40. Lehreinheit: Personalsicherheiten I. Formen Personalsicherheiten 765 ff. Bürgschaft 311 I Garantie Schuldbeitritt/ Schuldübernahme 414 ff. 1273 ff. 398 ff. Sicherungszession* Dingliche Sicherheiten (Sachenrecht) 1205 ff. Pfandrechte bewegliche Sicherungsübereignung ( 930)/ Sachen Sicherungseigentum Hypothek unbe- 1113 ff. Grundpfandrechte weg- Grundschuld liche Sachen Sicherheit am Sicherheit an Forderung Sicherheit an einer Sache Vermögen einer Person (Grds. am Gesamten Vermögen, Ausnahme: Pfändungsgrenzen) * Sicherungszession: Der DN tritt zur Sicherheit eine ihm, gegenüber einem Dritten zustehenden Forderung an den DG ab. Rechtsfolge ist, dass der DG nun einen zweiten Schuldner hat. Beispiel: DG 488 I DN Anspruch auf Rückzahlung und Zinsen DN hat Drittem die Pfändung 398 anzuzeigen, 1273 ff., 1280; 433 die Sicherungszession hingegen nicht (wird meist bevorzugt). DG 433 II, 398 Dritter Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus abgetretenem Recht Prüfungsaufbau: Anspruch DG Dritten 1. Wirksamer Anspruch aus Kaufvertrag zwischen DN und Dritten 2. Wirksame Übertragung dieses Anspruches auf DG, vgl. 398 ff. a) Sicherungszession erlaubt? 1
Früher: teils nein Argument: die 1273 ff. sind abschließend. Heute: unstreitig ja. b) Sicherungszession wirksam verabredet? (1) WE des DN - Abtretungserklärung (2) WE des DG Annahmeerklärung (3) Anzeige an Drittschuldner nicht nötig c) Sicherungszession wirksam? Hier Fragen des Ranges gegenüber anderen Sicherungsnehmern, Einzelheiten sind Gegenstand des Sachenrechts) II. Abgrenzung 1. Bürgschaft andere Personalsicherheiten: Bürgschaft Garantie/Schuldbeitritt/Schuldübernahme Form (+) 766 Hauptschuld muss bestehen. Akzessorietät der Bürgschaft Inhalt: Bürgschaft soll primär den Hauptschuldner unterstützen. Die Bürgschaft ist altruistisch, der Bürge handelt meist aus Nächstenliebe, für Angehörige etc. Form (-) Hauptschuld muss nicht geprüft werden. Inhalt: Primär soll der Gläubiger abgesichert werden. Diese Sicherheiten sind egoistisch, bzw. durch ein unmittelbares wirtschaftliches Eigeninteresse der Bürgen geprägt. Anhand des Willens der Parteien ist zu ermitteln, welchen Inhalt das Rechtsgeschäft haben soll. Der Wille ist durch Auslegung zu ermitteln, 133, 157. Der Wortlaut ist dabei grds. unerheblich. Außer bei beruflich Handelnden Parteien, z.b. Bank/GmbH, da kann vermutet werden, dass sie die Termini sorgsam wählen. Vgl. 778 zur Bestätigung dieser Abgrenzung: 778 bestimmt, dass bei einem Kreditauftrag der Dritte als Bürge haftet. Grund: Der zukünftige Bürge gibt Auftrag, ist also Herr des Geschäfts. Bei dieser Norm handelt es sich um einer Rechtsfolgenverweisung, d.h. die Voraussetzungen einer Bürgschaft sind nicht zu prüfen, d.h. z.b. keine Formerforderlichkeit, nur die Rechtsfolgen treten ein. Beispiel für 778: Zukünftiger Bürge DN 488 Dritter/Beauftragter Haftung wie ein Bürge 2
Hinweis: Altruistische Rechtsgeschäfte (Schenkung, Bürgschaft) bedürfen der Form. Derjenige, der sich ohne Gegenleistung zu etwas verpflichtet, soll sich der Folgen seines Handelns bewusst sein. Das Formerfordernis will sicherstellen, dass der Versprechende sich der Konsequenz seiner Handlung bewusst ist, es dient dem Schutz des Versprechenden. Somit erklärt sich auch, warum die Garantie/Schuldbeitritt/Schuldübernahme keiner Form bedürfen, diese werden durch das unmittelbare wirtschaftliche Eigeninteresse des Bürgen geleitet. Dieser handelt also nicht ohne Gegenleistung, sondern erhofft sich selbst einen Vorteil, von daher ist er nicht (oder weniger) schutzwürdig. 2. Garantie Schuldübernahme Schuldanerkenntnis: a) Abgrenzung nach der Rechtsfolge: Schuldner Garantie 488 Der Gläubiger RF: Gläubiger 675, 670 hat zwei Schuldbeitritt 311 Ansprüche Garant Eigener Vertrag zw. Gläubiger und Garant, 311 II; Zustimmung des Schuldners ist nicht nötig. Bei Schuldbeitritt freilich nur Haftung für bestehende Schuld, also doch Akzessorietät (s.u.). Schuldner 488 Der Gläubiger Schuldübernahme RF: Gläubiger hat nur einen 415 Anspruch Übernehmer Dreiseitige Zustimmung nötig, i.e. 414 ff. b) Weitere Unterscheide: Garantie Bedingungen möglich, z.b. erst Zahlung, wenn Befriedigung beim Schuldner erfolglos. Hauptschuld nicht nötig. Schuldbeitritt Unbedingt, Gläubiger kann frei wählen, von wem er Erfüllung verlangt. Hauptschuld nötig, es erfolgt ein Beitritt zu einer bestehenden Schuld. Merke: die Bürgschaft kombiniert die Schwächen dieser beiden Figuren, zum Vorteil des Bürgen. Der Bürge haftet nur bei Bestehen einer Hauptschuld, zu der ein wirksamer Beitritt erfolgte. c) Prüfungsaufbau: 3
(1) Garantie/Schuldbeitritt/Schuldübernahme entstanden? Mit welchem Inhalt? (2) Wirksamkeit (3) Entfallen III. Bürgschaftsrecht 1. Prüfungsaufbau: Anspruch aus 765, i.v.m. Hauptanspruch, z.b. 488 a) Wirksame und durchsetzbare Hauptschuld b) Bürgschaftsversprechen Es gilt zwei Verträge zu prüfen (1) die Hauptschuld (2) das Bürgschaftsversprechen, wichtig ist die richtige Einordnung der Probleme. Manche Probleme der Hauptschuld tauchen in Form der Einrede bei der Prüfung des Bürgschaftsversprechen wieder auf (Aber: NIEMALS Probleme des Bürgschaftsversprechens bei der Hauptschuld prüfen!). Alternativ ist auch folgender Aufbau möglich: a) Bürgschaftsvertrag b) Hauptschuld c) Einreden 2. Übersicht: 1. Entstehen Hauptschuld a) Zwei Willenerklärungen (Form) 765 II 1 b) Wirksamkeitshindernisse 768 c) Inhalt: 767 2, 765 II 3, 777 Bürgschaftsversprechen a) Zwei Willenerklärungen (Form) 766 + Ausnahmen/Heilung b) Wirksamkeitshindernisse c) Inhalt 2. Entfallen 768 4, 770 5 7766 3. Einreden 768, 768 II a) 768 7 b) 770 5 c) 771-773 8 (1) Subsidiarität (2) Ausnahmen 4
3. Erläuterungen: a) 1 zu 765 II: Auch künftige Ansprüche können durch Gegenstand der Hauptschuld sein, z.b. Anspruch aus 488, Darlehensvertrag ist aber noch nicht abgeschlossen, oder Forderungen aus einem Kontokorrent. Es genügt, dass die Hauptschuld schon so umschrieben ist, dass sie bei Entstehung der Bürgschaft zugeordnet werden kann (Bestimmtheit). b) 2 zu 767 S.1, 2, 3: Inhaltlich umfasst die Hauptschuld sowohl die Primärleistungen, als auch die Sekundäransprüche selbst oder zusätzliche Schadensersatzansprüche, sowie Zinsansprüche. Nicht zum Inhalt gehören hingegen nachträgliche Erweiterungen der Hauptschuld per Abrede. Insgesamt: jeweiliger gesamter Bestand der Hauptschuld außer Erweiterung per Abrede, vgl. 767 I, 3. Der Bürge soll davor geschützt werden, dass der Schuldner und der Gläubiger nachträglich die Hauptschuld erweitern, dies wäre ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter. c) 3 zu 767 II: Zum Inhalt gehören auch die Kündigungs- und Rechtsverfolgungskosten. d) 4 zu 768: Der Begriff der Einreden ist weit, im untechnischen Sinn, zu verstehen, es fallen Einreden und Einwendungen darunter. Diese Prüfung kann entweder als Wirksamkeitshindernis oder Entfallensgrund im Rahmen der Hauptschuld, oder als Einrede im Rahmen des Bürgschaftsversprechen erfolgen. e) 5 zu 770: Sinn dieser Vorschrift ist es die Schwebezeit streitfrei zu stellen, damit der Hauptschuldner de facto seine Anfechtungsfrist ausschöpfen kann (kein Druck auf den Bürgen, so dass dieser keinen Druck auf den Hauptschuldner ausübt). 770 am sinnvollsten bei der Hauptschuld (Anfechtungsgrund + fehlen der Erklärung) und bei dem Bürgschaftsversprechen zu prüfen (hier Einrede benennen). f) 7 zu 771-773: Der Bürge haftet grds. nur subsidiär zum Hauptschuldner, 771, 772, d.h. der Gläubiger hat zunächst mit allen Mitteln (bis zur Zwangsvollstreckung) zu versuchen, den Anspruch beim Gläubiger zu realisieren. Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen: 773 Nr. 1 gibt den Parteien die Dispositionsfreiheit etwas andres zu vereinbaren z.b. die selbstschuldnerische Bürgschaft. 773 Nr. 2-4 die Durchsetzung beim Hauptschuldner ist sinnlos/hoffnungslos geworden (Gedanke des Wegfalls der Geschäftsgrundlage So haben wir nicht gewettet ). g) 6 zu 776: Grundidee des 776 ist es, dass die Position des Bürgen nicht verschlechtert werden soll, durch privatautonome Entscheidung des Gläubigers/Schuldners (gleicher Gedanke wie in den 767 I, 3 und 768 II). 776 regelt den Fall, dass der Gläubiger eine andere Sicherheit, die der Absicherung der gleichen Forderung wie die Bürgschaft diente, 5
aufgegeben hat, und der Bürge für den Fall seiner Inanspruchnahme einen Anspruch gem. 774 gehabt hätte. In solch einem Fall soll der Bürge in dem Umfang der aufgegebenen Sicherung von seiner Haftung frei kommen. Folgender Prüfungsaufbau empfiehlt sich, innerhalb des 3. Prüfungspunktes Entfallen : Obersatz: Die Bürgschaftsschuld könnte insoweit entfallen sein, wie der Gläubiger eine Sicherheit in der Höhe von XY aufgegeben hat Voraussetzungen: (1) Aufgabe einer Sicherheit (hier auch Bestand der anderen Sicherheit prüfen). (2) Entfallen eines Anspruchs des Bürgen gegen den anderen Sicherungsgeber aus 774. Idee: Rückgriffsanspruch des Bürgen soll erhalten bleiben. Beispiel: S 488 G 765 ff. Bürge (Sicherungsgeber 1) Pfandrecht (Sicherungsgeber 2) Vor Aufgabe der Sicherheit hatte der Bürge aus 774 einen Anspruch gegen den Sicherungsgeber 2. Durch die Aufgabe ist dieser Anspruch entfallen. RF: des 776 ist nun, dass der Bürge im Umfang des ursprünglichen Sicherheit des Sicherungsgebers 2 frei wird, d.h. der Anspruch des S gegen ihn wird entsprechend gekürzt. h) 774: Wettlauf der Sicherungsgeber HS 488 (01.01.07) G 1. 670, 662, 675 2. 774, S. 1, 488 765 ff. (03.01.07) Sicherungseigentum an Kfz (05.01.07) B 1. Haftung aus dinglicher Sicherheit SiG 2 SiG 1 oder Kfz-Eigentümer Zahlung 2. Haftung anteilig beim Bürgen 774 II 31.05.07 Aus den Regelungen 774 und 1225 ergibt sich das Dilemma, dass der Erstzahlende den Anspruch gegen den HS und die Sicherung, die den Anspruch des G gegen den HS sichert, erhält. Damit steht der Erstzahlende besser Dieser sog. Wettlauf der Sicherungsgeber ist nicht gewollt. Denkbare Lösungen wären (1) beide SiG tragen das Risiko je zu ½ oder (2) einer der SiG steht besser. Durchgesetzt hat sich die (2) Lösung, es gilt, dass der Bürge stets zu letzt haften soll. Dies ergibt sich aus dem Gedanken des 776 (der sich ausschließlich nur im Bürgschaftsrecht findet): Wenn der Bürge schon in Fall einer Sicherheitsaufgabe weniger haften soll, so entspricht es der gesetzlichen Wertung, dass er 6
stets besser steht (also zu letzt haftet) als ein anderer Sicherungsgeber. Dies ist auch gerechtfertigt, denn der Bürge haftet mit seinem ganzen Vermögen, wohingegen der Sicherungsgeber nur mit dem Gut haftet. Für den SiG 2 ist das Haftungsrisiko überschaubar, für den Bürgen nicht. Aus dieser Wertung ergeben sich folgende Varianten: Zahlt der B (SiG 1) zuerst an G, so geht die Sicherheit von SiG 2 auf B über, vgl. 774, 1. Zahlt der SiG 2 zuerst an G, so erwirbt er die Forderung des G gegen HS, diese ist jedoch nicht durch die Bürgschaft des B gesichert. Ist die Forderung des G gegen HS durch zwei Bürgschaften gesichert, so bestimmt 774 II, dass beide als Gesamtschuldner haften. (Zahlt der HS die Forderung selbst, erlöschen alles Sicherheiten.) 7