Das Präventionsgesetz - Ablauf eines politischen Entscheidungsprozesses in Deutschland

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Medizin Lotte Habermann-Horstmeier Das Präventionsgesetz - Ablauf eines politischen Entscheidungsprozesses in Deutschland Studienarbeit

Dr. med. Lotte Habermann- Horstmeier Ablauf des politischen Entscheidungsprozesses in Deutschland am Beispiel des Gesetzes zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention (Präventionsgesetz) Leistungsnachweis im Kurs Gesundheitspolitik (B302.30.11) im Master- Studiengang Public Health an den Universitäten Zürich, Bern und Basel (CH)

Gliederung I. Der Gedanke der Prävention S. 3 II. Das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland S. 3 III. Das Gesetz zur Stärkung der gesundheitlichen Prävention zeitlicher Ablauf S. 5 IV. Die Akteure in diesem Gesetzgebungsverfahren S. 6 V. Ist das Präventionsgesetz damit endgültig gescheitert? S. 7 VI. Literatur S. 8 2

I. Der Gedanke der Prävention Ziel der Prävention oder Krankheitsverhütung ist es, durch soziale oder medizinische Maßnahmen bzw. Verhaltensweisen die Gesundheit zu fördern und die Entstehung von gesundheitlichen Schädigungen zu verhindern. Darüber hinaus verhindern präventive Maßnahmen das Fortschreiten einer bereits bestehenden Erkrankung (Sekundärprävention) und/oder vermeiden Folgeschäden (Tertiärprävention). Obwohl der Gedanke der Prävention schon seit 1986 durch die Ottawa- Charta (1) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Bereich der Gesundheitsförderung fest verankert ist, konnte er in Deutschland nur sehr langsam Fuß fassen. Das deutsche Gesundheitssystem ist noch immer fast ausschließlich kurativ ausgerichtet. Seine Strukturen verhindern in vielen Fällen die Förderung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen. Allerdings wurde im letzten Jahrzehnt immer deutlicher, dass steigende Krankheits- und Krankheitsfolgekosten die sozialen Sicherungssyste- me und damit die Beitragszahler zunehmend belasten. Nicht zuletzt um eine Stabilisierung dieser Kosten zu erreichen, ist es nach Ansicht vieler im Gesundheitswesen Tätiger und auch einiger politischer Parteien erforderlich, den Präventionsgedanken verstärkt aufzugreifen und dies durch ein Präventionsgesetz deutlich zu machen. II. Das Gesetzgebungsverfahren in Deutschland Deutschland ist wie die Schweiz ein föderaler Staat. Anders als die Schweiz, die starke Elemente einer direkten Demokratie aufweist und bei der das Konkordanz- Prinzip eine große Rolle spielt (2), ist Deutschland jedoch eine repräsentative, parlamentarische Demokratie, bei der die politischen Parteien die entscheidende Rolle im politischen Entscheidungsfindungs- prozess übernehmen (3). Auf Bundesebene kann ein Gesetzgebungsverfahren in Deutschland (4) von der Bundes- regierung, vom Bundesrat (der Länderkammer) oder von Mitgliedern des Deutschen Bundes- tages (Parlament) ausgehen. Mitglieder des Bundestages, die einen Gesetzentwurf einbringen wollen, müssen jedoch durch eine parlamentarische Fraktion oder durch fünf Prozent der Abgeordneten unterstützt werden. Wird ein Gesetzentwurf von der Bundesregierung eingebracht, dann geht er zunächst zur Stellungnahme an den Bundesrat. Die vom Bundesrat verfasste Stellungnahme zum Gesetzesentwurf wird zurück an die Bundesregierung geschickt, die sich dann hierzu äußern kann. Daraufhin bringt die Bundesregierung den Entwurf in den Bundestag ein. Wird ein Gesetzentwurf vom Bundesrat eingebracht, dann leitet ihn die Bundesregierung dem Bundestag zu. Sie hat dabei die Möglichkeit, ihre Auffassung dazu darzulegen. Wird ein Gesetzentwurf von einem Mitglied des Bundestages eingebracht, dann wird er direkt im Parlament behandelt. Das erste Beschlussorgan für die Annahme eines Gesetzes ist in allen drei Fällen der Bundestag. Hier finden nun drei Beratungen statt, die auch als Lesungen bezeichnet werden. Üblicherweise werden Gesetzentwürfe während der ersten Lesung nach einer Debatte in die zuständigen Fachausschüsse (5) zur Detailberatung mit den Experten der Fraktionen (ggf. unter Anhörung externer Sachverständiger) überwiesen. Am Ende dieser Phase werden eine 3