Krankenkassen zwischen Wirtschaftlichkeitsgebot und unberechtigter Leistungsverweigerung

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Krankenkassen zwischen Wirtschaftlichkeitsgebot und unberechtigter Leistungsverweigerung Dr. Rainer Daubenbüchel Präsident des Bundesversicherungsamtes a.d. Vortrag beim Neunten Herbstsymposium der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling e.v. am

Übersicht Aufgaben des Bundesversicherungsamtes als Aufsichtsbehörde von Krankenkassen Rahmenbedingungen für die Krankenkassen zur Fallprüfung im Krankenhaus Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit von Krankenkassen - durch den Morbi-RSA - durch die weitgehende Beschränkung der Beitragshoheit Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse: Bleibt das Krankenhaus auf den Kosten sitzen? 2

Abgrenzung der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden Das BVA führt die Aufsicht über die Sozialversicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über mehr als drei Bundesländer erstreckt. Die Aufsicht über die übrigen Sozialversicherungsträger führt die jeweils zuständige Behörde des Landes, in dem der Träger seinen Sitz hat (i.d.r. Sozialministerium oder Senat). Vgl. dazu 90 Abs. 1 und 3 SGB IV. 3

Rechtsstellung der Träger der Sozialversicherung Die Sozialversicherungsträger sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung; sie erfüllen im Rahmen des Gesetzes und des sonstigen für sie maßgebenden Rechts ihre Aufgaben in eigener Verantwortung, 29 SGB IV. Daher: grundsätzlich reine Rechtsaufsicht, keine Fachaufsicht. 4

Organisationsrechtliche Stellung des Bundesversicherungsamtes Selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Weitgehende Unabhängigkeit des Bundesversicherungsamtes in Aufsichtsangelegenheiten: es unterliegt nur allgemeinen Weisungen, dagegen keine Weisungen im Einzelfall. Außerdem erfüllt das BVA zahlreiche durch Gesetz übertragene Verwaltungsaufgaben, insbesondere die Durchführung des Risikostrukturausgleichs und die Verwaltung des Gesundheitsfonds. 5

Anlässe von aufsichtsrechtlichen Verfahren Petitionen, Beschwerden und sonstige Eingaben Öffentlichkeitsarbeit insbesondere der Krankenkassen Erkenntnisse aus Aufsichtsprüfungen, regelmäßig ( 274 SGB V) oder aus aktuellem Anlass Erkenntnisse der Vergabeprüfstelle 6

Aufsichtsrechtliches Verfahren bei Verdacht auf Rechtsverstoß, 87 f. und 89 SGB IV Klärung des Sachverhaltes durch - Einholung einer Stellungnahme des Trägers, - eigene Ermittlungen, - gegebenenfalls Sonderprüfung. Bei Bestätigung des Rechtsverstoßes: in der Regel Aufforderung an Träger, Verstoß zu beheben bzw. zu unterlassen. 7

Aufsichtsrechtliches Verfahren, Fortsetzung Bei Nichtbeachtung der Beanstandung: förmliche aufsichtsrechtliche Beratung des Trägers Bei weiterer Nichtbeachtung: Verpflichtungsbescheid der Aufsichtsbehörde, ggfls. mit Anordnung der sofortigen Vollziehung Bei Rechtsmittel des Trägers: Sozialgerichtliches Verfahren, Eingangsinstanz: Landessozialgericht ( 29 SGG) 8

Mitwirkungsrechte der Aufsicht durch Genehmigungsvorbehalte Genehmigung von Satzungen der Versicherungsträger Genehmigung bzw. Beanstandung von Haushaltsplänen und Dienstordnung Genehmigung bzw. Beanstandung von Gefahrtarifen in der Unfallversicherung Rücklagenentscheidungen und Vermögensanlagen der Träger 9

Rahmenbedingungen für die Krankenkassen zur Fallprüfung im Krankenhaus Das Verhältnis Versicherte zur Krankenkasse regelt 39 SGB V: Anspruch auf vollstationäre Behandlung, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht auf andere Weise erreicht werden kann. 10

Rahmenbedingungen im Verhältnis Krankenkassen zu Krankenhäusern Insbesondere durch: - Verträge der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen mit der Landeskrankenhausgesellschaft Wesentliche Inhalte: - Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung - Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen (vgl. auch 113 SGB V) - zur ambulanten Versorgung im Krankenhaus vgl. 115 ff. SGB V. 11

Entscheidung über die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung Rechtsklarheit durch Beschluss des Großen Senats des BSG v. 25.9.2007, GS 1/06: - Die Entscheidung obliegt letztlich weder dem einweisenden Arzt (trotz 73 Abs. 4 SGB V), noch dem Krankenhausarzt (trotz 39 Abs. 1, S. 2 SGB V), sondern der Krankenkasse, ggfls. nach Überprüfung durch den MDK; denn die Krankenkasse ist dem Versorgungsanspruch des Versicherten ausgesetzt. 12

Anspruch auf stationäre Versorgung, Fortsetzung - Die Entscheidung ist ausschließlich nach medizinischen Gründen zu treffen; andere Gründe, z.b. Unterbringungsbedarf, sind unerheblich. - Im Streitfall uneingeschränkte Überprüfung der Frage durch das Gericht; dieses hat allerdings dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. 13

Beispielhafte Abrechnungsfehler Mit der Einführung der Fallpauschalen ist die Vergütung leistungsgerechter geworden, aber auch fehleranfälliger. Prüfungen des BVA haben z.b. folgende Abrechnungsfehler gefunden: - bei zu früher Entlassung aus dem Krankenhaus und Wiederaufnahme bei gleicher Diagnose :Verdoppelung der Fallpauschale, - höhere Anzahl von Beatmungsstunden als tatsächliche Aufenthaltsstunden, - Vergütung einer ambulanten Behandlung im Krankenhaus nach stationären Sätzen, - Fälle von Upgrading 14

Fehlleistungen von Krankenkassen - Insbesondere: Inanspruchnahme des MDK ohne konkreten Anlass, - Zahlungsverzug bei unstreitigen oder geklärten Fällen, - unkontrollierte Übertragung der Abrechnungsprüfung auf Dienstleister, - keine Prüfung auf Doppelzahlungen. 15

Auswirkungen des Morbi-RSA auf die Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen Bisher: Verteilung der Mittel nach Alter und Geschlecht Jetzt: Zusätzliche Berücksichtigung von 80 schwerwiegenden und chronischen, kostenintensiven Krankheiten ( Morbi-Versicherte ) 16

Folge: Zielgenauere Verteilung der Mittel durch - abgesenkte Grundzuweisungen nach Alter und Geschlecht, - höhere Zuweisungen für die Morbi-Versicherten, - maßgeblich sind wie bisher die durchschnittlichen Kosten der jeweiligen Versichertengruppen. 17

Auswirkungen auf die Finanzlage Kassen mit unterdurchschnittlicher Zahl von Morbi-Versicherten erhalten deutlich geringere RSA-Zuweisungen als bisher, Kassen mit überdurchschnittlicher Zahl von Morbi- Versicherten deutlich höhere Zuweisungen. 18

Besondere Gefährdung für Krankenkassen, die bei vergleichbaren Versicherten mit überdurchschnittlichen Kosten belastet sind. Gegensteuerung durch morbiditätsorientiertes Kostenmanagement, insbesondere bei chronisch Kranken z.b. durch DMP. - Risikoversicherte nur dann attraktiv, wenn unterdurchschnittliche Kosten erzeugt werden. 19

Auswirkungen der eingeschränkten Beitragshoheit auf die Zahlungsfähigkeit der Krankenkassen Z.Zt. gesetzlicher Einheitsbeitrag von 14,9 % (paritätisch) zuzüglich 0,9 % für Mitglieder. Einheitsbeitrag ist erst bei einer Unterdeckung von 5 % zu erhöhen. Folge: Finanzierungslücke von ca. 8 Mrd., akute Gefährdung für Kassen mit überdurchschnittlichen Ausgaben pro Versicherte. 20

Beschränkter kassenindividueller Zusatzbeitrag ( 242 SGB V) Begrenzung auf 1 % der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds (= z.zt. 36,75 Euro mtl.) Fehlbeträge bei Geringverdienern müssen durch höhere Zusatzbeiträge ausgeglichen werden. Wenn der Finanzbedarf höher ist als die erzielbaren Zusatzbeiträge, versagt die Finanzierungsfunktion. Keine Einkommensprüfung bis 8 Euro je Mitglied. 21

Erhebliche Kritik am Zusatzbeitrag Beschränkung bedeutet endgültigen Verlust der Finanzhoheit mit bestandsgefährdenden Folgen. Massive Benachteiligung für Kassen mit schlechter Einkommensstruktur = Konterkarierung der Ziele des RSA und erhebliche Wettbewerbsverzerrung. Negative Verteilungswirkung bei einkommensunabhängigen Zusatzbeiträgen. 22

Keine Rechtfertigung durch sozialen Schutzzweck Sonderkündigungsrecht des Mitglieds bei - erstmaliger Erhebung des Zusatzbeitrags - Erhöhung des Zusatzbeitrags - Senkung der Prämie ( 175 Abs. 4 S. 5 SGB V) Daher ist eine soziale Schutzfunktion der Begrenzung des Zusatzbeitrags nicht erforderlich. Tatsächlich dürfte die Begrenzung den Zweck verfolgen, die Zahl der Krankenkassen so schnell wie möglich zu reduzieren. 23

Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse: Bleibt das Krankenhaus auf den Kosten sitzen? Zu unterscheiden ist: - zwischen der Schließung einer Krankenkasse durch die Aufsichtsbehörde wegen dauernder Leistungsunfähigkeit und - zwischen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Krankenkasse nach den Vorschriften der Insolvenzordnung. 24

Haftung bei Schließung einer Krankenkasse 155 Abs. 4 SGV V (gilt entsprechend für alle Kassenarten mit Ausnahme der landwirtschaftlichen KV): Ab 1.7.2008 unmittelbare Haftung aller Krankenkassen der Kassenart. Ab 1.1.2009 ergänzende Haftung aller anderen Krankenkassen für den nicht gedeckten Betrag. Forderungen sind ausschließlich an den GKV- Spitzenverband zu richten. Regelung der Refinanzierung durch den GKV- Spitzenverband. 25

Nachhaftung bei kassenarten- übergreifenden Fusionen 155 Abs. 5 SGB V: Bei kassenartenübergreifender Fusion Nachhaftung der neuen Kasse für bestimmte Verpflichtungen der ehemaligen Kassenart, insbesondere für Altschulden, für Ansprüche der Leistungserbringer und der Versicherten sowie für Forderungen aufgrund zwischen- und überstaatlichen Rechts. 26

Insolvenzfähigkeit Aufhebung der Haftung der Länder für die Altersversorgungsverpflichtungen der landesunmittelbaren Kassen ab 1.1.2009 Insolvenzfähigkeit auch der landesunmittelbaren Kassen und Kassenverbände ab 1.1.2010 (Ausnahme: Landwirtschaftliche Krankenkassen und Knappschaft- Bahn-See) 27

Haftung im Insolvenzfall ( 171 d, Abs. 5) Für Ansprüche der Versicherten, der Leistungserbringer und für Forderungen zwischen- und überstaatlichen Rechts: Haftung der übrigen Kassen der Kassenart, aber Begrenzung auf 1 % der gesamten jährlichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. - Bei Überschreitung dieses Schwellenwertes Haftung der Kassen der anderen Kassenarten 28

Zusammenfassung Sowohl bei Schließung als auch bei Insolvenz einer Krankenkasse sind die Forderungen der Krankenhäuser ebenso wie der übrigen Leistungserbringer gesichert und zwar durch letztlich kassenübergreifende Haftung aller Krankenkassen. 29

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. 30