Familiemacht macht Unterschied.

Ähnliche Dokumente
Zwischen Aufnahme und Abschreckung: Flüchtlinge in Bayern

Zwischen Aufnahme und Abschreckung: Flüchtlinge in Bayern

Flucht, Asyl und Einwanderung. Worüber sprechen wir eigentlich (nicht)?

Flüchtlinge in Bochum. Unser Asylrecht und die Folgen

Angekommen in Bonn: Woher sind die Flüchtlinge gekommen? Welche Rechte haben Sie? Welche Möglichkeiten?

Migration & Integration

Festung Europa? Die Zukunft der Migration in die EU Ev. Akademie Hofgeismar Januar Doris Peschke/CCME Brüssel

Politische Beteiligung unter Austeritäts-Bedingungen

Grundsätzliches zum Asylverfahren

Migration, Asyl, Armut: Worüber reden wir (nicht)?

Zivilgesellschaft und Politik. Sieglinde Rosenberger

Regieren religiöser Differenz.

Gemeinde Türkenfeld ENTWURF Bürgerinformation zum Thema ASYLSUCHENDE. Wir müssen helfen! Wir wollen helfen!

Nationalismen: Migration und Europäisierung/Globalisierung. Sieglinde Rosenberger Universität Wien

FRÜHE HILFEN FÜR GEFLÜCHTETE FAMILIEN WO KÖNNEN WIR ANKNÜPFEN, WO STEHEN WIR UND WER IST WIR?

Migration: Wie verändert sie unsere Gesellschaft? Wie müssen Architektur und Stadtplanung reagieren?

1. Das Asylverfahrens- beschleunigungsgesetz. Flüchtlingsrat BW Aktiv für Flüchtlinge, Karlsruhe - Folie 1 von 11

Lebenswelten junger Menschen auf der Flucht. Manuel Wenda

3 Asylsuchende in der Schweiz

Flucht ohne Ankunft. Frankfurt a.m

Grundversorgung für AsylwerberInnen in Österreich. Herbert Langthaler 2015

sind willkommen in unserer Stadt

Asyl- und Ausländerrecht an der Schnittstelle Jugendhilfe Die Rolle des Kindeswohls

Wie sicher ist welcher Aufenthalt? Welche Folgen haben die verschiedenen Aufenthaltsformen? Was passiert mit den Kindern?

Kommentartext: Fluchtursachen und Asylverfahren

und Integration Sozialstruktur SoSe2013

Flüchtlinge in der Schweiz. Zahlen, Fakten und Perspektiven

allgemeiner Begriff Asylbewerber beinhaltet 3 unterschiedliche Personengruppen:

Asyl- und Aufenthaltsrecht Zugang zu Bildung und Arbeit

Asyl in Sachsen - Netzwerktagung Der lokale Blick: Engagement in Sachsen

Mittelmeer-Migration: Auswirkungen auf Europa, die Schweiz und Afrika

Amnesty International JAHRESVERSAMMLUNG 2017 HANNOVER - 3. BIS 5. JUNI 2017

Transparenz für die Öffentlichkeit: Informationen zu Flüchtlingen mit Instant Atlas

Flucht und Asyl. Einführung in die europäische Asylpolitik und die Asylbetreuung in Deutschland

TRAUER OHNE ENDE Trauerbegleitung bei Flüchtlingen. Trauer ist Kultur - 12.April Chiwaeze

Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Asyl

Hannover, 21. September 2016

Flüchtlinge im Asylverfahren

Integration und Bildung - Willkommenskultur für Flüchtlinge im MGH - Telefonkonferenz am 19. März 2015

Die Familienzusammenführung mit Drittstaatsangehörigen im Recht der Europäischen Union

JUNGE FLÜCHTLINGE BEREICHERN UNSERE GESELLSCHAFT!

WAS TUN BEI ABSCHIEBUNGEN? Ein kurzer Leitfaden

AUFNAHMEQUARTIERE DES BUNDES

Wirtschaft & Asyl. Asylbewerber für den regionalen Arbeitsmarkt. Auftaktveranstaltung am Montag, 19. Oktober 2015

VERTRAULICH. Aufbau und Organisation der Ankunftszentren. 06. September Melanie Schneider Leiterin Ankunftszentrum Mönchengladbach

Laura Müller, 15. Februar Wechselwirkung Flüchtlingspolitik und Rassismus

Rechts- und Ordnungsamt. Ablauf des Asylverfahrens in Deutschland

Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Kinderund Jugendhilfe Orientierung für die praktische Arbeit

Strukturelle Bedingungen III Einwanderungspolitik

Proteste der Lampedusa-Flüchtlinge : Polizei löst Sitzblockade auf - taz.de. Proteste der Lampedusa-Flüchtlinge

Begriffe zum Thema Migration

Asyl und Migration in Europa. Doris Peschke CCME Churches Commission for Migrants in Europe

Positionspapier Flüchtlinge in Neuss

Agentur für Arbeit Berlin Süd Arbeitgeber-Service Asyl. Status Quo und geänderte Rahmenbedingungen zur beruflichen Integration von Geflüchteten

Inhaltsverzeichnis Prolog 1 Teil A: Rechtsextremismus 9 Vorbemerkung zu Teil A 11 1 Zur Forschungslage 13 2 Zur Unterscheidung der Begriffe (Rechts-)E

Integration als Herausforderung der schweizerischen Asyl- und Flüchtlingspolitik

Zur Menschenrechtsproblematik an EU- und US- Außengrenzen. Dr. Ulrike Borchardt

Flüchtlinge-Chance für Gemeinden

Ungesteuerte Immigration. Georg Pazderski AfD-BuVo Sicherheit in Europa

Soziale Bewegungen in der (Ex-)DDR II. Soziale Bewegungen

Flüchtlingsrat Thüringen. LAST Eisenberg 20. April ThüGIDA demonstriert an Hitlers Geburtstag

allgemeine Information zur Unterbringung der Flüchtlinge im Landkreis Teltow-Fläming Stand

Doris Dickel Einwanderungs- und Asylpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und der Bundesrepublik Deutschland

Die Antworten auf den wachsenden Rechtspopulismus im Alpenraum

ZSBA Quartalsveranstaltung

Rahmenthema 3: Wurzeln unserer Identität. Strukturierung des Kurshalbjahres

Migration, Flucht, Asyl und wie weiter?

Die Rückkehr der Religion in die Politik

Junge Flüchtlinge, berufliche Perspektiven und Kommunale Koordinierung

Spielräume und Varianten kommunaler Flüchtlingspolitik: ein Überblick

Jürgen Aring. Erosion sozialer / regionaler Milieus: Auswirkungen auf Lebenslagen und Partizipation in Ost & West und Stadt & Land

Integration der anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen (VA/FL)

Mobbing aufgrund von Fremdheit. Seminar zum Thema Heterogenität Dienstag, Uhr Bildungswissenschaften Modul 2.4 Fr. Dr.

Unterbringung von Asylbewerbern im Landkreis Oberhavel. - Aktueller Sachstand Oktober 2015 Informationsveranstaltung Glienicke

Bundesweite Initiative Orte der Vielfalt eine bundesweite kommunikative Strategie zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Politik der Inklusion und Exklusion

Organisation von Flüchtlingspolitik in Deutschland: Grundlagen und aktuelle Entwicklungen

Asylsuchende und Flüchtlinge in der Stadt Zürich wie können wir sie unterstützen?

Verfahrens- und Sozialberatung

Partizipation - Anforderungen an eine diversitätsbewusste Jugendarbeit

Kinder auf der Flucht

Migrationsrecht im Parlament

DIE GRUNDLAGEN DES ASYLRECHTS

ASJ: weltoffen und tolerant

SFH / Bernd Konrad. Flüchtlinge schützen Menschenwürde wahren. Diese Grundsätze bestimmen unser tägliches Handeln und das bereits seit 1936.

I N F O R M A T I O N

Grundkurs Asylbegleitung

Der Vielfalt gerecht werden Methodensammlung Ungleichheitsideologien

Ablauf des Asylverfahrens

Folie 1. Asylbewerber im Landkreis Aichach- Friedberg

Monatsbericht zur Fluchtaufnahme in Rheinland-Pfalz für Mai 2017

Aufenthalts-und und Asylrecht an der Schnittstelle Jugendhilfe bei UMF

Berichtsvorlage Nr.: V 15/

Asylsuchende im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Rosemarie Lück Erste Kreisbeigeordnete

Aus der Vergangenheit gelernt? Flucht- und Arbeitsmigration und gewerkschaftliche Forderungen

ERSTAUFNAHMEEINRICHTUNGEN FÜR ASYLBEGEHRENDE IN RHEINLAND-PFALZ. Folie 1

PEGIDA contra Willkommenskultur? Ein Worldcafé zur Willkommenskultur im Bezirk Treptow-Köpenick Montag von

Transkript:

Familiemacht macht Unterschied. Proteste-Asyl Asyl-Abschiebung Abschiebung Sieglinde Rosenberger Institut für Politikwissenschaft sieglinde.rosenberger@univie.ac.at

Werkstattgespräch https://inex.univie.ac.at/research/taking-sides/ https://inex.univie.ac.at/mapping-protest/ https://inex.univie.ac.at/research/inside/ Vorbemerkungen zu Familie und Migration bzw. Familienmigration ---------- Soziale Bewegungen/Proteste im Kontext von Migration (Aufnehmen und Abschieben) Altruistische Proteste Restriktive Proteste

Vorbemerkung: Familie/Migration Relevante Zuwanderungsform (sinkende Tendenz über Arbeitsmigration, steigend über Flucht) Dem nationalen Migrationsmanagement teilweise entzogen: Grundrecht auf Familienleben -> Restriktion durch Bedingungen(Conditionality) Mindesteinkommen, Sozialleistungen, Integrationsvoraussetzungen (Srachkenntnisse), Altersanhebung (Zwangsheirat) Derzeit Kontrolle teilweise zurückgewinnen: Änderung bei Asyl durch Kategorisierung(subsidärerSchutz, Kinder, sichere Herkunftsstaaten)

Stratifizierte Sozial-Rechte (Lydia Morris 2001) Säulen des Zugangs zu Sozial-und Familienleistungen: Familie Beruf Bedürftigkeit Asyl Durch Kategorisierung (Status) und Bedingungen (Kriterien) -Anerkannte Flüchtlinge: Gleichbehandlung (Sozialleistungen, Mindestsicherung) Reform der Mindestsicherung: Asylsäule in Welfare-Säule - Asylverfahren: keine FB, keine familienbezogenen Leistungen - Non-Deported: entweder wie Asylsuchende oder nichts! (FWF-Projekt Inside the Deportation Gap. 2015-2017).

Proteste gegen Abschieben/Aufnahme Soziale Bewegungen, politischer/sozialer Wandel, Mobilsierung Formen von Protestbewegungen im Kontext von Asyl/Abschiebung/Aufnahme: AltruistischeProteste (für Andere) Selbstorganisierte Proteste und individueller Widerstand RestriktiveProteste

2.1 Altruistische Proteste (gegen Abschieben) Fragen Wie, Wer, welchen Forderungen? Wie zu erklären? Welche Rolle Familie? Methoden und Material Protest: Kollektive, öffentliche Aktion gegen politische Entscheidungen/EntscheiderInnen Protest-Event-Analyse (PEA): Abschiebungen, 1993-2013 (DACH) Protestfall-Analyse: Abschiebungen, 2006-laufend Protestfall-Analyse: Quartiere (Medien, Gemeindematerialien, Protestmaterialien), 2013-2015

Empirische Ergebnisse (PEA) Vergleichende PEA Zeit und Raum Protest-Forderungen: Fallbezogen in A, Politik (policy)-bezogen in D Protest-AkteurInnen: Betroffene / Widerstand in 1990er Jahren (Schubhaft) TN mit Beziehungen/ohne Beziehungen, Kirchen, Politik

Protestforderungen (DACH, 1993-2013) CH (n=165) 1% 31% 3% 42% 1% 14% 7% 1% D (n=495) 1% 26% 13% 23% 1% 5% 26% 3% AT (n=310) 4% 55% 0% 21% 0% 5% 8% 3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Pro Abschiebung Abschiebung in Anlassfall verhindern gegen Abschiebung generell Politikreform (Praxis plus Politik) Reform Dublin Bleiberecht generell Bleiberecht für bestimmte Personen Rückkehr der Betroffenen

ProtestakteurInnen(DACH, 1993-2013) CH (n=331) 18% 11% 27% 13% 8% 13% 10% D (n=750) 25% 16% 31% 11% 8% 4% 5% AT (n=402) 17% 18% 23% 14% 5% 11% 11% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Betroffene Individuen/Grassroots MIT ties Individuen/Grassroots OHNE ties NGO Kirchen Politische Akteur_innen Andere

Interpretation (PEA) Kein Zusammenhang mit Abschiebe-Zahlen -> Protest leistet politische Übersetzungsarbeit Thema kommt auf die politische Agenda Einzel-Fallorientierung: - Implementierung versus Entscheiden (Ellermann 2009) -Einfluss von policy-reformen (sog. peaksin D) - Fallorientiertes Bleiberecht (POS)

Für wen? Protestfälle (2006-2015/10) Insgesamt: 149 Fälle erhoben Betroffene: 106 Fälle Familien/Ehe; 43 Einzelpersonen (http://inex.univie.ac.at/mapping-protest/) Nicht differenzierend nach Herkunft, Religion etc. sondern Familienstand Protest-AkteurInnen BürgerInnen, NGOs, Beratungseinrichtungen, SchülerInnen, PolitikerInnen...

Familie als Teil-Erklärung für Mobilisierung Soziale Nahebeziehungen (soziale Integration) und strukturelle Voraussetzungen -> Emotionen (Rosenberger/Winkler 2014) Moral Economy (Chauvin/Garces-Macarenas 2014) -> Performance- und Deservingness-Debatte (Bleiberecht)

2.2 Restriktiver Protest gegen Aufnahme Restriktive Proteste: gegen Wandel und Veränderung, gegen Demokratisierungsprozesse (Schaeffer) Anlass: Gegen Quartiere und Unterbringung von Asylsuchenden Studie: OÖ, 2014-2015/8, 26 Protestgemeinden identifiziert (Neu-Einrichtung von Quartieren) -> Flucht-Statistik

Flucht (2015, BMI)

Aus der Mitte der Gesellschaft: BürgermeisterInnen / FPÖ / BürgerInnen (initiieren, beteiligen) Gegen-Unterbringungs-Argumente: Fremdenfeindliche A. Unterkunftsbezogene A. politics-bezogene A. Durchgesickertes Argument: Junge Männer nein, aber Familien...

Argumente gegen Unterbringung 42 ARGUMENTE 38 34 Nennung (25 Fälle) Ablehnung/ Fremdenfeindlichkeit/ Rassismus Standort/ Unterkunft Politics Argumente Eigene Erhebung: 2014-2015/8; OÖ; 26 Protestfälle

Zusammenfassung und DANKE Familie(ähnlich Werte) zur Politisierung von Migration Familie spielt eine Rolle bei Protest gegen Abschiebungen -> Möglichkeit, soziale Nahbeziehungen zu knüpfen Familie spielt eine Rolle in der Argumentation gegen Aufnahme -> Angst-Frame) 2014 Com/passionateprotests fightingthe deportationofasylumseekers. / Sieglinde Rosenberger; Jakob Winkler. In: Mobilization. An International Quarterly 19/2, 489 510. https://inex.univie.ac.at/research/taking-sides/ https://inex.univie.ac.at/mapping-protest/ https://inex.univie.ac.at/research/inside/