Formale Methoden 2. Gaetano Geck Lehrstuhl I Logik in der Informatik WS 2014/2015
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- Johanna Grosse
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1 Formale Methoden 2 Gaetano Geck Lehrstuhl I Logik in der Informatik WS 2014/2015
2 Teil 1: Mengenlehre
3 1 Mengen Einleitung Beschreibung und Beispiele Operationen Verhältnisse Kartesisches Produkt 2 Relationen 3 Abbildungen 4 Algebraische Strukturen 5 Ordnungen und spezielle Relationen
4 FM2 (WS 2014/15, Geck) 7 Motivation: Mathematische Sicht Bedeutung der Mengenlehre Die Mengenlehre bildet das formale Fundament der Mathematik und Theoretischen Informatik Beschrieben werden können durch sie insbesondere einfache und komplexe Daten sowie (Elemente, Mengen,... ) Beziehungen zwischen ihnen und (Relationen) Operationen auf ihnen (Abbildungen/Funktionen) Historische Notiz: vergleichsweise junge Disziplin Ende des 19. Jahrhunderts von Cantor begründet Aus dem Paradies, das Cantor uns geschaffen, soll uns niemand vertreiben können. (Hilbert)
5 FM2 (WS 2014/15, Geck) 8 Motivation: Didaktische Sicht Denken in Mengen/Klassen Gruppieren und Hierarchiebildung wesentlich, um aus erworbenem Wissen Erkenntnis zu gewinnen Zunahme des Abstraktionsvermögens mit dem Alter Lebensjahr (präkonzeptuell): Erkennen von Objekten und Zugehörigkeit zu Klassen Lebensjahr (intuitiv): Umgang mit Klassen, jedoch nicht mit Unterklassen Lebensjahr: Kombination von Klassen, Einordnung von Objekten in Hierarchien Erkennen und Vergleichen von Reihungen Umgang mit Kardinalitäten und Ordinalitäten Historische Notiz (Neue Mathematik, 1960er, 1970er): Arbeiten mit abstrakten Strukturen statt Rechenunterricht Grundschule: Beginn mit naiver Mengenlehre (in Diagrammform) Mittelstufe: Frühe Einführung des Funktionsbegriffs (auch heute noch)
6 FM2 (WS 2014/15, Geck) 9 Beschreibung von Mengen Definition 1.1 (Element, Menge) Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen. (Cantor) Beschreibung endlicher Mengen durch explizites Aufzählen: F = {,,, } Z 9 = {0, 1,..., 8} M 12 = {Januar,..., Dezember} durch definierende Eigenschaft: F = {f f ist eine Farbe von Skatkarten} Z 9 = {n n ist eine ganze Zahl mit n 0 und n < 9} M 12 = {m m ist deutscher Name eines Monats}
7 FM2 (WS 2014/15, Geck) 10 Beschreibung von Mengen Definition 1.2 (Element, Menge) Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen. (Cantor) Beschreibung unendlicher Mengen durch definierende Eigenschaft: {p p ist eine Primzahl} = {2, 3, 5, 7, 11, 13,... } {n n ist eine natürliche Zahl und gerade} = {0, 2, 4, 6, 8,... } {n es gibt eine natürliche Zahl k mit n = 2 k } = {1, 2, 4, 8, 16,... } Einige bekannte (unendliche) Zahlenmengen Natürliche Zahlen: N 0 = {0, 1, 2, 3,... }, N = {1, 2, 3,... } Ganze Zahlen: Z = {..., 3, 2, 1, 0, 1, 2, 3,... } Rationale Zahlen: Q = {..., 4 7,..., 1 1,... } Reelle Zahlen: R = {..., e,..., π,... }
8 FM2 (WS 2014/15, Geck) 11 Beschreibung von Mengen: Sonstiges Notation Reihenfolge und Mehrfachvorkommen sind unerheblich: {,,, } = {,,, } = {,,,,, } Wir schreiben m M, falls m Element der Menge M ist, andernfalls m M. Die leere Menge enthält kein Element. Sie wird mit oder {} notiert. Elemente einer Menge können unterschiedlichen Typs sein: {, 1, Januar, 3 4, b}, {{ } { }} { { }} können selbst Mengen sein:,,,,, {1}, {2, 3}, {a, d, e} Definition 1.3 (Kardinalität/Mächtigkeit) Für eine Menge M bezeichnet M ihre Kardinalität oder Mächtigkeit. Die Kardinalität einer endlichen Menge entspricht der Anzahl ihrer Elemente, für unendliche Mengen M notieren wir M =. Beispiel 1.4 (Kardinalität) endliche Mengen: = 0, { }} {, {1}, {2, 3}, {a, d, e} = 3, unendliche Mengen: N 0 =, Z =, Q =, R = {,,, } = 4
9 FM2 (WS 2014/15, Geck) 12 Mengenoperationen Mengen können aus anderen Mengen durch diverse Operationen konstruiert werden. Definition 1.5 Für zwei Mengen M und N sind die folgenden Operationen definiert: Der Schnitt M N enthält genau die Elemente, die in M und in N enthalten sind. Die Vereinigung M N enthält genau die Elemente, die in M oder in N enthalten sind. Die Differenz M N enthält genau die Elemente, die in M und nicht in N enthalten sind. Die symmetrische Differenz M N enthält genau die Elemente, die in M oder in N enthalten sind, aber nicht in beiden. Die Potenzmenge P(M) von M enthält genau die Mengen, die Teilmengen von M sind. M M M M N N N N Fragen Gilt M N = N M für alle Mengen M und N? Welches sind die Potenzmengen von, {1}, {1, 2}, {1, 2, 3}? Wie lässt sich M N durch die anderen Operatoren ausdrücken?
10 FM2 (WS 2014/15, Geck) 13 Mengenoperationen: Verallgemeinerung Insbesondere Schnitt und Vereinigung lassen sich auf mehrere Mengen verallgemeinern. Definition 1.6 Sei M eine Menge von Mengen M i mit (endlich oder unendlich vielen) Indizes I, dann sind die folgenden Operationen definiert: Der Schnitt i I M i enthält genau die Elemente, die in jeder Menge M i für i I enthalten sind. Die Vereinigung i I M i enthält genau die Elemente, die in mindestens einer Menge M i für i I enthalten sind. Beispiel 1.7 Wir betrachten die Menge M = {M 0, M 1, M 2,... } von Mengen M i = {0,..., i} zur Indexmenge N 0 ; Aufgabe es gilt i N 0 M i = {0} es gilt i N 0 M i = N 0 (da M 0 nur die Null enthält, jede andere Menge aber auch) (da jedes n N 0 in M n enthalten ist). Betrachten Sie die Menge M = {M 1, M 2, M 3,... } von Mengen M q = { p q p N 0}. Bestimmen Sie q N M q und q N M q.
11 FM2 (WS 2014/15, Geck) 14 Mengenverhältnisse (1/2) Definition 1.8 (Enthaltensein, Gleichheit) Eine Menge M ist in einer Menge N enthalten, M N, wenn jedes Element von M auch ein Element von N ist: M ist Teilmenge von N, N ist Obermenge von M. Eine Menge M ist gleich einer Menge N, M = N, wenn M in N enthalten ist und umgekehrt N in M enthalten ist. Andernfalls sind die Mengen ungleich, M N. Eine Menge M ist echt in einer Menge N enthalten, M N, wenn M N und N M: M ist echte Teilmenge von N, N ist echte Obermenge von M. Beispiel 1.9 (Enthaltensein) M für jede Menge M {1, 2} {1, 2, 3} N 0 Z Fragen Gilt {a, b, c} { a, b, {a, b, c, d} }? Gilt {a, b} { a, b, {a, b, c, d} }? Gilt N 0 {Z, Q, R}? Gilt N 0 {Z, Q, R}?
12 FM2 (WS 2014/15, Geck) 15 Mengenverhältnisse (2/2) Definition 1.10 (Disjunktheit) Zwei Mengen M und N sind disjunkt, wenn M N = gilt. Mehrere Mengen M i zu einer Indexmenge I sind (paarweise) disjunkt, wenn für alle i, j I mit i j die Mengen M i und M j disjunkt sind. Zuweilen werden stets Mengen einer gewissen Obermenge G betrachtet. Definition 1.11 (Überdeckung, Partition) Sei G im Folgenden Obermenge aller anderen Mengen. Das Komplement von M (bzgl. G) ist M = G M. Eine Menge M von Mengen zu einer Indexmenge I ist eine Überdeckung (von G), wenn G i I M i gilt. Eine Menge M von Mengen ist eine Partition (von G), wenn sie eine disjunkte Überdeckung von G ist. Hat M eine endliche Indexmenge, heißt die Partition endlich. Beispiele 1.12 (Partitionen) Die Menge der geraden Zahlen und die Menge der ungeraden Zahlen bilden eine Partition der ganzen Zahlen. Die Menge der Mengen M k = {2 k,..., 2 k+1 1} zur Indexmenge N 0 bildet eine Partition von N.
13 FM2 (WS 2014/15, Geck) 16 Kartesisches Produkt Bisher: atomare Elemente und Mengen, Mengen von Mengen,... Nun: Elemente mit mehreren Komponenten (mit fester Anzahl und Reihenfolge) Definition 1.13 Das kartesische Produkt M 1 M k von k N 0 Mengen M 1,..., M k ist die Menge {(m 1,..., m k ) m 1 M 1,..., m k M k } aller k-tupel, deren i-te Komponente einen Wert aus M i besitzt. Beispiel 1.14 Die Farben F = {,,, } und die Werte W = {7, 8, 9, 10, B, D, K, A} ergeben das französische Skatblatt F W = {(, 7), (, 8),..., (, A), (, 7),..., (, A)} Für die Dezimalziffern D = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9} beschreibt C = D D D D alle vierstelligen PIN-Codes. Es gilt etwa (0, 8, 1, 5) C. Fragen Wie groß ist die Kardinalität von F W? Wie groß ist die Kardinalität von C = D D D D?
14 FM2 (WS 2014/15, Geck) 17 Kartesisches Produkt: Sonstiges Notation/Sprechweise Gilt M 1 = = M k = M, so schreibt man auch M k 2-, 3-, 4-, 5-Tupel heißen Paare, Tripel, Quadrupel, Quintupel Reihenfolge und Anzahl der Komponenten sind maßgeblich: (1, 2) (2, 1) und (1, 2) (1, 2, 2) Der Wert einer Komponente kann ebenfalls ein Tupel sein: (1, (a, b)) ist ein Paar mit zweiter Komponente (a, b) und (1, a, b) ist ein Tripel mit zweiter Komponente a. Beispiel 1.15 Für die Menge B = {0, 1} der Boole schen Werte ist B 3 die Menge aller Bitvektoren der Länge 3: { (0, 0, 0), (0, 0, 1), (0, 1, 0), (0, 1, 1), (1, 0, 0), (1, 0, 1), (1, 1, 0), (1, 1, 1) } Fakt 1.16 Für die Kardinalität eines Kreuzproduktes M = M 1 M k gilt M = M 1 M k. (Vergleiche vorhergehende Fragen.)
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