Nr. 16/2007. Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik. Datum 27. November Henriette-Herz-Platz Berlin. Verantwortlich: Claus Matecki

Ähnliche Dokumente
8. Steuertag. von Ministerialrat Manfred Porr Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz

Eckpunkte des neuen Erbschaftsteuerrechts zur Übertragung von Betriebsvermögen

Reform der Erbschaftsteuer

Reform der Erbschaftsteuer 2008

Neueste Entwicklungen im Erbschaftsteuerrecht

Sonderrundschreiben Erbschaftsteuerreform

Erbschaftsteuer-Reform 2008/2009

Erbschaftsteuer. Richtige und rechtzeitige Vermögensund Nachlassplanung. Axel Seebach Wirtschaftsprüfer - Steuerberater

Erbschaftsteuerreform

'+5)& "*++, Nr. 05/2008 "# $ # % , 52+, % % 61! 7! 8-02*+,3 $ % % 619 #! : ( $ % ;!<;=9!)1 : :! 8-02>>5, ! 8-02,-,(

Erbschaftsbesteuerung verfassungswidrig (BVerfG)

Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick

Für die Angaben wird keine Haftung übernommen. Erbschaftsteuerreform

Erbschaftsteuerreform

Reform der Erbschaftsteuer: Die verpasste Chance

Steuern. - Aktueller Stand der Reform der Erbschaftsteuer -

Das Wichtigste aus dem. Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz. ab Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder

Erben planen. Man sollte die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher. Albert Einstein

Seit Januar gilt die reformierte Erbschaftsteuer: Beratungspraxis zeigt große Verunsicherung bei den Bürgern. Die 10 am häufigsten gestellten Fragen

Steuerfallen für den Mittelstand

Axel Seebach. Wirtschaftsprüfer Steuerberater Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.v.)

Bericht der Abgeordneten Steffen Kampeter, Carsten Schneider (Erfurt), Otto Fricke, Dr. Gesine Lötzsch und Alexander Bonde

Fit für den Stabwechsel? DIHK Aktionstag Unternehmensnachfolge 21. Juni 2017

Das neue Erbschaftsteuerreformgesetz - Steuerklassen und Freibeträge

Niedrige Steuersätze und breite Bemessungsgrundlage

Erbschaftsteuerreform: Den Gordischen Knoten durchschlagen!

Höchste Zeit zum Handeln. Höhere Erbschaftsteuer ab 2007?

Erbschaftsteuerreform in Deutschland was ist zu tun?

Die Reform der Erbschaftund Schenkungsteuer

Regierungsentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts in der vom Deutschen Bundestag angenommenen Fassung

Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Vortrag vor der Vollversammlung der IHK Siegen. Dr. Rainer Kambeck DIHK, Bereich Steuern, Finanzen

Kanzlei Hans, Dr. Popp & Partner Rechtsanwälte, Fachanwälte, Steuerberater München

Es besteht Handlungsbedarf

bei Ihrer Sparkasse Werra-Meißner.

FACHINFO Erbschaftsteuerreform 2008

Freibeträge richtig nutzen Die Wirkungsweise der persönlichen Freibeträge in der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Steuerberatungsgesellschaft Obermeyer GmbH Steuerberatung Rechtsberatung Wirtschaftsberatung

Die neue Erbschaftsteuer und was ist mit den vermieteten Immobilien?

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Eckpunkte (Stand )

Einleitung 1. Neue Steuersätze und persönliche Freibeträge 2. Begünstigung des Betriebsvermögens 3. Bewertung 4. Beurteilung der neuen Rechtslage 5

Erbschafts- und Schenkungssteuer

Pressemitteilung. München, 20. Mai 2008

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 in dem Bereich Steuern

Erbschaftsteuerreform. Neue Bewertungsvorschriften für Grundstücke und Unternehmen. Erbschaftsteuer

Die steuerlichen Möglichkeiten: Unternehmensnachfolge steuerlich. Die Steuerklasse I. Die Höhe der Erbschaftsteuer. Schenkung/Erbfall = ErbSt/SchSt

Handout zum Vortrag. "Geerbt: Was nun?! Ratgeber für Erben und Hinterbliebene" am 20. September 2013 in Groß-Gerau. Dr.

SCHILLER & JEROSCH. Mit Wirkung zum ist das derzeit geltende Erbschaftsteuergesetz in Kraft getreten. Welche Regelungen enthält dieses?

STEUERGERECHTIGKEIT UND AKTUELLE STEUERPOLITISCHE DEBATTE

Neuregelungen des Erbschaftsund Schenkungssteuerrechts

11; Bewertungsgesetz. Anlagen zum Bewertungsgesetz. R B Erbschaftsteuerrichtlinien

Das neue Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht

Aktuelle Entwicklungen im Erbschaftsteuerrecht. Vortrag KIWANIS-Club Wiesental 10. Juni 2010

Erbschaftsteuer. Inhalt. Mandanteninfo der Kanzlei Neunzig & Riegert

Aufkommenswirkungen des Erbschaftsteuerreformvorschlags der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung

Osnabrücker Erbrechtstage 2008

K O M P A K T I N F O Planungsgruppe

steuerliche Themen für Mitglieder von HWG Ilsede und Region Peine e.v. Christina Musiolek Steuerberaterin Rechtsanwältin Fachanwältin für Steuerrecht

Herzlich Willkommen zum Infoabend Immobilien vererben und Erbschaftssteuer sparen

2. Bad Honnefer Erbrechtstag. Immobilien und Steuern - steuerfreie Übertragung von Immobilien

STEUERN SPAREN BEIM ERBEN UND VERSCHENKEN

Erbschaftsteuer vor dem Neustart

Das System der gesetzlichen Erbfolge

Steuerberater. Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt. Steffen Feiereis

Inhaltsverzeichnis. Vorwort... 5 Abkürzungsverzeichnis... 15

Internationale Aspekte der Erbschaftsteuer

Erbschaftsteuer: unnötiges Geschenk an ertragsstarke Mittelständler Wahrscheinlichkeit für eine mutige Reform sinkt

Erbschaft und Schenkung

Belastungsbeispiele des DIHK zum Referentenentwurf des. Bundesministeriums der Finanzen vom 1. Juni 2015 zur

Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht 2009 Vermögende Privatpersonen und Unternehmer

ERBSCHAFT- UND SCHENKUNGSTEUER BEGÜNSTIGUNGEN UND FALLSTRICKE. Katarzyna Dyla, Denize Hummel

Erbschaft-/Schenkung-Steuer -

Das neue Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz

Aktuelle Einzelaspekte zur Reform der Erbschaftsteuer. Prof. Dr. Gerhard Brüggemann Fachhochschule für Finanzen Schloss Nordkirchen

Inhaltsübersicht. C. Freibeträge 47 I. Persönliche Freibeträge 47 II. Sachliche Steuerbefreiungen und Pauschbeträge 65 III. Steuerermäßigungen 97

Erben und Vererben. Erben ohne Scherben

Die neue Erbschaftund Schenkungsteuer

Entwicklungen im Erbschaftsteuerrecht. Prof. Dr. Roman Seer Ruhr-Universität Bochum

Unternehmensnachfolge und Erbschaftsteuer

Steuerliche Folgen der Unternehmensnachfolge

Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer Die wichtigsten Änderungen 2009 im Überblick

Die Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer Die wichtigsten Änderungen 2009 im Überblick

eine Reform der beanstandeten gesetzlichen Regelungen auf den Weg gebracht haben.

Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 in dem Bereich Steuern

Steuervergünstigungen beim Erwerb eines Betriebsvermögens von Todes wegen ErbStG 13a, 13b

Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt. Seelhorststr Hannover Fon

Merkblatt. Erbschaftsteuer. Inhalt. 3 Gestaltungsmöglichkeiten nach dem Erbfall 3.1 Ausschlagung 3.2 Geltendmachung des Pflichtteils

Geplante Änderungen des Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetzes

Erbschaftsteuerreform Verbesserungen gegenüber Kabinettbeschluss (Regierungsentwurf)

Erbschaftsteuerreform

Betragsbestimmungen, Erbschaft- und Schenkungsteuer Erbschaft- und Schenkungsteuer/Betragsbestimmungen

Pressemitteilung. Erbschaftsteuerreform führt zu deutlichen Mehrbelastungen bei der Übertragung von Unternehmen

Wissenschaftliche Dienste. Sachstand. Einzelfragen zur Grundsteuer Deutscher Bundestag WD /18

Ein Vorgang unterliegt somit immer dann der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

Eckpunkte für eine gerechte Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Entschließungsantrag. Drucksache 13/5975. Deutscher Bundestag 13. Wahlperiode. der Fraktion der SPD

Die GmbH & Co KG für Immobilien nun doch kein Auslaufmodell?

Erbfolge. gewillkürte. gesetzliche. Erbfolge. Erbfolge. Bürgerliches Gesetzbuch

Wichtige Informationen zum Thema Erben und Schenken. Ich berate Sie persönlich: Ulrich Kallfass WP, StB, RB. Tel.: ( )

Transkript:

Bereich Wirtschafts- und Steuerpolitik Nr. 16/2007 Datum! Herausgeber: DGB-Bundesvorstand Bereich Wirtschaftsund Steuerpolitik Verantwortlich: Claus Matecki Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin Fragen an: Dr. Hartmut Tofaute Telefon: 0 30/2 40 60 727 Telefax: 0 30/2 40 60 218 E-Mail: carina.ortmann@dgb.de

Seite 2 Am 05.11.2007 hat sich die vom Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und dem Hessischen Ministerpräsidenten Koch geleitete Koalitionsarbeitsgruppe auf Eckpunkte zur Reform des Erbschaftsteuerrechtes verständigt. Die Ergebnisse diese Arbeit sollen nun im Koalitionsausschuss vorgestellt und anschließend Gegenstand der konkreten Gesetzgebung der Koalition werden. Angestrebt wird, die Erbschaftsteuerreform rückwirkend zum 01.01.2007 in Kraft setzen zu lassen. Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium einen ersten Gesetzentwurf erarbeitet, der die Eckpunkte der Arbeitsgruppe umsetzen soll. Vom sozialdemokratischen Regierungspartner wird diese Einigung insofern als wichtiger politischer Erfolg angesehen, weil massive Kräfte in der Wirtschaft und auch in der CDU/CSU sich immer wieder stark dafür gemacht haben, die Erbschaftsteuer gänzlich abzuschaffen. Diese Einschätzung kann man zwar so vortragen, andererseits war es nach der Vereinbarung im Koalitionsvertrag vom November 2005 klar, dass es eine Reform und keine Abschaffung der Erbschaftsteuer geben würde. Gemessen an den von den Gewerkschaften erhobenen Forderungen zur Besteuerung von Erbschaften muss sich die Begeisterung allerdings mehr als in Grenzen halten. Denn das Aufkommen der Erbschaftsteuer soll statt des von den Gewerkschaften genannten Zielwertes von 10 Mrd. Euro weiterhin bei seiner jetzigen Höhe von nur 4 Mrd. Euro liegen. Dies gilt allerdings erst ab 2009. Wegen des 2008 möglichen Wahlrechts zwischen altem und neuem Recht könnte das Aufkommen sogar auf 3 Mrd. Euro zurückgehen. Der Umstand, dass jahrelang die Erbschaftsteuer auf viel zu niedrige Vermögenswerte, insbesondere beim Grundvermögen, aber auch beim Betriebsvermögen erhoben worden war, wird nun weder im Hinblick auf die Vergangenheit noch auf die Zukunft geheilt. Die jetzige Schieflage bei der Vermögensverteilung in Deutschland wird damit nicht nur zementiert, sondern auch noch fortgeschrieben. Maßgebliche Elemente der Vereinbarung der Arbeitsgruppen 1 Unangemessen starke Erhöhung der Freibeträge Die persönlichen Freibeträge für enge Familienmitglieder der Steuerklasse I, das sind Ehegatten, Kinder und Enkel, sollen kräftig erhöht werden: Der Freibetrag für Ehegatten soll von derzeit noch 307.000 Euro auf 500.000 Euro angehoben werden. Pro Kind soll der Freibetrag von 200.500 Euro auf 400.000 Euro und pro Enkel von 51.200 Euro auf 200.000 Euro heraufgesetzt werden (vgl. nebenstehende Tabelle). Freibeträge und Steuersätze (%) der Erbschaftsteuer nach altem und zukünftigem Recht Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis einschließlich.. Steuerklasse I II III alt neu alt neu alt neu alt neu 52.000 75.000 7 7 12 30 17 30 256.000 300.000 11 11 17 30 23 30 512.000 600.000 15 15 22 30 29 30 5.113.000 6.000.000 19 19 27 30 35 30 12.783.000 13.000.000 23 23 32 50 41 50 25.565.000 26.000.000 27 27 37 50 47 50 und darüber und darüber 30 30 40 50 50 50

Seite 3 Andere Verwandte wie z. B. Geschwister oder Nichten und Neffen (Steuerklasse II) sowie übrige Erben (Steuerklasse III) erhalten einen Freibetrag von 20.000 Euro, nachdem es bisher noch 10.300 Euro bzw. 5.200 Euro sind. Neu, und das ist im Prinzip auch vernünftig, ist die von der SPD durchgesetzte Bestimmung, wonach für eingetragene Lebenspartner derselbe Freibetrag (500.000 Euro) gelten soll wie bei Ehegatten. Diese Steuerpflichtigen sollen allerdings in der Steuerklasse III eingestuft werden. Bisherige zusätzliche Freibeträge z. B. für Hausrat (41.000 Euro) und andere bewegliche Vermögensgegenstände (12.000 Euro) soll es auch weiterhin geben. Diese hohen Freibeträge reichen mehr als aus, um theoretische Mehrbelastungen aufgrund der zukünftig realistischeren (und damit höheren) Bewertung des Grundvermögens aufzufangen. Diese marktwertorientierte Besteuerung von Immobilien, die derzeit noch faktisch nur mit rund 60 % ihres tatsächlichen Verkehrswertes der Erbschaftsbesteuerung unterliegen, war eine der wesentlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes. Künftig sollen bei der Bewertung von bebauten Grundstücken entweder vergleichsweise tatsächlich verkaufte Immobilien oder ortsüblich erzielbare (Miet-)Ertragswerte herangezogen werden. Vermietetes Grundvermögen soll außerdem noch durch einen Abschlag von 10 % von der Bemessungsgrundlage besonders geschont werden. Insgesamt ist mit diesen heraufgesetzten Freibeträgen mehr als sichergestellt, dass Oma ihr klein Häuschen unbelastet von Erbschaftsteuer an Kinder oder Enkel übergeht. Hier schießt die Koalition eindeutig über das auch von den Gewerkschaften akzeptierte Maß hinaus. Denn der durchschnittliche Wert eines solchen Häuschens dürfte eher bei 200.000 Euro als bei 400.000 Euro liegen, also unterhalb des Freibetrages pro Kind. Außerdem dürfte das für die Bewertung bebauter Grundstücke zugrunde gelegte, neue Wertermittlungsverfahren nicht auf einen Verkehrswert von 100 % heranreichen. Vor diesem Hintergrund forderte der DGB die Beibehaltung der jetzigen Freibeträge. 2 Beibehaltung der Steuersätze in der Steuerklasse I und Ausdehnung der Tarifstufen Eine weitere Vergünstigung für nahe Familienangehörige gibt es durch die Beibehaltung der geltenden Steuersätze in der Steuerklasse I. Sie liegen je nach Wert des Erbvermögens zwischen 7 % und 30 %. Dabei werden die Grenzen der Tarifstufen zugunsten der Steuerpflichtigen nach oben ausgedehnt. So wird z. B. die Tarifstufe 1 in der Steuerklasse I von 52.000 auf 75.000 Euro heraufgesetzt. Diese Anhebung setzt sich über alle Tarifstufen fort bis hin zu der obersten, wo die bisherige Spitzenmarke von 25,560500 Mio. Euro auf 26 Mio. Euro heraufgesetzt wird. Nach gewerkschaftlicher Auffassung hätte das ererbte Vermögen in der Steuerklasse I ab einem Wert von etwa 10 Mio. Euro mit höheren Steuersätzen als den derzeit noch geltenden besteuert werden sollen. Mit der nun geplanten überdimensionalen Anhebung der Freibeträge für engere Familienangehörige und dem Verzicht auf höhere Steuersätze für Großerbschaften hat die Koalition bewusst ausgeschlossen, vorhandenes Potential zur Erhöhung des Erbschaftsteueraufkommens auszuschöpfen. Damit wurde die Chance, mehr Steuergerechtigkeit herbeizuführen gegenüber den Menschen, die von ihrer Arbeit leben müssen, vertan. Für die Steuerklassen II (Geschwister) und III (übrige Erben) soll dagegen ein höherer zweistufiger Tarif eingeführt werden: Bis zu einem Wert des steuerpflichtigen Erwerbs von 6 Mio. Euro beträgt der Steuersatz zukünftig einheitlich 30 %, für darüber liegende Vermögenswerte soll er bei 50 % liegen. Diese Erhöhung gegenüber dem jetzigen Rechtsstatus bedeutet, dass entfernte Angehörige und Nicht-Verwandte, die auch bisher schon eine höhere

Seite 4 Erbschaftsteuer zu zahlen hatten, zukünftig noch höheren Steuersätzen unterliegen. Diese Steuerpflichtigen werden dafür Sorge tragen müssen, dass das Erbschaftsteueraufkommen bei 4 Mrd. Euro gehalten wird. 3 Weitgehende Steuerfreiheit für Unternehmenserben Nicht nur hohe Kapital- und Immobilienvermögen, sondern auch die Betriebsvermögen werden zukünftig trotz marktnäherer Bewertung stärker geschont als bisher. Die Verschonung erfolgt hier durch einen Abschlag von der Bemessungsgrundlage in Höhe von 85 %. Das heißt, nur 15 % des Betriebsvermögens müssen theoretisch besteuert werden. Als Bewertungsmaßstab zur Ermittlung des Betriebsvermögens wird zukünftig der sog. gemeine Wert vorgegeben. Der gemeine Wert ist in erster Linie aus Verkäufen unter Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr vor dem Besteuerungszeitpunkt zurückliegen. Fehlen derartige zeitnahe Verkäufe, soll der gemeine Wert nach anderen anerkannten Methoden (Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren) geschätzt werden. Weitere Einzelheiten sind noch in einer Rechtsverordnung zu regeln. Insofern ist die Einigung noch nicht ganz vollständig geregelt. Zur Vermeidung zahlreicher kleinerer Steuerfälle soll außerdem eine Freigrenze von 150.000 Euro eingeführt werden. Die Erbschaftsteuerbefreiung von 85 % der Bemessungsgrundlage ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass der Betrieb über 15 Jahre in seinem vermögenswerten Bestand fortgeführt wird und dass dabei die Arbeitsplätze (das heißt, mindestens 70 % der Lohnsumme vor dem Erbfall) über 10 Jahre mehrheitlich erhalten bleiben. Damit hat die Unternehmerlobby ein wichtiges Ziel erreicht, das sie sich bei dieser Reform gesteckt hatte, nämlich den weitgehend erbschaftsteuerfreien Übergang von den Betrieben. Angeblich, so hatte es immer wieder geheißen, seien etliche Familienbetriebe wegen der hohen Erbschaftsteuerlast nicht mehr lebensfähig gewesen. Für diese Behauptungen konnten ihre Protagonisten zwar keine Belege erbringen. Stattdessen gab es wohl gegenteilige Fakten wie z. B. großzügigste Stundungsregelungen, die wenig in Anspruch genommen worden sind. Trotzdem konnte die Wirtschaftslobby die Finanzpolitiker - vor allem der Union - auf ihre Seite ziehen. Dass sie sich damit mit ihrem Begehren nach Schonung des Betriebsvermögens weitestgehend durchsetzen konnte, bedeutet aber noch nicht, dass die Unternehmerseite den nun gefundenen Kompromiss der Koalitionspartner akzeptieren mag. Im Gegenteil wollen die Wirtschaftsverbände DIHK und BDI versuchen, im parlamentarischen Prozess die höheren Steuersätze in den Klassen II und III noch zu verringern. Auch die 15jährige Bindungsfrist der Unternehmenserben soll noch einmal angegangen werden. 1 Mit diesen Widerständen wiederholen sich Erfahrungen, die man auch bei anderen Reformmaßnahmen wie z. B. der Unternehmensteuerreform machen konnte. Die Steuererleichterungen, wie z. B. Senkung der Körperschaftsteuersätze oder jetzt die höheren Freibeträge bei der Erbschaftsteuer, werden schnell und kommentarlos in die Tasche gesteckt. Anschließend wird aber laut weiterlamentiert gegen angeblich unzumutbare Mehrbelastungen bei weniger wichtigen Details, um noch mehr für sich herauszuholen. Eher geht ein Kamel durch s Nadelöhr, als dass diese Unternehmensvertreter sich zu ihren steuerlichen Verpflichtungen bekennen. Für den DGB war unter anderem wegen der großzügigen Stundungsregelungen bei der Erbschaftsteuer eine besondere Vergünstigung des Betriebsvermögens ohnehin kein Thema. Man hätte es bei den jetzigen Regelungen belassen müssen. Mit der nun angedachten Lösung 1 Nachhutgefechte zur Erbschaftsteuer, in: FAZ vom 12.11.2007 sowie Mehr Erbschaftsteuer auf hohe Vermögen, in: Handelsblatt vom 22.11.2007

Seite 5 müssen Unternehmenserben zwar auf jeden Fall Erbschaftsteuer zahlen, aber gegenüber dem Status quo wird der Wirtschaft ein weiteres Mal ein Steuergeschenk gewährt, für das im Zweifel die Lohnabhängigen gerade zu stehen haben. Insgesamt verzichtet die Regierungskoalition mit dieser Erbschaftsteuerreform darauf, die Verteilung der Vermögen in Deutschland gerechter zu gestalten sowie dem Staat durch eine verfassungsgerechte Lösung Mehreinnahmen zu verschaffen, die im Hinblick auf die notwendige Steigerung von Bildungs- und Betreuungsaufgaben sowie für die Bereitstellung einer modernen Infrastruktur unverzichtbar sind. Vermutlich wird sich die Politik bei nächster Gelegenheit wieder mit weiteren Anhebungen der Mehrwertsteuer und anderer Verbrauchsteuern bei den Arbeitnehmern schadlos halten. Die Arbeitnehmer bleiben somit die Lastesel der Steuerpolitik dieser Regierung.