o expansive Geldpolitik in Verbindung mit lang anhaltenden und starken Anstieg der Immobilienpreise

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Transkript:

Aufgabe 1: Die Finanzkrise in Kürze: 2006: Immobilienblase in den USA platzt => verstärkter Zahlungsausfall bzgl. Hypotheken (subprime crises) Ursachen: o expansive Geldpolitik in Verbindung mit lang anhaltenden und starken Anstieg der Immobilienpreise o kreative Finanzprodukte: gute und schlechte Hypotheken wurden zusammengepackt und verbrieft an Investoren und Spekulanten weitergegeben (z.b. colleteralized debt obligations, kurz CDOs).

o => moral hazard Problem: Banken hatten keinen Anreiz mehr die Hypotheken ausreichend zu prüfen, da diese durch den direkten Weiterverkauf aus der Bilanz der Banken verschwanden. Stattdessen haben Banken sich auf ein Geschäft mit Gebühren und Kommissionen konzentriert. (Peter Kalmbach spricht von dem originate-anddistribute Modell.) o Rating-Agenturen und Regulierungsinstanzen waren mit der Bewertung der Risiken überfordert. o Unklar bleibt bisher, ob Fehleinschätzung durch fragwürdige Modelle oder Interessenskonflikte hervorgerufen wurden. Das die Rating-Agenturen von den Emittenten beauftragt wurden spricht für Interessenskonflikte. (Was ist eigentlich mit der Rolle der Wirtschaftsprüfer?)

Als Folge der Immobilienblase und der undurchsichtigen Finanzprodukte kollabierte das Finanzsystem: Keiner konnte dem Anderen mehr trauen und der Interbankenmarkt sowie die Kreditvergabe an Unternehmen geriet ins Stocken. Inzwischen ist die Finanzkrise in der Realwirtschaft angekommen: Der massive weltweite Konsumeinbruch (wegen der Vermögensverluste aufgrund der gesunkenen Immobilienpreise) belastet vor allem exportorientierte Länder wie Deutschland, Japan und China. Kreditklemme und weltweiter Konsumeinbruch haben sinkende Investitionsneigung zur Folge, was die Investitionsgüternachfrage belastet und die Krise weiter verschärft.

Aufgabe 2: Inflation vs. Deflation Vorweg: Die Deflationsspirale Sinken die Preise erst einmal (bzw. wird dies erst einmal erwartet), dann erscheint es jedem sinnvoll, sich in Kaufzurückhaltung zu üben, da morgen alles noch billiger ist und der Wert seines Geldbestandes real gestiegen ist. Wenn nun aber alle ihr Geld zusammenhalten, dann werden die Unternehmen ihre Preise weiter senken, da sie ihre Produkte nicht verkaufen können und es kommt zu einer Deflationsspirale. Einschub: Dem Makroökonomen sind viele Beispiele bekannt, in denen privatwirtschaftlich rationales handeln zu gesamtwirtschaftlich schlechten Ergebnissen führt (z.b. Sparpardoxon).

Allgemein gilt: Niedrige Zinsen führen zu erhöhter Nachfrage durch erhöhte Geldmenge. (Investitionsprojekte lohnen sich wieder, weil der Preis des Geldes geringer ist; für die Haushalte ist Konsum (bzw. Kredite) im Vergleich zum Sparen attraktiver geworden. Pro-Inflation (Straubhaar): - Die Politik der niedrigen Zinsen erhöht die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer. Preisen dies die Gewerkschaften in ihren Lohnverhandlungen ein, werden die steigenden Löhne zu steigenden Preisen führen. - Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft aufgrund der gestiegenen staatlichen Nachfrage. (Konjunkturprogramme) - Die Inflation wird nicht mehr mit ausreichender Härte bekämpft werden, weil bei höherer Inflation der reale Wert der Staatsschulden sinkt.

Zu den Argumenten: - Gewerkschaftsmacht ist in den letzten Jahren derart gesunken, dass die Wahrscheinlichkeit, in einer derartigen Krise Lohnerhöhungen durchzusetzen sehr gering ist. Viel mehr ist zu erwarten, dass die erhöhte Arbeitslosigkeit von den Arbeitgebern verwendet wird, um möglichst geringe Lohnerhöhungen durchzusetzen. - Ob die Bauindustrie in naher Zukunft wirklich an ihre Kapazitätsgrenze gelangt ist fragwürdig, da derzeit die Aufträge aus dem privaten Sektor zurückgehen. Insgesamt haben wir in jedem Fall eine deutlich negative Outputlücke, weshalb man gesamtwirtschaftlich auf keinen Fall an die Kapazitätsgrenze gelangt. - Das die besonders unabhängige EZB dem politischen Druck, höhere Inflationsraten in Kauf zu nehmen, nachgibt ist ebenfalls fragwürdig.

Fauxpas am Ende: Bedeutet das alles eine Rückkehr der Wirtschaftsgeschichte der 1930er Jahre und den Anfang einer Hyperinflation? Die deutsche Hyperinflation (1914-1923) entstand, weil die Kriegsausgaben während des ersten Weltkrieges über die Notenpresse finanziert wurden. In der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre erlebte Deutschland (genauso wie viele der anderen von der Krise betroffenen Länder) eine Deflation, d.h. das Preisniveau fiel. Haushaltsdefizite der Mitgliedsländer über die Notenpresse zu finanzieren, ist der EZB in jedem Fall untersagt.

Pro Deflation (Kalmbach): Bernanke, 2002: Deflation is in almost all cases a side effect of a collapse in aggregate demand a drop in spending so severe that producers must cut prices on an ongoing basis in order to find buyers. => Rezession, steigende Arbeitslosigkeit, Belastung der Haushaltslage. Derzeitige Weltwirtschaftskrise hat erschreckend ähnliche Züge mit der Situation Japans von den End 1990ern bis 2005: o Enorme Wachstumsraten führten zu fahrlässiger Einschätzung von Immobilienpreisen und zu einer Immobilienblase. o Das Platzen der Blase führte zu einem nachhaltigen Fall der Vermögenspreise insgesamt und somit zu einem riesigen Nachfrageausfall (plötzlich waren alle Haushalte viel ärmer als sie vorher dachten).

o Außerdem: Bilanzrezession! Firmen wurden zu Wertberichtigungen gezwungen. => Schuldenanstieg => Gewinne müssen zur Schuldentilgung verwendet werden. Koo: From profit maximization to debt minimization. o Auch hier gilt: Was einzelwirtschaftlich geboten erscheint, ist in der Masse wiederum schädlich: Die Gesamtnachfrage sinkt weiter und die Vermögenspreise fallen. Es wird immer schwerer die Schulden zu bezahlen.

Zusätzliche Herausforderung für die Wirtschaftspolitik heute: Während die Bilanzrezession in Japan fast ausschließlich den Unternehmenssektor betraf, sind dieses Mal die Finanzinstitute und die Haushalte betroffen. Mit der Finanzindustrie ist die gesamte Kreditversorgung der Wirtschaft gefährdet!

Einschub: Anmerkungen zur Deflationsbekämpfung - Kalmbach ist der Auffassung, dass die bisherigen Maßnahmen der Geldpolitik nicht gegriffen haben, da die Nachfrage nach wie vor sinkt. - Kritik an Friedmans Helikopterbeispiel: Würde man tatsächlich Geld über Wirtschaft regnen lassen, so wäre das Vertrauen in diese Währung derart verloren, dass man die Währung sofort in eine vermeintlich sichere Währung umtauschen würde. Fallen würde dann der äußere Geldwert (Abwertung der Währung). - Kalmbachs Vorschlag: Zunächst massiv die Nachfrage stützen und dann eine wirksame und unabhängige Regulierung einführen, um zukünftige Krisen zu verhindern. - Dies bedeutet nicht, jeden Arbeitsplatz durch Subventionierung zu retten! - Rückkehr der Makropolitik? (Return of Depression Economics?)

Aufgabe 3:

Nach der Zinserhöhung infolge des Rohstoffpreisanstiegs und der entsprechenden Inflationsgefahr wurde der Zins seit der Krise massiv gesenkt. Zudem wurde der Korridor zwischen Einlage- und Spitzenrefinanzierungssatz in der Zeit vom 8. Oktober bis zum 20. Januar von 200 auf 100 Basispunkte gesenkt. Dennoch ist der Spread zwischen Euribor und Eurepo (unbesicherte vs. besichterte Kreditgeschäfte mit Laufzeit 3 Monaten), welcher als Kennzahl für die Unsicherheit am Geldmarkt gilt (Risikoprämie für Dreimonatsgeld), deutlich höher als vor der Krise (gesunken von 184 auf 90 Punkte; vor der Krise: 8 Punkte!).

Seit Beginn der Krise wurden die Refinanzierungsgeschäfte einschließlich der Feinsteuerungsoperationen stark ausgeweitet, gleichzeitig ist die Inanspruchnahme der Fazilitäten stark angestiegen. EZB agiert seit der Krise als Intermediär am Interbanken- Geldmarkt. Die Banken vertrauen sich untereinander nicht mehr und müssen die Refinanzierung über die EZB häufiger in Anspruch nehmen. Gleichzeitig parken sie überschüssige Liquidität lieber in der Einlagefazilität als sie (wie in der Vergangenheit) anderen Geschäftsbanken über den Geldmarkt zur Verfügung zu stellen. Das Vertrauen der Banken ist weiterhin gering. (S. 37)

Trotz massiv sinkender Zinsen fällt die Geldmengenwachstumsrate seit Mitte 2007. Preisdruck ist bei dieser Entwicklung nicht zu erkennen.