Stellenwert der Ernährung bei Rheumapatientinnen und -patienten Maria-Anna Hochholzer Diaetologin Med Campus III. 02.03.2016 1
Krankheiten des rheumatischen Formenkreises- Unterscheidung Degenerative Gelenks- und Wirbelsäulenerkrankungen Entstehen vor allem durch Abnutzungserscheinungen (zb Arthrose, Spondylose) Entzündlich-rheumatische Erkrankungen Zugrunde liegt eine krankhaft gesteigerte Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems (zb rheumatoide Arthritis) Weichteilrheumatische Erkrankungen Schmerzhafte Erkrankungen des Bewegungsapparates (zb Fibromyalgie) Stoffwechselerkrankungen mit rheumatischen Beschwerden zb Hyperurikämie (Bonnemann & Scharlach 2006)
Rheumatoide Arthritis und Ernährung Diät heißt Lebensweise Ernährung kann die medikamentöse und chirurgische Behandlung NUR unterstützen NIE ersetzen!
Das richtige Körpergewicht Antioxidantien Entzündung und Fettqualität Osteoporoseprävention Begleiterkrankungen Rheumapatient
Das richtige Körpergewicht Normalgewicht anstreben Gewichtsabnahme Weniger ist Mehr! Wichtig: Erhalten der Muskelmasse! Zu wenig Gewicht?! Achtung Mangelernährung! (Rheumatoide Kachexie) entzündungsfördernd
Einfluss von Ernährungsfaktoren auf den Krankheitsverlauf Die Entzündungen werden durch die Bildung von Entzündungsfaktoren, den sogenannten Eicosanoiden (Thromboxan A2, Prostaglandin E2, Leukotrien B4) ausgelöst, die aus der Fettsäure Arachidonsäure gebildet werden. Je weniger Arachidonsäure mit der Nahrung zugeführt wird, desto weniger Entzündungsmediatoren können gebildet werden. Die Eicosapentaensäure besitzt eine ähnliche chemische Struktur wie die Arachidonsäure. Deshalb konkurriert sie mit dem gleichen Enzymsystem, so dass die Umwandlung der Arachidonsäure in die entzündungsauslösenden Stoffe vermindert ist.
Nahrungsmittelauswahl und Zufuhr Um das Entzündungsgeschehen zu reduzieren sollten pro Tag nur max. 50-80 mg AA (=Arachidonsäure) aufgenommen werden. -> Empfehlung lactovegetabile vollwertige Kost (mehr pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Pilze, Getreide- und Getreideprodukte, Kartoffeln sowie Milch und Milchprodukte), da diese keine AA aufweisen. -> Fleisch und Fleischwaren enthalten AA, dürfen aber 2x/Woche konsumiert werden (Portionsgröße ca. 125 g Rohgewicht). -> Wurst und Innereien sollten gemieden werden. -> Eier weisen im Eigelb große Mengen AA auf, eine Zufuhr von zwei Eigelbe/Woche entspricht ca. 80-90 mg AA. Folie 7
Arachidonsäure- Omega 6- FS Milch & Milchprodukte - Eiklar - 1 kl. Stück Rind, Wild 5 Blatt Wurst, 10 Blatt Schinken 1 Stk. Hühnerei / 1 Dotter 5 g Erdnussöl 1 kl. Stück Schwein, Schaf 50 g Speck 1 kl. Stück Hühner- Kalb- od. Putenfl. 10g Schmalz 100 g Hirn, Leber, Lunge Vereinfachte Darstellung, 50 mg AA =, Mischwerte aus SFK, Adam, BLS II.3 M. Göbl
Entzündung und Fettqualität Neben der AA wirken sich auch die anderen mehrfach ungesättigten Fettsäuren auf das Entzündungsgeschehen aus. Je nach Fettsäure entweder entzündungshemmend oder entzündungsfördernd. Omega 6- FS (Entzündungsfördernd) aus Linolsäure Arachidonsäure Omega 3- FS (Entzündungshemmend) aus ɑ- Linolensäure Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure Folie 9
Auswahl Fette In der Praxis ergibt sich, dass die Zufuhr der Linolsäure zu Gunsten der ɑ- Linolensäure verringert werden soll. Pflanzliche Öle und Fette unterscheiden sich stark in ihrer Fettsäurenzusammensetzung. Durch eine gezielte Auswahl können Linolsäure und ɑ- Linolensäure in einem günstigen Verhältnis aufgenommen werden. Folie 10
Pflanzliche Öle Zufuhr α-linolensäure (ALA) erhöhen Zufuhr Linolsäure reduzieren Chiaöl Leinöl Walnußöl Rapsöl Weizenkeimöl Sojaöl Becel Diät 3 Pflanzenöl Maiskeimöl Mohnöl Olivenöl Sesamöl Kürbiskernöl Sonnenblumenöl Distelöl (Safloröl) 0% 20% 40% 60% 80% 100% ALA LS MUFA SFA PUFA
Pflanzliche Alternativen α-linolensäure Leinöl Chiaöl Rapsöl Walnussöl Sojaöl Empfehlung: Rapsöl als Basisöl Leinöl, Walnussöl, usw. als Ergänzung Streichfette auf pflanzlicher Basis
Fische Omega 3- FS (EPA, DHA) EPA verhindert, dass vermehrt Entzündungsmediatoren entstehen können. Empfehlung: 2 mal pro Woche Fisch/Fischerzeugnisse Thunfisch Hering Makrele Lachs Brassen, Dornhai, Sprotten Bismackhering, Salzhering Schillerlocken, Ölsardinen, Markrele geräuchert usw.
EPA Gehalt in Fischen Fischsorte EPA Gehalt (mg pro 100 g) Hering, Atlantik 2038 Thunfisch 1385 Makrele 640 Sardine 580 Goldbrasse 325 Lachs 749 Aal 240 Karpfen 193 Zander 84 Hecht 65 Folie 14
App für nachhaltigen Fisch Folie 15
Heimische Fische Alpenlachs 2 g EPA + DHA/100 g Fisch Folie 16
Bedarfsempfehlung bei rheumatoider Arthritis Zu Beginn einer diätetischen Therapie 900 mg EPA/d = 6300 mg EPA/Woche über 3 Monate Danach: 300 mg EPA/d Beispiel für 1 Woche: 1 Bismarckhering + 1 Portion Lachs + 1 geräuchertes Makrelenfilet + 1 Portion Thunfischsalat liefern 6386 mg EPA Folie 17
Auswahl von Studien zur Supplementierung von Omega-3-FS Quelle Anzahl der Patienten Dauer der Studie Dosierung Ergebnis [71] 33 RA 14 Wochen 2,7 g/d EPA + 1,8 g/d DHA oder Placebo Verringerung schmerzender Gelenke [72] 49 RA 24 Wochen 27 mg/d EPA + 18 mg/d DHA oder 54 mg/d EPA + 36 mg/d DHA pro kg KG oder Placebo Bildung von LTB4 um 19% bzw. 20% vermindert Verringerung schmerzender und geschwollener Gelenke [66 67 RA 16 Wochen 3,8 g/d EPA + 2,0 g/d DHA oder Placebo Verbesserung von Morgensteifigkeit und Allgemeinbefinden [109] 43 RA 6 Monate 10 g/d Fischöl oder Placebo Kein Effekt auf Schmerzen, Morgensteifigkeit oder allgemeine Beweglichkeit Signifikante Verringerung der Einnahme entzündungshemmender Medikamente [74] 64 RA 12 Monate 1,7 g/d EPA + 1,1g/d DHA oder Placebo Signifikante Reduktion der Einnahme entzündungshemmender Medikamente ab 3 Monate [39] 90 RA 12 Monate 2,6 g/d ω-3-fs oder 1,3 g/d ω-3-fs + 3 g/d Olivenöl oder 6 g/d Olivenöl Nur mit 2,6 g/d ω-3-fs Schmerzsymptomatik signifikant verbessert, reduzierte Einnahme entzündungshemmender Medikamente Folie 18
Fischölkapseln Fischölkapseln: 2,7 g langkettige Omega-3-FS Lachsöl 1000 mg: 9 Kapseln Percucor 600 mg: 7,5 Kapseln Abtei Lachsöl 1300 mg: 7 Kapseln Das gesunde Plus Omega-3 Flüssig : 10 ml Omacor : 3 Kapseln Wichtiger sind die verschriebenen Medikamente!
Antioxidantien Vitamine A, C und E Kupfer, Selen und Zink Folsäure B-Vitamine (B 6, B 12) Vitamin D
Vitamine und Mineralstoffe Empfohlene Tageszufuhr bei Gesunden Empfohlene Tageszufuhr bei Rheumatoider Arthritis Lieferanten ß-Karotin 2-4 mg 15 mg Marillen, Pfirsiche, Spinat, Vitamin A 0,8 1,0 mg 1,0 mg Karotten, Mangold, Dill, Petersilie Vitamin C 100 mg 100-200 mg Paprika, Broccoli, Kartoffeln, Zitrusfrüchte, Beerenobst Vitamin E 12-15 mg 100-200 mg Pflanzliche Öle, Nüsse, Samen, VK-Produkte Kupfer 1,0-1,5 mg 1,5 mg VK-Produkte, Nüsse und Samen, Banane, Bohnen Selen 30-70 µg 100-200 µg Hirse, Hafer, Paranuss, Geflügel, Fisch, Steinpilze Zink 7-10 mg 15-30 mg Weizenvollkorn/Weizenkeime, VK-Getreide, Rindfleisch, Geflügel, Milchprodukte Nach Adam 2000
Begleiterkrankungen Arteriosklerose Osteoporose Gastro-intestinale Beschwerden / Medikamenten-Nebenwirkungen Kau- und Schluckstörungen
Osteoporose Calcium und Vitamin D Bewegung an Luft und Sonne Risiko Nikotin
Calciumquellen Calciumbedarf: mind. 1000 mg Ca/Tag Milch- und Milchprodukte ¼ l Milch 300 mg 250 g Joghurt 300 mg 50 g Schnittkäse 400 mg ¼ l Molke 150 mg 100 g Topfen, Frischkäse 120 mg 20 g Magermilchpulver 260 mg 50 ml Schlagobers 40 mg Sojaprodukte mit Calcium 1 l Sojamilch + Ca 1200 mg 125 g Sojapudding 120 mg
Calciumquellen Mineralwässer calciumreich mehr als 150 mg Ca/ Liter 1 l Contrex 486 mg 1 l Römerquelle 171 mg 1 l Alpquell 224 mg 1 l Astoria 285 mg 1 l Juvina 253 mg
Empfehlungen - Zusammenfassung Reduktion der Arachidonsäurezufuhr mit der Nahrung Bestehendes Übergewicht abbauen (Reduktion des Fettverzehrs) Untergewicht vermeiden Weniger Fleisch- und Wurstwaren, d.h. weniger tierische Fette, dafür mehr pflanzliche Öle (Rapsöl, Leinöl, ) Mind. 2x pro Woche Fisch (z.b. Hering, Lachs, heimische Fische) Viel Obst und Gemüse (Antioxidantien) mit schonendem Garverfahren (Dämpfen, Dünsten) Wenig Alkohol und Nikotin
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Folie 27