Informatikrat Bund Querschnittsprüfung im Bereich Geschäftsverwaltung GEVER Bund



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Informatikrat Bund Querschnittsprüfung im Bereich Geschäftsverwaltung GEVER Bund 21. März 2007

Impressum Bestelladresse Adresse de commande Order address Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Monbijoustrasse 45, CH - 3003 Bern http://www.efk.admin.ch Bestellnummer Numéro de commande Order number 1.6249.100.00373.10 Zusätzliche Informationen Fachbereich 4 Informatikprüfungen Complément d informations E-mail: jack.hirschi@efk.admin.ch Additional information Tel. +41-31 323 10 37 Originaltext Texte original Original text Deutsch Allemand German Zusammenfassung Deutsch («Das Wesentliche in Kürze») Résumé Français («L essentiel en bref») Summary English («Key facts») Abdruck Reproduction Reproduction Gestattet (mit Quellenvermerk) Autorisée (merci de mentionner la source) Authorised (please mention the source) 2

Querschnittsprüfung im Bereich Geschäftsverwaltung GEVER Bund Das Wesentliche in Kürze Die EFK führte bei verschiedenen Bundesstellen eine Querschnittsprüfung im Bereich der elektronischen Geschäftsverwaltung (GEVER) durch. Das Hauptziel war die Beurteilung der Umsetzbarkeit und der Umsetzung der vom Informatikrat Bund formulierten GEVER-Strategie. Die definierte GEVER-Strategie wird nur teilweise umgesetzt und gelebt Die EFK musste feststellen, dass in den geprüften Departementen die GEVER-Strategie nur teilweise umgesetzt und gelebt wird. Einzig das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement nimmt eine Vorreiterrolle ein und setzt die definierte Strategie um. Die elektronische Geschäftsverwaltung ist heute eine Notwendigkeit Da heute der grösste Teil der Geschäftsunterlagen in elektronischer Form vorliegt und der steigende Kooperationsbedarf zwischen den verschiedenen Verwaltungsstellen neue Anforderungen an eine professionelle Verwaltung dieser Unterlagen stellt, ist die elektronische Geschäftsverwaltung in der Bundesverwaltung mittlerweile eine Notwendigkeit. Strategische und organisatorische Massnahmen stehen im Vordergrund Die EFK hat empfohlen, die GEVER-Strategie 2004 zu überarbeiten und auf die strategischen Ziele der laufenden und folgenden Legislaturperioden sowie die Geschäftsprozesse des Bundes auszurichten. Heute sind die Massnahmen auf der strategischen und organisatorischen Ebene wichtiger als die technische Standardisierung. Die IKT-Teilstrategie GEVER muss sich an einer GEVER-Strategie der Geschäftsträger orientieren können Nach Auffassung der EFK sollte nicht der Informatikrat des Bundes, sondern die Generalsekretärenkonferenz für die Freigabe und Umsetzung der neuen GEVER-Strategie in der Bundesverwaltung verantwortlich sein. Der Informatikrat Bund unterstützte die Zielrichtung der Empfehlungen der EFK. Der volle Nutzen von GEVER wird erst dann greifen, wenn die Prozesse und die Technologie sowohl horizontal wie vertikal bis zu den Mitarbeitenden koordiniert und vernetzt werden. Es bedarf einer starken Führung, um die gemeinsamen Anstrengungen abzustimmen und um einheitliche organisatorische, technologische und sicherheitsrelevante Voraussetzungen zu schaffen. Die Empfehlungen der EFK wurden akzeptiert Für einzelne Empfehlungen wurden Umsetzungstermine bis Ende 2007 definiert. Gemäss Stellungnahme der Generalsekretärenkonferenz des Bundes vom 10. Dezember 2007 wird ein Grossteil der Empfehlungen der EFK in dem vom Bundesarchiv ausgearbeiteten "Information Lifecycle Management Programm" aufgenommen, das in Kürze dem Bundesrat beantragt wird. Die EFK verlangte auch, dass jedes Departement eine Strategie über den Einsatz von GEVER erstellt, die mit den überdepartementalen Vorgaben kompatibel ist. 3

Audit transversal dans le domaine de la gestion électronique des affaires de la Confédération (GEVER) L essentiel en bref Le Contrôle fédéral des finances (CDF) a procédé à un audit transversal auprès de différents offices fédéraux services fédéraux dans le domaine de la gestion électronique des affaires (GE- VER). Cet audit avait pour objectif principal d'évaluer l'applicabilité et la mise en œuvre de la stratégie GEVER formulée par le Conseil de l'informatique de la Confédération. La stratégie GEVER définie n est que partiellement mise en œuvre Le CDF a constaté que la stratégie GEVER n est que partiellement mise en œuvre au sein des départements examinés. Seul le Département fédéral de l économie fait figure de pionnier en appliquant la stratégie définie. La gestion électronique des affaires est aujourd hui une nécessité Comme la majeure partie des documents se présente aujourd hui sous forme électronique et que le besoin croissant de coopération entre les différents services administratifs implique de nouvelles exigences pour la gestion professionnelle de ces documents, la gestion électronique des affaires est désormais une nécessité au sein de l'administration fédérale. Les mesures d ordre stratégique et organisationnel sont prioritaires Le CDF a recommandé de réviser la stratégie GEVER 2004 en tenant compte des objectifs stratégiques des législatures en cours et à venir ainsi que des processus d affaires propres à la Confédération. Les mesures d'ordre stratégique et organisationnel sont aujourd'hui plus importantes que la standardisation technique. La stratégie partielle GEVER en matière de TIC doit pouvoir se baser sur une stratégie GE- VER des responsables d affaires De l avis du CDF, ce n est pas le Conseil de l informatique de la Confédération qui devrait être chargé d autoriser et de mettre en œuvre la nouvelle stratégie GEVER, mais la Conférence des secrétaires généraux. Le Conseil de l informatique de la Confédération soutient l orientation des recommandations du CDF. GEVER ne pourra déployer tous ses effets que si les processus et la technologie sont coordonnés et mis en réseau, aussi bien horizontalement que verticalement jusqu'au niveau des collaborateurs. Une conduite énergique est nécessaire afin de conjuguer les efforts et de créer un cadre uniforme en matière d'organisation, de technologie et de sécurité. 4

Les recommandations du CDF ont été acceptées Des délais ont été définis jusqu à la fin de 2007 pour la mise en œuvre de quelques unes des recommandations. Selon la prise de position de la Conférence des secrétaires généraux de la Confédération du 10 décembre 2007, la majeure partie des recommandations du CDF sera prise en considération par le «programme de gestion du cycle de vie de l information» élaboré par les Archives fédérales, qui sera soumis sous peu au Conseil fédéral. Le CDF a également exigé que chaque département élabore une stratégie relative à l'application de GEVER, qui soit compatible avec les directives interdépartementales. Texte original en allemand 5

Horizontal audit in the area of the Confederation GEVER Business administration Key facts The Swiss Federal Audit Office (SFAO) conducted horizontal audits in a number of federal agencies in the area of electronic business administration (GEVER). The main goal was that of assessing its practicability and implementation of the GEVER strategy drawn up by the Federal IT Council. The defined GEVER strategy is only being partially implemented and integrated The SFAO had to take note of the fact that in the audited departments, the GEVER strategy is only partially being implemented and integrated. Only the Federal Department of Economic Affairs is leading the way and is implementing the defined strategy. Today electronic business administration is a necessity Due to the fact that today the vast majority of business documents are available electronically and the increased requirements in terms of cooperation between the different administration bodies makes new demands on professional management of these documents, electronic business administration in the federal administration has in the meantime become a necessity. The focus is on strategic and organisational measures The SFAO has recommended that the 2004 GEVER Strategy be revised and be geared to the strategic goals of the current and subsequent legislative periods and the business processes of the Confederation. Today measures at the strategic and organisational levels are more important than technical standardisation. The ICT GEVER partial strategy must be able to be geared to the GEVER strategy of the business owners In the opinion of the SFAO, it should be the General Secretaries Conference which should be responsible for the clearance and implementation of the new GEVER strategy in the federal administration and not the Federal IT Council. The Federal IT Council supports the thrust of the SFAO recommendations. The full benefit of GEVER will only be felt if the processes and technologies are coordinated and linked to the employees not just horizontally but vertically. Strong management is required to coordinate the joint effort and to create uniform organisational, technological and security-relevant prerequisites. 6

The recommendations of the SFAO were accepted Implementation deadlines have been defined up to the end of 2007 for individual recommendations. In accordance with the comments of the General Secretaries Conference of the Confederation of 10 December 2007, the greater part of the SFAO recommendations will be included in the "Information Lifecycle Management Programme" drawn up by the Federal Archives. This programme will shortly be submitted to the Federal Council. The SFAO also requested that each department should draw up a strategy on the application of GEVER which is compatible with the interdepartmental specifications. Original text in German 7

Inhaltsverzeichnis 1 Zusammenfassung des Prüfungsbefundes 10 2 Auftrag und Prüfungsdurchführung 12 2.1 Auftrag 12 2.2 Rechtsgrundlagen / Referenzen 13 2.3 Prüfungsumfang und -grundsätze 13 2.4 Unterlagen und Auskunftserteilung 14 2.5 Priorisierung der Empfehlungen der EFK 14 3 Herausforderungen in der Geschäftsverwaltung 15 4 Strategische Ebene 15 4.1 GEVER-Strategie der Bundesverwaltung 15 4.2 Mehrproduktestrategie 16 4.3 GEVER-Strategien in den Departementen und Verwaltungseinheiten 18 4.4 Das Schweizerische Bundesarchiv als Querschnittsdienstleister 18 4.5 Geschäftsprozesse 18 4.6 Organisation und Führung 21 4.6.1 Bundesebene 21 4.6.2 Zentral geführte bundesweite Projektorganisation 22 4.6.3 Zentraler Leistungserbringer 23 4.6.4 Departementsebene 23 4.7 Kosten und Finanzierung 24 4.8 Rechtsgrundlagen und weitere Vorgaben 24 4.9 Lieferantenbeziehungen 25 4.9.1 Rahmenvertrag und Zusammenarbeit mit der Firma Fabasoft 25 4.9.2 Überwachung der Lieferanten 26 5 Anwenderebene 27 5.1 Praktischer Einsatz von GEVER Fabasoft 27 5.2 Generalsekretariat des VBS 28 5.3 Bundeskanzlei 28 5.4 Schweizerisches Bundesarchiv 28 5.5 Staatssekretariat für Wirtschaft 29 5.5.1 Abdeckung der Geschäftsanforderungen 29 5.5.2 Bedienerfreundlichkeit und Benutzerakzeptanz 30 5.5.3 Kommunikation und Zusammenarbeit 32 5.5.4 Ausfallsicherheit und Ersatzlösung 33 6 Technische Ebene 33 6.1 Zusammenarbeit mit der Firma Fabasoft 33 6.2 Lizenz- und Betriebskosten 34 6.3 Betriebssicherheit beim IKT-Leistungserbringer 35 8

6.4 Change-, Release- und Configuration-Management 35 6.5 Aufbewahrung und Archivierungsschnittstelle 36 7 Abschliessende Betrachtung 37 8 Schlussbesprechung 40 Anhänge 41 9

1 Zusammenfassung des Prüfungsbefundes In den letzten Jahren nutzten alle Stufen der Verwaltung zunehmend und in verschiedenster Art die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für ihre angestammte Tätigkeit oder für neue Aufgaben. Dies führte dazu, dass Prozesse oder Leistungen verbessert sowie Vorhaben realisiert wurden, die ohne IKT nicht möglich gewesen wären. Die EFK hat im Bereich der elektronischen Geschäftsverwaltung (GEVER) bei mehreren Verwaltungseinheiten eine Prüfung durchgeführt. Das Hauptziel war die Beurteilung der Umsetzbarkeit und der Umsetzung der vom Informatikrat Bund (IRB) formulierten GEVER-Strategie. Die Prüfungshandlungen betrafen die strategische Ebene auf Stufen Bund und Departemente/Bundeskanzlei (BK) sowie die Anwender- und technische Ebene bei ausgewählten Verwaltungseinheiten. Im Folgenden fasst die EFK die wichtigsten Prüfungsergebnisse zusammen. In den geprüften Departementen wird die GEVER-Strategie des Bundes auf Departements- und Verwaltungseinheitsstufe nur teilweise umgesetzt und gelebt. Einzig das EVD nimmt in diesem Bereich eine Vorreiterrolle wahr und setzt die definierte Strategie um. Da heute der grösste Teil der Geschäftsunterlagen in elektronischer Form vorliegt und der steigende Kooperationsbedarf zwischen verschiedenen Verwaltungsstellen neue Anforderungen an eine professionelle Verwaltung dieser Unterlagen stellt, ist auf Managementebene die Wahrnehmung gestiegen. Die elektronische Geschäftsverwaltung in der BVerw ist mittlerweile eine Notwendigkeit. Die Entwicklung von GEVER in der Bundesverwaltung (BVerw) mit all ihren Funktionalitäten wurde hauptsächlich durch neue technische Möglichkeiten getrieben und weniger durch bewusste strategische Führungsentscheide. Auch bedingt durch die föderalistische Organisationsstruktur beim Bund wurden GEVER-Anwendungen oft unkoordiniert und unabhängig voneinander entwickelt. Dies behindert unter anderem einen wirtschaftlichen und systematischen Einsatz der elektronischen Geschäftsverwaltungssysteme. Die aktuelle, durch den Informatikrat Bund (IRB) genehmigte GEVER-Strategie und dessen Entscheid zur Mehrproduktestrategie unterstützen die heutige Heterogenität in der BVerw. Das Ziel ist es, mittelfristig zwei (maximal drei) Produkte zu standardisieren, die sich im Einsatzspektrum möglichst ergänzen. Durch den Umstand, dass heute jede Verwaltungseinheit im Rahmen ihrer Strategischen Informatikplanung (SIP) diejenigen Geschäftsprozesse benennt, die durch GEVER-Anwendungen unterstützt werden sollen, erfolgte die bisherige Umsetzung vor allem von unten nach oben. Heute sind - mit Ausnahme der Bundesratsgeschäfte und des Prozesses der amtlichen Veröffentlichungen - die mit GEVER abzudeckenden überdepartementalen Geschäftsprozesse noch nicht definiert. E-Government beispielsweise setzt jedoch funktionierende übergreifende Prozesse voraus. Die EFK empfiehlt, die GEVER-Strategie 2004 zu überarbeiten und auf die strategischen Ziele für die Bundespolitik der laufenden und folgenden Legislaturperioden sowie die Geschäftsprozesse des Bundes auszurichten. Die Strategie muss festlegen, aus welchen Gründen die BVerw GEVER einsetzen will und welchen Abdeckungsgrad sie wünscht (sinnvollerweise zuerst nur die überdepartementalen Prozesse). Dasselbe gilt auch für die Strategiepapiere auf den Stufen Departement/BK und Verwaltungseinheit. Heute sind die Massnahmen auf der strategischen und organisatorischen Ebene wichtiger als die technische Standardisierung. Nach Auffassung der EFK sollte 10

nicht der Informatikrat des Bundes (IRB), sondern die Generalsekretärenkonferenz (GSK) für die Freigabe und Umsetzung der neuen GEVER-Strategie in der Bundesverwaltung verantwortlich sein. Weiter muss sich die strategische Ausrichtung an der IKT Strategie Bund und der E-Government-Strategie Schweiz orientieren. Der volle Nutzen von GEVER wird erst dann greifen, wenn Prozesse und Technologien auf Stufe Bund quer über alle Departemente sowie vertikal über Ämter und Organisationseinheiten bis zu den Mitarbeitenden koordiniert und vernetzt werden. Es bedarf einer starken Führung von oben, um die gemeinsamen Anstrengungen abzustimmen und um einheitliche organisatorische, technologische und sicherheitsrelevante Voraussetzungen zu schaffen. Dies würde auch einen zielgerichteten Einsatz der knappen Ressourcen ermöglichen. Die Querschnittsprüfung zeigt nicht nur Verbesserungspotenzial im strategischen GEVER-Bereich auf, sondern auch bei den organisatorischen Rahmenbedingungen und dem praktischen Einsatz. Die BVerw hat die E-Gov-Suite CH der österreichischen Softwarefirma Fabasoft zum (derzeit alleinigen) Standardprodukt erklärt. Die Mehrproduktestrategie ist noch nicht umgesetzt. Umso mehr muss der Bund der heutigen Abhängigkeit von der Firma Fabasoft mit einer systematischen Lieferantenbewertung Rechnung tragen. Die EFK prüfte die GEVER-Aspekte im Bund zu einem Zeitpunkt, wo das Fabasoft-Produkt einem Releasewechsel zur Version 6.1 unterworfen wurde. Die Prüfung hat gezeigt, dass diese Weiterentwicklung den Anwendern keine signifikanten Verbesserungen gebracht hat. Bei den geprüften Verwaltungseinheiten stellt die Benutzerakzeptanz eine der grössten Herausforderungen dar. Dies ist bei der GEVER-Fabasoft-Lösung zu einem grossen Teil der mangelnden Bedienerfreundlichkeit zuzuschreiben. Bei künftigen GEVER-Projekten muss darauf geachtet werden, dass die Verwaltungseinheiten die Benutzer von Anfang an mit einbeziehen. Auf diese Weise können sich die Anwender mit der neuen Arbeitsweise und dem Kulturwechsel vertraut machen. Des Weiteren sind folgende Empfehlungen prioritär umzusetzen: Verbindliche Namenskonventionen und Terminologien stufengerecht erlassen; bestehende Weisungen zur Arbeit mit GEVER in Kraft setzen sowie Registraturpläne hinterfragen und vereinfachen. Eine standardisierte Archivschnittstelle für die elektronische Ablieferung von archivwürdigen Daten und Dokumenten aus GEVER-Systemen zum Schweizerischen Bundesarchiv (BAR) so bald wie möglich anbieten und den betroffenen Verwaltungseinheiten die Vorgaben für solche Ablieferungen bekannt geben. Die EFK geht davon aus, dass die Bundesverwaltung bei Umsetzung der erforderlichen Vorkehrungen die elektronische Geschäftsverwaltung an ihre Bedürfnisse anpassen, kostengünstig betreiben und die sich ergebenden Synergien nutzen kann. Zu den Empfehlungen erwartete die EFK bis zum 23. Mai 2007 vom IRB eine mit den betroffenen Ämtern koordinierte schriftliche Stellungnahme mit der Angabe der getroffenen Massnahmen, der dafür verantwortlichen Personen und der Umsetzungstermine. 11

2 Auftrag und Prüfungsdurchführung 2.1 Auftrag Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat gestützt auf Artikel 6 und 8 des Bundesgesetzes über die Eidg. Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0) in der Zeit vom 6. September bis Mitte Oktober 2006 im Bereich elektronische Geschäftsverwaltung (GEVER) bei mehreren Verwaltungseinheiten eine angemeldete Revision durchgeführt: Strategische Ebene Informatikstrategieorgan Bund (ISB) Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements (GS-EFD) Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements des Innern (GS-EDI) Generalsekretariat des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (GS-EVD) Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (GS-VBS) Bundeskanzlei (BK) Schweizerisches Bundesarchiv (BAR) Anwender- und technische Ebene GS-VBS BK BAR Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) Information Service Center des EVD (ISCeco) Das Hauptziel dieser Querschnittsprüfung im Bereich der elektronischen Geschäftsverwaltung war zu beurteilen, inwieweit die GEVER-Strategie des Bundes auf Departements- und Verwaltungseinheitsstufe umsetzbar ist und gelebt wird. Folgende Prüfungsschwerpunkte standen dabei im Vordergrund: Strategische Vorgaben der Bundesverwaltung Strategien und Praxis in den einzelnen Departementen/BK Führung und Organisation im GEVER-Bereich Umsetzungsbedingungen für GEVER-Standardlösungen Koordination, Erfahrungsaustausch und Synergien in der Umsetzung Erfüllung der Zielsetzungen der eingesetzten GEVER-Lösung Ordnungsmässigkeit (Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit etc.) Bedienerfreundlichkeit und Benutzerakzeptanz Kommunikation und Zusammenarbeit Betrieb, Wartung und Weiterentwicklung Aktenablieferung an das BAR Eine technische Überprüfung der eingesetzten Systeme war nicht Gegenstand der Prüfung. 12

2.2 Rechtsgrundlagen / Referenzen Die Reihenfolge der untenstehenden Vorgabedokumente entspricht der Wichtigkeit bei den Prüftätigkeiten der EFK. Für diese Querschnittsprüfung wurden die folgenden Vorgaben verwendet: Informatikleitbild Bund vom 18. Oktober 2000 [S001] GEVER-Strategie 2004 vom 28. Juni 2004 [BGA] Bundesgesetz über die Archivierung (SR 152.1) [BinfV] Verordnung über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung vom 26. September 2003 (SR 172.010.58) [Wisb] Weisungen des IRB zur Informatiksicherheit in der Bundesverwaltung vom 27. September 2004 [DSG] Bundesgesetz über den Datenschutz (SR 235.1) [ISO RM] ISO 15489-1, General Records Management (Reliability, Integrity, Compliance, Comprehensiveness, Systematic) [ISO 9004:2000] Norm ISO 9004:2000 Anleitung zur Verbesserung der Leistungen [OR] Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Fünfter Teil: Obligationenrecht) [R001] Referenzmodell für die Informatikarchitektur Bund (RIAB); Version 1.2 [RVOG] Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (SR 172.010) [WAF] Weisungen über die Aktenführung in der Bundesverwaltung (BBl 1999 IV 5428) [GeBüV] Geschäftsbücherverordnung vom 1. Juni 2002 (SR 221.431) [FKG] Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzkontrolle vom 28. Juni 1967 (Stand am 20. Juli 1999) (SR 614.0) Informatikprozesse der Bundesverwaltung (P01 bis P09) ITIL (IT Infrastructure Library) 1 der OGC (The Office of Government Commerce) in Norwich (England) CobiT 2 -Framework, Version 3 vom Juli 2000 2.3 Prüfungsumfang und -grundsätze Die Querschnittsprüfung wurde von Frau Brigitte Schnyder von Morisch, den Herren Jack Hirschi (Revisionsleiter), Markus Kaufmann, Werner Tschopp, Walter Bremer (primär Qualitätssicherung) und unter der Federführung von Massimo Magnini durchgeführt. Sie bezog sich auf die unter Ziffer 2.1 erwähnten Gebiete und Bereiche. Die Prüfungen erfolgten - unter Berücksichtigung der im vorstehenden Abschnitt aufgeführten Rechtsgrundlagen und Referenzdokumente - nach anerkannten Revisionsgrundsätzen. Die Auswahl der Prüfbereiche stützte sich auf die GEVER-Bedarfserhebung des ISB vom Sommer 2006 bei allen Verwaltungseinheiten (Selbstdeklaration). Das ISB hat die Inhalte nicht vor Ort veri- 1 ITIL : De-facto-Standard im Bereich Servicemanagement, beinhaltet eine umfassende und öffentlich verfügbare fachliche Dokumentation zur Planung, Erbringung und Unterstützung von IT-Servicedienstleistungen. www.ogc.gov.uk oder www.itil.co.uk. 2 CobiT, Governance, Control and Audit for Information and Related Technology, 3rd Edition, www.itgovernance.org und www.isaca.org. 13

fiziert. Die vorliegenden Prüfungsergebnisse der EFK wurden zusätzlich mit dem PriceWaterhouseCoopers (PWC)-Bericht vom 15. Februar 2005 zu GEVER verglichen (siehe Kapitel 7). Einzelheiten über Art und Umfang der durchgeführten Prüfungen gehen aus den Arbeitspapieren der EFK hervor. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet der Text auf die geschlechtsneutrale Differenzierung, z.b. Benutzer/innen. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. 2.4 Unterlagen und Auskunftserteilung Einstellungen und Einschätzungen zu GEVER sowie der Standardlösung Fabasoft sind in der BVerw häufig subjektiv geprägt. Aufgrund der grossen Anzahl unterschiedlicher Lösungen sind keine einfachen Vergleichsindikatoren verfügbar. Das Fehlen einer produktiven Referenzinstallation lässt auch keine rein technische Gegenüberstellung oder vergleichende Zusammenfassung verschiedener Daten und Informationen zu. Um dieser Situation der Unschärfe zu begegnen, führte die EFK halbstrukturierte Interviews mit einem grossen Personenkreis durch. Anhand eines vorgängig erstellten Fragebogens und der entsprechenden Zusammensetzung des Revisionsteams wurde in den verschiedenen Prüfbereichen eine einheitliche Befragung sichergestellt. Die EFK bildete je ein Team für die strategische sowie die Anwender- und technische Ebene. Die Prüfungstätigkeit im operativen Bereich diente unter anderem als Nachweisprüfung des strategischen Teils. Insgesamt 29 Personen sind in 22 Interviews befragt worden. Im Rahmen dieser Gespräche wurden dem Revisionsteam zwei unterschiedliche produktive Fabasoft-Anwendungen vorgeführt. Im Weiteren basieren die Aussagen der EFK auf einem umfassenden Aktenstudium. Die Unterlagen bestehen aus der genehmigten GEVER-Strategie, den GEVER-Standards des IRB, Kundendokumenten zu GEVER, Dokumentationen zu den IKT-Prozessen der BVerw sowie aus Sitzungsprotokollen, spezifischen Projektunterlagen oder Stellungnahmen. Die notwendigen Auskünfte wurden dem Revisionsteam zuvorkommend und kompetent erteilt. 2.5 Priorisierung der Empfehlungen der EFK Aus der Sicht des Prüfauftrages beurteilt die EFK die Wesentlichkeit der Empfehlungen und Bemerkungen nach Priorität (1 = hoch, 2 = mittel, 3 = klein). Sowohl der Faktor Risiko [z. B. Höhe der finanziellen Auswirkung bzw. Bedeutung der Feststellung; Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintrittes; Häufigkeit des Mangels (Einzelfall, mehrere Fälle, generell) und Wiederholungen; etc.], als auch der Faktor Dringlichkeit der Umsetzung (kurzfristig, mittelfristig, langfristig) werden berücksichtigt. 14

3 Herausforderungen in der Geschäftsverwaltung Die öffentlichen Verwaltungen stehen heute vor grossen Herausforderungen im Bereich Informationsmanagement und E-Government. Die neuen technologischen Möglichkeiten und die dadurch gewachsenen Ansprüche an die Qualität der Dienstleistung sowie das stark vernetzte Umfeld zwingen auch die BVerw zur Überprüfung ihrer Strukturen. In der Verwaltungsmodernisierung sind zwei wesentliche Tendenzen sichtbar (siehe auch Anhang 1): Geschäftsverwaltung Der grösste Teil der Geschäftsunterlagen liegt heute in elektronischer Form vor. Das stellt neue Anforderungen an eine professionelle Verwaltung dieser Dokumente. Die herkömmlichen Instrumente reichen dazu nicht aus. Gefragt sind integrierte Lösungen, die die Geschäftskontrolle mit der Aktenführung und der Prozesssteuerung verbinden. Ziel ist die Bereitstellung elektronischer Dossiers (Verzeichnisse), die neben allen relevanten Dokumenten auch die wichtigsten Informationen zum Geschäftsprozess enthalten. Verwaltungskooperation Die zunehmende Komplexität der Geschäftsprozesse, der Spardruck und die soziodemografische Entwicklung sind vor allem verantwortlich für den steigenden Zusammenarbeitsbedarf der öffentlichen Verwaltungen. Durch den Austausch und die Bearbeitung von Geschäften und den dazugehörenden elektronischen Dossiers zwischen verschiedenen Verwaltungsstellen öffnen sich neue Dimensionen der Zusammenarbeit und ein beträchtliches Potenzial an Effizienzsteigerung und Verbesserung der Dienstleistungsqualität. Die Einführung einer elektronischen Geschäftsverwaltung stellt in der BVerw nicht nur eine Notwendigkeit dar, sie bietet auch das Potenzial für grundlegende Weiterentwicklungen im Bereich E-Government, die Verbesserung der Informationsqualität und die Steigerung der Prozesseffizienz. In diesem Zusammenhang müssen die gesetzlichen Vorgaben für die Geschäfts- und Aktenführung berücksichtigt und umgesetzt werden. Unter dem Titel GEVER (GEschäftsVERwaltung) werden in der Bundesverwaltung entsprechende Lösungen entwickelt. In verschiedenen Verwaltungseinheiten sind Systeme bereits im Einsatz oder in der Einführungsphase. Um die Ziele und Vorteile der elektronischen Geschäftsverwaltung zu erreichen bzw. zu nutzen, müssen die entsprechenden strategischen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen vorhanden sein. 4 Strategische Ebene 4.1 GEVER-Strategie der Bundesverwaltung Die durch den IRB freigegebene GEVER-Strategie vom 28. Juni 2004 legt fest, wie in der Bundesverwaltung Informatikmittel zur Unterstützung der Geschäftsverwaltung eingesetzt werden. Das Strategiepapier beinhaltet Teile einer Beschaffungsstrategie Bund über Grundsätze für Software- 15

beschaffung und -einsatz 3. Definiert ist auch, dass die Bundeskanzlei (BK) die überdepartementalen Prozesse koordinieren müsste und ein Steuerausschuss GEVER mit der Koordination und Harmonisierung der GEVER auf Stufe Bund beauftragt wird. Der Steuerausschuss GEVER-Bund wurde am 23. Mai 2005 nach knapp anderthalb Jahren durch den Entscheid des IRB aufgelöst. Die BK ihrerseits kann die Prozesskoordination ohne Commitment und entsprechende Unterstützung durch die Generalsekretariate nicht wahrnehmen. Weiter ist definiert, dass jede Verwaltungseinheit im Rahmen ihrer Strategischen Informatikplanung (SIP) diejenigen Geschäftsprozesse benennt, die durch GEVER-Anwendungen unterstützt werden sollen. Durch diesen von unten definierten Ansatz ist eine GEVER-Konsolidierung auf übergeordneter Stufe kaum möglich. Dies widerspiegelt die heterogene Vorgehensweise und die Zurückhaltung der Verwaltungseinheiten bei der Implementation von GEVER-Systemen im Bund. Mit einem sehr grossen Gewicht auf den technischen Informatikaspekten erweckt die GEVER-Strategie 2004 den Anschein, vorwiegend durch die Informatik getrieben worden zu sein. Das Wesentliche einer Strategie fehlt. Die bestehende Strategie legt nicht fest, warum GEVER beim Bund zum Einsatz kommt und was damit explizit unterstützt werden soll, respektive muss. Die EFK würde eine Überarbeitung und Neuausrichtung der GEVER-Strategie 2004 begrüssen. Die neue Strategie, die sich auf unternehmenspolitische Entscheide und auf die BVerw als Ganzes beziehen soll, ist allgemein zu formulieren. Ausgerichtet auf die überdepartementalen Geschäftsprozesse 4, sollte sie einen geringen Konkretisierungsgrad aufweisen und darf nicht operationell oder gar IT-getrieben sein. Die GEVER-Strategie sollte auf strategischen Erfolgspositionen basieren. Empfehlung 4.1.1 (Priorität: 1) Die EFK empfiehlt dem Informatikrat Bund (IRB), die GEVER-Strategie 2004 zu überarbeiten und auf das Warum eines Einsatzes GEVER beim Bund auszurichten. Dabei sind die strategischen Ziele für die Bundespolitik der laufenden und folgenden Legislaturperioden, die IKT Strategie Bund, die E-Government-Strategie Schweiz 5 und die laufende Verwaltungsreform zu berücksichtigen. Die Generalsekretärenkonferenz (GSK) müsste für die Freigabe und Umsetzung der neuen GEVER- Strategie Bund verantwortlich sein. 4.2 Mehrproduktestrategie Im Jahr 2006 sind in der BVerw ca. 15 verschiedene GEVER-Produkte im Einsatz. Die ersten dieser Systeme wurden in den neunziger Jahren eingeführt. Diese GEVER-Produkte erfüllen je nach Ausprägung folgende Funktionen: Scanning und Registrierung der Dokumente 3 S001 - GEVER-Strategie 2004: Kapitel 3.1.2 4 Siehe Kapitel 4.5; Tabelle auf Seite 13 5 Am 22. September 2006 wurde der Entwurf der neuen E-Government-Strategie Schweiz mit der dazugehörigen Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Kantonen definiert. Er befindet sich gegenwärtig bis zum 17. November 2006 in der Anhörung bei den Kantonen und interessierten Kreisen. 16

Abwicklung der Geschäftsprozesse mit Workflow Geschäftskontrolle Aufbewahrung In der Anhang 2 befindet sich eine kurze Chronologie der diversen GEVER-Initiativen in der Bundesverwaltung. Anhang 3, GEVER-Landschaft Bund, gibt eine grafische Übersicht über die Vielfalt der eingesetzten Produkte. Bis heute ist nur die Software E-Gov-Suite CH von Fabasoft als GEVER-Produkt durch den IRB als Standard erklärt worden. Im Moment steht die Version 6.1 dieser Standardlösung in mehreren Verwaltungseinheiten in der Einführungsphase. Der praktische Einsatz von Fabasoft in der BVerw wird im Kapitel 5 Anwenderebene beschrieben. Der IRB beschloss am 27. September 2004, im Einsatzgebiet GEVER eine Mehrproduktestrategie zu implementieren. Ziel ist es, mittelfristig zwei (maximal drei) Produkte zu standardisieren, die sich im Einsatzspektrum möglichst ergänzen. Als Ansätze sind unter anderem die Entwicklung einer Open-Source-Lösung sowie eine solche auf Basis der Microsoft-Produkte denkbar (Varianten GEVER light). Damit sollen alle Bedürfnisse der Verwaltungseinheiten abgedeckt und eine zu hohe Herstellerabhängigkeit vermieden werden. Die Migration der heute im Einsatz stehenden GEVER- Lösungen ist nicht Gegenstand der Mehrproduktestrategie. GEVER Roadmap im ISB; präsentiert an der IRB-Sitzung vom 27. November 2006 Die Produktevielfalt und die fehlenden elektronischen Schnittstellen zwischen den Verwaltungseinheiten und den Departementen, inkl. Bundeskanzlei und Parlamentsdiensten, erlauben zurzeit keine durchgängigen übergreifenden Geschäftsabläufe. Nach wie vor gibt es Papierdokumente, die im nächsten Amt erneut registriert und eventuell eingescannt werden. Dadurch bleiben wertvolle Synergien und die Vorteile der Durchgängigkeit ungenutzt. 17

Die EFK begrüsst die Bestrebungen des IRB, die Produktevielfalt zu reduzieren und möglichst klein zu halten. Im Sinne der Kostenoptimierung sollten in der BVerw alte GEVER-Systeme nur durch die definierten Standardprodukte abgelöst werden. 4.3 GEVER-Strategien in den Departementen und Verwaltungseinheiten Wegen der Heterogenität bei der Umsetzung der GEVER-Strategie Bund haben die Departemente unterschiedliche Wege eingeschlagen. Die einen warten, bis eine konsequente Strategie von oben entschieden und durchgesetzt wird. Andere lassen die einzelnen Verwaltungseinheiten entscheiden, ob sie das empfohlene Produkt einführen bzw. weiterführen oder bei der Wahl einer anderen Lösung mindestens die Schnittstelle für den Bund bereitstellen wollen. Die BK, das GS-EVD und das BAR haben eine formell definierte GEVER-Strategie. Im EVD zum Beispiel ist diese kommuniziert und die Umsetzung dank einer einheitlichen Softwarelösung am Weitesten fortgeschritten. Empfehlung 4.3.1 (Priorität: 1) Die EFK empfiehlt dem Informatikrat Bund (IRB), der Generalsekretärenkonferenz (GSK) Folgendes zu unterbreiten: Je Departement und Verwaltungseinheit soll eine klare schriftliche Strategie über den Einsatz von GEVER erstellt und kommuniziert werden. Diese muss mit den überdepartementalen Vorgaben kompatibel sein. 4.4 Das Schweizerische Bundesarchiv als Querschnittsdienstleister Das BAR ist das Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum des Bundes für nachhaltiges Informationsmanagement. Es bewertet, sichert, erschliesst und vermittelt archivwürdige Unterlagen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Das BAR erlässt Normen und Grundlagen zur Aktenführung. Es kontrolliert und berät die Dienststellen der Bundesverwaltung bei der Umsetzung dieser Vorschriften. Die Aktenführung der Bundesverwaltung orientiert sich an den Bestimmungen der elektronischen Geschäftsverwaltung GEVER. Im BAR gibt es einen Dienst GEVER, der den Verwaltungseinheiten beratend zur Verfügung steht. Nach Ansicht der EFK ist das BAR ein Querschnittsleistungserbringer (mit Weisungsbefugnis). Es formuliert die Registratur- und Archivierungsvorgaben und archiviert am Ende des Geschäftsvorgangs die relevanten Daten und Dokumente der Verwaltungseinheiten. Die EFK stellt fest, dass das BAR seine bundesweite Kontrollfunktion wegen nicht genügender Ressourcen nur marginal wahrnehmen kann. Die Ressourcensituation muss mit der bundweiten und wichtigen Querschnittsfunktion durch das EDI und das BAR im Auge behalten werden. 4.5 Geschäftsprozesse In der BVerw gab es das Projekt Überdepartementale Prozesse (GEVER ÜDP) für die elektronische Abwicklung von Geschäften, an dem mehrere Departemente beteiligt waren. An der Konfe- 18

renz der Generalsekretäre vom 28. Februar 2005 thematisierten die Departemente und die BK die beträchtlichen Schwierigkeiten bei der Einführung von GEVER und der Schaffung einer GEVER- Schnittstelle Bund (GSB). Die GSB hätte den Austausch von so genannten Transferobjekten zwischen verschiedenen GEVER-Systemen in der Bundesverwaltung ermöglichen sollen. Die dazu notwendigen technischen und organisatorischen Standards konnten definiert werden (siehe auch Anhang 4). Die Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass schrittweise und kontrolliert vorzugehen sei. Bevor ein Entscheid auf überdepartementaler Ebene getroffen werden könne, müssten zuerst die departementsinternen GEVER-Systeme zufrieden stellend funktionieren sowie die Bedürfnisse genau analysiert werden. Erst danach sei über die technische Umsetzung zu entscheiden. In der Folge stoppte die BK das Projekt zur Beschreibung der überdepartementalen Prozesse. Im Auftrag der GSK prüfte sie zusammen mit dem ISB den Ausbau und die längerfristige Integration von EXE 6 in die GEVER-Systeme sowie die möglichen Synergien zwischen GEVER und dem Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen (KAV). Im Bereich KAV wurde das Projekt KAV-Erneuerung gestartet, welches zur Zeit in der Konzeptphase steht. Es geht bei diesem Projekt nicht nur um technische Erneuerungen, sondern primär um eine neue Prozess- und Publikationsgestaltung. Im Frühjahr 2007 soll in Zusammenarbeit mit dem BBL und BIT eine WTO-Ausschreibung stattfinden. Weiter ist für das Frühjahr 2007 eine Analyse des Prozesses für parlamentarische Vorstösse im Bereich EXE vorgesehen. Diese Projektarbeit betrifft nur die Schnittstelle zwischen den Parlamentsdiensten und der BK. Die nachstehende Übersicht listet Beispiele von Prozessen auf, die nach Ansicht der EFK in einer überdepartementalen GEVER abgebildet werden müssten: Beispiele für überdepartementale GEVER-Prozesse (nicht abschliessend) Teile der Bundesratssitzungen, die den Generalsekretariaten zur Verfügung gestellt werden Neue Gesetzgebung bzw. Änderungen der Gesetzgebung Ämterkonsultationen Mitberichtsverfahren Parlamentarische Anfragen, Vorstösse, Motionen, Postulate Bürger- und Wirtschaftsanfragen Aktuelle Systeme Anwendung EXE der Bundeskanzlei (elektronisches Geschäftsverwaltungs- und -planungsinstrument) Kompetenzzentrum Amtliche Veröffentlichungen KAV (elektronisches Workflow-System) E-Mail, Papier Papier E-Mail, Papier E-Mail, Papier Nicht alle Prozesse der Bundesverwaltung müssen im Rahmen von GEVER abgewickelt werden, um den Zweck einer modernen bürger- und wirtschaftsnahen Verwaltung zu erfüllen. In einigen Verwaltungseinheiten lösen spezifische Fachanwendungen die Prozesse effizienter, in anderen können Fachanwendungen wie Subventionsprozesse durch einen GEVER-Workflow abgebildet werden (zum Beispiel die Waldsubventionen beim Bundesamt für Umwelt). Beim Entscheid, einen Prozess mit einem Workflow zu standardisieren, sollte vorgängig die Kosten-/Nutzenrelation berücksichtigt werden. So sollten beispielsweise diejenigen 20 Prozent der 6 Applikation EXE: Elektronisches Geschäftsverwaltungs- und -planungsinstrument der BK für Bundesratsgeschäfte 19

Prozesse, welche 80 Prozent der Geschäfte abdecken, in erster Linie auf eine GEVER-Umsetzung hin überprüft werden. Als organisatorisches Projekt setzt die Einführung von GEVER eine einheitliche Definition der übergeordneten Geschäftsprozesse in allen Verwaltungseinheiten, inkl. Generalsekretariaten, Bundeskanzlei und Parlamentsdiensten voraus. Im Rahmen eines Re-Engineering der Prozesse der öffentlichen Verwaltung, müssten bei der Überprüfung und Definition der Geschäftsprozesse die Effizienzmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Dabei stellt die Durchgängigkeit zwischen den Verwaltungseinheiten 7 einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für die elektronische Geschäftsverwaltung dar. Nach Auffassung der EFK sollte die BK - im Auftrag der GSK - die Definition der überdepartementalen Geschäftsprozesse wieder aufnehmen, zur Erzielung wichtiger Synergieeffekte und zur Gewährleistung eines einheitlichen Auftritts der Bundesverwaltung (Corporate Identity). Diese Aufgabe kann nur in enger Zusammenarbeit und mit Unterstützung der Generalsekretariate gelingen. Die folgende Grafik zeigt einen möglichen Lösungsansatz auf, der in einem ersten Schritt die Prozesse Ämterkonsultations- und Mitberichtsverfahren umfassen würde. Mit einem GEVER-System für diese übergeordneten Geschäftsprozesse sollten die Parlamentsdienste, die BK, alle GS und Geschäftsleitungen der Ämter berücksichtigt werden. Mit diesem pragmatischen Ansatz könnten wertvolle Erfahrungen bei der top-down Umsetzung von einem GEVER-System in der BVerw gesammelt werden. Grafik EFK: Eine Idee als Lösungsansatz? 7 Informatikleitbild Bund, Seite 8: Die strategische Steuerung hat zum Ziel, die Informatik der BVerw vorausschauend nach einheitlichen Grundsätzen auszurichten und die Interoperabilität nach innen und aussen sicherzustellen. Sie definiert, ausgehend von den Geschäftsprozessen der Departemente und Ämter, die Grundsätze und Anforderungen an die Informatik. 20