Der Verdacht der sexuellen Gewalt am eigenen Kind

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Transkript:

Der Verdacht der sexuellen Gewalt am eigenen Kind Ein Blick auf das innere Erleben und die Bedürfnisse der Mütter Eva Brenner, MSc Mag. a Katja Ruzicka 14. 10. 2013

Resilienz Resilienz ist der Weg, den eine Familie geht, wenn sie Stress bewältigt und daran wächst, sowohl gegenwärtig wie langfristig. Resiliente Familien reagieren positiv auf diese Bedingungen und auf individuelle Weise, abhängig von Kontext, von der Ebene der Entwicklung, der interaktiven Kombination von Risiken und protektiven Faktoren und den Zukunftsvorstellungen, die die Familienmitglieder miteinander teilen. Hawley und DeHaan (1996, p. 293; Übers.: B. H.)

Sexuelle Gewalt am eigenen Kind Das Unvorstellbare wird Wirklichkeit.

Gründe, warum Hinweise der Kinder nicht wahrgenommen werden (können) geringe Aussicht auf Hilfe von Außen Angst, dass den Müttern nicht geglaubt wird gravierende Zukunftsängste die (meist begründete) Angst vor negativen Reaktionen im Verwandten- und Bekanntenkreis Gefühle der Macht- und Hilflosigkeit finanzielle bzw. emotionale Abhängigkeit vom Partner eigene, nicht verarbeitete traumatische Erlebnisse eigene Krankheit, Sucht, Medikamentenabhängigkeit Broschüre Bmwfj (2010)

Phasen nach der Konfrontation Wanke und Tripammer (1992) Sonneck (2000) Schockphase Phase des Zweifels/Reaktionsphase Schuldgefühle Einschätzung der Situation/Angst vor Konsequenzen Gefühle gegenüber dem Mann Handlungsphase/Bearbeitungsphase Schamgefühle

Hilfestellung für die betroffenen Mütter nach der Konfrontation Schockphase: Mütter nicht alleine lassen, Ernst nehmen im Schock Gefühlen Ausdruck verleihen Phase des Zweifelns/Reaktionsphase: Unterstützung wichtig, um nicht alle Schuld auf das Kind zu schieben aggressive Haltungen brechen durch, auch verbotene Gefühle zulassen Äußerung von Schuldgefühlen, Schuldgefühle ansprechen! Einschätzung der Situation/Angst vor Konsequenzen Stützung der Mutter, Geduld haben, Entscheidungen werden gefällt Handlungsphase/Bearbeitungsphase: Schwerpunkt Unterstützungsangebote zur Bewältigung von Alltagsangelegenheiten

Mütter werden in der Regel durch die sexuelle Ausbeutung des Kindes durch den Partner ebenso traumatisiert wie die Tochter/der Sohn selbst. Quelle?? Nicht wenige Eltern erleben den Missbrauch der Tochter/des Sohnes mit einer solchen Intensität, als ob ihnen selbst sexuelle Gewalt zugefügt worden wäre. Ursula Enders, 2001

Die Mütter der Gruppe Mutter Nr. 1, Ende 30: Verdacht der sexuellen Gewalt an ihrer zweijährigen Tochter, verdächtigt wird der Kindesvater, Eltern seither getrennt. Anzeige erstattet Verfahren eingestellt Mutter Nr. 2, Anfang 30: Verdacht der sexuellen Gewalt an ihrer zweieinhalbjährigen Tochter, verdächtigt wird der Kindesvater, Eltern seit der Geburt der Tochter getrennt. Sexuelle Übergriffe während der Besuchskontakte 2009/2010. Anzeige erstattet Verfahren eingestellt

Die Mütter der Gruppe Mutter Nr. 3, Mitte 30 Einmaliger sexueller Übergriff an der damals fünfjährigen Tochter durch den Halbbruder der Kindesmutter. Anzeige 2010 erstattet Verfahren eingestellt Mutter Nr. 4, Anfang 40 Sexuelle Übergriffe an der damals vierjährigen Tochter über ein Jahr hinweg durch den Kindesvater. keine Anzeige erstattet

Die Mütter der Gruppe Mutter Nr. 5, Mitte 40 Sexuelle Übergriffe an drei Kindern (Sohn, 7 Jahre; zwei Töchter, 14 und 16 Jahre) durch den Onkel (Bruder des Kindesvaters) über einen Zeitraum von zehn Jahren. Verurteilung des Täters 2011 zu sieben Jahren Haft??? Mutter Nr. 6, Mitte 20 Verdacht der sexuellen Gewalt an der fünfjährigen Tochter durch den Kindesvater im Jahr 2010. keine Anzeige erstattet

Zentrale Aspekte im Erleben der Mütter Ohnmacht: - gegenüber dem sozialen Umfeld - gegenüber Institutionen Hilflosigkeit: emotionale Reaktionen als Ausdruck dafür Frage der Perspektive/Zukunftsaussichten

Ohnmacht im sozialen Umfeld (Freunde, Bekannte, Familie, Verwandte) wenig unterstützende Reaktionen: Bagatellisieren Verleugnen Schuldverschiebung Drohung Mitleid unterstützende Hilfestellungen: Schutz und Halt bieten Zuhören nächste Schritte planen

Ohnmacht gegenüber Institutionen wenig unterstützende Reaktionen: Drohungen spürbares Machtgefälle Zweifel an der Glaubwürdigkeit uneinige HelferInnen hilfreiche Unterstützung: Wissen um emotionalen Ausnahmezustand Sicherheit und Vertrauen herstellen Zeit und Raum geben mögliche weitere Vorgehensweisen besprechen

Reaktionen/Lösungsversuche aus der Ohnmacht Anpassung Gegenwehr durch aktives Handeln Kontakt/Beziehungsabbruch

Die emotionalen Reaktionen als Ausdruck der Hilflosigkeit Angst Wortlosigkeit Scham/Ekel Wut/Rache Schuldgefühle

Zukunftsaussichten Kinder schützen - kein Kontakt zum Täter! Hoffnung, die Kinder vergessen Hoffnung, die Kinder lernen damit umzugehen

Mit Unterstützung von Menschen, die zuhören, mitfühlen, sie entlasten und immer wieder Mut machen, gewinnen Mütter oft mehr Autonomie und Selbstvertrauen, als sie je zuvor hatten. (nach Enders, 2001)

03.04. & 11.04. 2012 Folie Nr.

03.04. & 11.04. 2012 Folie Nr.