25 Jahre Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr. Das Altlastenprogramm der Bundeswehr



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Transkript:

25 Jahre Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr Das Altlastenprogramm der Bundeswehr 1

Herausgeber Bundesministerium der Verteidigung Referat IUD II 5 Boden- und Gewässerschutz Fontainengraben 150 53123 Bonn Projektsteuerung Bundesministerium der Verteidigung unterstützt durch OFD Niedersachsen Bau und Liegenschaften Waterloostraße 4 30169 Hannover Satz/Layout Ingenieurbüro Dr.-Ing. Christian Niestroj Dipl.-Geogr. Christoph Kolloge Geibelstraße 63 30173 Hannover Druck Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr DL I 4 - Zentraldruckerei Köln-Bonn Erscheinungsdatum Mai 2014 Auflage 1.000 Exemplare Copyright Die Broschüre 25 Jahre Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr ist urheberrechtlich geschützt, alle Rechte sind vorbehalten. Vervielfältigung und Verbreitung innerhalb der Bauverwaltungen des Bundes und der Länder sowie der Bundeswehr sind gestattet. Vervielfältigung und Verbreitung, im Auszug oder gesamt, außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Bauverwaltungen des Bundes und der Länder sowie der Bundeswehr bedürfen der schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. Bildnachweis Die Nutzungsrechte der nicht gesondert gekennzeichneten Bilder obliegen der OFD Niedersachsen. Auf dem Titelblatt sowie auf den Seiten 8, 24 und 27 sind Fotos der Website pixelio.de eingebunden. Die Seiten 10-11, 15, 17, 31, 34-36 sowie 38-43 enthalten Fotos und Grafiken der Website graphicriver.net. Hinweis Die Bezeichnungen Liegenschaftsinformationssystem Außenanlagen LISA und FIS BoGwS sind registrierte Markennamen der Bundesrepublik Deutschland. 2 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

25 Jahre Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr Das Altlastenprogramm der Bundeswehr 3

Inhalt 1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 3 3.1 3.2 3.3 4 4.1 4.2 5 5.1 5.2 6 6.1 6.2 7 7.1 7.2 8 Grußwort Einleitung Historie des Altlastenprogramms der Bundeswehr Beginn der flächendeckenden Altlastenuntersuchungen Hauptakteure Entwicklung von IT-Werkzeugen Gesamtkonzepte Neues Programm zum vor- und nachsorgenden Boden- und Grundwasserschutz an in Betrieb befindlichen militärischen Übungsanlagen Ausblick Konzeption des Altlastenprogramms Organisation und Aufgabenverteilung Verfahrensablauf der Kontaminationsbearbeitung Qualitätssicherung, Kompetenzbestätigung, Datenaktualität Arbeitshilfen Arbeitshilfen Boden- und Grundwasserschutz Weitere Arbeitshilfen FIS BoGwS, SDM und WEB-Client FIS BoGwS der Bauverwaltung SDM und WEB-Client der Bundeswehr Bilanz des Altlastenprogramms Bearbeitung von KVF und KF Aufgewendete Haushaltsmittel Fallbeispiele aus dem Wirkungsbereich der OFD Niedersachsen Standort Munster Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition in Meppen Pilotprojekt Untersuchung von Sprengplätzen 5 6 8 9 14 17 20 21 23 24 26 29 33 34 36 37 38 40 42 44 45 48 50 51 55 60 Abkürzungsverzeichnis 66 5

Grußwort Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wieninger Leiterin der Abteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen im Bundesministerium der Verteidigung Der Umweltschutz ist Bestandteil aller Planungen und Handlungen der Bundeswehr in Erfüllung ihres Auftrages. Vor diesem Hintergrund sieht sich die Bundeswehr im Umweltschutz in einer Vorbildfunktion. Dies gilt insbesondere auch für den Boden- und Gewässerschutz. Die oft jahrzehntelange militärische Vornutzung hat auf einer Vielzahl von durch die Bundeswehr genutzten Flächen zu Kontaminationen in Boden und Gewässern geführt. Aber auch die aktuelle Nutzung der Bundeswehr kann Kontaminationen verursachen. Im Rahmen des nachsorgenden Boden- und Gewässerschutzes betreibt die Bundeswehr seit nunmehr 25 Jahren die Kontaminationsbearbeitung auf Grundlage des Altlastenprogramms der Bundeswehr. Waren die bearbeiteten Liegenschaften früher im Eigentum der Bundeswehr, so ist das Liegenschaftseigentum seit Anfang 2011 sukzessive an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) übergegangen und die Bundeswehr nunmehr Mieterin der Flächen. Vereinbarungsgemäß führt die Bundeswehr aber auf den von ihr genutzten Liegenschaften die Kontaminationsbearbeitung über das Altlastenprogramm bis zur Rückgabe der Liegenschaft an die BImA nach Aufgabe der militärischen Nutzung eigenverantwortlich fort. der Bundeswehr. Bis heute wurden auf knapp 2.700 Liegenschaften über 15.000 kontaminationsverdächtige Flächen erfasst, ca. 6.500 untersucht und mehr als 750 saniert. Die aufgewendeten Haushaltsmittel belaufen sich auf über 440 Millionen Euro. In der Datenbank INSA sind hierzu über 50.000 Untersuchungspunkte erfasst und über eine Million Messergebnisse gespeichert. Mein besonderer Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Bundeswehr und Bauverwaltung, ohne deren Einsatz und Engagement diese Erfolgsgeschichte nicht möglich gewesen wäre. Auch zukünftig wird sich die Bundeswehr als Liegenschaftsnutzer den Herausforderungen des vorund nachsorgenden Boden- und Gewässerschutzes auf hohem Niveau und über die gesetzlichen Vorgaben hinaus stellen. Ich wünsche den Lesern dieser Broschüre eine informative Lektüre und interessante Einblicke sowohl in die Historie als auch in das aktuelle Geschehen der Kontaminationsbearbeitung sowie in zukünftige Herangehensweisen. Berlin, im Mai 2014 Die vorliegende Broschüre gibt einen Rückblick auf 25 Jahre erfolgreiche Kontaminationsbearbeitung Alice Greyer-Wieninger G R U ß w o r t 7

K A P I T E L 1 Einleitung Für die Bundeswehr ist die militärische Übungstätigkeit zur Erfüllung ihres Auftrages unerlässlich. Durch jahrzehntelange militärische Nutzung entwickelten sich viele Flächen auf Truppen- und Standortübungsplätzen zu wertvollen Biotopen und Naturreservaten. Von militärischer Übungstätigkeit und vom Betrieb militärischer Liegenschaften können jedoch andererseits auch Umweltbelastungen ausgehen. 8 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

An vielen Militärstandorten finden sich aufgrund der zum Teil langjährigen Nutzung sowohl Altlasten, Rüstungsaltlasten und Kampfmittel aus der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkrieges als auch Altlasten aus der Zeit des Kalten Krieges. Aber auch auf die militärische Nutzung durch die Bundeswehr sind schädliche Bodenveränderungen und Gewässerverunreinigungen zurückzuführen. Seit nunmehr 25 Jahren bearbeitet die Bundeswehr Kontaminationen auf den von ihr genutzten Liegenschaften. Das hierzu aufgestellte Altlastenprogramm der Bundeswehr stellt nach wie vor die umfassende, zielgerichtete und bundesweit einheitliche Bearbeitung von Kontaminationen sicher. Dabei wurde das Programm über die Jahre stets an aktuelle Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel neue gesetzliche Vorgaben und informationstechnische Entwicklungen, angepasst. Die Bearbeitungsabläufe wurden fortlaufend optimiert. Darüber hinaus hat die Bundeswehr aber auch den vorsorgenden Boden- und Gewässerschutz im Blick. So hat sie auf Grundlage des Altlastenprogramms ein neues Programm zur nachhaltigen Bearbeitung in Betrieb befindlicher militärischer Übungsanlagen initiiert, um langfristig einen uneingeschränkten und zugleich umweltgerechten militärischen Übungsbetrieb zu sichern. Für die Bundeswehr als Nutzer einer Vielzahl von Flächen, die Kontaminationen aufweisen, stellen beide Programme ein wichtiges Instrument zur Erfüllung ihrer Pflichten im Boden- und Gewässerschutz und auch darüber hinaus dar. Flankiert werden diese zum einen durch die Geohydrologischen Gesamtpläne (GhGPl) als spezielles Instrument zum vorsorgenden Gewässerschutz auf Übungsplätzen. GhGPl sind Folgepläne der Benutzungs- und Bodenbedeckungsplänen (BB-Pläne), die als GIS 1 -gestützte Planungs- und Managementinstrumente und militärische Flächennutzungspläne zur Gewährleistung einer gesetzeskonformen, nachhaltigen und bestimmungsgemäßen Nutzung von Übungsplätzen beitragen. Zum anderen unterstützen auch die Vorgaben zum Vorgehen und zum Meldewesen bei Unfällen mit wassergefährdenden Stoffen und die Durchführungsbestimmungen zu Manövern und anderen Übungen in Wasserschutzgebieten aktiv den vorsorgenden Boden- und Gewässerschutz. I n f o r m at io n Kampfmittel Die aus den Weltkriegen I und II resultierenden Gefahren durch Kampfmittel im Sinne von gewahrsamlos gewordenen Gegenständen zur Kriegsführung unterliegen dem Polizei- und Ordnungsrecht und werden daher grundsätzlich nicht über das Altlastenprogramm der Bundeswehr bearbeitet. Sind aus diesen Kampfmitteln jedoch Schadstoffe ausgetreten und haben Boden- und Gewässerkontaminationen verursacht, werden diese Kontaminationen über das Altlastenprogramm der Bundeswehr bearbeitet. Rüstungsaltlasten Als Rüstungsaltlasten werden im Wesentlichen Altablagerungen und Altstandorte der Militärproduktion und des Militärbetriebs vor 1945 zusammengefasst. Hierunter fallen nicht nur Munitionslagerstätten, Produktions- und Verarbeitungsstandorte, sondern zum Beispiel auch Entschärfungs- und Delaborierstellen. Die Bearbeitung von Rüstungsaltlasten erfolgt über das Altlastenprogramm der Bundeswehr. 1 Geoinformationssystem e i n l e i t u n g 9

K A P I T E L 2 Historie des Altlastenprogramms der Bundeswehr 10 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

2.1 Beginn der flächendeckenden Altlastenuntersuchungen Mit dem Ende des Kalten Krieges gingen grundlegende Veränderungen der gesellschaftlichen, politischen und militärischen Rahmenbedingungen einher. Diese führten Ende der 1980er Jahre zu einer Umorganisation der Streitkräfte vor allem in Mitteleuropa. Eine große Anzahl an Liegenschaften wurde aus der militärischen Nutzung entlassen und war auf zivile Nachnutzungen vorzubereiten. Für viele Liegenschaften änderten sich die militärischen Anforderungen. Hier stellte sich unmittelbar die Frage nach vorhandenen Kontaminationen und ihrem Gefährdungspotenzial. Zugleich entwickelte sich in Gesellschaft und Politik ein stärkeres Bewusstsein für Umweltaspekte. In seinem ersten Sondergutachten Altlasten hat der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen 1989 das Problem der Altlasten auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik Deutschland beschrieben und die Notwendigkeit einer systematischen Erfassung und Bewertung erkannt. Mit seinem zweiten Sondergutachten zu Altlasten im Jahr 1995 hat der Rat eine Vergrößerung der Dimension des Altlastenproblems festgestellt und ein mehrstufiges Bearbeitungsverfahren mit den drei Hauptphasen Erfassung, Gefährdungsabschätzung und Sanierung/Überwachung empfohlen. Die systematische Befassung mit Altlasten auf Liegenschaften der Bundeswehr begann im Jahr 1989 mit einer flächendeckenden Ersterfassung von Altlastenverdachtsflächen zunächst in Westdeutschland in einem Zeitraum bis etwa 1993. Zu den in den westlichen Bundesländern nun erkannten Problemen kamen nach der Wende die Liegenschaften auf dem Territorium der ehemaligen DDR hinzu. Im Zuge der Wiedervereinigung übernahm die Bundeswehr die Liegenschaften der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Durch den Abzug der Westgruppe der Truppen (WGT) der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) kamen noch weitere Liegenschaften hinzu. Um die Vielzahl dieser Flächen bearbeiten zu können, wurde 1991 das Altlastenprogramm Ost der Bundeswehr ins Leben gerufen. Viele der übernommenen Flächen waren aufgrund der jahrzehntelangen militärischen Nutzung und der auch noch in den späten 1980er Jahren gering ausgeprägten Umweltstandards vor allem im Bereich der WGT stark und häufig auch mehrfach kontaminiert. Belastungen in Boden und Grundwasser stellten zum Teil erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit dar. Im Fokus des Altlastenprogramms Ost stand daher zunächst die Beseitigung akuter Gefahren für Leben und Gesundheit, die im Rahmen von Sofortmaßnahmen erfolgte. Hierzu gehörte insbesondere auch die Entsorgung von Gefahrstoffen verschiedenster Art wie zum Beispiel Raketentreibstoffe und korrodierte Chemikaliengebinde. Anschließend begann die systematische Bearbeitung aller Alt- b e g i n n d e r f l ä c h e n d e c k e n d e n a lt l a s t e n u n t e r s u c h u n g e n 11

2 H i s t o r i e d e s A lt l a s t e n p r o g r a m m s Grundlage für den Start des Altlastenprogramms Ost 1991: Erlass des BMVg zur Erfassung von Altablagerungen und Altstandorten auf ehemaligen NVA- Liegenschaften, Oktober 1990 Quelle: Bundesministerium der Verteidigung lastenverdachtsflächen. Nach einem vorläufigen Handlungskonzept zur Erfassung und Erkundung von Altlastenverdachtsflächen auf Bundeswehrliegenschaften aus dem Jahr 1992 für das Altlastenprogramm Ost, in dem die Grundzüge des noch heute geltenden Verfahrens einer Bearbeitung in drei Phasen angewendet wurden, wurde im Jahre 1994 die Altlastenbearbeitung in der Bundeswehr erstmals umfassend und bundesweit einheitlich neu geregelt. Um allen Beteiligten ein verbindliches Handlungskonzept und damit Handlungssicherheit zu geben, wurde darüber hinaus 1996 die erste Version der Arbeitshilfen Altlasten zur Anwendung der baufachlichen Richtlinien für die Planung und Ausführung der Sicherung und Sanierung belasteter Böden kurz Arbeitshilfen Altlasten (heute Arbeitshilfen Boden- und Grundwasserschutz - AH BoGwS) herausgegeben. Das Dokument umfasste unter Anderem bereits Hilfen für die Ausschreibun- 12 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

gen und die Vergabe von Leistungen. Von Beginn an wurden die Arbeitshilfen gemeinsam vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und vom damaligen Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (BMBau, dann Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), jetzt Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB)) für alle Liegenschaften des Bundes herausgegeben. Bezog sich das ursprüngliche Programm nur auf bis 1990 stillgelegten Altanlagen und Altablagerungen, so war nun aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen eine Erweiterung auf alle Verdachtsflächen für schädliche Bodenveränderungen stofflicher Art, gleich welcher Herkunft und Entstehungszeit, erforderlich. Das Altlastenprogramm entwickelte sich somit zu einem umfassenden Kontaminations- Parallel dazu wurde die Datenbank Informationssystem Altlasten (INSA) (heute Informationssystem Boden- und Grundwasserschutz und Kampfmittel INSA, s. Kap. 2.3 und 5.1) entwickelt, welche aktuell von Bundeswehr und Bauverwaltungen des Bundes und der Länder gemeinsam genutzt wird. Eine entscheidende Weiterentwicklung erfuhr das Altlastenprogramm nach der Verabschiedung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) in den Jahren 1998 und 1999. Marine-Munitionsdepot Aurich - Tannenhausen: überdachter Sprengplatz bei Ausglühanlage Neutralisationsbecken Auszug aus dem ersten Zentralerlass des BMVg zum Altlastenprogramm der Bundeswehr aus 1994: Zusammenfassung aller bisherigen Erlasse zur Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr Quelle: Bundesministerium der Verteidigung 13

2 H i s t o r i e d e s A lt l a s t e n p r o g r a m m s bearbeitungsprogramm. Gemäß entsprechender Erlassregelungen des BMVg wurden somit in allen Liegenschaften Nacherfassungen von Flächen erforderlich, die bisher nicht betrachtet worden waren, da sich auf ihnen noch Anlagen in Nutzung befanden oder die aus anderen Gründen vorher nicht erfasst worden waren. Die Nacherfassungen dauern zum Teil heute noch an. Generell stellt das Altlastenprogramm kein statisches Instrument dar. Optimierungen wurden unter anderem in den Jahren 2005 bis 2007 und 2009 erlassen. Zur Erläuterung der Fortführung der Erfassung und Nacherfassung mit INSA, der allgemeinen Datenpflege in INSA und der Flächendarstellungen mit dem Liegenschaftsinformationssystem Außenanlagen (LISA) hat das BMVg im Jahr 2007 unter Anderem fünf Workshops mit allen Beteiligten aus Bundeswehr und Bauverwaltung durchgeführt. Die letzte Anpassung der Erlasslage des Altlastenprogramms erfolgte aufgrund der Neuorganisation der Bundeswehr mit einer neuen Bereichsdienstvorschrift Ende 2013. Auch die AH BoGwS werden fortlaufend angepasst. Die letzte offizielle, erstmals von der Europäischen Union notifizierte Neufassung stammt aus dem Jahr 2010. Darüber hinaus wurde im Jahr 2008 das Symposium zum Altlastenprogramm der Bundeswehr für alle Beteiligten aus Bundeswehr und Bauverwaltung sowie weiteren bundeswehr-internen und externen Interessierten zur Fort- und Weiterbildung und zum Erfahrungsaustausch initiiert und seitdem in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Altlastenprogramm der Bundeswehr 1989 Erste flächendeckende Ersterfassung von Altlastenverdachtsflächen auf Liegenschaften in Westdeutschland 1994 Grundsatzerlass zur bundesweiten Regelung der Altlastenbearbeitung in der Bundeswehr 1998 Verabschiedung des Bundes- Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) 1989 1991 Sondergutachten Altlasten des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen Altlastenprogramm Ost der Bundeswehr 1992 Vorläufiges Handlungskonzept 1996 Erste Version der Arbeitshilfen Altlasten 1999 Verabschiedung der Bundes-Bodenschutzund Altlastenverordnung (BBodSchV) 14 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

Weitere Programme der Bundeswehr, wie zum Beispiel das in den 1990er Jahren auf Grundlage neuer Anforderungen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) initiierte Tankstellenprogramm, trugen ebenfalls zum Boden- und Gewässerschutz bei. Mit dem Programm wurden alle Tankstellen zur Eigenversorgung der Bundeswehr geprüft und entsprechende Maßnahmen, wie zum Beispiel Stilllegung, Rückbau oder Erneuerung umgesetzt. Alle unterirdischen Anlagen, wie Lagerbehälter und Kraftstoffleitungen an Tankstellen, die vor 1985 errichtet worden waren, wurden aufgrund veralteter Technik, der langen Nutzungsdauer und damit verbundener hoher Wahrscheinlichkeit von Kontaminationen generell ausgebaut. Die offenen Baugruben wurden in Abstimmung mit den zuständigen Behörden auf Kontaminationen überprüft, und bei Bedarf wurden weitere Maßnahmen zur Untersuchung und Sanierung von Boden und Grundwasser eingeleitet. Anlagen ab Baujahr 1985 wurden über ein standardisiertes Bodengutachten im Einzelfall ebenfalls auf Kontaminationen geprüft. Auch hier wurden im Bedarfsfall weitere Maßnahmen eingeleitet. Die für einen Weiterbetrieb vorgesehenen Tankstellen wurden an die entsprechenden Länderverordnungen angepasst. Hierbei galt es, Anforderungen wie zum Beispiel doppelwandige Behälter mit Lecküberwachung und flüssigkeitsundurchlässige Domschächte oder Auffangwannen für Tropfverluste an Zapfsäulen einzuhalten. 2003 Einführung der Arbeitshilfen Bodenund Grundwasserschutz (AH BoGwS) 2006 BMVg initiiert das Pilotprojekt Untersuchung von Sprengplätzen auf Übungsplätzen der Bundeswehr 2010 Aktualisierung und Notifizierung der AH BoGwS 2013 Bereichsdienstvorschrift des BMVg, Grundsatzregelungen zur Kontaminationsbearbeitung (3. Fortschreibung des Altlastenprogramms der Bundeswehr) 2005-2007 2009 2012 2014 Optimierungen und Grundsatzerlass des BMVg zur Kontaminationsbearbeitung in der Bundeswehr (1. Fortschreibung des Altlastenprogramms der Bundeswehr), neues Berichtswesen und Einführung der Nacherfassung Erlass BMVg zur 2. Fortschreibung des Altlastenprogramms der Bundeswehr BMVg führt das Programm Übungsanlagen der Bundeswehr ein Aktualisierung der AH BoGwS b e g i n n d e r f l ä c h e n d e c k e n d e n a lt l a s t e n u n t e r s u c h u n g e n 15

2 H i s t o r i e d e s A lt l a s t e n p r o g r a m m s 2.2 Hauptakteure Hauptakteure damals und auch heute sind im Wesentlichen die frühere Territoriale Wehrverwaltung und damit der jetzige Organisationsbereich Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (IUD) sowie die Bauverwaltungen des Bundes und der Länder. Die strategische Ausrichtung und die wehrbereichsübergreifende Überwachung des Altlastenprogramms erfolgten in der Vergangenheit im BMVg in der Abteilung Wehrverwaltung. Die Durchführung des Altlastenprogramms war von Anfang an in der Territorialen Wehrverwaltung verankert. Die damaligen Wehrbereichsverwaltungen (WBV) fungierten als zentrale Stelle zur Koordination der Kontaminationsbearbeitung. Die Ersterfassungen wurden in der Regel durch Fachpersonal der damaligen Standortverwaltungen (StOV) durchgeführt. Wie bei den klassischen Infrastrukturmaßnahmen bedient sich die Bundeswehr im Rahmen der Organleihe auch in ihrem Altlastenprogramm der Bauverwaltungen des Bundes und der Länder. Um ein einheitliches Verfahren und insbesondere eine einheitliche Bewertung der von den Altlasten ausgehenden Gefahren sicherzustellen, wurde frühzeitig die Leitstelle des Bundes bei der damaligen Oberfinanzdirektion Hannover (heute: OFD Niedersachsen) durch das damalige BMBau und das BMVg länderübergreifend eingerichtet. Ab dem Jahr 2000 wurden in den Bauverwaltungen der Länder nach und nach Leitstellen Boden- und Grundwasserschutz (Leitstellen BoGwS) als koordinierende Stellen und Ansprechpartner für die Territoriale Wehrverwaltung ausgebracht. Darü- ber hinaus wurde die Fachexpertise der Geologen des Geophysikalischen Beratungsdienstes der Bundeswehr (ab 2006 Geoinformationsdienst der Bundeswehr) genutzt. Die Geologen unterstützten insbesondere im Rahmen von Geländebegehungen der Phase I und bei Sofortmaßnahmen, bewerteten externe geologische Gutachten und berieten die Territoriale Wehrverwaltung in geologischen Fragestellungen. Im Jahr 2002 wurde in jeder der vier WBVen ein Dienstposten für den Fachbereich Bodenschutz geschaffen. Damit wurde zum Einen eine koordinierende Stelle für die Kontaminationsbearbeitung in jedem Wehrbereich, analog zu den Leitstellen BoGwS der Bauverwaltungen der Länder, und zum Anderen erforderliche Fachexpertise in der Territorialen Wehrverwaltung etabliert. Mit der Neuorganisation der Bundeswehr sind die Aufgaben des Geoinformationsdienstes im Bereich Kontaminationsbearbeitung 2013 vollständig in den neuen Organisationsbereich IUD in Nachfolge der Territorialen Wehrverwaltung (WBVen und Bundeswehr-Dienstleistungszentren (BwDLZ, in Nachfolge der StOV)) übergegangen. Somit liegt nun der gesamte Sachverstand für die Kontaminationsbearbeitung im Grundbetrieb auf den Liegenschaften im Inland in einer Hand (Einzelheiten siehe Kapitel 3.1). 16 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

Munitionslagerhäuser Bunker aus dem Zweitem Weltkrieg, nicht vollständig zurückgebaut Einbindung des Geophysikalischen Beratungsdienstes der Bundeswehr zur Bearbeitung von kontaminierten Standorten, April 1990 Quelle: Bundesministerium der Verteidigung H a u p ta k t e u r e 17

2 H i s t o r i e d e s A lt l a s t e n p r o g r a m m s Standorte und Zuständigkeitsbereiche der Kompetenzzentren Baumanagement K6 des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr Kiel I Schleswig- Holstein Nord Hamburg Mecklenburg- Vorpommern Niedersachsen Bremen Hannover Berlin Strausberg Brandenburg Düsseldorf Nordrhein- Westfalen Sachsen- Anhalt III Ost II West Sachsen Thüringen Wiesbaden Hessen Rheinland- Pfalz Standorte Saarland Stuttgart Bayern Baden- Württemberg IV Süd München Ehemalige Wehrbereiche I Nord Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein II West Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland- Pfalz, Saarland III Ost Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen IV Süd Baden-Württemberg, Bayern 18 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r

2.3 Entwicklung von IT-Werkzeugen Im rahmen der Kontaminationsbearbeitung werden große Mengen an spezifischen Daten generiert. Deren lückenlose Dokumentation ist für die weitere Bearbeitung, die Liegenschaftsnutzung, sowie auch im rahmen der Abgabe militärisch entbehrlicher Liegenschaften von großer Bedeutung. Informationssystem Altlasten (INSA) Von Beginn an wurde daher die Abwicklung der Kontaminationsbearbeitung durch ein DV-gestütztes Steuerungsinstrument unterstützt. Parallel zur Entwicklung einer einheitlichen Methodik zur Altlastenbearbeitung wurden auch die Arbeiten an einem Informationssystem Altlasten (INSA) vorangetrieben. Die erste Datenbank entstand 1991 im dbase-format. Nachdem man die große Menge an Daten mit dieser Datenbank nicht mehr sicher handhaben konnte, begann in den Jahren 1992/1993 die Weiterentwicklung zu einem leistungsfähigen Informationssystem auf der Basis einer Oracle-Datenbank. Im Juni 1996 wurde das Pilotprojekt INSA für das Altlastenprogramm Ost e n t w i c K L u n g v o n i t- w e r K z e u g e n 19

2 H I S T O r I E D E S A LT L A S T E N P r O G r A M M S bei der damaligen Wehrbereichsverwaltung Ost in Strausberg in Betrieb genommen. Mit dieser ersten INSA-Version (INSA 1) unter Windows war erstmals die effektive Nutzung und Auswertung der Daten im Rahmen der damaligen technischen Möglichkeiten gegeben. Für die externe Datenerfassung bei Auftragnehmern wurde darüber hinaus das Programm EFA entwickelt. Die Einbindung von INSA und EFA in das Regelverfahren wurde Mitte der 1990er Jahre mit den Arbeitshilfen Altlasten umgesetzt und auf das gesamte Altlastenprogramm der Bundeswehr ausgedehnt. Mit der Version INSA 2 wurde im Jahr 1999 auch die Phase III des Altlastenprogramms abgedeckt und der durch das Bundes-Bodenschutzgesetz belegte Begriff Altlasten durch den umfassenderen Begriff Boden- und Grundwasserschutz ersetzt. Im Jahr 2004 wurde das INSA mit der Version 3 zu einer modernen Java-Anwendung. Die Datenerfassung berücksichtigte nunmehr auch Flächen als Geodaten. Zur Führung des INSA und als erste Ansprechstelle für den Auftraggeber Bundeswehr wurden bis zum Jahr 2006 in allen Bauverwaltungen der Länder Entwicklung des Informationssystems Altlasten 1991 Aufbau und Betrieb einer Datenbank im dbase-format 1995 Einführung INSA und EFA in der Bauverwaltung 1999 INSA2 mit Integration der Phase III und Informationssystem Bodenund Grundwasserschutz 1992 Erlass BMBau zum Aufbau eines Fachinformationsystems Altlasten; Entwicklungsbeginn des Informationssystems Altlasten INSA1 1996 Einrichtung INSA in der WBV Ost 20 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r b u n d e s w e h r

Leitstellen BoGwS eingerichtet. Mit Einführung des INSA im Lesezugriff im Jahr 2007 in der Bundeswehr konnten nun auch die Bearbeiter der Bundeswehr das INSA selbst direkt zur Auskunft, Steuerung, Kontrolle sowie für eigene Auswertungen des Datenbestandes nutzen. Für die notwendigen Nacherfassungen wurde in der Bundeswehr 2007 der sogenannte Web-Client eingeführt. Darüber hinaus hat die Bundeswehr mit dem Spatial Data Management (SDM) ein Managementinstrument für flächenbezogene Umweltdaten implementiert (siehe hierzu auch Kapitel 5.2). Im vorerst letzten Entwicklungsschritt wurde im Jahr 2012 im INSA eine Dokumentenverwaltung (LDV) zur Ablage aller Gutachten, Protokolle und sonstiger wichtiger Unterlagen eingeführt. Seit 2013 ist im INSA darüber hinaus auch die Dokumentation von Projekten der Erkundung, Bewertung und Räumung von Kampfmitteln möglich. Im Laufe der Jahre wurde das INSA zum Fachinformationssystem Boden- und Grundwasserschutz (FIS BoGwS) ausgebaut (siehe hierzu auch Kapitel 5.1). 2007 Nutzung INSA in der Bundeswehr und Anbindung des INSA Web-Client 2013 Integration Kampfmittelräumung in INSA 2004 INSA 3 2006 Verbindliche Einrichtung der Leitstellen BoGwS zur INSA-Führung 2012 Einführung des Dokumentenverwaltungssystems im INSA (LDV) 2014 INSA4 und Auskunftssystem BoGwS unter LISA2 e n t w i c K L u n g v o n i t- w e r K z e u g e n 21

2 H i s t o r i e d e s A lt l a s t e n p r o g r a m m s 2.4 Gesamtkonzepte Die Bundeswehr nutzt eine große Anzahl an Liegenschaften mit vielschichtiger Historie. Damit sind in vielen Fällen komplexe Boden- und Gewässerverunreinigungen verbunden, deren Bearbeitung einer besonderen Koordinierung bedarf. Im Rahmen des Altlastenprogramms erfolgte im Laufe der Jahre zunächst eine Bearbeitung von akuten Gefahrenstellen und Kontaminationsschwerpunkten. Darüber hinaus waren abhängig von Kampfmittelräumungen Raumforderungen des militärischen Nutzers zu erfüllen. Im Zusammenhang mit der häufig eher punktuellen sowie sehr langfristigen Bearbeitung war ein umfassender Überblick über alle bisher durchgeführten Maßnahmen und deren Ergebnisse sowie noch ausstehender Maßnahmen und Nacherfassungen im Gesamtkontext aller Umweltmedien und Gefährdungspfade oft nicht mehr direkt möglich. Gleiches gilt für Standorte mit mehreren unmittelbar benachbarten Liegenschaften, die jeweils einer Einzelbearbeitung unterlagen. Um in solchen Liegenschaften die Bearbeitung zu konzentrieren, verfolgt die Bundeswehr seit einigen Jahren mit den sogenannten Gesamtkonzepten eine neue Strategie. Ziel ist, die Kontaminationsbearbeitung auf diesen Liegenschaften über eine haushalterische Gesamtmaßnahme nach einem vorgegebenen Zeit- und Priorisierungsplan unter Berücksichtigung der gesamten Bearbeitungshistorie vollständig abzuschließen. Die Gesamtkonzepte enthalten daher im ersten Teil eine Zusammenfassung der bisherigen Kontaminations- und Bearbeitungshistorie einschließlich des derzeitigen Bearbeitungsstandes und laufender Einzelmaßnahmen. Nacherfassungen und sonstige Maßnahmen, wie Rückbau- oder Kampfmittelräummaßnahmen, werden hier ebenfalls berücksichtigt. Auf dieser Grundlage wird im zweiten Teil ein umweltmedien- und maßnahmenübergreifendes Konzept der noch fehlenden Bearbeitungsschritte und Folgemaßnahmen erstellt. Es enthält detaillierte Angaben zur weiteren Abarbeitung aller Kontaminationsverdachtsflächen (KVF) und kontaminierten Flächen (KF) in den Phasen I bis III mit den aus fachlicher Sicht noch zu treffenden einzelnen Folgemaßnahmen, einen entsprechenden Zeit- und Priorisierungsplan sowie eine Kostenschätzung. Nacherfassungen und ggf. erforderliche weitere Maßnahmen, wie Kampfmittelräumung und Rückbau von Altanlagen, werden ebenso einbezogen. Hierbei werden die aktuellen Nutzungskonzepte der Truppe berücksichtigt. Die Gesamtkonzepte werden so erstellt, dass sie als Grundlage oder ggf. bereits als Teil V einer Entscheidungsunterlage (ES)- Bau verwendet werden können. Anhand des Gesamtkonzeptes erfolgt die abschließende Bearbeitung im Rahmen des Altlastenprogramms in Abstimmung mit den zuständigen Behörden und unter Einbezug der betroffenen Nutzer, insbesondere bezüglich möglicher Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Bis dato sind zehn Gesamtkonzepte beauftragt oder befinden sich bereits in der Umsetzung. Beispiele sind in Kapitel 7.1 und 7.2 aufgeführt. 22 K o n ta m i n at i o n s b e a r b e i t u n g i n d e r B u n d e s w e h r