Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Christine Schlitzer*, Deutsche Bundesbank * Christine Die Verfasserin Schlitzer, gibt Deutsche ihre persönliche Bundesbank Auffassung wieder, die nicht unbedingt mit derjenigen der Deutschen Bundesbank übereinstimmen muss. Seite 1
Inhalt 1. Hintergrund & Motivation 2. Analysemöglichkeiten 3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt 4. Zusammenfassung Seite 2
1. Hintergrund & Motivation Der Wohnimmobilienmarkt spielt für die Realwirtschaft, das Finanzsystem, die Finanzstabilität und den monetären Transmissionsprozess eine wichtige Rolle. Im Jahr 2010 vollzog sich auf dem deutschen Immobilienmarkt eine Trendwende, die sich durch deutlich ansteigende Preise auszeichnete. Um beurteilen zu können, ob dadurch Risiken für die Gesamtwirtschaft und insbesondere für die Finanzstabilität ausgehen, entwickelte die Bundesbank einen Satz an Indikatoren, der einen umfassenden Überblick über die Lage auf dem Immobilienmarkt liefert. Seite 3
2. Analysemöglichkeiten 1. Der Verlauf jeder einzelnen Kennzahl wird gesondert betrachtet. 2. Die Informationen werden zu einer einzigen Zeitreihe, einem sogenannten Composite Indicator, verdichtet. 3. Es wird eine übersichtliche Auswahl an besonders aussagekräftigen Variablen analysiert. Seite 4
2. Analysemöglichkeiten Berücksichtigung aller vorhandenen Informationen Eine Überladung mit Informationen birgt die Gefahr, dass relevante Entwicklungen in der Menge an Indizes übersehen werden. Viele Kennzahlen weisen durch ihre volkswirtschaftlichen Zusammenhänge bedingt sehr ähnliche Trends auf, weswegen aus der gesonderten Analyse dieser Variablen keine zusätzlichen Informationen gewonnen werden können. Ein Überblickscharakter, der relevante Sachverhalte klar herausstellt, soll im Vordergrund stehen. Seite 5
2. Analysemöglichkeiten Composite Indicators Komplexe Zusammenhänge werden auf ein als einfach erachtetes Maß reduziert. Die Wahl der Indikatoren und des Wägungsschemas sind nicht eindeutig. Es besteht die Gefahr, dass unterschiedliche Entwicklungen einzelner Variablen sich kompensieren. Die Vielschichtigkeit des Wohnimmobilienmarktes lässt sich nicht adäquat in einem einzigen zusammengesetzten Indikator abbilden. Seite 6
2. Analysemöglichkeiten Übersichtliche Anzahl aussagekräftiger Kennzahlen Eine übersichtliche Anzahl aussagekräftiger Indikatoren ermöglicht eine transparente, unverzerrte und nachvollziehbare Einschätzung der Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt. Daher stützt sich das Indikatorensystem auf eine strukturierte Darstellung aus drei Blickwinkeln: von der Preisseite sowie aus Sicht der Real- und Finanzwirtschaft. 1. Preis- und Bewertungsindikatoren, z. B. Preis/Mietsverhältnis und Preis/Einkommensverhältnis 2. Finanzierungsseitige Indikatoren, z. B. Wohnungsbaukredite und Erschwinglichkeitsindikatoren 3. Realwirtschaftliche Indikatoren, z. B. Baufertigstellungen und Transaktionen Seite 7
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Seite 8
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Preise für Wohnimmobilien Die Preise für Häuser und Wohnungen sind im Durchschnitt des Jahres 2014 um 4½% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die starke Aufwärtsbewegung der letzten Jahre hat damit etwas an Dynamik verloren. Die Preise für Eigentumswohnungen zogen um 5½% an, Häuser verteuerten sich um knapp 3½%. Im Vergleich zu den Indizes für 127 Städte und die sieben größten Städte verläuft das Gesamtaggregat erwartungsgemäß moderater. Jedoch hat sich der Preisanstieg über die betrachteten Landesteile hinweg angeglichen. Seite 9
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Wohnungsmieten Destatis ermittelt, primär für Bestandsimmobilien, einen Mietpreisanstieg von 1,5% im Mittel des letzten Zwölfmonatszeitraums. Gemäß der bulwiengesa AG erhöhten sich die Neuvertragsmieten im gesamten Bundesgebiet 2014 um 3,6% im Vergleich zu 2013. Die Kaufpreise steigen relativ stärker als die Mietpreise. Die Dynamik der Mieten hat allerdings zugenommen, während sich die der Kaufpreise abgeschwächt hat. Seite 10
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Kaufpreis/Jahresmietsverhältnis von Eigentumswohnungen Seit Beginn dieses Jahrzehnts sind die Kaufpreis/Jahresmietsverhältnisse in weiten Teilen des Landes deutlich angewachsen, zuletzt mit nachlassender Dynamik. In 127 Städten sind gut 23¾ Jahresmieten als Kaufpreis zu veranschlagen, in den sieben größten Städten gar rund 26. Da sich die Dynamik der Kaufpreise im Gegensatz zu jener der Mietpreise verlangsamt hat, steigt der Vervielfältiger jedoch nicht mehr in dem Maße wie noch in den letzten Jahren. Seite 11
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Standardindikatoren zur Beurteilung von Wohnimmobilienpreisen Anhand des Kaufpreis/Einkommensverhältnises ist überprüfbar, ob sich die Immobilienpreise im Einklang mit den gegenwärtigen wirtschaftlichen Grundlagen der privaten Haushalte entwickeln. Werden für eine umfassende Beurteilung der Erschwinglichkeit die Zinskonditionen für Hypothekarkredite im Neugeschäft mit in den Blick genommen, so erkennt man eine substanzielle Verbesserung seit Beginn der Finanzkrise. Seite 12
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Aktivitätsindikatoren für den Wohnimmobilienmarkt Die Preisbewegungen sind Ausdruck der verzögerten Angebotsausweitung. Seite 13
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Finanzierungsseitige Indikatoren für den Wohnimmobilienmarkt Trotz der niedrigen Zinsen steigen die Wohnungsbaukredite nur mäßig an. Seite 14
4. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Vervielfältiger für Eigentumswohnungen 2014 50 45 40 35 30 25 20 Große Streuung auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Spannweite des Vervielfältigers reicht von unter 13 in Sömmerda (Thüringen) bis zu 30 in München. Die bestehenden Süd-Nord- und West-Ost-Gefälle haben sich weiter verfestigt. Sondereffekte aufgrund der Heterogenität von Festland- und Inselpreisen. 15 Verhältnis Kaufpreis zu Jahresmieten Eigene Berechnungen auf Basis von Angaben der bulwiengesa AG Seite 15
3. Indikatorensystem Deutscher Wohnimmobilienmarkt Entwicklung der Kaufpreise für Eigentumswohnungen 2014 12 10 8 6 4 2 0-2 -4 Die kräftigen Preissteigerungen traten zunächst in städtisch geprägten Regionen auf. Im Berichtsjahr nahmen die Unterschiede bei den Preissteigerungen zwischen den Regionen wieder ab. Vor allem hat sich der Preisauftrieb auf den großstädtischen Wohnungsmärkten deutlich verringert. Veränderung gegen Vorjahr in % Eigene Berechnungen auf Basis von Angaben der bulwiengesa AG Seite 16
4. Zusammenfassung Das Indikatorensystem hat zur Aufgabe, einen schnellen und umfassenden Überblick über die Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt zu liefern. Deshalb besteht das Set aus einer übersichtlichen Auswahl an besonders aussagekräftigen Variablen. Die Immobilienpreise in Deutschland sind seit 2010 deutlich angestiegen, zuletzt mit abnehmender Beschleunigung des Preistrends. Die Preisbewegungen sind Ausdruck anhaltend günstiger Nachfragebedingungen sowie der verzögerten Angebotsausweitung. Trotz der niedrigen Zinsen steigen die Wohnungsbaukredite nur mäßig an. Der Preisauftrieb auf den großstädtischen Wohnungsmärkten hat sich deutlich verringert. Seite 17
Kontakt Christine Schlitzer Deutsche Bundesbank Zentrale Allgemeine Wirtschaftsstatistik Wilhelm-Epstein-Straße 14 60431 Frankfurt am Main Tel.: 069 9566-3520 Fax: 069 9566-2941 E-Mail: christine.schlitzer@bundesbank.de www.bundesbank.de Seite 18
Entwicklung der verfügbaren Einkommen pro Haushalt in Deutschland Das nominale verfügbare Einkommen pro Haushalt ist seit Beginn des Jahres 2010 bis Ende 2014 um rund 12% gestiegen. Die Kaufpreise für selbst genutztes Wohneigentum in Deutschland sind nach Angaben des vdp im vergleichbaren Zeitraum um 16% gestiegen. Dennoch ist die Annuitätsbelastung im selben Zeitraum trotz gestiegener Preise aufgrund des niedrigen Zinsniveaus um 11% zurück gegangen. Seite 19