Lehrstuhl für Elektrische Antriebssysteme und Leistungselektronik Technische Universität ünchen Arcisstraße 2 D 80333 ünchen Email: eat@ei.tum.de Internet: http://www.eat.ei.tum.de Prof. Dr.-Ing. Ralph Kennel Tel.: +49 (0)89 289 28358 Fax: +49 (0)89 289 28336 Elektrische Antriebe Grundlagen und Anwendungen Übung 2: Stationäres Betriebsverhalten der Gleichstrommaschine
Theorie Zur Wiederholung: Die 5 Grundgleichungen der Gleichstrommaschine. di a U a = i a + L a dt + E a (.) E a = (.2) = i a (.3) d dt = J ( L ) (.4) Φ e = f (i e ) (.5). Signalflussplan der Gleichstrommaschine Der Signalflussplan der Gleichstrommaschine ist eine graphische Darstellungsform ihres Übertragungsverhaltens. Er ist zusammengesetzt aus Teilen, die aus den Grundgleichungen abgeleitet werden... Darstellung der Grundgleichungen Spannungsgleichung des Ankerkreises Die Übertragungsfunktion der Spannungsgleichung des Ankerkreises (.) ergibt sich durch Transformation in den Laplacebereich. di a U a (t) E a (t) = i a (t) + L a dt (.6) U a (s) E a (s) = ( + L a s)i a (s) (.7) Wird i a als Ausgangs- und U a E a als Eingangsgröße definiert, ergibt sich die Übertragungsfunktion eines Trägheitsgleides erster Ordnung (PT) mit der Zeitkonstante T a. G(s) = i a = mit T a = L a (.8) U a E a + st a Das zugehörige Blockschaltbild ist in Abb.. dargestellt. U a T a i a E a Abbildung.: Blockschaltbild der Spannungsgleichung Induzierte Spannung Die induzierte Spannung ergibt sich nach der zweiten Grundgleichung (.2) als einfaches Produkt aus der aschinenkonstanten, dem Erregerfluss und der Drehzahl. Da der Erregerfluss Φ e im Gegensatz zu k nicht als konstant vorausgesetzt werden kann, wird er, wie Abb..2 dargestellt, als separates Signal geführt. 2
Φ e k E a Abbildung.2: Induzierte Spannung k i a Φ e Abbildung.3: Drehmoment Drehmoment In gleicher Weise ergibt sich das Drehmoment nach der dritten Grundgleichung (.3) als Produkt aus der aschinenkonstanten, dem Erregerfluss und dem Ankerstom. Das zugehörige Blockschaltbild ist in Abb..3 dargestellt. Beschleunigung der Rotorträgheit Durch einfache Integration wird aus der vierten Grundgleichung (.4) die Gleichung = L dt, (.9) J die im Blockschaltbild aus Abbildung.4 umgesetzt ist. L J Abbildung.4: Rotorträgkeit..2 Signalflussplan Werden die oben erarbeiteten Teilblockschaltbilder zusammengesetzt und die jeweiligen Einund Ausgangsgrößen entsprechend miteinander verbunden, entsteht der Signalflussplan der Gleichstrommaschine aus Abb..5. Dieser beschreibt das Übertragungsverhalten vom Anliegen einer Ankerspannung zum Entstehen einer Drehzahl. Für den Fall, dass Φ e konstant und L = 0 ist, ist im oberen Zweig ein PT-Glied zu erkennen, das in Reihe mit einem Integrator geschaltet G o = k Φ e + st a Js (.0) 3
U a T a i a k L J E a Φ e k Abbildung.5: Signalflussplan der Gleichstrommaschine und anschließend mit k verstärkt rückgekoppelt ist. G g = + +st a Js ( +st a Js ) (.) = = = J T a s 2 + s + k2 Φ2 e JL a k 2 Φ2 e J s 2 + JRa + k es 2Φ2 K s 2 + 2D 0 2 0 s + (.2) (.3) (.4) Damit verkörpert eine Gleichstrommaschine (unter o.g. Annahmen) ein Trägheitsglied zweiter Ordnung (PT2) mit den folgenden Kenngrößen..2 Stationäre Zustände Stationäre Verstärkung: K = (.5) Eigenfrequenz: 0 = (.6) JL a Lehr sches Dämpfungsmaß: D = R a J (.7) 2 L a Eine Zustandsgröße ist eine physikalische Größe, hinter der sich eine Energie verbirgt. Wie diese Energie, lässt sich auch die Zustandsgröße nicht sprunghaft ändern. Es kann damit bestenfalls ihre erste zeitliche Ableitung direkt beeinflusst werden. Die Zustandsgrößen der Gleichstrommaschine sind der Strom und sie Drehzahl, weil sie die magnetische und die kinetische Energie beschreiben. Im stationären Zustand befindet sich ein System im Gleichgewicht - es ist eingeschwungen, was zur Folge hat, dass sich die Zustandsgrößen nicht mehr ändern. x = const. bzw. dx dt = 0 Unter dieser Voraussetzung lassen sich die erste und die vierte Grundgleichung vereinfachen. U a = i a + L a 0 + E a U a = i a + E a (.8) 0 = J ( L ) = L (.9) 4
Wird die Gleichstrommaschine mit ihrer Nennspannung versorgt, ergeben sich zwei charakteristische stationäre Zustände..2. Leerlauf Im Leerlauf kann sich die aschine frei drehen, d.h. es liegt kein Lastmoment an L = 0. Weil die aschine im stationären Zustand nicht beschleunigt, folgt aus der vierten Grundgleichung folgt, dass auch das otormoment gleich Null ist. d dt = 0 = J ( 0) = 0 (.20) Gemäß der dritten Grundgleichung fließt deshalb kein Strom. = i a = 0 i a = 0 = 0 (.2) Weil bei Strom 0 über dem Widerstand der Ankerwicklung keine Spannung abfällt, ist die Ankerspannung gleich der induzierten Spannung und gibt damit die Drehzahl der aschine vor. U a = 0 + E a = E a = (.22) L = U N (.23) Eine mit Nennspannung U N versorgte Gleichstrommaschine erreicht also im unbelasteten Fall eine ihre Leerlaufdrehzahl L..2.2 Kurzschluss Der zweite charakteristische stationäre Zustand wird als Kurzschluss bezeichnet. Hierbei ist der Rotor festgebremst und steht damit still. Weil also die Drehzahl = 0 ist, wird keine Spannung induziert. E a = 0 = 0 (.24) Einer anliegenden Ankerspannung steht damit nur noch der Spannungsabfall über dem Ankerwiderstand gegenüber, U a = i a + 0 = i a (.25) wodurch bei Nennspannung ein entsprechend hoher sog. Kurzschlussstrom entsteht. Durch ihn entsteht im otor das Kurzschlussmoment K. i K = U N (.26) K = i K = k Φ e U N (.27) Die Bezeichnung ist dem vergleichsweise großen Strom geschuldet, der in diesem Zustand entsteht. Dieser durchfließt jedoch nach wie vor die gleichen Pfade. 5
.3 otorkennlinie Für eine bestimmte am otor anliegende Spannung, existiert stationär ein fester Zusammenhang zwischen Drehmoment und Drehzahl. Wird dann beispielsweise ein Lastmoment angelegt, stellt sich eine zugehörige Drehzahl ein; wird äußerlich ein bestimmter Drehzahlwert aufgezwungen, so gibt der otor ein entsprechendes Drehmoment ab. Dieser Zusammenhang kann aus den Grundgleichungen abgeleitet werden indem in der Spannungsgleichung des Ankerkreises, welche den Zusammenhang zwischen Spannung und Strom beschreibt, selbige Größen durch ihre Abhängigkeiten von Drehmoment und Drehzahl ersetzt werden. mit U a = i a + L di a dt + E a (.28) i a =, E a = (.29) U a = + (.30) it der stationären Randbedingung L = ergibt sich folgende Abhängigkeit der stationären Drehzahl vom anliegenden Lastmoment. = f ( L ) = U a kφ 2 2 L (.3) e Der erste Term beschreibt die stationäre Drehzahl für L = 0, d.h. die Leerlaufdrehzahl. Dieser ist bereits bekannt. Der zweite Term beschreibt das Abfallen der Drehzahl beim Anlegen eines positiven Lastmomentes L > 0. Durch die infolgedessen geringere induzierte Spannung entsteht eine Spannungsreserve, welche einen Strom durch die Windungen treibt ( i a ) und damit ein Drehmoment zu erzeugt. Dieser Drehzahlabfall ist genau so stark, dass das auf diese Weise entstehende otormoment das anliegende Lastmoment kompensiert = L. U a k 2 Φ2 e U a Abbildung.6: Stationäre Drehzahl-Drehmoment Kennlinie einer G 6
Gl. (.3) ist in Abb..6 grafisch aufgetragen. Es ergibt sich eine fallende Gerade mit dem Anstieg Ra, deren Schnittstellen mit den Achsen des Koordinatensystems die Leerlaufdrehzahl und das Kurzschlussmoment sind. Dies ist die allgemeine Drehmoment-Drehzahl Kennlinie k 2Φ2 e einer fremderregten Gleichstrommaschine im stationären Betrieb..4 Kennlinienbeeinflussung Sind U a und Φ e konstant, wird der stationäre Betriebspunkt des otors immer auf dieser Kennlinie liegen. Um auch andere Kombinationen von Drehmoment und Drehzahl dauerhaft zu ermöglichen, muss die Kennlinie durch den gewünschten Betriebspunkt verlaufen. Da es sich bei k und um konstante aschinenparameter handelt verbleiben mit U a und Φ e zwei öglichkeiten zur Beeinflussung des Kennlinienverlaufes. Diese unterteilen die Ansteuerung des otors in zwei Betriebsarten: den Ankerstell- und den Feldschwächbetrieb..4. Ankerstellbetrieb Wie in Abb..6 zu erkennen ist, sind die Schnittstellen der Kennlinie mit den Achsen proportional zur Ankerspannung, die Steigung ist unabhängig. Eine steigende Ankerspannung führt also zu einer Parallelverschiebung der Kennlinie nach oben. U a Abbildung.7: Ankerstellbetrieb Weil die Ankerspannung nicht über die Nennspannung erhöht werden kann, wird durch dieses Prinzip für U a <= U N nur der Bereich unterhalb der Nennkennlinie abgedeckt. Zur aximierung des Wirkungsgrads wird bei der Dimensionierung einer Gleichstrommaschine üblicher Weise ein sehr kleiner Wert des Ankerwiderstandes gewählt, welcher aber unter Nennspannung im Stillstand zu einem Kurzschlussstrom führt, der thermisch nicht zu verkraften ist (P verlust = U2 N Ra ). Neben dem Einstellen beliebiger Betriebspunkte ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben des Ankerstellbetriebs die Realisierung einer Strombegrenzung. Dazu wird beim Anfahren die Ankerspannung mit der Drehzahl erhöht, sodass die sich hebende Kennlinie die Strombegrenzungslinie genau bei schneidet. U a () = i lim + (.32) Der maximal zulässige Strom i lim kann damit nicht überschritten werden. 7
i lim U a.4.2 Feldschwächbereich Abbildung.8: Ankerstellbetrieb mit Strombegrenzung it dem Ankerstellbetrieb können nur begrenzte Drehzahlen erreicht werden, weil, wie bereits beschrieben, die zur Verfügung stehende Spannung oberhalb der Leerlaufdrehzahl von der induzierten Spannung übertroffen wird. Um den Betriebsbereich auf Gebiete oberhalb der Nennkennlinie zu erweitern, wird deshalb für höhere Drehzahlen E a reduziert indem man, entsprechend Gl.(.2), den Erregerfluss Φ e absenkt. Zur Umsetzung einer solchen sog. Feldschwächung muss lediglich die Erregerwicklung weniger stark bestromt werden. Jedoch sinkt nach Gl.(.3) damit auch das maximale Drehmoment der aschine. Beide Effekte zusammen resultieren in einer Drehung der Kennlinie im Uhrzeigersinn, wie sie in Abb.9 dargestellt ist. Φ e Abbildung.9: Feldschwächbetrieb Die Drehung erfolgt dabei immer um den momentanen ittelpunkt der Kennlinie, der auch gleichzeitig der Punk größter Leistung ist. Ist ein Punkt auf der Kennlinie definiert durch seinen Strom (i a ) = i a (.33) (i a ) = ( (i a )) = U a k 2 Φ 2 e i a = U a i a, (.34) so bewegt sich dieser bei Veränderung des Erregerflusses Φ e auf einer Hyperbel, denn das Produkt aus und ist unabhängig von Φ e. (i a ) (i a ) = i a Ua i a k = U a i a i 2 a Φ e (.35) P mech = P elektr P verlust (.36) 8
Für einen gegebenen Strom (z.b. durch Strombegrenzung) ist die Leistung der aschine also für beliebige Kennlinien konstant und damit unabhängig vom Erregerfluss oder der otorkonstanten! Nicht zuletzt fordert dies auch der Energieerhaltungssatz. Durch die Kombination beider Betriebsarten ergibt sich der in Abb.0 dargestellte gemeinsame Betriebsbereich. Feldschwächbereich Nennkennlinie Ankerstellbereich P Abbildung.0: Kombination der Betriebsarten Bei Erhöhen der Drehzahl ausgehend von Null, wird die aschine zunächst mit Strombegrenzung (Ankerstellbereich) betrieben. Weil hierbei das Drehmoment konstant ist, erhöht sich die Leistung linear über der Drehzahl. Sobald drehzahlbedingt die Nennspannung erreicht wird, beginnt der Betrieb auf der Nennkennlinie. Diese bildet in der Leistungsdarstellung eine Parabel mit, deren aximum mittig zwischen den Achsenschnittpunkten liegt. Deshalb befindet sich, wie bereits erwähnt, der Punkt maximaler Leistung auf der otorkennlinie bei ( k 2, L 2 ). Folglich ist es sinnvoll oberhalb der halben Leerlaufdrehzahl das Feld zu schwächen (sofern der Betrieb in Strombegrenzung bereits beendet ist) um die maximale Leistung der aschine zu nutzen. Wie schon erläutert, bildet der Feldschwächbereich im Drehmomentverlauf eine Hyperbel und damit im Leistungsverlauf eine Konstante. 9
2 Übungsaufgaben 2. Aufgabe - Aufzug r L N 500kg v Abbildung 2.: links: Prinzipbild des Aufzugs, rechts --Kennlinie Ein Aufzug mit einem maximal zulässigen Gesamtgewicht von 500kg wird von einer fremderregten Gleichstrommaschine ohne Getriebe angetrieben. Dabei hängt der voll beladene Aufzug an einem Seil, das auf eine Winde mit dem Radius r gewickelt wird. Auf dem Typenschild der Gleichstrommaschine können folgende Daten abgelesen werden. U N = 400V P N = 9.8kW I en = 2, 0A I N = 25A n L = 3000 U min. Berechnen sie a) den Ankerwiderstand, b) die Nenndrehzahl N, c) das Nennmoment N und d) den Kurzschlussstrom i k des otors! 2. Das otornennmoment wurde im Hinblick auf das max. zulässige Gewicht des Aufzugs auf 200% überdimensioniert. Welchen Radius muss die Winde dazu (theoretisch) haben? 3. Wie schnell könnte ein voll beladener Aufzug damit aufwärts Fahren? 4. Welche Spannung müsste man anlegen, um mit der gleichen Geschwindigkeit abwärts zu fahren? 5. Wie müsste man die Erregerspule bestromen, um bei U a = U N eine Abwärtsgeschwindigkeit von v =, 5m/s zu erreichen? (Annahme: linearer Zusammenhang zwischen I e und Φ e ) 6. Tragen sie die Betriebspunkte qualitativ in das --Diagramm ein! 0
2.2 Aufgabe 2 - Staubsauger Eine auf die deutsche Energieversorgung (230V intern : gleichgerichtet) ausgelegte permanenterregte Gleichstrommaschine ist in einem Staubsauger verbaut und hat damit vereinfachend angenommen eine geschwindigkeitspropotionale Last. L = k d mit k d = 0, 0Nms Dabei sind folgende aschinenparameter bekannt. = 23Ω k Φ en = V s. Berechnen sie das Anlaufmoment K und die Leerlaufdrehzahl L des otors! 2. Welche Drehzahl wird sich unter Last einstellen? 3. Ermitteln sie diesen Wert grafisch im unteren Diagramm! 4. Welchen Wirkungsgrad hat die aschine im Arbeitspunkt? 5. Um die Saugleistung zu erhöhen entfernt der Benutzer Teile der Erregermagneten. a) Welche Leistung kann auf diese Weise maximal erreicht werden? b) Wie ist der anschließende Wirkungsgrad? c) Welchen Anteil der agneten muss der Benutzer dazu entfernen?