Relationen und Partitionen

Ähnliche Dokumente
PARTITIONEN & RELATIONEN

Der Relationenbegriff: Partitionen und Abbildungen

Mengenlehre und vollständige Induktion

Mathematische Strukturen

Kapitel 1. Mengen und Abbildungen. 1.1 Mengen

Vorkurs Mathematik und Informatik Mengen, natürliche Zahlen, Induktion

Mengen. (Nicht-) Elemente einer Menge { 3, 4 } { 1, { 2 }, { 3, 4 }, { 5 } } 3 { 1, { 2 }, { 3, 4 }, { 5 } }

: G G G. eine Abbildung. Gelten die folgenden Eigenschaften, so nennen wir (G,,e) eine Gruppe: (x,y) x y

Mengen. Eigenschaften. Spezielle Mengen (1) Prominente Mengen. ! Mengenzugehörigkeit

Formale Methoden 2. Gaetano Geck Lehrstuhl I Logik in der Informatik WS 2014/2015

Lösungsmenge L I = {x R 3x + 5 = 9} = L II = {x R 3x = 4} = L III = { }

Einführung in die Informatik 2

Vorkurs Gruppen. Jonas Müller. 11. Oktober 2018

2 Mengen, Abbildungen und Relationen

Vorkurs Mathematik Abbildungen

Lösungen zur Übungsserie 1

Mengenlehre. Ist M eine Menge und x ein Element von M, so schreiben wir x M. Ist x kein Element von M, so schreiben wir x M.

2.1 Definitionen Sätze und Beweise Erklärungen zu den Definitionen... 15

Vorbereitungskurs Mathematik zum Sommersemester 2015 Mengen und Relationen

Mengenlehre. Mengenlehre. Vorkurs Informatik WS 2013/ September Vorkurs Informatik - WS2013/14

Kapitel 1. Grundlagen Mengen

modulo s auf Z, s. Def

Grundlagen der Mengenlehre

Kapitel 1. Grundlagen

Übersichtsblatt Hertrampf/Bahrdt. 1 Mathematische Aussagen. Theoretische Informatik I WS2018/19

Logische Grundlagen der Mathematik, WS 2014/15

Mathematik für Informatiker I Mitschrift zur Vorlesung vom

Lösungsmenge L I = {x R 3x + 5 = 9} = L II = {x R 3x = 4} = L III = { }

Für unseren Gebrauch ist eine Menge bestimmt durch die in ihr enthaltenen Elemente. Ist M eine Menge, so ist ein beliebiges Objekt m wieder so ein

Formale Methoden 2. Gaetano Geck Lehrstuhl I Logik in der Informatik WS 2015/2016

2 Mengen, Relationen, Funktionen

2 Mengen, Relationen, Funktionen

Gliederung. Mengen und operationen. Relationen. Funktionen. Kardinalität von Mengen. Formale Grundlagen der Informatik Knorr/Fuchs SS 2000

Kapitel 1. Grundlagen

Kapitel 1: Grundbegriffe

Die reellen Zahlen als Äquivalenzklassen rationaler Cauchy-Folgen. Steven Klein

Konstruktion der reellen Zahlen

Vor(schau)kurs für Studienanfänger Mathematik: Aussagen und Mengen

Mathematische Grundlagen der Computerlinguistik

Im allerersten Unterabschnitt wollen wir uns mit einer elementaren Struktur innerhalb der Mathematik beschäftigen: Mengen.

Teil 4. Mengen und Relationen

Tutorium: Diskrete Mathematik

Technische Universität München. Ferienkurs Lineare Algebra 1. Mengenlehre, Aussagen, Relationen und Funktionen. 21. März 2011.

Mengenlehre Zahlbereiche. II Mengenlehre. Propädeutikum Holger Wuschke. 18. September 2018

Lineare Algebra I. Anhang. A Relationen. Heinz H. GONSKA, Maria D. RUSU, Michael WOZNICZKA. Wintersemester 2009/10

D-MATH, D-PHYS, D-CHAB Analysis I HS 2017 Prof. Manfred Einsiedler. Lösung 2

5. Äquivalenzrelationen

HM I Tutorium 1. Lucas Kunz. 27. Oktober 2016

Grundbegriffe Mengenlehre und Logik

Von den rationalen zu den reellen Zahlen

Grundlagen der linearen Algebra und analytischen Geometrie

Mengen (siehe Teschl/Teschl 1.2)

5. Äquivalenzrelationen

Einführung in die Semantik, 2./3. Sitzung Mengen / Relatione

Konstruktion der reellen Zahlen 1 von Philipp Bischo

1 Mengen. 1.1 Definition

Mathematik 1, Teil B

Grundlagen. Kapitel Mengen

Analysis I - Notizen 1. Daniel Lenz Jena - Wintersemester 2016

Warum Mathe? IG/StV-Mathematik der KFU-Graz. 1 Mengen Mengenoperationen Rechenregeln Mengen 4. Funktionen 7

Lineare Algebra I 5. Tutorium Die Restklassenringe /n

1.2 Klassen und Mengen

Diskrete Strukturen Kapitel 2: Grundlagen (Mengen)

Dieser Foliensatz darf frei verwendet werden unter der Bedingung, dass diese Titelfolie nicht entfernt wird.

Mengenlehre. Begriff der Mengenzugehörigkeit x M, x Ê M >x : x { a 1. e e x = a n. } 2 x = a 1. >x : x { y P(y) } 2 P(x) Begriff der leeren Menge

Was bisher geschah. Klassische Prädikatenlogik (der ersten Stufe): Syntax Modellierungsbeispiele

Mengenlehre. ALGEBRA Kapitel 1 MNProfil - Mittelstufe KZN. Ronald Balestra CH Zürich Name: Vorname:

7 Äquivalenzrelationen

Mengen und Abbildungen

Grundlagen Theoretischer Informatik I SoSe 2011 in Trier. Henning Fernau Universität Trier

Logische Grundlagen der Mathematik, WS 2014/15

Was bisher geschah Klassische Aussagenlogik zur Modellierung von Aussagen Syntax: Formeln

WS 20013/14. Diskrete Strukturen

4 Mengentheorie. 4.1 Mengen

1. Mengentheoretische Grundbegriffe. naiver Mengenbegriff : Eine Menge ist eine Zusammenfassung M von bestimmten, wohlunterschiedenen

Mengen, Funktionen und Logik

2 ZAHLEN UND VARIABLE

2 Mengenlehre. 2.1 Grundlagen Definition

Konstruktion reeller Zahlen aus rationalen Zahlen

WS 2009/10. Diskrete Strukturen

2. Relationen und Funktionen

, 5;8 7,6 8;15;21 4/2,3/1,4 2; 4 3;15 7;7 3,2;3; 32 5,6,7 ; 8,2,1

Mathematik für Ökonomen 1

Lineare Algebra. Jung Kyu Canci. Mit der Hilfe von: Stefano Iula, Olivia Ebneter, Katharina Laubscher, Viviane Wehrle

Prof. Dr. Elmar Grosse-Klönne Institut für Mathematik

2 Lösungen zu Kapitel 2

Technische Universität München. Ferienkurs Lineare Algebra 1. Mengenlehre, Aussagen, Relationen und Funktionen. Aufgaben mit Musterlösung

Diskrete Strukturen Kapitel 2: Grundlagen (Relationen)

Vorlesung 2. Tilman Bauer. 6. September 2007

3 Werkzeuge der Mathematik

Relationen und Funktionen

Topologische Grundbegriffe II. Inhaltsverzeichnis

Formale Sprachen und Automaten

Erste topologische Eigenschaften: Zusammenhang und Kompaktheit

Eine Relation zwischen M und N ist eine Teilmenge R M N. Im Fall M = N sagen wir: R ist Relation auf M.

Transkript:

Relationen und Partitionen Ein Vortrag im Rahmen des mathematischen Vorkurses der Fachschaft MathPhys von Fabian Grünig Fragen, Anmerkungen und Korrekturen an fabian@mathphys.fsk.uni-heidelberg.de

Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 1 Naive Mengenlehre 2 2 Partitionen und Äquivalenzrelationen 5 2.1 Wohngemeinschaften und die GEZ....................... 5 2.2 Äquivalenzrelationen................................ 6 Aufgaben 9 Veröffentlicht unter CC-BY-SA-DE 3.0 Lizenz. Für weitere Informationen siehe http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

Inhaltsverzeichnis Vorwort Dieser Vortrag entstand im Rahmen des mathematischen Vorkurses der Fachschaft MathPhys an der Universität Heidelberg und wurde zum ersten Mal im Wintersemester 2012/13 gehalten. Da dieser Vortrag, wie der gesamte Vorkurs, stets weiterentwickelt und verbessert wird, bitte ich ausdrücklich darum, mir Fragen, Anmerkungen und Korrekturen zukommen 1 zu lassen. Notation Wir bezeichnen die Menge der natürlichen Zahlen mit N {1,2,3,...} und meinen mit N 0 N {0} die Menge der natürlichen Zahlen zusammen mit der Null. Ferner bezeichnen wir mit Z die Menge der ganzen Zahlen, mit Q die Menge der rationalen Zahlen und mit R die Menge der reellen Zahlen. Wir werden diese Zahlenmengen nicht rigoros definieren, sondern vertrauen auf das intuitive Verständnis des Lesers oder der Leserin. 1 Am besten per Mail an: fabian@mathphys.fsk.uni-heidelberg.de 1

1 Naive Mengenlehre 1 Naive Mengenlehre Wir verwenden in diesem Vortrag eine naive Mengenlehre und wiederholen einige Grundlagen. Wer sich für die Probleme des naiven Mengenbegriffs interessiert oder diese gar fürchtet, den verweise ich auf den Vortrag Mengen, natürlich Zahlen, Induktion 2 von Tim Adler im Vorkurs zum Wintersemester 2013/14. In der praktischen Anwendung auf dem Niveau dieses Vortrags unterscheiden sich diese Mengenbegriffe nicht. Definition (Georg Cantor, 1895) Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen. Wir bezeichnen Mengen typischerweise mit großen lateinischen Buchstaben A, B, M, X, Y. Sprechen wir von Elementen einer Menge, so bezeichnen wir diese mit kleinen lateinischen Buchstaben a,b,m,x,y. Ist m ein Element von M, so schreiben wir m M. Ist m kein Element von M, so schreiben wir m M. Wir nennen die Menge, welche keine Elemente enthält, die leere Menge und bezeichnen diese mit. Definition Seien X, Y Mengen, dann nennen wir X eine Teilmenge von Y, falls für alle Elemente x X auch x Y gilt. Gegebenenfalls schreiben wir X Y Existiert in diesem Fall ein Element y Y, welches nicht in X enthalten ist (y X), so nennen wir X eine echte Teilmenge und schreiben X Y. Definition Seien X, Y Mengen. Wir nennen X,Y gleich oder identisch und schreiben X = Y, falls sowohl X Y, als auch Y X gilt. Beispiel Wir definieren Mengen (und damit ihre Elemente) auf verschiedene Weisen. 2 johannes.uni-hd.de/vorkurs/2013/skripte/mengen/mengen.pdf 2

1 Naive Mengenlehre (i) Explizite Angabe oder Aufzählung der Elemente Geben wir alle Elemente einer Menge explizit an, so verwenden wir geschwungene Klammern und trennen die Elemente durch Kommata ab. {1, 2, 3} oder {Alice, Bob}. Dabei beachten wir weder die Reihenfolge der Angabe noch die Doppelnennung etwaiger Elemente. Es gilt etwa {1,2,3} = {1,3,2} = {3,2,1,1}. Besitzt eine Menge nicht endlich viele (oder sehr viele) Elemente, können (oder wollen) wir ihre Elemente nicht aufzählen In diesen Fällen behelfen wir uns mit anderen Möglichkeiten. Ist die Fortsetzung der Angabe klar, so können wir Fortsetzungspunkte verwenden. {1,2,3,4,... } oder {a,b,c,...,a,b,c,... } (ii) Angabe durch definierende Eigenschaften Charakerisieren wir eine Menge durch eine gemeinsame Eigenschaft E ihrer Elemente, so schreiben wir {x E(x)}. Verwenden wir für diese Charakterisierung mehrere Eigenschaften E 1,E 2,E 3,..., so können wir diese mittels logischen Operatoren verknüpfen. {x E 1 (x) E 2 (x) E 3 (x)... } {x E 1 (x) E 2 (x) E 3 (x)... } Wollen wir etwa alle natürlichen Zahlen, die gerade sind, zu einer Menge zusammenfassen, so formulieren wir dies durch {x x N (x ist gerade.)}. Wollen wir über ein (unbestimmtes) Element einer Menge reden, so verwenden wir Elementvariablen. Es kann x {Alice, Bob} für Alice oder Bob stehen, ist aber innerhalb dieser Menge unbestimmt. Alice ist eine Elementkonstante von {Alice,Bob}, also bestimmt. Definition Sei X eine Menge. Dann nennen wir die Menge aller Teilmengen von X die 3

1 Naive Mengenlehre Potenzmenge von X und bezeichnen diese mit Pot(X) {Y Y X}. Beispiel Sei X {1, 2, 3}. Dann ist Pot(X) = {,{1},{2},{3},{1,2},{1,3},{2,3},{1,2,3} }. Definition Seien X,Y Mengen, dann nennen wir die Menge aller (geordneten) Paare von Elementen von X und Y das kartesische Produkt und schreiben X Y {(x,y) x X,y Y }. Beispiel Seien X {1, 2, 3} und Y {Alice, Bob}. Dann ist X Y = { (1,Alice),(2,Alice),(3,Alice), (1,Bob),(2,Bob),(3,Bob) } Definition Seien X,Y und X 1,X 2,X 3,... Mengen. Wir definieren X Y {z z X oder z Y } als die Vereinigung von X und Y und X Y {z z X und z Y } als den Schnitt von X und Y. Ausserdem schreiben wir X i bzw. i i X i für die Vereinigung bzw. den Schnitt aller Mengen X 1,X 2,X 3,... 3 3 Diese Notation ist nur dann wohldefiniert, falls bzw. assoziativ und kommutativ sind. Der Nachweis dieser Eigenschaften ist eine lohnende Übungsaufgabe. 4

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen 2 Partitionen und Äquivalenzrelationen 2.1 Wohngemeinschaften und die GEZ Wir blicken zurück auf den Beginn des Wintersemesters 2012/13. Viele Studienanfänger*innen lauschen gespannt dem mathematischen Vorkurs, lernen sich und die Stadt kennen und ziehen vielleicht in Wohngemeinschaft zusammen. Ein paar Tage nach dem Einzug erhalten sie auf einmal Post von der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (kurz GEZ). Seit langer Zeit verlangte sie von jedem Menschen in Deutschland Rundfunkgebühren. Das Gebührenmodell betrachtet dazu die Menge D {x x ist Mensch in Deutschland} Seit dem Jahr 2012 sieht die Welt aber anders aus. Die GEZ heißt jetzt ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice, die Rundfunkgebühren heißen Rundfunkbeiträge, und das Gebührenmodell sieht eine Haushaltspauschale vor. Wir betrachten also H {h h ist ein Haushalt in Deutschland} Die Haushalte h enthalten Menschen aus Deutschland 4. Wir können nur spekulieren, was sich die Zuständigen dabei gedacht haben, aber vermutlich hatten sie folgende Hoffnungen Der Verwaltungsaufwand wird kleiner. H ist kleiner als D. Jeder Mensch ist Mitglied in einem Haushalt. Alle werden erfasst. Niemand ist Mitglied in zwei Haushalten. Keiner muss doppelt zahlen. Die GEZ hofft also, dass H eine Partition von D ist. Dieses Begriff können wir auf mathematische Weise formulieren. Definition [2.1] Sei X eine Menge und P {P 1,P 2,P 3,...} Pot(M) eine Menge von nichtleeren Teilmengen von X. Wir nennen P eine Partition von X, falls X = i P i und für alle P i,p j P genau eine der folgenden Aussagen wahr ist: (i) P i = P j (ii) P i P j = 4 Die Haushalte h können also als Mengen interpretiert werden, auch wenn wir hier kleine Buchstaben verwenden. 5

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen 2.2 Äquivalenzrelationen Die Denkweise des Gebührenmodells der GEZ entspricht nicht unserem Denkmuster im Alltag. Wir nehmen unser Leben in Wohngemeinschaften selten als eine Partition aller Menschen wahr und denken wesentlich lokaler. Für uns ist das Zusammenwohnen eher eine Beziehung von einem Menschen zu einem anderen. Fragen wir Alice, wo Bob denn wohnt, hören wir Bob? Mit dem wohne ich zusammen. und nicht Bob und ich sind im selben Haushalt. Welche (intuitiven) Anforderungen stellen wir an eine solche Beziehung? Alice wohnt zusammen mit Alice. Klingt komisch, ist aber so. Alice wohnt zusammen mit Bob. Also wohnt Bob auch zusammen mit Alice. Alice wohnt zusammen mit Bob. Bob wohnt zusammen mit mit Charlie. Also wohnt Alice auch zusammen mit Charlie. Definition [2.2] Sei X eine Menge und R X X. Dann nennen wir R eine Relation auf X. Ist (x,y) R, so schreiben wir auch x R y und sagen x steht in Relation R zu y. Für den Relationenbegriff kodieren wir die Elemente, die in Beziehung stehen sollen in einem Paar, also ein Element des kartesischen Produkts. Beziehungen, die die obigen gewünschten Eigenschften besitzen, nennen wir Äquivalenzrelationen. Definition [2.3] Sei X eine Menge und R eine Relation auf X. Dann nennen wir R eine Äquivalenzrelation, falls für alle x,y,z R folgendes gilt (i) (x, x) R. (ii) Aus (x, y) R folgt (y, x) R. (iii) Aus (x, y),(y, z) R folgt (x, z) R. (Reflexivität) (Symmetrie) (Transitivität) Im Folgenden schreiben wir kurz x y, falls keine Verwechslungsgefahr mit anderen Relationen besteht. Ausserdem bezeichnen wir die Relation R kurz mit. Wir wollen nun untersuchen, ob die beiden Denkweisen der Gebührenzentrale und der WG-Bewohner*innen äquivalent sind oder nicht. Dazu arbeiten wir mit den mathematischen Begriffen der Partition und der Äquivalenzrelation. Wir betrachten zunächst die Menge der Bewohner*innen einer WG, also die Menge aller Menschen, die zu einem bestimmten Menschen in der... wohnt zusammen mit... -Relation stehen. Diese Mengen nennen wir Äquivalenzklassen. 6

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen Definition [2.4] Sei X eine Menge, R X X eine Äquivalenzrelation und x X ein Element in X. Dann nennen wir [x] {y X y R x} die Äquivalenzklasse von x. Sie besteht aus allen Elementen, die mit x in Beziehung stehen. In unserem Beispiel der... wohnt zusammen mit... -Relation ist [Bob] die Menge aller Mitbewohner von Bob (und auch Bob). Diese Menge ist aber identisch mit [Alice], da Alice und Bob natürlich die selben Mitbewohner haben. Die Auswahl des Menschen, die die Vertreter*in der WG ist, ist beliebig und ändert nichts an der WG. Bemerkung [2.5] Sei X eine Menge, eine Äquivalenzrelation auf X und x X. Dann gilt für alle y [x]: [x] = [y]. Beweis: Sei y [x], das heißt y x. Da symmetrisch ist, gilt auch x y. Wir zeigen die Gleichheit von Mengen: Sei z [x], also z x. Wegen der Transitivität von gilt dann z y. Also z [y]. Sei z [y], also z y. Wir nutzen wieder die Transitivität von und erhalten z x, also z [x]. Also gilt [x] [y] und [x] [y] und somit [x] = [y]. Die Äquivalenzklassen von Elementen, die in Relation stehen sind demnach bereits gleich. Wir klären nun, wie sich Äquivalenzklassen von Elementen verhalten, die nicht in Relation stehen. Bemerkung [2.6] Seien X eine Menge, eine Äquivalenzrelation auf X und x,y X. Dann gilt genau eine der folgenden Aussagen: (i) [x] = [y] (ii) [x] [y] = Beweis: Wir unterscheiden die Fälle x [y] und x [y]. ( x [y] ) ( x [y] ) Gelte x [y], dann folgt wegen Bemerkung [2.5] bereits [x] = [y]. Die erste Aussage ist also wahr. Außerdem gilt x [x] [y], wonach die zweite Aussage falsch ist. Gelte x [y], also insbesondere [x] [y]. Angenommen es existiert ein z [x] [y], also z x und z y. Da symmetrisch ist, folgt x z und wegen der Transitivität von auch x y. Dann gilt aber x [y], ein Widerspruch. Die Annahme war falsch und es gilt [x] [y]. 7

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen Definition [2.7] Sei X eine Menge und eine Äquivalenzrelation auf X. Dann bezeichnen wir mit X/ { [x] x X } die Menge der Äquivalenzklassen von X bzgl.. Die Menge X/ ist in unserem Beispiel die Menge aller WGs in Deutschland. Diese Menge bildet eine Partition aller Menschen in Deutschland und zwar genau die Partition, die der Denkweise der Gebührenzentrale entspricht. Satz [2.8] Sei X eine Menge und eine Äquivalenzrelation auf X. Dann ist X/ eine Partition von M. Beweis: Seien [x 1 ],[x 2 ],[x 3 ],... die verschiedenen Äquivalenzklassen bezüglich der Äquivalenzrelation. Wir müssen zeigen (i) X = i [x i] (ii) Für alle x,y X mit [x] [y] gilt [x] [y] =. Die zweite Aussage (ii) folgt direkt aus Bemerkung [2.6]. Wir zeigen noch (i) und müssen die Gleichheit dieser Mengen nachweisen. Sei x X, dann ist sicher x [x]. Die Äquivalenzklasse [x] stimmt wegen Bemerkung [2.6] mit einer der Äquivalenzklassen [x j ] überein. Damit ist x [x j ] [x i ]. i Ausserdem ist klar, dass i [x i] X, da [x i ] X. Satz [2.9] Sei X eine Menge und P Pot(X) eine Partition von X, dann existiert eine Äquivalenzrelation auf X, sodass X/ = P. Beweis: Diesen Beweis überlassen wir als Übungsaufgabe. 8

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen Aufgaben Naive Mengenlehre Aufgabe [1] Wir betrachten die Mengen T {Dr.},A {Herr, Frau}, V {Alice, Bob} und N {Hathaway, Sinclair, Wayne}. Bilde die folgenden Mengen. (i) A N (ii) A (V N) (iii) (A T ) (V N) (iv) (T V ) (A V ) Aufgabe [2] Seien X,Y,Z Mengen. Beweise, dass folgenden Identitäten gelten. (i) (X Y ) Z = X (Y Z) (ii) (X Y ) Z = X (Y Z) (iii) X Y = Y X (iv) X Y = Y X (Diese Aufgabe ist optional.) Partitionen und Äquivalenzrelationen Aufgabe [3] Betrachte die Menge M {Alice, Bob, Charlie, Dave}. Welche der folgenden Mengen P i sind Partitionen von M? (i) P 1 { {Alice, Bob},{Dave} } (ii) P 2 { Dave, Alice, Bob, Charlie } (iii) P 3 { {Dave, Alice, Bob, Charlie} } (iv) P 4 { {Dave},{Alice},{Charlie},{Bob} } (v) P 5 { {Dave},{Bob,Charlie},{Alice,Dave} } Bilde zwei weitere Partitionen von M. Aufgabe [4] Betrachte M {a,b,c,d}. Sind die folgenden Relationen auf M reflexiv, symmetrisch, transitiv, Äquivalenzrelationen? (i) R 1 {(a,a),(b,b),(c,c),(a,b)} (ii) R 2 {(a,a),(b,b),(c,c),(d,d)} (iii) R 3 {(a,b),(b,c),(c,d),(d,a)} (iv) R 4 {(a,a),(b,b),(a,b),(b,a),(c,c),(d,d)} 9

2 Partitionen und Äquivalenzrelationen (v) R 5 {(a,b),(b,c),(c,d),(a,c),(a,d),(b,d)} Bilde zwei weitere Äquivalenzrelationen auf M. Aufgabe [5] Welche der folgenden Relationen sind Äquivalenzrelationen? Gib gegebenenfalls die Äquivalenzklassen an. (i) Betrachte die Relation auf Q, definiert via a b : ab > 0 (ii) Betrachte die Relation auf Z, definiert via a b : a + b ist gerade. (iii) Betrachte die Relation auf Q \ {0}, definiert via a b : ab 0 (iv) Sei n N,n > 1. Betrachte die Relation n auf Z, definiert via a n b : n ist ein Teiler von a b. (v) Betrachte die Relation auf der Menge aller Menschen, definiert via... ist Geschwister von.... Aufgabe [6] Sei X eine Menge, n N und P {P 1,...,P n } Pot(X) eine Partition von X. Zeige, dass eine Äquivalenzrelation auf X existiert, sodass X/ = P. Beweis: (Anleitung) Konstruiert eine Relation, indem ihr eine Bedingung angebt, wann zwei Elemente aus X in Relation stehen. Für x,y X definiere x y :???. Dabei muss diese Relation so definiert sein, dass sie eine Äquivalenzrelation ist. Dies ist nachzuweisen. Außerdem muss die Äquivalenzrelation so konstruiert werden, dass die Äquivalenzklasse eines Elements x X mit einer der Teilmengen P i übereinstimmt, also [x] = P i für ein geeignetes i gilt. 10