ladens vorzunehmen. Damit soll die unterschiedliche Wertigkeit der Flächenbestandteile eines Ladens gewürdigt werden. Die Einteilung erfolgt in der Regel in 7-m-Zonen und über Preisabstufungen von 100, 50 und 25 Prozent des Ausgangsmietwertes für die ideal typische Mietfläche. Die Methode kann auch zur Berücksichtigung unterschiedlicher Geschossebenen angewendet werden. Richtschnur marktgerechter Mietenbewertung muss immer das am Ort festzustellende Marktverhalten der Mietkontrahenten sein. Keinesfalls darf die ungeprüfte, gar schematische

Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen - Blatt 2 Übertragung bestimmter, eventuell für ganz besondere örtliche Gegebenheiten gefundener Umrechnungskoeffizienten auf ein konkretes Bewertungsobjekt erfolgen. Gleiches gilt für die oft erforderliche Berücksichtigung unterschiedlicher Flächenbestandteile einer Ladenmietsache (einerseits Verkaufsfläche, andererseits Lager/Büro/Sozialbereich als Nebenflächen). Weitere Faktoren können der optische Eindruck der Baulichkeit sein, in der das Ladenobjekt liegt, oder die Ausstattung der Geschäftsräume. Diese Einflussfaktoren sind jedoch für die Höhe des Mietpreises von eher untergeordneter Bedeutung. Gewerbemieten für Büros/Praxen Wesentliche Bedeutung für die Wertigkeit von Büro-/Praxisräumen und damit deren Mietpreis haben Lage- und Standortkriterien wie Erreichbarkeit, Standort-Image, Pkw- Abstellmöglichkeiten, günstiges Umfeld für den jeweiligen Geschäftsbetrieb (z.b. Kombination von Gesundheitseinrichtung, Apotheke, Arztpraxis) und für die Bürobeschäftigten. Ein weiteres Kriterium für die Miethöhe stellt die Art und Qualität der Ausstattung der Flächen dar, wie Belichtung und Belüftung, zeitgemäße PC-Vorbereitung, flexible Grundrissgestaltung u.a.m. Gewerbemieten für Lager- und Fabrikationsflächen Wesentliche Bedeutung für die Wertigkeit von Lager- und Fabrikationsflächen haben Lage- und Standortkriterien wie Nähe zu Verkehrsanbindungen über Straße, Wasser, Schiene und auch Luftverkehr, konkrete Erreichbarkeit der Gewerbeimmobilie und Befahrungs- und Stellmöglichkeiten auf dem Grundstück. Eine weitere Rolle spielt die Größe der Flächen, vor allem aber ihre Funktionalität wie Raumhöhe/Stapelhöhe, Flexibilität bei der Raumaufteilung und ggf. Belastbarkeit und Strapazierfähigkeit der Böden. 2. Bestimmung der marktüblichen Gewerbemiete In der Bewertungsliteratur wird die Auffassung vertreten, dass der Sachverständige bei der Bestimmung der ortsüblichen Gewerbemiete die ortsübliche Marktmiete festzustellen habe, ( ) die durch den Preis bestimmt wird, der zum Bewertungsstichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften hinsichtlich Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage üblicherweise erzielt und bezahlt wird. Diese Zielvorgabe lehnt sich an die Definition des Verkehrswertes/Marktwertes im Baugesetzbuch (BauGB) und an die Formulierung der Mietpreisdeterminanten für Wohnraum

Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen - Blatt 3 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) an. Sie stößt jedoch auf empirische und vor allem ermittlungspraktische Probleme. So stellen sich die den Mietpreis bestimmenden Faktoren für Gewerberaum anders als bei der Mietpreisbewertung für Wohnraum dar. Insbesondere ist der zeitliche Aspekt bei der Bestimmung der ortsüblichen Gewerbemiete anzusprechen. Schon bei der Verkehrswertermittlung für Grundstücke ist es bekanntlich so, dass vergangenheitsbezogene Daten aus zurückliegenden Ermittlungen (Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinssätze u.a.) bei stichtagsbezogenen Wertermittlungen herangezogen werden. Niemand wird bei der am Immobilienmarkt gewöhnlich anzutreffenden Datenlage auf die Idee kommen, etwa nur Vergleichsfälle zu berücksichtigen, die aus der Woche oder dem Monat datieren, in dem der Bewertungsstichtag liegt. In Anbetracht dieser Gegebenheiten kam das Landgericht Berlin zu der Auffassung, dass ausreichendes Vergleichsmaterial für einen bestimmten Stichtag regelmäßig nicht zur Verfügung stehen würde, und deshalb in die Begutachtung Daten von Mietneuabschlüssen, gerechnet von einem Jahr vor dem Stichtag bis zu einem Jahr nach dem Stichtag, mit einbezogen werden könnten. Entscheidend ist auch hier und in sachgerechter Anlehnung an den Rechtsentscheid des Bayerischen Oberlandesgerichtes (BayObLG) vom 19.03.1981 zur ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnraum, dass der Sachverständige seine Beurteilung nicht aus statistischen Erwägungen ableitet, sondern den Markt analysiert und die gefundenen Werte sachverständig würdigt. Als Orientierung für die ortsübliche/marktübliche Gewerbemiete ist also festzuhalten: - Die ortsübliche/marktübliche Gewerbemiete ist aus einem Querschnitt von vergleichsgeeigneten Mietdaten abzuleiten. Dabei können hinsichtlich der in den Vergleich einzubeziehenden Art des Gewerberaumes die vorgenannten Vermietungsmarktsegmente dienen. - Die ortsübliche/marktübliche Gewerbemiete ist aus einem bestimmten, durch die Fragestellung abgegrenzten Gebiet abzuleiten. - Die ortsübliche/marktübliche Gewerbemiete basiert i. d. R. auf der Analyse von Vergleichsmieten, die unter gewöhnlichen Umständen zeitnah bezogen auf den Bewertungsstichtag (siehe oben) als neu abgeschlossene oder marktangepasste Entgelte tatsächlich gezahlt wurden oder werden. 3. Bewertungsmaßstab Die gutachterliche Ermittlung der marktüblichen Gewerbemiete wird der vorherrschenden Rechtsauffassung folgend vorrangig über Vergleichswertverfahren vorgenommen. Das Vergleichswertverfahren basiert auf: - der sachverständigen Einschätzung des jeweiligen Grundstücksteilmarktes, - einer ausreichenden Anzahl von Vergleichsfällen, - der Anwendung mathematisch-statistischer Methoden.

Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen - Blatt 4 Die Verfahrensergebnisse werden über Mittelwertbildungen (i. d. R. arithmetisches Mittel, aber auch Median und gewogenes arithmetisches Mittel) abgeleitet. Der Bewertungsmaßstab ist dabei der Quadratmetermietpreis der Vergleichsobjekte. Aus Zähler und Nenner dieser Kennzahl ergibt sich in der Bewertungspraxis eine Reihe von Problemen, die eine möglichst sorgfältige Befassung mit den Vergleichsmietdaten erforderlich macht. Das Ergebnis der Bewertung ist stets als Schätzung zu qualifizieren, da in der Regel das Vergleichsmaterial nicht passgenau und dessen Recherche selbst mit Unsicherheiten behaftet ist. Die Vergleichsmiete Bei der Vermietung von Gewerbeobjekten können unterschiedliche Leistungen vereinbart worden sein, beispielsweise eine Nettokaltmiete (Miete ohne kalte Betriebskosten, ohne Heizund Warmwasserkosten und ohne weitere Nebenkosten), eine Bruttokaltmiete, eine Bruttowarmmiete, eine Teilinklusivmiete oder, umfassend, eine Triple-Net-Miete (Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten, weitere Nebenkosten sowie mit Kosten für den Bauunterhalt der Mietsache und des Gebäudes). Während bei Wohnraummietverhältnissen regelmäßig nur die Betriebskosten nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV), die im Wesentlichen die Regelungen aus der Zweiten Berechnungsverordnung (vgl. 27 II. BV) übernimmt, umgelegt werden können, stellt dieser Katalog im Fall der Gewerberaumvermietung nur den Sockel umlagefähiger Nebenkosten dar. Er ist vor allem bei der Vermietung herkömmlicher Gewerbeimmobilien anzutreffen. Namentlich im Segment der hochpreisigen Top-Gewerbeimmobilien ist darüber hinaus die Umlage von Verwaltungskosten sowie weiterer Bewirtschaftungskosten marktüblich und bei der Mietenbewertung zu berücksichtigen. Dies macht eine möglichst genaue Analyse der Vergleichsmietunterlagen unabweislich; die Mietenbewertung muss sich streng in dem Vermietungsmarktsegment bewegen, das dem jeweiligen Bewertungsobjekt adäquat ist. Die Mietfläche Unter dem Aspekt des Bewertungsmaßstabes Quadratmetermietpreis ist des Weiteren der Verweis auf die Problematik der jeweiligen Mietflächenberechnung wichtig. (Siehe dazu auch Der Abschluss eines Mietvertrages. Rechtliche Hinweise, Punkt 6.) Gebräuchliche Normen / Vorschriften für Flächenberechnungen sind: - DIN 283 1951 / 1962 (Blatt 2 seit August 1983 ersatzlos zurückgezogen; Blatt 1 seit Juni 1989 außer Kraft gesetzt),

Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen - Blatt 5 - II. Berechnungsverordnung (BV) vom 01.01.1979, 42-44, letztmals geändert am 13.09.2001, gültig bis 31.12.2003, - Wohnflächenverordnung (WoFlV) vom 26.09.2003, gültig ab 01.01.2004, - DIN 277, zuletzt mit Neuerungen vom Februar 2005, - MF-G Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für gewerblichen Raum vom 01.11.2004. Zur Wahrung der Einheitlichkeit des Bewertungsmaßstabes sollten die herangezogenen Vergleichsobjekte und das Bewertungsobjekt nach derselben Flächenberechnungsmethode aufgemessen worden sein. In der Praxis geschieht dies oft in Anlehnung an die DIN 277, die jedoch aus ihrem Anwendungszweck herrührend den Begriff der vermietbaren Fläche nicht enthält. Zunehmend und besonders bei den hochpreisigen Top-Gewerbeimmobilien erfolgt eine Bezugnahme auf Richtlinien der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. (gif), bei denen ausgehend von der DIN 277 Berechnungsgrundlagen für Gewerbemietflächen abgeleitet wurden. In der Praxis der sachverständigen Mietpreisbewertung sind die Berechnungsmethoden von gewerblichen Mietflächen aus dem Vergleichsmietenmaterial häufig nicht nachvollziehbar, da es insbesondere bei Bestandsmietsachen im Bereich der herkömmlichen Gewerbeobjekte an entsprechenden Hinweisen fehlt und auch mancher zeitnah abgeschlossene Mietvertrag die Flächenberechnungsgrundlage unerwähnt lässt. Der erfahrene Mietensachverständige muss sich dieser Unschärfe bewusst sein und dieselben möglichst einzugrenzen versuchen. Miet- und Pachtwertableitungen über das modifizierte Ertragswertverfahren In bestimmten Bewertungsfällen, so z. B. bei Nutzungen des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes und Freizeitimmobilien, stehen regelmäßig nur wenige oder gar keine Vergleichs-mieten/-pachten für das Vergleichswertverfahren zur Verfügung, so dass neben oder anstelle der Vergleichswertanalyse eine Ableitung von marktüblichen Mieten/Pachten aus durchschnittlichen marktüblichen Ertragsgrößen erfolgen muss. Ohne hier auf die Problematik dieser ursprünglich als EOP-Methode bezeichneten Verfahrensweise näher eingehen zu können sei verwiesen auf: www.hoga-brandenburg.de: Ratgeber Miet- und Pachtverträge im Gastgewerbe mit detaillierter Darstellung der Ertragskraft orientierten Pachtwertfindung (EOP- Methode), 2005. 4. Schiedsgutachten Können sich Mietparteien über mietvertraglich vereinbarte Änderungen einer Gewerbemiete nicht einigen, wird mitunter schon im Mietvertrag die Inanspruchnahme eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Ermittlung der neu festzusetzenden oder anzupassenden Miete, also die Erstellung eines Schiedsgutachtens vereinbart. Dabei ist der Schiedsgutachter die ( ) Person, die nach dem Willen der Vertragsschließenden

Gewerbemieten aus Sicht des Sachverständigen - Blatt 6 bestimmte Bestandteile für die Entscheidung eines Streits (auch Rechtsstreits) unter den Parteien verbindlich feststellen, aber nicht über Rechtsfolgen entscheiden soll (sonst: Schiedsgerichtsverfahren). Die Abrede ist formbedürftig. Schiedsgutachter können z.b. die Höhe des angemessenen Mietzinses oder eines eingetretenen Schadens feststellen. Nach herrschender Meinung gelten die 317 319 BGB entsprechend, d.h. der Schiedsgutachter hat nach billigem Ermessen zu entscheiden, offenbar unbillige Entscheidungen sind für die Beteiligten nicht verbindlich. (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/archiv/14916/schiedsgutachter-v5.html) Der Mietsachverständige hat als Schiedsgutachter vor allem den Parteienwillen hinsichtlich der Mietveränderung festzustellen, ggf. mit den Parteien zu erörtern oder auch zu interpretieren. Erleichtert wird die Tätigkeit des Schiedsgutachters dann, wenn im Schiedsgutachtervertrag möglichst klar festgeschrieben wird, wann, in Bezug worauf und wie die Mietanpassung vorgenommen werden soll. Mitunter wird von den Mietparteien vereinbart, dass eine Gewerbemiete ab einem bestimmten Zeitpunkt angemessen angepasst werden soll. Hier ist zu beachten, dass Angemessenheit und Orts- bzw. Marktüblichkeit nicht identisch sind. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang neben der Entwicklung der vergleichsgeeigneten ortsüblichen Entgelte die Veränderung weiterer wirtschaftlicher Bezugsgrößen zu berücksichtigen. Wurden solche Größen in den vertraglichen Unterlagen nicht konkret benannt, greift die übliche Bewertungspraxis neben der Entwicklung der ortsüblichen Gewerbemiete auf Verbraucherpreis- und Einkommensindizes zurück. Deren Entwicklung findet dann in bestimmter Gewichtung Eingang in die Feststellung der nachgefragten angemessen angepassten Miete (gebräuchlich ist z.b. als Gewichtung: Entwicklung der ortsüblichen Gewerbemiete x 0,5; Entwicklung der Verbraucherpreis- und Einkommensindizes jeweils x 0,25). Dr. Manfred Otto Stelter Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Mieten für Grundstücke und Gebäude (IHK Potsdam), Fachgruppenleiter Mietpreisbewertung im Verband der Vereidigten Sachverständigen Berlin-Brandenburg Johnepark 75, 15806 Zossen Tel. 03377 301916 E-Mail: dr.stelter@gmx.de www.mietsachverstaendiger.de Weiterführende Literatur für die Mietpreisbewertung (Auswahl): Dröge: Handbuch der Mietpreisbewertung für Wohn- und Gewerberaum, 3. Aufl., München, 2005 Blümmel, Kretzer-Mossner, Monjé: Gesamtdeutsches Miet- und Wohnrecht, 2009, Berlin 2009 Gerardy, Möckel, Troff, Bischoff: Praxis der Grundstücksbewertung, München (Loseblattsammlung)