Die EU-Verordnung 536/2014 aus Sicht der Ethik-Kommissionen

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Transkript:

Die EU-Verordnung 536/2014 aus Sicht der Ethik-Kommissionen BfArM im Dialog Bonn, 23. Januar 2015 Prof. Dr. Joerg Hasford Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.v. Email: med.ethik.komm@netcologne.de Web: www.ak-med-ethik-komm.de Vorbemerkung Die Ausführungen entsprechen der persönlichen Auffassung des Referenten und repräsentieren nicht notwendigerweise die Auffassungen des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen in Deutschland. 1

Inhalt - Gliederung Grundlagen und Aufgaben der Ethik-Kommission bei der Bewertung klinischer Prüfungen Das Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen von Arzneimitteln: Bisherige Regelung nach AMG Neuerungen gemäß der EU-Verordnung 536 - Prozedural - Schutz der Versuchsperson Schlussfolgerungen Rolle der Ethik-Kommission Seit der 12. Novelle des AMG (2004) Praktisch alle Arzneimittelstudien bedürfen der zustimmenden Bewertung der zuständigen EK Verfahrensabläufe sind gesetzlich geregelt Aufgaben sind rechtlich definiert: Schutz der Rechte, der Sicherheit und das Wohlergehen von betroffenen Personen zu sichern und diesbezüglich Vertrauen der Öffentlichkeit zu schaffen. GCP-V 3 (2c) Die EK wird zu einer Institution für Patientenschutz mit behördenartigem Charakter. 2

Selbstverständnis der Ethik-Kommissionen Patientenschutz und Forschungsfreiheit sicherzustellen, d.h. ethisch-rechtlichen Standards entsprechende Forschung proaktiv zu ermöglichen gesetzeskonforme Erfüllung der Aufgaben kollegiale Beratung Kollegen/innen vor Haftungs- und sonstigen Risiken zu schützen Grundlagen der Medizinethik Deontologische Ethik (Pflichten-Ethik) (seit Hippokrates, wendet sich an Ärzte) Vertraulichkeit und Schweigepflicht. Der Arzt dient nur dem Wohlergehen des Patienten. Er schadet nicht und wendet Schaden ab. Dankbarkeit gegenüber den Lehrern und Bereitschaft sein Wissen und Erfahrungen zu teilen Einstellungs- und handlungsorientiert 3

Grundlagen der Medizinethik Prinzipien-Ethik(z.B. Belmont Report, Beauchamp und Childress): Vier gleichrangige Grundsätze: Autonomie und Respekt für die Würde des Patienten oder Probanden, z.b. Erfordernis der Zustimmung nach Aufklärung, der Mensch darf nicht Mittel zum Zweck werden. Wohltun Grundlagen der Medizinethik Prinzipien-Ethik: Nicht schaden Gerechtigkeit faire Verteilung von Nutzen, Risiken und Kosten Keine hierarchische Ordnung handlungsorientiert 4

Grundlagen der Medizinethik Utilitaristische Ethik: (J. Bentham, S. Mills) Handele immer so, dass das größtmögliche Maß an Nutzen (bzw. Glück) für die größtmögliche Zahl von Menschen entsteht. Minimiere Schmerz und Leiden. Schüklenk U. Developing World Ethics 2005;1:1471 Grundlagen der Medizinethik Utilitaristische Ethik: z.b. Gebot das effizienteste Studiendesign zu wählen, das mit so wenig Patienten wie möglich für aussagekräftige Ergebnisse sorgt. ergebnisorientiert 5

Medizinethik Die Medizinethik hat eine Vielzahl von Wurzeln mit z.t. überlappenden und übereinstimmenden, z.t. aber auch gegensätzlichen ethischen Konzepten. Es gibt nicht e i n e Ethik. Ethische Bewertung erreichtes Niveau Die Mitglieder der multidisziplinär zusammengesetzten Ethik-Kommissionen diskutieren daher die Forschungsanträge unter Berücksichtigung der verschiedenen ethischen Grundpositionen und der rechtlichen Vorgaben, um zu einem konsensfähigem Beschluss zu kommen. Ergebnis: - 95% positive Bewertungen nach Modifikationen oder mit Auflagen - < 3% endgültige Ablehnungen - kein größerer Unfall 6

Bisherige Regelung der klin. Prüfung AMG und GCP-V setzten 2004 die CTD 2001/20/EU um Antragseinreichung bei Bob und allen beteiligten Ethik-Kommissionen jeweils getrennt Ein Ethik-Votum pro Mitgliedsland Getrennte Bewertungsverfahren und Bescheide Ausschließlich deutscher Rechtsrahmen Feste Zeitfristen für die Bearbeitung EU V - Wesentliche Neuerungen Einmalige elektronische Einreichung des Antrags beim EU-Portal (auch bei mononationalen Studien) Koordinierte Multistaaten-Bewertung für Teil I mit sehr knappen Zeitfristen Einführung der minimal-interventionellen klinischen Prüfung, des Co-Sponsors und der stillschweigenden Genehmigung Transparenzregelung Die erreichte europäische Harmonisierung der ethischen Bewertung wurde aufgegeben. 7

Einreichungsdossier für den Erstantrag Teil I: Teil II: Teil I: Teil II: Studienprotokoll, wissenschaftlicher Hintergrund, Risiko-(Schaden) Nutzeneinschätzung, IB, Einzelheiten in Artikel 6 und Annex I erklärt Unterlagen zur informierten Einwilligung, Qualifikation der Prüfer und Eignung der Studienorte (-Zentren) usw., Einzelheiten in Artikel 7 und Annex I erklärt. Wird von allen betroffenen MS bewertet, der berichterstattende MS koordiniert die Bewertung und trifft eine "Einzelentscheidung, die für alle MS gilt. Wird von allen betroffenen MS getrennt bewertet, jeder MS trifft seine Entscheidung. Bewertung des Antragsdossiers Der rms validiert die Vollständigkeit des Antrages innerhalb von 10 Tagen*. MSc können ihre Anmerkungen innerhalb von 7 Tagen mitteilen. Die Eks müssen sehr schnell sein, wenn sie bei der Validierung mitwirken wollen. Sollte der Antrag nicht vollständig sein, bekommt der Sponsor eine Frist von maximal 10 Tagen, um den Antrag zu vervollständigen. * Bei Fristversäumnis stillschweigende Genehmigung 8

Bewertungsbericht Teil I Multinationale Studien: Der rms erstellt einen Erstbewertungsbericht innerhalb von max. 26 Tagen ab dem Tag der Validierung. Der rms und die MSc führen gemeinsam eine koordinierte Überprüfungsphase innerhalb der folgenden 12 Tage durch. Bewertungsbericht : Teil I Herausforderungen für die EKs Multinationale Studien: EKs müssen sehr schnell bei der Bewertung sein, falls der rms weniger als 26 Tage braucht, und um ggfs. zusätzliche Informationen anfordern zu lassen. Die EK des rms sollte daher ihre Bewertung bereits in den Erstbewertungsbericht einbringen können. 9

Bewertungsbericht: Teil I Herausforderungen für die EK Multinationale Studien: Für alle anderen Studien verbleibt nur die Überprüfungsphase von 12 Tagen um die Bewertung der EK der MSc einzubringen. Mononationale Studien: Die EK sollte ihre Bewertung schon in den Erstbewertungsbericht einbringen können. Erstbewertungsbericht Überprüfungsphase Herausforderungen Multinationale Studien: Der Erstbewertungsbericht muss schnellstens durchgearbeitet werden (1 2 Tage). Hochkompetente (fachlich, ethisch, Englisch) EK-Vertreter für die koordinierte Überprüfungsphase erforderlich. Die Rolle und der Einfluss der einzelnen EK- Mitglieder dürfte abnehmen. EKs arbeiten auf ehrenamtlicher Basis und treffen sich 1-2 mal/monat. 10

Bewertungsbericht Teil I Der bms erstellt eine endgültige Fassung (Konsolidierung, 7 Tage) des Berichts, in dem die Anmerkungen der MSc eingehen und der dokumentiert, wie diese behandelt wurden. (Artikel 6, (5) c)) Der Bewertungsbericht (Teil I) muss dem Sponsor und den MSc innerhalb von 45 Tagen ab dem Tag der Validierung übermittelt werden. Anforderung zusätzlicher Informationen Teil I nur über/durch den rms Der Sponsor muss innerhalb von 12 Tagen antworten bzw. Informationen vorlegen, ansonsten gilt der Antrag bei allen MSc als zurückgezogen. Fristverlängerung der Bewertungszeit durch die MS bis zu 31 Tagen möglich. 11

Bewertungsbericht Teil II MSc soll seinen Bewertungsbericht innerhalb von 45 Tagen ab Validierungsdatum fertigstellen und übermitteln. MSc kann zusätzliche Informationen verlangen. Die gleichen Zeiten für Antworten (12 Tage) aber Fristverlängerung von 19 Tagen. Für EKs weitgehend unproblematisch Entscheidung über die Klinische Prüfung Jeder MSc soll den Sponsor darüber informieren, ob er die Klinische Prüfung genehmigt unter Auflagen genehmigt* die Genehmigung versagt Zeitfrist: 5 Tage (bei Versäumnis: tacit approval) EKs haben ~ 3 Tage Zeit über Genehmigung zu entscheiden. Kommissionsentscheidung? *nur möglich, wenn die Auflagen ihrer Art wegen zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht erfüllt werden können. (Art.8 (1) 12

Entscheidung über die klinische Prüfung MSc haben aus folgenden Gründen das Recht, dem Bewertungsbericht - Teil I des rms nicht zuzustimmen: Die Teilnahme an der klinischen Prüfung würde zu einer schlechteren Behandlung als bei normaler klinischer Praxis in diesem MS führen. Verstoß gegen nationale Gesetzgebung, z.b. hinsichtlich tierischer oder menschlicher Zellen, Suchtstoffe usw. (Einzelheiten s. Artikel 90). Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Prüfungsteilnehmer sowie der Zuverlässigkeit und Belastbarkeit der während der koordinierten Überprüfungsphase übermittelten Daten. Normale klinische Praxis - Definition Das Behandlungsregime, dem üblicherweise zur Behandlung, Verhütung oder Diagnose einer Krankheit oder Gesundheitsstörung gefolgt wird. (Art. 2., 6.) MSc könnten gegen fast alle placebokontrollierten Studien Einspruch erheben. 13

Versagung der Genehmigung Ein MSc versagt die Genehmigung einer klinischen Prüfung, wenn er aus einem der in Abs. 2 Unterabs. 2 genannten Gründe die Schlussfolgerung des rms in Bezug auf Teil I des Bewertungsberichts ablehnt, oder wenn er in hinreichend begründeten Fällen zu dem Schluss gelangt, dass die in Teil II behandelten Aspekte nicht eingehalten werden, oder wenn eine Ethik-Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, die gemäß dem nationalen Recht für diesen gesamten MSc gültig ist. (Artikel 8, 4) Stillschweigende Genehmigung Teilt der rms oder MSc die Entscheidung nicht innerhalb der einschlägigen Frist mit, ergeht die resultierende Entscheidung zu Gunsten des Sponsors. Das Konzept dieser stillschweigenden Genehmigung betrifft fast alle zeitlichen Fristen. Das Konzept der stillschweigenden Genehmigung widerspricht der Deklaration von Helsinki (15). 14

Minimal-interventionelle klinische Prüfung* - Definition - das Prüfpräparat (PP) ist zugelassen, das PP wird gemäß den Bedingungen der Zulassung verwendet, oder das PP wird evidenzbasiert verwendet und wird durch veröffentlichte wissenschaftliche Erkenntnisse über Sicherheit und Wirksamkeit untermauert, dies gilt für jeden der MSc die zusätzlichen diagnostischen oder Überwachungsverfahren stellen im Vergleich zur normalen klinischen Praxis im MSc nur ein minimales zusätzliches Risiko bzw. eine minimale zusätzlich Belastung für die Sicherheit dar. *Der Anspruch wird im Teil I geprüft. EU V 536/2014: Die Aufgaben der Ethik- Kommissionen Die Ethik-Stellungnahme wird von einer unabhängigen Ethik-Kommission (IEC) in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaates abgegeben. Die Stellungnahme durch die IEC kann Teil I und Teil II umfassen, gegebenenfalls für jeden MSc. Die MS sorgen dafür, dass die Fristen für die Stellungnahmen durch die IEC denen der Verordnung angeglichen sind. (Art.4, 536/2014) 15

Ethik-Kommission - Definition Ein in einem Mitgliedstaat eingerichtetes unabhängiges Gremium, das gemäß dem Recht dieses Mitgliedstaates eingesetzt wurde und dem die Befugnis übertragen wurde, Stellungnahmen für die Zwecke dieser Verordnung unter Berücksichtigung der Standpunkte von Laien, insbesondere Patienten oder Patientenorganisationen, abzugeben. (Art.2, 11.) Ethik-Kommissionen: Einbeziehung von Patienten/-organisationen Wie können Patienten und/oder Patientenorganisationen angesichts der extrem kurzen Zeitvorgaben in den Bewertungsprozess einbezogen werden? 16

Schutz der Prüfungsteilnehmer - Allgemeine Bestimmungen - Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein: Der erwartete Nutzen für die Prüfungsteilnehmer oder für die öffentliche Gesundheit rechtfertigt die vorhersehbaren Risiken und Nachteile, und die Einhaltung dieser Bedingungen wird ständig überwacht. Das Recht der Prüfungsteilnehmer auf körperliche und seelische Unversehrtheit, Privatsphäre und Datenschutz bleibt gewahrt. (Artikel 28) Schutz der Prüfungsteilnehmer - Allgemeine Bestimmungen - Die klinische Prüfung ist so geplant, dass sie mit möglichst wenig Schmerzen, Beschwerden, Angst und allen anderen vorhersehbaren Risiken verbunden ist und sowohl die Risikoschwelle als auch das Ausmaß der Belastung im Prüfplan eigens definiert und ständig überprüft werden. Für die medizinische Versorgung ist ein Arzt mit geeigneter Qualifikation verantwortlich. Die Prüfungsteilnehmer werden keiner unzulässigen Beeinflussung, etwa finanzieller Art, ausgesetzt. (Artikel 28) 17

Schutz der Versuchsperson: Klinische Prüfung mit nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen Bislang ist hier nur eigennützige Forschung erlaubt; der erwartbare Nutzen muss die Risiken überwiegen. (.41(3) 1 AMG). Die EU-V 536/2014 lässt hier explizit gruppennützige Forschung zu. (Art. 31, 1 (g)ii)) Zustimmung nach Aufklärung entbehrlich in Cluster-randomisierten Studien Die Einwilligung nach Aufklärung kann hier im vereinfachten Verfahren eingeholt werden, wenn der Teilnehmer zuvor alle erforderlichen Informationen erhalten hat und insbesondere über das Recht seine Teilnahme verweigern oder jederzeit beenden zu dürfen informiert wurde, und der potentielle Teilnehmer nach Aufklärung keine Einwände gegen seine Teilnahme erhebt Wichtig: Kein Gespräch mit einem Mitglied der Prüfgruppe erforderlich. 18

Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren mononationale Studie Zuteilung von Gruppen statt einzelner Patienten methodisch erforderlich minimal-interventionelle Prüfung mit zugelassenen Arzneimitteln außer der Standardbehandlung keine Interventionen der Prüfplan begründet, warum das vereinfachte Verfahren zum Einsatz kommt. Artikel 29a Vereinfachtes Verfahren für den Informed Consent - Bewertung Deklaration von Helsinki: Artikel 25 und 26 erlauben den Einschluss einwilligungsfähiger Personen in klinische Prüfungen nur bei explizit erteilter Zustimmung nach Aufklärung! 19

Transparenz Die EU-Datenbank ist öffentlich. Die Ergebnisse aller Studien müssen auch laienverständlich zugänglich sein. Ausnahmen sind: personenbezogene Daten; Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, sofern kein übergeordnetes öffentliches Interesse dem entgegensteht; Schutz vertraulicher Mitteilungen zwischen Mitgliedsstaaten bzgl. Ausarbeitung des Bewertungsberichtes. Zusammenfassung Das bereits erreichte Niveau der Harmonisierung in der EU wurde, z.b. bei der Aufgabenstellung für EKs, ohne Not wieder aufgegeben. Die erfolgreiche Integration der EKs in den Bewertungsprozess in Deutschland hängt ganz wesentlich von dem Gesetz zur Durchführung der EU-V ab. Die multistaatliche Bewertung stellt die EKs vor erhebliche Probleme, z.b. sehr kurze Zeitfristen, erforderliche Präsenz in der Überprüfungsphase. 20

Zusammenfassung Die Umsetzung der EU-V zwingt die Ethik- Kommissionen zur Professionalisierung. Der Einfluss der Mitglieder von EKs dürfte geringer werden. Es ist völlig unklar, wie Patientenvertreter einbezogen werden können. Etliche Regelungen, wie das vereinfachte Verfahren und stillschweigende Genehmigung, widersprechen der Deklaration von Helsinki. Zusammenfassung Das Schutzniveau der Versuchsperson wird in allen MS gleich hoch, könnte aber in Deutschland niedriger werden als jetzt. Die nichtkommerzielle, universitäre klinische Prüfung wird nicht wesentlich erleichtert. Die Fokussierung auf schriftliche Kommunikation durch das EU-Portal und die kurzen Zeitvorgaben für die Sponsoren sind nicht zielführend. 21

Zusammenfassung Die Verordnung lässt nicht erkennen, zu welchem Zeitpunkt der Sponsor von den Bedenken erfährt und wann/wo ausgehandelt werden kann, welche Änderungen umgesetzt werden müssen. Für die Bewertung mononationaler Studien werden die Zeitfristen sogar länger. Die EKs wollen dies nicht ausnützen. Die Ethik-Kommissionen in Deutschland werden alles in ihren Kräften stehende tun, um den erreichten Standard zu halten und sofern möglich, zu verbessern. 22