Risk Governance von unternehmensverbundenen Stiftungen

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Transkript:

Risk Governance von unternehmensverbundenen Stiftungen Prof. Dr. Andreas Dutzi 4. Risk Governance Konferenz Siegen, 12. Oktober 2016 Prof. Dr. Andreas Dutzi Seite 1 1

Agenda Gliederung 1. Problematik & Motivation 2. Grundlagen des Stiftungsmanagements 3. Fallstudien 4. Implikationen Seite 2 2

Problematik & Motivation Nutzung von Stiftungen im Unternehmenskontext Stiftungen sind in Deutschland sehr populär Dezember 2015: 21,301 Stiftungen (95% non-profit, ~3-6% unternehmensverbundene Stiftungen) Ursprung: Widmung von Vermögen einem bestimmten Zweck über einen bestimmten oder unbestimmten Zeitraum hinaus Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Gewährleistung nachhaltiger wirtschaftlicher Aktivität, über die Gewährleistung der Unternehmensfinanzierung, bis hin zur Lösung von Nachfolgeproblemen Ebenso: Werkzeug zur Sicherung von Macht und Kontrolle innerhalb von (Familien-)Unternehmen Seite 3 3

Problematik & Motivation Stiftungsbestand in Deutschland 25.000 20.000 15.000 10.000 20.784 21.301 20.150 19.551 18.946 18.162 17.372 16.406 15.449 14.401 13.490 12.670 12.000 11.277 10.503 5.000 0 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Stiftungsbestand zum 31.12. Linear (Stiftungsbestand zum 31.12.) Vgl. https://www.stiftungen.org/fileadmin/bvds/de/forschung_und_statistik/statistik_2016/stiftungsbestand_2015.pdf Seite 4 4

Problematik & Motivation Risk Governance Transfer von Substanz und Kernprinzipien der Governance in den Kontext risikobezogener Entscheidungsfindung Globalisierte Welt charakterisiert durch zunehmende Verwobenheit, sozialem Netzwerken und hochfrequentem technischen Fortschritt Gefahr steigender Verwundbarkeiten Gefahr neue Risiken zu schaffen, welche weitreichende Folgen haben und über längere Zeit wirken können Stiftungen als Problemlösungsmodell? Seite 5 5

Grundlagen des Stiftungsmanagements Stiftungstypen Stiftungen Stiftungen privaten Rechts Stiftungen öffentlichen Rechts Unternehmensverb. Stiftungen Sonstige Stiftungen Unternehmensstiftungen Verwaltungsstiftungen Förderstiftungen Familienstiftungen Mittelgenerierung Mittelverwendung Seite 6 6

Grundlagen des Stiftungsmanagements Stiftungserrichtung Eigentumsrechte Gründerfamilie festgelegte Ausschüttungen Vorstand Stiftungen Familienunternehmen Gründerfamilie Eigentumsrechte (Familien-) Unternehmen hohe Regulierungsdichte niedrige Regulierungsdichte Seite 7 7

Grundlagen des Stiftungsmanagements Analyseraster Stiftungen sind sehr vielseitig und können auf unterschiedlichste Art und Weise genutzt werden Daraus resultieren sehr heterogene Risikostrukturen Strategische Ebene Operative Ebene Personelle Ebene Firm 3F-Modell Family Foundation Seite 8 8

Fallstudien Fall: LIDL Gründungsjahr: 1972, Gründer: Josef Schwarz 1977: Dieter Schwarz übernahm nach dem Tod seines Vaters die Kontrolle über das Unternehmen (zu diesem Zeitpunkt 30 Niederlassungen) Regionale Aufteilung in zwei Geschäftsbereiche: Lebensmitteldiscounter (LIDL) und klassische Kaufhäuser (Kaufland) 1988 LIDL: 460 Niederlassungen in Deutschland und Beginn der internationalen Expansion 1999 Dieter Schwarz zieht sich aus der Geschäftsführung zurück und transferiert seine Besitzrechte an die Dieter Schwarz Stiftung ggmbh 38 Regionalgesellschaften, 3.300+ LIDL Niederlassungen, 600+ Zweckgesellschaften Seite 9 9

Fallstudien Fall: LIDL Familie Schwarz Familien -stiftung I festgelegte Ausschüttungen Dieter Schwarz Stiftung ggmbh Familien -stiftung II Strategischer Einfluss Schwarz Unternehmenstreuhand KG 0% Stimmrechte 99,9% Besitzrechte Schwarz Beteiligungs GmbH (Holding) 0,1% Besitzrechte 100% Stimmrechte Seite 10 10

Fallstudien Fall: ALDI Nord Gründungsjahr 1948 (Albrecht KG), Gründer: Karl und Theo Albrecht Umsetzung des Discountermarktkonzepts in Deutschland Hohe Wachstumsraten: (1954: 77; 1955: 100; 1961: 300 Niederlassungen) 1961: Spaltung der Gesellschaft in Aldi-Nord (Theo Albrecht) und Aldi-Süd (Karl Albrecht) 35 dezentrale Regionalgesellschaften mit ca. 2,400 Märkten in Deutschland 1973: Übertragung der Gesellschafteranteile in eine Unternehmensstiftung Seit 1970: Internationale Expansion (Niederlande, Belgien, Dänemark ) Prof. Dr. Andreas Dutzi Seite 11 11

Fallstudien Fall: ALDI Nord Strategischer Einfluss Familie Albrecht T C Markus Stiftung ~50% B Strategischer Einfluss ~25% Familie Albrecht T Lukas Stiftung HUTHA Holding Strategischer Einfluss ~25% Familie Albrecht B Jakobus Stiftung 100% 100% WEBA Holding Deutsche Regionalgesellschaften (KG) 50% Internationale Holding 50% Prof. Dr. Andreas Dutzi Seite 12 12

Implikationen Ergebnisse aus den Fallstudien (I) Strategische Ebene Nutzung von teilweise sehr komplexen Organisationsstrukturen, um regulative Vorteile (z.b. Publizität) nutzbar zu machen (ALDI, LIDL) Steuerung der Unternehmen durch eine Stiftung/Doppelstiftung (ALDI) oder einer Stiftung & Co. (LIDL), um feindliche Übernahmen zu verhindern Strategische Entscheidungen verbleiben trotz Stiftungsmodelle in der Hand der Gründer/-familien (ALDI, LIDL) Klassische interne Governance-Mechanismen (z.b. Beiräte) werden nicht bzw. kaum genutzt (ALDI, LIDL) Wettbewerb auf den Gütermärkten als stärkster externer Governance- Mechanismus (ALDI, LIDL) Seite 13 13

Implikationen Ergebnisse aus den Fallstudien (II) Operative Ebene Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung des Unternehmens erfolgt primär durch organisches Wachstum (ALDI, LIDL) Unternehmensvermögen verbleibt durch Satzungsgestaltungen in den unternehmensverbundenen Stiftungen und kann nicht vollständig ausgekehrt werden (ALDI, LIDL) (Gründer-)Familien erhalten durch entsprechende Vorgaben in den Stiftungssatzungen definierte Ausschüttungen (ALDI, LIDL) Aktuelles Niedrigzinsumfeld beeinträchtigt das Spektrum der Investitionsmöglichkeiten Seite 14 14

Implikationen Ergebnisse aus den Fallstudien (III) Personelle Ebene Spillover-Effekte aus der (Gründer-)familie in die Stiftung bzw. Unternehmen (ALDI) Omnipräsenz der (Gründer-)familie in den Organen der einzelnen Unternehmenseinheiten (LIDL) Kaum (LIDL) bzw. keine (ALDI) externe Besetzung von Stiftungsgremien Risiko der Entfremdung im Zeitablauf durch Nutzung eines Stiftung & Co.- Modells (LIDL) Seite 15 15

Implikationen Fazit Einsatz von Stiftungsmodellen im unternehmerischen Kontext weist einige nennenswerte Vorteile für (Familien-)Unternehmen auf Praxis von unternehmensverbundenen Stiftungen zeigt gleichsam Problembereiche auf strategischer, operativer und personeller Ebene auf, die bislang nicht in allen Fällen berücksichtigt werden Kenntnis von Langzeiteffekten sind in diesem Kontext nicht vollständig bekannt Seite 16 16