DNotI Deutsches Notarinstitut GUTACHTEN Dokumentnummer: 13170 letzte Aktualisierung: 14.09.2005 AktG 136, 146 Abs. 2 Satz 1, 278, 286 Abs. 1 Hauptversammlung einer KGaA und Teilnahme des Abschlussprüfers; Stimmverbot bei Beschlussfassung über die Entlastung und Vergütung des Aufsichtsrates, wenn Aufsichtsratsmitglieder zugleich Organmitglieder des Kommanditaktionärs bzw. persönlich haftenden Gesellschafters sind I. Sachverhalt und Fragen 1. In der Hauptversammlung einer KGaA soll der Jahresabschluss festgestellt werden. Der Jahresabschlussprüfer ist nicht anwesend. Dabei stellt sich die Frage, ob im Recht der KGaA ebenso die Regelung des 176 Abs. 2 Satz 1 AktG Platz greift, wonach bei der AG die Anwesenheit des Abschlussprüfers in der Hauptversammlung erforderlich ist, wenn diese den Jahresabschluss feststellt. 2. Weiter geht es um das Problem, dass in der Hauptversammlung einer AG Beschluss über die Entlastung von Aufsichtsratsmitgliedern sowie über die Gewährung einer Vergütung an die Aufsichtsratsmitglieder gefasst werden soll. Hauptaktionär mit einer ¾- Mehrheit der AG ist die vorbezeichnete KGaA. Persönlich haftender Gesellschafter der KGaA ist die Z-GmbH. Deren gemeinschaftlich vertretungsberechtigte Geschäftsführer sind A und B. A ist zugleich Aufsichtsratsmitglied in der AG, so dass insoweit die Frage aufgeworfen wird, ob für die KGaA insoweit ein Stimmrechtsverbot gilt. 3. Schließlich soll auch Beschluss gefasst werden über die Entlastung und Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in der KGaA selbst. Aufsichtsratsmitglieder sind dort D, E und F. Zugleich sind D, E und F und zwar jeweils zwei von ihnen gemeinschaftlich gesetzliche Vertreter des einzigen Kommanditaktionärs der KGaA. Auch hier stellt sich die Frage, ob bei der Beschlussfassung ein Stimmrechtsverbot eingreift? II. Zur Rechtslage 1. Feststellung des Jahresabschlusses und Anwesenheit des Abschlussprüfers a) Gesetzliche Regelung der Kommanditgesellschaft auf Aktien Die KGaA ist in den 278 ff. AktG geregelt. Sie ist wie die AG eine juristische Person. Unter bilanzrechtlichen Gesichtspunkten handelt es sich bei der KGaA ebenso wie bei der AG oder GmbH um eine Kapitalgesellschaft, 264 ff. HGB. Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon 09 31/3 55 76-0 Telefax 09 31/ 3 55 76-2 25 email: dnoti@dnoti.de internet: http://www.dnoti.de mr pool Gutachten/13170.doc
Seite 2 Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht bestehen für die KGaA in den 278 ff. AktG nur wenige Sondervorschriften. Im Übrigen gelten für sie nach 278 Abs. 2 und 3 AktG sowohl die Vorschriften des HGB über die KG als auch die Vorschriften des AktG über die AG. Anerkannt ist dabei, dass hierbei eine gewisse Normhierarchie besteht: Soweit nicht durch ausdrückliche Verweisung die Vorschriften des HGB Anwendung finden, gelten die Vorschriften des AktG. Innerhalb des AktG gilt wiederum der Spezialitätsgrundsatz, d. h. die Sonderbestimmungen über die KGaA gehen den allgemeinen aktienrechtlichen Bestimmungen vor, 278 Abs. 3 AktG (MünchHdbAG/Herfs, 2. Aufl. 1999, 47 Rn. 9; Geßler/Hefermehl/Semler, AktG, vor 278 Rn. 278; Reul, in: Würzburger Notarhandbuch, 2005, Teil 5, Rn. 682; KölnKomm-AktG/Mertens/Cahn, 2. Aufl., Stand: 2004, 278 Rn. 5). b) Feststellung des Jahresabschlusses bei der AG Teilnachmepflicht des Abschlussprüfers Nach 286 AktG beschließt die Hauptversammlung in der KGaA über die Feststellung des Jahresabschlusses. Der Beschluss bedarf der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter. Insoweit unterscheidet sich die Regelung bei der KGaA von der der AG. Dort ist nach 172 AktG grundsätzlich der Aufsichtsrat für die Feststellung des Jahresabschlusses zuständig, sofern nicht Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen. Soweit bei der AG ein derartiger Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat getroffen wird, wonach die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung überlassen wird, bestimmt 186 Abs. 2 Satz 1 AktG ergänzend, dass der Abschlussprüfer an den Verhandlungen über die Feststellungen des Jahresabschlusses teilzunehmen hat, wenn der Jahresabschluss auch von einem Abschlussprüfer zu prüfen ist. In diesem Fall soll der Abschlussprüfer deshalb in der Hauptversammlung anwesend sein, um dem Vorstand und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates für Auskünfte zur Verfügung zu stehen, um die Wünsche und Bedenken der Aktionäre zu erfahren und auf eine entsprechende Aufforderung des Vorstandes oder des Versammlungsleiters hin raten zu können, wie ihnen Rechnung zu tragen ist, um gegen eine in Aussicht genommene Änderung des Jahresabschlusses ggf. sofort Bedenken geltend machen zu können, um bei geringfügigen Änderungen die erforderliche Nachtragsprüfung sofort in der Hauptversammlung durchzuführen und um ggf. größere Änderungen, die wegen ihres Umfangs nicht sogleich an Ort und Stelle beurteilt werden können, sofort zu erfahren, damit die Nachtragsprüfung ohne Verzögerung beginnen kann (MünchKomm-AktG/Kropff, 2003, 176 Rn. 31; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1996, 176 Rn. 26 f.; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, 176 Rn. 9). Zu beachten ist dabei, dass die Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers nach 176 Abs. 2 Satz 1 AktG ausschließlich für den Fall gilt, dass die Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses beschließt. Eine Teilnahmepflicht für den Fall, dass der Jahresabschluss bereits durch Vorstand und Aufsichtsrat festgestellt wurde, besteht dagegen nicht. Streitig ist, ob in diesem Fall jedenfalls ein Recht zur Teilnahme an der Hauptversammlung besteht (MünchKomm- AktG/Kropff, 176 Rn. 27 f.).
Seite 3 c) Feststellung des Jahresabschlusses bei der KGaA In 286 AktG ist nun bei den Vorschriften über die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung in der KGaA nichts dazu geregelt, ob auch hier der Abschlussprüfer in der Hauptversammlung teilnehmen muss. Nach unserem Kenntnisstand liegt zu dieser Frage keinerlei Rechtsprechung vor. Auch in der Kommentarliteratur bzw. in den einschlägigen Handbüchern zur KGaA wird diese Frage soweit ersichtlich praktisch nirgends behandelt. Einen versteckten Hinweis haben wir zu dieser Fragestellung allerdings in der Kommentierung bei Kropff nachweisen können (MünchKomm-AktG/Kropff, 176 Rn. 22). Im Rahmen der Kommentierung der Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers bei der Hauptversammlung einer AG, führt er zunächst aus, dass eine solche fakultative Zuständigkeit der Hauptversammlung zur Feststellung des Jahresabschlusses bei der AG nur selten in Betracht kommt, weil das Gesetz in 172 AktG nur von einer gleichsam subsidiären Zuständigkeit der Hauptversammlung ausgeht. Eine solche Zuständigkeit der Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses ist aber nur in Ausnahmefällen anzunehmen, so dass eine Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers nach 176 Abs. 2 Satz 1 AktG ebenso selten anzutreffen ist. Sodann führt er jedoch auch (MünchKomm-AktG/Kropff, 176 Rn. 22): Anders liegt es bei der KGaA, da bei ihr stets die Hauptversammlung des Jahresabschluss feststellt. Zur Begründung seiner Auffassung verweist er allein auf die Vorschrift des 286 Abs. 1 Satz 1 AktG. Weitere Argumente für diese Auffassung bringt er nicht. d) Eigene Stellungnahme: Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers bei der KGaA Nach der persönlichen Auffassung des Sachbearbeiters ist dieser Ansicht von Kropff im Ergebnis zuzustimmen. Wie eingangs erwähnt handelt es sich bei der KGaA ebenso wie bei der AG aus bilanzrechtlicher Sicht um eine Kapitalgesellschaft. Von daher ist auch der Jahresabschluss einer KGaA nach 316 ff. AktG unter den dort genannten Voraussetzungen zu prüfen. Weiter ist in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass für die Feststellung des Jahresabschlusses in der KGaA die Hauptversammlung nach 286 Abs. 1 Satz 1 AktG zuständig ist und der Beschluss der Zustimmung der persönlichen haftenden Gesellschafter bedarf. Das Gesetz geht also von einer Gesamtzuständigkeit sowohl der persönlich haftenden Gesellschafter als auch der Kommanditaktionäre aus. Insoweit handelt es sich um eine gemeinsam zu entscheidende Angelegenheit (MünchKomm-AktG/Semler/- Perlitt, 2000, 286 Rn. 2). Hieraus folgt zugleich, dass im Hinblick auf die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung der KGaA mit Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht das Rechtsverhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten i. S. d. 278 Abs. 2 AktG betroffen ist. Betroffen von der Feststellung des Jahresabschlusses der KGaA ist die Gesellschaft insgesamt. Von daher gilt nach 278 Abs. 3 AktG das für Aktiengesellschaften geltende Recht sinngemäß, soweit nicht in den 278 ff. AktG etwas anderes geregelt ist. Da solche abweichenden Regelungen in Bezug auf eine etwaige Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers nach 176 Abs. 2 Satz 1 AktG aber fehlen, folgt daraus, dass bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung einer KGaA uneingeschränkt die Regelung des 176 Abs. 2
Seite 4 Satz 1 AktG gilt. Der Abschlussprüfer einer KGaA hat deshalb an der Hauptversammlung der KGaA teilzunehmen, wenn diese Beschluss fasst über die Feststellung des Jahresabschlusses und der Jahresabschluss nach 316 ff. HGB durch einen Abschlussprüfer zu prüfen ist. e) Anfechtbarkeit des Beschlusses bei fehlender Teilnahme Gelangt man sonach zu der uneingeschränkten Anwendung des 176 Abs. 2 Satz 1 AktG, so erscheint es nahe liegend, dass auch die Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen 176 Abs. 2 Satz 1 AktG im Recht der KGaA gleichermaßen zu beurteilen sind wie im Recht der AG. Dort ist anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Teilnahmepflicht des Abschlussprüfers dazu führt, dass der Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses nach wohl herrschender Ansicht anfechtbar ist (Hüffer, 176 Rn. 10; MünchKomm-AktG/Kropff, 176 Rn. 42; Adler/Düring/Schmaltz, 176 Rn. 34, jeweils m. w. N.). 2. Stimmverbot bei der AG a) Erstreckung eines Stimmverbotes von Organmitglied auf die Gesellschaft Die Frage, ob im Aktienrecht ein Stimmverbot nach 136 AktG auch dann Platz greift, wenn vom Stimmverbot nicht der Aktionär in eigener Person betroffen ist, sondern beispielsweise die Aktien von einer Gesellschaft gehalten werden, das Stimmverbot als solches aber in der Person eines Organs bzw. Gesellschafters dieser Aktionärsgesellschaft besteht, war bereits in der Vergangenheit Gegenstand mehrerer Gutachten des Deutschen Notarinstituts. Die Rechtslage hat sich nach unserem Kenntnisstand seither nicht verändert. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen verweisen wir daher zunächst auf das in dem Gutachtensammelband des DNotI: Gutachten zum Aktienrecht 1997/1998/1999 veröffentlichte Gutachten Nr. 27. Weiter verweisen wir hierzu auf eine neuere Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 23.05.2000 (DB 2000, 1653 = AG 2001, 93 = NZG 2001, 30 = ZIP 2000, 1578). Wie Sie diesen Ausführungen entnehmen können, kommt nach allgemeiner Meinung ein Stimmrechtsausschluss nach 136 AktG in Betracht, wenn das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft entlastet werden soll und dieses Vorstandsmitglied zugleich Organmitglied einer an der AG beteiligten juristischen Person ist. Das an sich nur für den zu entlastenden Vorstand bzw. das zu entlastende Aufsichtsratsmitglied bestehende Stimmverbot nach 136 AktG erstreckt sich auf die an der AG beteiligten juristischen Person, wenn das zu entlastende Vorstandsoder Aufsichtsratsmitglied in dieser Drittgesellschaft entweder aufgrund seiner Beteiligung als Gesellschafter bzw. aufgrund der Eigenschaft als Organ in dieser Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke dieser Gesellschaft nehmen kann (OLG Karlsruhe, AG 2001, 93, 94; MünchKomm-AktG/Schröer, 2004, 136 Rn. 42; Hüffer, AktG, 136 Rn. 14; LG Köln, ZIP 1998, 153 ff.). Das zu entlastende Organmitglied hat in der Drittgesellschaft jedoch dann keinen maßgeblichen Einfluss, wenn es sich dabei lediglich um ein Mitglied eines mehrköpfigen Verwaltungsorgans in dieser Drittgesellschaft handelt (BGHZ 36, 296, 302 = WM 1962, 236). Hinzu kommen muss in diesem Fall, dass das befangene Organmitglied im Verwaltungsorgan der Drittgesellschaft die Stimmenmehrheit hat bzw. sonst deren Entscheidungen beeinflusst.
Seite 5 b) Vorliegender Sachverhalt Für den vorliegenden Sachverhalt folgt hieraus, dass jedenfalls nach unserer Auffassung bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrates und Gewährung einer Vergütung an den Aufsichtsrat in der AG nicht von einem Stimmrechtsausschluss nach 136 AktG auszugehen ist: aa) Ein Stimmrechtsausschluss nach 136 AktG scheidet von vornherein aus im Hinblick auf die Beschlussfassung über die Gewährung einer Vergütung an den Aufsichtsrat. 136 AktG verbietet die Stimmrechtsausübung nur in drei Fällen, nämlich wenn Beschluss über die Entlastung, über die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder über die Geltendmachung eines Anspruches gefasst werden soll. Nicht erwähnt ist in 136 AktG darüber hinaus der Fall, dass Beschluss gefasst werden soll, über die Gewährung einer Vergütung an den Aufsichtsrat oder etwa, ob ein Vertrag mit einem Aktionär etc. abgeschlossen werden soll. Anerkannt ist, dass über die in 136 AktG genannten Fälle hinaus ein Stimmrechtsverbot nur ganz eingeschränkt in Betracht kommt. Ein bloßer Interessenwiderstreit genügt grundsätzlich nicht. Auch scheidet eine Gesamtanalogie zu anderen Fällen aus. Zulässig ist hingegen in Ausnahmefällen die einzelanaloge Ausweitung des in 136 Abs. 1 AktG genannten Stimmverbots und zwar dann, wenn ein dem geregelten Fall quantitativ und qualitativ vergleichbarer Interessenkonflikt vorliegt (Hüffer, 136 Rn. 18; MünchKomm-AktG/Schröer, 136 Rn. 19; KölnKomm-AktG/Zöllner, AktG, 1973, 136 Rn. 28). In der Kommentarliteratur werden als Beispielsfälle genannt, dass über die Vertagung eines Sachantrages abgestimmt werden soll, wenn beim Sachantrag ein Stimmverbot besteht (MünchKomm-AktG/Schröer, 136 Rn. 20), oder wenn es um die Abberufung eines Aufsichtsratesmitgliedes aus wichtigem Grund geht (streitig; siehe dazu MünchKomm-AktG/Schröer, 136 Rn. 21). Eine analoge Anwendung kommt gleichfalls in Betracht, wenn es um den Ausschluss des Stimmrechts der Muttergesellschaft als Aktionärin geht, dass eigentliche Stimmverbot aber nicht in der Muttergesellschaft selbst, sondern in der Person eines ihrer Gesellschafter oder ihrer Organmitglieder vorliegt. Über die zitierten Beispielsfälle hinaus wird indessen der hier in Rede stehende Fall, dass es um die Gewährung einer Vergütung an ein Aufsichtsratsmitglied geht, nicht erwähnt. Unseres Erachtens ist daher ein Fall des Stimmverbots von vornherein nicht gegeben. bb) Ein solches Stimmverbot nach 136 AktG scheidet unseres Erachtens aber auch bezüglich des weiter zu fassenden Beschlusses aus, indem es um die Entlastung des Aufsichtsrates geht. Zwar ist der Entlastungsbeschluss von einem möglichen Stimmrechtsverbot nach 136 AktG umfasst. Wie Sie den beiliegenden Gutachten jedoch entnehmen können, kommt ein solches Stimmrechtsverbot, das nicht in der Person des eigentlichen Aktionärs selbst, sondern nur in der Person eines seiner Gesellschafter bzw. Organmitglieder vorliegt, nur dann in Betracht, wenn dieser Gesellschafter bzw. das Organmitglied einen maßgeblichen Einfluss auf das Stimmverhalten in der Gesellschaft selbst hat (MünchKomm-AktG/Schröer, 136 Rn. 42; Hüffer, 136 Rn. 14). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn er aufgrund seiner Organstellung rechtlich in
Seite 6 der Lage ist, in der Gesellschaft seine Interessen durchzusetzen. Ist wie im vorliegenden Fall einer von zwei gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführern einer GmbH in seiner Eigenschaft als Aufsichtsrat in der AG vom Stimmverbot des 136 AktG betroffen, so ist ein solcher maßgeblicher Einfluss zu verneinen. Weil er nicht alleinvertretungsberechtigt ist, sondern nur gesamtvertretungsberechtigt, hat er allenfalls ein Vetorecht und kann deshalb die Entscheidung der Gesellschaft nicht selbst herbeiführen. Vielmehr hat er nur blockierenden Einfluss. Solcher genügt nicht (MünchKomm- AktG/Schröer, 136 Rn. 42). In einem vergleichbaren Fall hat dies in der Rechtsprechung ausdrücklich auch das OLG Karlsruhe so entschieden (DB 2000, 1653 = AG 2001, 93). Diese Ausführungen des OLG Karlsruhe können auf den hier vorliegenden Sachverhalt nach unserer Auffassung uneingeschränkt übernommen werden. Ohne Bedeutung ist insbesondere, dass hier zwischen der Eigenschaft des A als Aufsichtsratsmitglied einerseits und seiner Eigenschaft als gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH andererseits noch eine KGaA gleichsam dazwischen geschaltet ist, die selbst die eigentliche Aktionärin der AG ist und bei der die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin ist. Entscheidend ist, dass die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin nach 278 Abs. 2 AktG i. V. m. 164, 170 HGB die KGaA vertritt und damit auch für die Ausübung des Stimmrechts in der AG seitens der KGaA zuständig ist. 3. Stimmverbot in der KGaA Soweit es schließlich um die Frage des Stimmverbots in der KGaA selbst geht, kann zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Darüber hinaus ist festzustellen, dass infolge der Normenhierarchie des 278 AktG hier das Stimmrechtsverbot des 136 AktG ebenso Platz greift (Großkomm-AktG/Assmann/Sethe, 4. Aufl. 2001, 278 Rn. 6). a) Vergütung des Aufsichtsrates Geht es um die Beschlussfassung über die Gewährung einer Vergütung an den Aufsichtsrat, greift das Stimmverbot des 136 AktG von vornherein nicht Platz. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. b) Entlastung des Aufsichtsrates Zweifelhaft ist demgegenüber, inwieweit das Stimmrechtsverbot des 136 AktG bei den fraglichen Entlastungsbeschlüssen in Betracht kommt. Stellt man auf das einzelne zu entlastende Aufsichtsratsmitglied ab, so hat dieses aufgrund seiner Organstellung in der Gesellschaft, die die einzige Kommanditaktionärin der KGaA ist, keinen maßgeblichen Einfluss. In dieser Gesellschaft existieren drei gesetzliche Vertreter, wobei jeweils zwei von ihnen gemeinschaftlich handeln können. Einer allein also kann seine Interessen nicht durchsetzen; auch kann er ein gemeinschaftliches Handeln der anderen beiden nicht verhindern. Andererseits ist allerdings zu bedenken, dass hier sämtliche vertretungsberechtigten Personen des Kommanditaktionärs selbst Aufsichtsratsmitglieder in der KGaA sind und von daher durch gemeinschaftliches Handeln von zwei Personen jeweils den nicht handelnden Dritten entlasten können und umgekehrt. Auch wenn wir zu der Konstellation keinerlei
Seite 7 Rechtsprechung oder Literatur haben nachweisen können, erscheint unseres Erachtens zweifelhaft, ob in diesem Fall nicht doch ein Fall der missbräuchlichen Stimmrechtsausübung oder sogar der analogen Anwendung des Stimmverbots des 136 AktG in Betracht kommt. Ein solcher Stimmrechtsmissbrauch wird in der Literatur diskutiert, für einen Aktionär, wenn das Stimmverbot in der Person eines Dritten an sich besteht und er mit dieser dritten Person persönlich verbunden ist (Münch- Komm-AktG/Schröer, 136 Rn. 30; Hüffer, 136 Rn. 16 unter Bezugnahme auf OLG Hamm, GmbHR 1989, 79 = NJW-RR 1988, 1439 im Falle einer Umgehung des Stimmrechtsverbots). c) Gegenseitige Ermächtigung Will man diese Unwägbarkeiten vermeiden, kommt nach unserer Auffassung eine gegenseitige Ermächtigung der vertretungsberechtigten Personen D, E und F in der Gesellschaft der Kommanditaktionärin entsprechend 78 Abs. 4 AktG und 125 Abs. 2 Satz 2 HGB in Betracht (vgl. dazu Gutachten DNotI-Report 2000, 49). Nach der heute wohl herrschenden Ansicht handelt es sich bei der Ermächtigung von einzelnen gesamtvertretungsberechtigten Organmitgliedern um eine Erweiterung der Gesamtvertretungsbefugnis zur Einzelvertretungsbefugnis. Liegt aber eine Einzelvertretungsbefugnis vor, ist für ein Stimmrechtsverbot alsdann nach 136 AktG kein Platz, wenn die ermächtigte Person selbst nicht vom Stimmrechtsverbot im konkreten Fall betroffen ist.