Landesinstitut für Schule - Bremen Hauptseminar 31 - Fachdidaktisches Seminar für Mathematik Dynamische Geometrie Software in der Oberschule Teil 2 Heinz-Jürgen Harder Fachleiter für Mathematik Januar 2011
Zusammenfassung Zunächst wird die grundlegende Philosophie dynamischer Geometriesoftware (DGS) kurz vorgestellt. Hierbei sind insbesondere der Zugmodus und die Möglichkeit, eine Spur bewegter Objekte aufzuzeichnen von Interesse. Danach gebe ich einen Überblick über einige wichtige Dynamische Geometrie Programme, die in den Schulen zum Einsatz kommen. Es gibt sicher noch einige weitere Programme, wobei ich mich auf solche beschränke, die entweder kostenlos verfügbar sind, oder von denen ich weiß, dass sie in Bremen zum Einsatz kommen. Im Folgenden werden dann die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten dynamischer Geometrieprogramme beschrieben. Hierbei lege ich zunächst den Schwerpunkt auf den Einsatz in der Mittelstufe der Oberschule, in späteren Versionen werde ich auch den Einsatz in der Oberstufe mit berücksichtigen. Die wichtigsten Funktionen der dynamischen Geometrie Software werde ich anhand des Programms GeoGebra erläutern, da dieses zum einen kostenlos verfügbar ist, zum anderen ein Programm ist, das aktuell immer weiter entwickelt wird. In dieser ersten Version habe ich zunächst auf eine Behandlung der Tabellenkalkulation verzichtet, dies werde ich später ergänzen. Im letzten Kapitel werden dann anhand einiger Unterrichtsbeispiele typische Einsatzmöglichkeiten für dynamische Geometrie vorgestellt. Auch diese werden in folgenden Versionen noch auf Beispiele aus der Oberstufe erweitert. Für die Veröffentlichung im Internet wurde das Skript in zwei Teile aufgeteilt. Aus diesem Grund können einige Referenzen noch fehlerhaft sein. Bremen, im Januar 2011 Heinz-Jürgen Harder
Kapitel 1 Philosophie der DGS siehe in Teil 1 1
Kapitel 2 Beispiele für DGS-Pakete siehe in Teil 1 2
Kapitel 3 DGS im Unterricht siehe in Teil 1 3
Kapitel 4 Das DGS-Beispiel GeoGebra In diesem Kapitel stelle ich einige grundlegende und exemplarische Elemente der dynamischen Geometrie Software GeoGebra vor. Es kann sich hierbei nicht um eine ausführliche Darstellung aller Funktionen und Möglichkeiten des Programms handeln. Für weitere und tiefer gehende Informationen verweise ich auch das offizielle Geogebra-Handbuch von Hohenwarter und Hohenwarter (2009). 4.1 Das Programmfenster Abbildung 4.1: Das GeoGebra-Programmfenster unter MAC OS Wie Abbildung 4.1 zeigt, ist das geöffnete Programmfenster bei GeoGebra in fünf wesentliche Bereiche unterteilt: Die Grafik-Ansicht: Auf dieser Fläche wird gezeichnet und hier findet die eigentliche Arbeit mit den dynamisch veränderbaren Objekten (geometrische Objekte, Funktionsgraphen,... ) statt. 4
4.2. DIE GRAFIK-ANSICHT 5 Die Algebra-Ansicht: In diesem Bereich des Fensters findet man eine algebraische Beschreibung der gezeichneten Objekte (Koordinaten der Punkte, Gleichungen für Geraden und Funktionen u.s.w.). Die Werkzeugleiste: Hier befinden sich alle Werkzeuge mit denen Objekte gezeichnet, gemessen oder manipuliert werden können. Die Eingabezeile: In der Eingabezeile können Funktionsgleichungen und algebraische Befehle (Summe, Differenz, Ableitung, Integral u.s.w.) eingegeben werden. Die Tabellen-Ansicht: Mit der Tabelle wird ein Tabellenkalkulation zur Verfügung gestellt, ähnlich wie Excel, deren Felder wiederum mit geometrischen oder grafischen Objekten in der Grafik- oder der Algebra-Ansicht verknüpft werden können. 4.2 Die Grafik-Ansicht 4.2.1 Das Kontextmenü Neben den Werkzeugen in der Werkzeugleiste kann in der Grafik-Ansicht zu jedem Konstruktionselement mit einem Rechtsklick der Maus ein Kontextmenü aufgerufen werden. Dieses Menü enthält einige Befehle zur Formatierung des jeweiligen Objektes. Abbildung 4.2: Die Kontextmenü für ein Rechteck Objekte können darüber ausgeblendet werden, die Beschriftung kann ein- oder ausgeblendet werden. Objekte können umbenannt werden. Eine Spur kann eingeschaltet werden und es kann ein Eigenschaftenmenü aufgerufen werden, das noch eine Reihe weiterer Einstellmöglichkeiten bietet. 4.3 Die Werkzeugleiste Die Werkzeugleiste enthält alle Werkzeuge, mit denen gezeichnet, gemessen oder Objekte manipuliert werden können. Hinter den einzelnen Knöpfen in der Leiste verbirgt sich jeweils ein Menü mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen. Das jeweils aktive Werkzeug ist als Piktogramm auf dem Knopf dargestellt. Zum Beispiel enthält der erste Knopf den einfachen Cursor-Pfeil, sowie zwei spezielle Versionen dieses Pfeils:
6 KAPITEL 4. DAS DGS-BEISPIEL GEOGEBRA Abbildung 4.3: Der Cursorpfeil und Hilfstext Die Texte neben den Werkzeugen sind i.a. selbsterklärend, darüber hinaus werden zum gewählten Werkzeug immer kurze Handlungsanweisungen neben dem Werkzeugmenü angezeigt. 4.3.1 Die Konstruktionswerkzeuge Die nächsten fünf Werkzeugknöpfe neben dem Pfeil enthalten Werkzeuge, mit denen Geometrische Objekte gezeichnet werden können. Es sind dies: Abbildung 4.4: Die Konstruktionswerkzeuge für Punkte Abbildung 4.5: Die Konstruktionswerkzeuge für gerade Linien
4.3. DIE WERKZEUGLEISTE 7 Abbildung 4.6: Die Konstruktionswerkzeuge für Vielecke und Kreiselemente 4.3.2 Die Messwerkzeuge Unter dem Menü mit den Messwerkzeugen findet man die Möglichkeit, Winkel zu messen und es können Winkel mit einer festen Gradzahl konstruiert werden. Darüber hinaus verbergen sich unter diesem Menü Werkzeuge zum Messen von Längen, Flächen und Geradensteigungen. Abbildung 4.7: Die Messwerkzeuge 4.3.3 Kongruenzabbildungen Mit den Werkzeugen unter dem nächsten Menüpunkt können Kongruenzabbildungen wie Spiegelungen, Drehungen und Verschiebungen durchgeführt werden:
8 KAPITEL 4. DAS DGS-BEISPIEL GEOGEBRA Abbildung 4.8: Die Abbildungswerkzeuge 4.3.4 Gestaltungsmöglichkeiten Die letzten beiden Menüpunkte bieten eine Vielzahl von Anwendungs- und Gestaltungsmöglichkeiten: Abbildung 4.9: Werkzeuge für spezielle Anwendungen oder Gestaltungen 4.4 Eingabezeile und Funktionen Über die Eingabezeile (siehe Abbildung 4.1 auf Seite 4) können Funktionsterme und algebraische Berechnungen definiert werden. Im Fall der Funktion gibt man z.b. den Funktionsterm f(x) = 0,5x 2 +2 in der Schreibweise f(x)=-0.5*x ^2+2 ein. Abbildung 4.10: Eingabe eines quadratischen Funktionsterms Mit ENTER wird die Eingabe wie üblich bestätigt und der zugehörige Graph gezeichnet. Der Term kann selbstverständlich neben den Zahlen auch Parameter enthalten, die z.b. über Schieberegler beeinflusst werden können. Der Funktionsterm ist nach der Eingabe in der Algebra-Ansicht als freies Objekt zu sehen (rot umrandet in Abbildung 4.11) und kann dort noch modifiziert werden.
4.4. EINGABEZEILE UND FUNKTIONEN 9 Abbildung 4.11: Graph und Funktionsterm nach der Eingabe Um algebraische Berechnungen durchzuführen, können aus dem Befehl... -Menü neben der Eingabezeile Rechenbefehle ausgewählt werden. Am Beispiel der Nullstellenbestimmung für die gezeichnete Funktion mit dem Term f(x) = 0,5x 2 + 2 ist es in den folgenden drei Bildern dargestellt: Zunächst wird der entsprechende Befehl aus dem Befehl... -Menü ausgewählt: Abbildung 4.12: Auswahlmenü für die Rechenbefehle Der Befehl wird automatisch in die Eingabezeile übergeben, hier muss noch das Argument des Befehls passend ergänzt werden: Abbildung 4.13: Rechenbefehl mit dem Argument (hier: f(x)) Nach der Bestätigung mit ENTER erscheinen die beiden Nullstellen in der Grafik-Ansicht als markierte Punkte und in der Algebra-Ansicht mit den Koordinaten:
10 KAPITEL 4. DAS DGS-BEISPIEL GEOGEBRA Abbildung 4.14: Graph und Funktionsterm nach der Eingabe 4.5 Das Konstruktionsprotokoll Zu jeder Konstruktion in der Grafik-Ansicht läuft im Hintergrund ein Konstruktionsprotokoll, in dem die einzelnen Schritte der Konstruktion notiert werden. Das Konstruktionsprotokoll kann über die Menüpunkte Ansicht Konstruktionsprotokoll aufgerufen werden. Es enthält alle gezeichneten Elemente mit ihren gegenseitigen Beziehungen. Am Beispiel des Umkreises um ein Dreieck ABC ist es in Abbildung 4.15 gezeigt. Abbildung 4.15: Das Konstruktionsprotokoll für den Umkreis eines Dreiecks Mit der Menüauswahl Ansicht Navigationsleiste für Konstruktionsschritte können in der Grafikansicht Schaltelemente eingeblendet werden, die es erlauben, die Konstruktion schrittweise vor- und rückwärts abzuspielen (siehe Abbildung 4.16).
4.6. DYNAMISCHE ARBEITSBLÄTTER ALS HTML-SEITEN 11 Abbildung 4.16: Grafik-Ansicht mit Navigationsleiste (rot umrandet) Als didaktisch Möglichkeit bietet es sich an, den Schülerinnen und Schülern das Konstruktionsprotokoll zu geben und sie dann schrittweise die Figuren konstruieren zu lassen. Dies wäre dann im Sinne der Ausführungen von Weigand und Weth (2002) wie sie auf Seite?? zitiert wurden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, anhand des Konstruktionsprotokolls die Konstruktionsbeschreibung zu verbalisieren zu lassen, oder anhand der verbalisierten Konstruktionsbeschreibung die Konstruktion durchführen zu lassen. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang, dass Schülerinnen und Schüler gruppenweise verschiedene Konstruktionen erstellen, hierzu die Konstruktionsbeschreibungen aufschreien und dann austauschen. Die anderen Gruppen müssen dann die geometrischen Objekte anhand der Konstruktionsbeschreibungen nachkonstruieren. 4.6 Dynamische Arbeitsblätter als html-seiten Eine besonders elegante Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern dynamische Arbeitsblätter zur Verfügung zu stellen, bietet GeoGebra mit dem Export eines Arbeitsblattes als html-datei. Der Vorteil besteht unter anderem darin, dass die Arbeitsblätter genau auf die Bedürfnisse der jeweiligen Unterrichtssituation zugeschnitten werden können. So können: Konstruktionen ganz oder teilweise vorbereitet zur Verfügung gestellt werden. Ausgewählte Werkzeuge gezielt zur Verfügung gestellt werden, oder ganz ausgeblendet werden. Konstruktionen bei Experimenten oder Fehlversuchen mit einem Mausklick auf den Anfangszustand zurückgesetzt werden. Im Folgenden gebe ich eine kurze Anleitung zum Erstellen eines dynamischen Arbeitsblattes als html-datei. Genauere Informationen findet man bei Hohenwarter und Hohenwarter (2009). Zunächst erzeugt man eine Konstruktion, mit der die Schülerinnen und Schüler arbeiten sollen:
12 KAPITEL 4. DAS DGS-BEISPIEL GEOGEBRA Abbildung 4.17: Die Konstruktion in der Grafik-Ansicht Im Anschluss sollten alle Ansichten ausgeblendet (Algebra- oder Tabellen-Ansicht) werden, die von den Schülerinnen und Schülern nicht benutzt werden sollen. Im nächsten Schritt kann man unter dem Menüpunkt Werkzeuge Werkzeugleiste anpassen den Schülerinnen und Schülern gezielt Werkzeuge zur Verfügung stellen, indem alle nicht benötigten Werkzeuge ausgeblendet werden. Sollen sie keine Werkzeuge benutzen (nur den Pfeil zum Verziehen), dann kann im Menü zum Erzeugen der html-datei die gesamte Werkzeugleiste ausgeblendet werden (siehe Abbildung 4.20). Abbildung 4.18: Anpassen der Werkzeugleiste
4.6. DYNAMISCHE ARBEITSBLÄTTER ALS HTML-SEITEN 13 Wenn dann noch das Fenster auf eine passende Größe gezogen wurde, kann der Export beginnen. Hierzu ruft man den Menüpunkt Datei Export Dynamisches Arbeitsblatt als Webseite (html) auf und erhält das folgende Fenster: Abbildung 4.19: html-export: Titel und Text zur Beschreibung der Aufgabe eingeben Hier wird dem Arbeitsblatt ein Titel gegeben und es können Aufgabentexte formuliert werden, die später über und unter der Arbeitsfläche erscheinen. Die zweite Seite des Menüs bietet noch weitere Formatierungsmöglichkeiten, z.b. kann hier die Werkzeugleiste ein- oder ausgeblendet werden. Abbildung 4.20: html-export: Weiter Formatierungen festlegen Ist alles fertig, so kann mit einem Klick auf den Knopf Export die html-datei erzeugt und sofort in einem Browserfenster betrachtet werden:
14 KAPITEL 4. DAS DGS-BEISPIEL GEOGEBRA Abbildung 4.21: Das fertige Arbeitsblatt im Browserfenster
Kapitel 5 Unterrichtsbeispiele mit DGS siehe in Teil 3 15
Literaturverzeichnis [Hohenwarter und Hohenwarter 2009] Hohenwarter, Markus ; Hohenwarter, Judith: GeoGebra Hilfe - Offizielles Handbuch 3.2. http://www.geogebra.org/help/docude.pdf. April 2009 [Weigand und Weth 2002] Weigand, Hans-Georg ; Weth, Thomas: Computer im Mathematikunterricht - Neue Wege zu alten Zielen. Spektrum Akademischer Verlag, 2002 16