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3 Theorie der λ -Repräsentation 3.3 Anwendungen von TLλ 3.3.1 Ableitung von semantischen Repräsentationen Die Syntax einer natürlichen Sprache ist durch folgende Angaben bestimmt: eine endliche Menge von syntaktischen Kategorien, z.b.: S, NP, VP,..., V, N, A, P,...; eine endliche Menge von Grundausdrücken (das Lexikon), z.b.: Bart, Anna,..., läuft, lacht, wäscht, zeigt,..., Frau,...; eine endliche Menge von Regeln zur Bildung von wohlgeformten Ausdrücken, z.b.: S NP VP, VP V NP,..., VP V, NP {Bart, Anna,...}, V {läuft, lacht, wäscht, zeigt,...},.... Ausgehend von den bei ihrer Bildung benutzten Regeln haben die wohlgeformten Ausdrücke eine bestimmte syntaktische Struktur. In der Semantik wird vorausgesetzt, dass sich die Bedeutung der wohlgeformten Ausdrücke einer natürlichen Sprache nach dem semantischen Kompositionalitätsprinzip ergibt. Es wird also davon ausgegangen, dass die semantische Struktur der Ausdrücke parallel zu ihrer syntaktischer Struktur ist. Wird die Bedeutung der natürlichsprachlichen Ausdrücke (zunächst) in einer λ - typenlogischen Sprache repräsentiert, dann hat die Zuordnung der semantischen Repräsentationen ebenfalls kompositional zu erfolgen. D.h. die semantischen Repräsentationen müssen so abgeleitet werden, dass ihre Struktur parallel zur syntaktischen Struktur der Ausdrücke ist, deren Bedeutung sie repräsentieren. Dies legt das folgende Verfahren nahe: Jedem Grundausdruck wird seine semantische Repräsentation zugeordnet. Für jede syntaktische Regel wird eine korrespondierende Regel zur Bildung von semantischen Repräsentationen angegeben. Dabei muss zwischen Regeln für (binär) verzweigende und solche für nicht-verzweigende syntaktische Strukturen unterschieden werden. Es ist offensichtlich, dass für die Letzteren nur eine allgemeine Regel gebraucht wird, die jeweils für die Vererbung der semantischen Repräsentation sorgt. EinVorteil der Einteilung der natürlichsprachlichen Ausdrücke in semantische Typen besteht darin, dass ebenfalls nicht für jede Regel der ersteren Art eine separate Regel der semantischen Repräsentation erforderlich ist. Es hängt vom semantischen Typ der syntaktisch kombinierten Ausdrücke ab, zu welchem Ergebnis die Kombination ihrer semantischen Repräsentationen führt. Deshalb wird auch von typgetriebener Repräsentation gesprochen. Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 1

3.3 Anwendungen von TL λ Die folgenden Prinzipien der semantischen Repräsentation werden angenommen: (1) Wenn α ein Grundausdruck ist, dann ist SR(α ) im Lexikon spezifiziert. (2) Wenn α eine nicht-verzweigende syntaktische Struktur hat und β Tochter von α ist, dann gilt: SR( α ) = SR( β ). (3) Wenn α eine verzweigende syntaktische Struktur hat und { βγ, } die Menge der Töchter von α ist, wobei β vom semantischen Typ ab, und γ vom semantischen Typ a ist, dann gilt: SR(α ) = SR( β ) (SR( γ )). 3.3.2 Prädikate Intransitive Verben wie laufen, absolute Nomen wie Frau und prädikative Adjektive wie müde werden durch einen λ -Term vom Typ, et repräsentiert: (a) SR(laufen) = λ xlaufen [ '( x)] (b) SR(Frau) = λ xfrau [ '( x)] (c) SR(müde) = λ xmüde [ '( x)] (1) Anna läuft. SR([S [NP Anna][VP [V läuft]]]) = SR(läuft) (SR(Anna)), wobei SR(Anna) = Anna ' =λ xlaufen [ '( x)]( Anna ') = laufen'( Anna ') (2) Bart ist müde. SR([S [NP Bart][VP [Cop ist][ap müde]]]) = SR([VP [Cop ist][ap müde]]) (SR(Bart)) = SR(ist) (SR(müde)) (SR(Bart)), wobei SR(ist) = λpλ x[ P( x) ] = λpλx[ P( x)( ] λ x[ müde'( x)])( Bart') =λ xmüde [ '( x)]( Bart ') = müde'( Bart ') Transitive Verben wie waschen, relationale Nomen wie Bruder, komparative prädikative Adjektive wie müder als und Präpositionen wie in werden durch einen λ -Term vom Typ e, e, t repräsentiert: (a) SR(waschen) =λyλ[ x waschen'( y)( x )] (b) SR(Bruder) = λλ y x[ Bruder'( y)( x)] (c) SR(müder als) = λλ y x[ müder_ als'( y)( x)] (d) SR(in) = λλ y x[ in'( y)( x)] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 2

3 Theorie der λ -Repräsentation (1) Bart wäscht Karl. SR([S [NP Bart][VP [V wäscht][np Karl]]]) = SR([VP [V wäscht][np Karl]]) (SR(Bart)) = SR(wäscht) (SR(Karl)) (SR(Bart])) = λλ y x[ waschen'( y)( x)( ] Karl ')( Bart ') = λ xwaschen [ '( Karl')( x)( ] Bart ') = waschen'( Karl ')( Bart ') (2) Anna ist müder als Karl. SR([S [NP Anna][VP [Cop ist][ap [A müder als][np Karl]]]]) = SR([VP [Cop ist][ap [A müder als][np Karl]]]) (SR(Anna)) = SR(ist) (SR([AP [A müder als][np Karl]])) (SR(Anna)) = SR(ist) (SR(müder als) (SR(Karl)) (SR(Anna)) = λpλx[ P( x)( ] λyλ x[ müder_ als'( y)( x)]( Karl'))( Anna') = λpλx [ P( x)( ] λ x[ müder_ als'( Karl ')( x)])( Anna') =λ x[ müder_ als'( Karl ')( x)]( Anna ') = müder_ als'( Karl ')( Anna ')? Wie wird die semantische Repräsentation des Satzes Karl ist in Leipzig abgeleitet? Ditransitive Verben wie zeigen und Präpositionen wie zwischen werden durch einen λ -Term vom Typ e, e, e, t repräsentiert: (a) SR(zeigen) = λλλ z y x[ zeigen '( z)( y)( x)] (b) SR(zwischen) = λzλλ[ y x zwischen'( z)( y)( x )] Beispiel: Karl zeigt Anna Leipzig. Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 3

3.3 Anwendungen von TL λ SR([S [NP Karl][VP [NP Anna][V [NP Leipzig][V zeigt]]]]) = SR([VP [NP Anna][V [NP Leipzig][V zeigt]]]) (SR(Karl)) = SR([V [NP Leipzig][V zeigt]]) (SR(Anna)) (SR(Karl)) = SR(zeigt) (SR(Leipzig)) (SR(Anna)) (SR(Karl)) =λzλλ[ y x zeigen'( z)( y)( x)]( Leipzig')( Anna')( Karl ') =λyλ[ x zeigen'( Leipzig')( y)( x)]( Anna')( Karl ') =λ x[ zeigen'( Leipzig')( Anna')( x)]( Karl ') = zeigen'( Leipzig')( Anna')( Karl ') 3.3.3 Satzkoordinationen Die S-Koordinationen und und oder werden durch λ -Terme vom Typ t, t, t repräsentiert: (a) SR(und) =λpλq[ p q ] (b) SR(oder) =λpλq[ p q ]? Vervollständige die Ableitung der semantischen Repräsentation des folgenden Satzes: Karl zeigt Anna Leipzig und Anna ist müder als Karl. SR([S [S Karl zeigt Anna Leipzig][Coor und][s Anna ist müder als Karl]]) = SR([Coor und][s Karl zeigt Anna Leipzig]) (SR([S Anna ist müder als Karl])) = SR(und) (SR([S Karl zeigt Anna Leipzig])) (SR([S Anna ist müder als Karl])) =? 3.3.4 Prädikatsnegationen Eine negierte VP wie nicht laufen oder eine negierte AP wie nicht müde wird ebenso wie die jeweils zugrunde liegende VP bzw. AP durch einen λ -Term vom Typ et, repräsentiert. Entsprechend muss die VP- und AP-Negation nicht durch einen λ -Term vom Typ et,, et,, d.h. als ein Prädikatsmodifikator repräsentiert werden. Analoges kann für ein negiertes Adjektiv wie unverheiratet und die dabei verwendete Adjektivnegation un- angenommen werden. (a) SR(nichtVP/AP) = λpλ x[ P( x) ] (b) SR(un-A) = λpλ x[ P( x) ] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 4

3 Theorie der λ -Repräsentation (1) Bart lacht nicht. SR([S [NP Bart][VP [VP lacht][mod nichtvp]]]) = SR([VP [VP lacht][mod nichtvp]]) (SR(Bart)) = SR(nichtVP) (SR(lacht)) (SR(Bart)) = λpλx [ P( x) ]( λx[ lachen '( x)])( Bart ') = λx[ λx[ lachen'( x)]( x) ]( Bart ') = λ x [ lachen '( x) ]( Bart ') = lachen '( Bart ') (2) SR(un + verheiratet) = λpλx [ P( x) ] λx [ verheiratet '( x) ] = λ x [ verheiratet '( x )] ( )? Wie wird die semantische Repräsentation des Satzes Anna ist nicht müde abgeleitet? 3.3.5 Prädikatskoordinationen Eine koordinierte VP wie Karl besuchen oder schlafen oder eine koordinierte AP wie krank und hilflos wird ebenso wie die jeweils zugrundeliegenden VPn bzw. APn durch einenλ -Term vom Typ et, repräsentiert. Entsprechend müssen die VP- und AP-Koordinationen und und oder durch λ -Terme vom Typ et,, et,, et,, d.h. als Funktoren repräsentiert werden, die aus einem Prädikat einen Prädikatsmodifikator bilden. (a) SR(undVP/AP) =λpλqλx[ P( x) Q( x )] (b) SR(oderVP/AP) =λpλqλx[ P( x) Q( x )]? Von welchemtyp sind die beiden semantischen Repräsentationen? Beispiel: Bart besucht Karl oder schläft. SR([S [NP Bart][VP [VP [V besucht][np Karl]][Coor odervp][vp schläft]]) = SR([VP [VP [V besucht][np Karl]][ Coor odervp][vp schläft]]) (SR(Bart)) = SR([CoorP [VP [V besucht][np Karl]][ Coor odervp]]) (SR(schläft)) (SR(Bart)) = SR(oderVP) (SR([VP [V besucht][np Karl]])) (SR(schläft)) (SR(Bart)) = SR(oderVP) (SR(besucht) (SR(Karl))) (SR(schläft)) (SR(Bart)) =λpλq λx[ P( x) Q( x)]( λyλx[ besuchen '( y)( x)]( Karl '))( λx[ schlafen '( x)])( Bart ') =λpλq λx[ P( x) Q( x)]( λx[ besuchen '( Karl ')( x)])( λx[ schlafen '( x)])( Bart ') =λqλx [ λx[ besuchen '( Karl ')( x)]( x) Q( x)]( λx[ schlafen '( x)])( Bart ') =λqλx [ besuchen '( Karl ')( x) Q( x)]( λx[ schlafen '( x)])( Bart ') =λx[ besuchen '( Karl ')( x) schlafen '( x)]( Bart ') = besuchen '( Karl ')( Bart ') schlafen '( Bart ') Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 5

3.3 Anwendungen von TL λ? Gib die semantischen Repräsentationen der Koordinationen und und oder an, die in den folgenden Sätzen vorkommen: (1) Anna kennt und bewundert Bart. (2) Karl ist fleißiger oder fauler als Bart. (a) SR(undV/A) =? (b) SR(oderV/A) =? 3.3.6 Argumentstellenreduktionen Die semantische Repräsentation einer argumentstellenreduzierten Variante eines Verbs resultiert aus der Tilgung von einer oder mehreren λ -präfigierten Variablen in seiner grundlegenden Repräsentation. Drei Arten der Tilgung können unterschieden werden: Tilgung durch -Bindung einer Variablen Tilgung durch Variablenidentifikation Tilgung durch Einführung einer freien Variablen Eine mögliche Annahme ist, dass die Tilgung von λ -präfigierten Variablen durch funktionale Applikation eines passenden Tilgungsoperators erfolgt. Passivierung Die semantische Repräsentation der Passiv-Variante eines transitiven oder eines ditransitiven Verbs resultiert aus der Anwendung von Operatoren, mit denen die Argumentstelle für das Subjekt durch -Bindung oder durch Einführung einer freien Variablen getilgt wird. Passivtr: λrλy x[ R( y)( x )] alternativ: Passivtr : λrλ y[ R( y)( x )] Passivdtr: λrλyλz x[ R( z)( y)( x)] alternativ: Passivdtr : λrλyλ z[ R( z)( y)( x)]? Von welchem Typ sind die Operatoren Passivtr und Passivdtr? (1) SR(gewaschenPassiv) =λrλy x[ R( y)( x)]( λyλx[ waschen'( y)( x )]) =λy x[( λyλx[ waschen'()()])()()] y x y x =λy x[ waschen'( y)( x )] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 6

3 Theorie der λ -Repräsentation (2) Karl wird gewaschen. SR([S [NP Karl][VP [AuxwirdPassiv][VP gewaschenpassiv]]]) = SR([VP [Aux wirdpassiv][vp gewaschenpassiv]]) (SR(Karl)) = SR(wirdPassiv) (SR(gewaschenPassiv)) (SR(Karl)), wobei SR(wirdPassiv) = λpλ x[ P( x) ] = λpλz[ P( z)( ] λ y x[ waschen'( y)( x)])( Karl') = x[ waschen'( Karl ')( x )]? Warum wird in der vorletzten Zeile der Ableitung λpλ z[ P() z ] statt λpλ x[ P( x) ] verwendet? Detransitivierung Die semantische Repräsentation der intransitiven Variante eines transitivenverbs resultiert aus der Anwendung eines Operators, mit dem die Argumentstelle für das direkte Objekt durch -Bindung oder durch Einführung einer freien Variablen getilgt wird. Intrans: λrλx y[ R( y)( x )] alternativ: Intrans : λrλ x[ R( y)( x )]? Leite die semantische Repräsentation der intransitiven Variante von waschen ab. Transitivierung Die semantische Repräsentation der transitiven Variante eines ditransitivenverbs resultiert aus der Anwendung eines Operators, mit dem die Argumentstelle für das indirekte Objekt durch -Bindung oder durch Einführung einer freien Variablen getilgt wird.? Gib die folgenden beiden Operatoren an: Trans:? alternativ: Trans :?? Leite die semantische Repräsentation der transitiven Variante von zeigen ab. Reflexivierung Die semantische Repräsentation der (echten) reflexiven Variante eines transitiven oder eines ditransitivenverbs resultiert aus der Anwendung von Operatoren, mit denen die Argumentstelle für das direkte Objekt durch Identifikation der Objekt- mit der Subjektvariablen getilgt wird. Reflextr: λrλ x[ R( x)( x)] Reflexdtr: λrλyλ x[ R( x)( y)( x)] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 7

3.3 Anwendungen von TL λ (1) SR(sich waschen) = λrλx[ R( x)( x)]( λyλ x[ waschen'( y)( x)]) = λx[ λyλ x[ waschen '( y)( x)]( x)( x)] =λ x[ waschen '( x)( x )] (2) SR(sich zeigentr) = λrλyλx[ R( x)( y)( x)]( λzλyλ x[ zeigen'( z)( y)( x)]) =?? Vervollständige die Ableitung der semantischen Repräsentation der transitiven Verbvariante sich zeigen. (1) SR(Karl zeigt sich Anna) =zeigen '( Karl ')( Anna')( Karl ') (2) SR(Karl zeigt sich) = y[ zeigen'( Karl ')( y)( Karl ')] (3) SR(Leipzig wird Anna gezeigt) = x[ zeigen'( Leipzig')( Anna')( x )] (4) SR(Karl zeigt Leipzig) = y[ zeigen'( Leipzig')( y)( Karl ')] (5) SR(Leipzig wird gezeigt) = x y[ zeigen'( Leipzig')( y)( x)] 3.3.7 Adverbiale Modifikatoren Als adverbiale Modifikatoren, d.h. Modifikatoren von verbalen Prädikaten treten Adverbien, PPn oder NPn auf. Sie werden durch λ -Terme vom Typ et,, et, repräsentiert. (1) schnell schwimmen (2) in der Pleiße schwimmen (3) den ganzen Tag schwimmen (4) den ganzen Tag in der Pleiße schnell schwimmen Traditionell wird angenommen, dass ein Adverb wie schnell eine semantische Repräsentation der folgenden Art hat: SR(schnell) = λpλ x[( schnell'( P))( x)] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 8

3 Theorie der λ -Repräsentation Der λ -Term wird wie folgt abgeleitet: (1) SR([VP [AdvP schnell][vp schwimmen]]) = SR(schnell) (SR(schwimmen)) =λpλx[( schnell '( P))( x)]( λx[ schwimmen '( x )]) =λx[( schnell '( λx[ schwimmen '( x)]))( x )] =λ x[( schnell'( schwimmen'))( x )], wegen λ x[ schwimmen '( x)] = schwimmen ' (2) Lisa schwimmt schnell. SR([S [NP Lisa][VP [AdvP schnell][vp schwimmen]]]) =( schnell '( schwimmen '))( Lisa ') Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 9

3.3 Anwendungen von TL λ Der Satz Lisa schwimmt schnell ist in einem Modell M wahr gdw Lisa in M zur Menge der schnell schwimmenden Individuen gehört. Es ist fraglich, ob das traditionelle Verständnis von Adverbien adäquat ist bzw. auf beliebige Adverbiale wie in der Pleiße oder den ganzen Tag ausgedehnt werden kann. 3.3.8 Nominale Modifikatoren Als nominale Modifikatoren, d.h. Modifikatoren von nominalen Prädikaten treten attributive APn, attributive PPn und Relativsätze auf. Sie werden wie Adverbiale durch λ - Terme vom Typ et,, et, repräsentiert. (1) weißes Pferd (2) Pferd mit Lisa (3) Pferd, das Lisa reitet (4) weißes Pferd mit Lisa (5) weißes Pferd, das Lisa reitet Für die vorkommenden nominalen Modifikatoren werden entprechend folgende semantische Repräsentationen angenommen: (a) SR(weißattributiv) =λpλx[ weiß'( x) P( x )] (b) SR(mit Lisaattributiv) =λpλx[ P( x) mit'( Lisa')( x )] (c) SR(das Lisa reitet) =λpλx[ P( x) reitet'( x)( Lisa ')] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 10

3 Theorie der λ -Repräsentation (1) SR([N [AP weißes][n Pferd]]) = SR(weißes) (SR(Pferd)) =λpλx[ weiß'( x) P( x)]( λx[ Pferd'( x )]) =λxweiß [ '( x) λxpferd [ '( x)]( x )] = λx[ weiß '( x) Pferd '( x)] (2) SR(Pferd mit Lisa) =λxpferd [ '( x) mit'( Lisa')( x )] (3) SR(Pferd, das Lisa reitet) = λxpferd [ '( x) reitet'( x)( Lisa')] (4) SR(weißes Pferd, das Lisa reitet) =λx[ weiß '( x) Pferd '( x) reitet '( x)( Lisa ')] Das syntaktisch komplexe Nomen weißes Pferd denotiert die Menge der Individuen, die sowohl ein Pferd als auch weiß sind. D.h. die Denotation von λx[ weiß '( x) Pferd '( x)] in einem Modell M ist der Durchschnitt der Denotationen von λ xweiß [ '( x )] und von λ xpferd [ '( x )] in M. λx[ weiß '( x) Pferd '( x)] Mg, Adjektive wie weiß werden als intersektive Adjektive bezeichnet. Dagegen sind Adjektive wie früher oder angeblich nicht intersektiv. Da intersektive Adjektive sowohl attributiv (z.b. das weiße Pferd) als auch prädikativ (z.b. Das Pferd ist weiß) verwendet werden können, gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen bei ihrer semantischen Analyse. Variante A: Es werden zwei separate semantische Repräsentationen für das Adjektiv angenommen. (1) SR(weißprädikativ) = λ xweiß [ '( x)] (2) SR(weißattributiv) = λpλx[ weiß'( x) P( x)] Pferd ' Mg, weiß Mg, ' Ein Nachteil dieses Vorgehens ist, dass damit das jeweilige Adjektiv als lexikalisch polysem behandelt wird. Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 11

3.3 Anwendungen von TL λ Variante B: Die semantische Repräsentation des prädikativ gebrauchten Adjektivs wird als grundlegend angesehen. Außerdem wird ein Operator der semantischen Typverschiebung MOD angenommen. MOD : λpλqλx[ P( x) Q( x)] Solche Operatoren der Typverschiebung haben kein syntaktisches Korrelat. Mit ihnen kann (unter bestimmten Bedingungen) ein Konflikt zwischen den semantischen Typen von Ausdrücken aufgelöst werden. Mit MOD wird bei Bedarf die semantische Repräsentation des attributiv gebrauchten Adjektivs aus der Repräsentation seines prädikativ gebrauchten Basisausdrucks abgeleitet. D.h. der Operator erlaubt es, einen Ausdruck vom Typ et, in einen Ausdruck vom Typ et,, et, zu überführen und damit an den Typ des modifizierten Nomens anzupassen. Beispiel: weißes Pferd SR([N [AP weißes][n Pferd]]) =MOD (SR(weißes)) (SR(Pferd)) =λpλqλx[ P( x) Q( x)]( λx[ weiß'( x)])( λx[ Pferd'( x )) =λqλx[ λx[ weiß'( x)]( x) Q( x)]( λx[ Pferd'( x )) =λpλx[ weiß'( x) P( x)]( λx[ Pferd'( x )]) =λxweiß [ '( x) λxpferd [ '( x)]( x )] = λx[ weiß '( x) Pferd '( x)] Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 12

3 Theorie der λ -Repräsentation 3.3.9 Ereignisbasierte adverbiale Modifikatoren Eine alternative semantische Analyse von Adverbien ist deren Behandlung analog zu attributiv gebrauchten intersektiven Adjektiven. Voraussetzung hierfür ist ein ereignisbasiertes Vorgehen in der Semantik, bei dem Verben in ihrer semantischen Repräsentation über eine λ - präfigierte Ereignisvariable, d.h. über eine Argumentstelle für Ereignisausdrücke verfügen. In der neo-davidson schen Variante der ereignisbasierten Analyse werden Verben wie schwimmen als 1-stellige Prädikate von Ereignissen betrachtet: SR(schwimmen) =λ e[ schwimmen '( e )], wobei e eine Ereignisvariable vom Typ einer Entität ist Weitere Argumente des Verbs werden mit Hilfe von thematischen Relationsprädikaten wie AGENS (für den Agenten des jeweiligen Ereignisses) eingeführt. Ein Adverb wie schnell kann unter diesen Bedingungen entsprechend wie folgt repräsentiert werden: SR(schnell) = λpλep [ ( e) schnell'( e)] Beispiel: Lisa schwimmt schnell. Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 13

Übungen Übungen Ü3.6 Leiten Sie die semantischen Repräsentationen der folgenden Sätze ab: (a) Anna ist Berlinerin. (Es gelte: SR(Berlinerinprädikativ) = SR(Berlinerin).) (b) Karl ist auf Mallorca. (c) Leipzig ist zwischen Berlin und Mallorca. Ü3.7 Zeigen Sie, dass die Sätze Anna läuft und lacht und Anna läuft und Anna lacht dieselbe semantische Repräsentation haben. Ü3.8 Leiten Sie die semantischen Repräsentationen der folgenden Sätze ab: (a) Anna kennt und bewundert Bart. (b) Karl ist fleißiger oder fauler als Bart. Dabei gelte: (i) SR(undV/A) =λrλsλyλx[ R( y)( x) S( y)( x )] (ii) SR(oderV/A) =λrλsλyλx[ R( y)( x) S( y)( x )] Ü3.9 Zeigen Sie, wie sich die folgenden semantischen Repräsentationen ableiten lassen: (a) SR(Karl zeigt sich Anna) =zeigen '( Karl ')( Anna')( Karl ') (b) SR(Karl zeigt sich) = y[ zeigen'( Karl ')( y)( Karl ')] (c) SR(Leipzig wird Anna gezeigt) = x[ zeigen'( Leipzig')( Anna')( x )] (d) SR(Karl zeigt Leipzig) = y[ zeigen'( Leipzig')( y)( Karl ')] (e) SR(Leipzig wird gezeigt) = x y[ zeigen'( Leipzig')( y)( x)] Ü3.10 Erläutern Sie anhand der semantischen Repräsentationen der Sätze, dass die folgenden logischen Implikationen gelten: (a) Karl zeigt Anna Leipzig Leipzig wird Anna gezeigt. (b) Leipzig wird Anna gezeigt Leipzig wird gezeigt. (c) Karl zeigt Anna Leipzig Karl zeigt Leipzig. (d) Karl zeigt Leipzig Leipzig wird gezeigt. (e) Karl zeigt Anna Leipzig Leipzig wird gezeigt. Ü3.11 Leiten Sie die semantische Repräsentation des nominalen Ausdrucks Straße in Leipzig ab. Verwenden Sie dabei zur Ableitung des nominalen Modifikators in Leipzig den Operator MOD. Johannes Dölling: Formale Semantik. Institut für Linguistik, Universität Leipzig. 14