Multiples Myelom: Behandlungsmöglichkeiten im Rezidiv. Univ.-Doz. Dr. Eberhard Gunsilius Hämatologie & Onkologie Universitätsklinik Innsbruck

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Transkript:

Multiples Myelom: Behandlungsmöglichkeiten im Rezidiv Univ.-Doz. Dr. Eberhard Gunsilius Hämatologie & Onkologie Universitätsklinik Innsbruck

Myelom: Therapeutisches Arsenal Verbesserung der Prognose Interferon, Erythropoetine, Bisphosphonate, Bestrahlung, Operation, Schmerztherapie, Immunglobuline

Bortezomib vs. Dexamethason beim rezidivierten Myelom Richardson P et al: N Engl J Med 2005, Sonneveld P et al: EHA 2005 Proteasom: intrazellulärer Proteinkomplex zum Abbau von Proteinen Bortezomib = Proteasom-Inhibitor: Völlig neuer Wirkungsmechanismus (hemmt Abbau diverser regulatorischer Proteine in malignen Zellen stärker als in normalen Zellen) Bolusinjektion (Velcade ) Patienten mit rezidiviertem od. refraktärem Myelom (N = 669) R Bortezomib (Velcade) Arm Induktion: 1.3 mg/m 2 IV Tag 1, 4, 8, 11 Alle 3 Wo. für 8 Zyklen Erhaltung: 1.3 mg/m 2 IV Tag 1, 8, 15, 22 alle 5 Wo für 3 Zyklen (n = 333) Dexamethason-Arm Induktion: 40 mg PO Tag 1-4, 9-12, 17-20 Alle 5 Wo. für 4 Zyklen Erhaltung: 40 mg PO Tag1-4 Alle 4 Wo. für 5 Zyklen (n = 336)

Velcade vs. Dexamethason beim rezidivierten Myelom Phase III, randomisiert, Richardson P et al: N Engl J Med 2005, Sonneveld P et al: EHA 2005 Substanzielle Aktivität bei mehrfach vorbehandelten Patienten. Auch bei Veränderungen am Chromosom 13. Kombination mit Cortison: höhere Ansprechraten Nebenwirkungen von Velcade: Übelkeit, Erschöpfung, Verminderung der Blutplättchen, Nervenschäden (z.b. Gefühlsstörungen)

Rückkehr von Thalidomid Vielfältige Wirkungen, z.b. programmierter Zelltod, Angiogenesehemmung, Veränderung von Botenstoffen im Knochenmark, Thalidomid bei refraktärem Myelom oder im Rezidiv Ansprechraten (CR/PR) bei Monotherapie (42 Studien, 1629 Patienten) Glasmacher et al., 2005

Ansprechen auf Thalidomid (CR+PR) Nebenwirkungen: Müdigkeit Verstopfung Nervenschädigung/Gefühlsstörungen Thrombosen Langsamer Herzschlag

Revlimid (Weiterentwicklung von Thalidomid) Immunmodulierend, Antiangiogen Hemmt Myelomzellwachstum direkt Tablette (25mg tgl. für 3 Wochen) Wirkt auch bei Thalidomidversagen Keine Verstopfung Keine Nervenschäden Keine Müdigkeit Aber: Blutbildveränderungen (Leukos) Kann auch Thrombosen machen Ansprechrate (%) 80 60 40 20 0 Ansprechen auf Revlimid im Rezidiv oder bei Therapieresistenz PR + CR 61.2%* 34.7% Len/Dex (n=170) *P<0.001 22.8%* 26.5% 18.7% Dex (n=171) 4.1% Partielles Ansprechen (>50%) Komplette Remission (IF-)

Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation = auch mehrfach möglich (z.b. im Rezidiv) Dosis-Wirkungsbeziehung bei Melphalan Dosiseskalation Umgehung der langdauernden Knochenmarkschädigung: Stammzellen Neupogen s.c. post Chemo CD34 Zählung im Blut (FACS) Bei > 10 Zellen/ul Apherese und Kryopräservation ( KM-Ersatz ) Danach Hochdosistherapie + Stammzellgabe R2 CD34 + R3 Periphere Stammzelltransplantation statt Knochenmarktransplantation: einfacher + sicherer, gut verträglich, auch im höheren Alter

Allogene Stammzelltransplantation (Geschwister, Fremdspender) Vorteile - potentiell kurative Therapieoption - langes rezidivfreies Überleben Nachteile - Hohe Sterblichkeit durch Komplikationen - Infektiöse Probleme - Transplantat gegen Wirt Reaktion - Nur für wenige Patienten geeignet da - nur 15 % d. MM-Pat. < 50 J. - ca. 30 % HLA-idente Geschwisterspender Neue Verfahren: - reduzierte Konditionierung mini-transplant - ggf. Fremdspender

Kombinationstherapien beim Myelom (Studien) Bortezomib, Thalidomid, Revlimid, +/- Chemotherapie Induktion Rezidiv M-Gradient Hochdosis Remission

Begleittherapien nicht vergessen! Blutarmut: Erythropoetine Knochen: Bisphosphonate Infektneigung: Immunglobuline Schmerzen: Schmerztherapie

Therapiestrategie beim Myelom (Innsbruck) Individuelle Entscheidung Arzt + Patient/-in je nach Risikoprofil (del13), Begleiterkrankungen, etc. Therapieindikation Immer Bisphosphonate Transplantabel Nicht Transplantabel Chemo (VAD) + Hochdosistherapie mit Stammzellsupport Chemo (MP oder VAD) Rezidiv: Velcade/Dexa, Thalidomid allo-tx, nochmalige autologe Tx Revlimid im Rahmen einer Studie Rezidiv: Velcade/Dexa, Thalidomid