28.10.2008 Mandantenrundschreiben Oktober 2008 Sehr geehrte Damen und Herren, in unserem aktuellen Mandantenrundschreiben möchten wir Sie auf die für die Praxis außerordentlich wichtigen Neuregelungen des voraussichtlich zum 1.11.2008 in Kraft tretenden GmbH-Reform-Gesetzes (MoMiG) und auf eine ganz aktuelle Entscheidung des BAG s zum Thema Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen hinweisen. Inhalt: 1. GmbH-Reform (MoMiG) a) Die neue Unternehmergesellschaft (UG) S. 2 b) Vereinfachung von GmbH-Gründungen S. 3 c) Verschärfung der Geschäftsführerhaftung S. 3 d) Einführung einer Gesellschafterhaftung S. 4 e) Neuregelung und Vereinfachung des Eigenkapitalersatzrechts S. 4 2. Neue Spielregeln für Sonderzahlungen! S. 4
- 2-1. GmbH-Reform (MoMiG) Voraussichtlich zum 1.11.2008 tritt nun endlich, nach über zweijähriger Anlaufphase, das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbrauch (MoMiG) in Kraft, welches eine Vielzahl gravierender Änderungen im GmbH-Recht mit sich bringt. Ziel des Gesetzes ist es, die Rechtsform der GmbH für den deutschen Mittelstand attraktiver zu machen. Eines der Hauptanliegen der GmbH-Reform ist die Erleichterung und Beschleunigung von Unternehmensgründungen. Dabei soll insbesondere ein vermeintlicher Wettbewerbsnachteil der GmbH gegenüber ausländischen Rechtsformen, wie etwa der englischen Limited, kompensiert werden. a) Die neue Unternehmergesellschaft (UG) Die gravierendste Änderung der GmbH-Reform stellt die Einführung der so genannten Unternehmergesellschaft (UG) dar, die lediglich ein Mindeststammkapital von 1,00 aufweisen muss. Dabei handelt es sich bei der UG nicht um eine neue Rechtsform, sondern nur um eine Unterform der GmbH. Die UG muss die Bezeichnung Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder UG (haftungsbeschränkt) führen. Ihre Anmeldung darf erst erfolgen, wenn das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt ist. Sacheinlagen sind ausgeschlossen. In der Bilanz der UG ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des Jahresüberschusses einzustellen ist. Die Rücklage darf nur zu folgenden Zwecken verwendet werden: Für Zwecke der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln; Zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages, soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist; Zum Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, soweit er nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist. Erhöht die UG ihr Stammkapital dergestalt, dass es den Betrag des Mindeststammkapitals der GmbH (nach wie vor 25.000,00 ) erreicht oder übersteigt, gelten die allgemeinen Vorschriften für die GmbH. Die Firma der UG kann beibehalten oder in eine andere Firmenbezeichnung mit dem Rechtsformzusatz GmbH geändert werden.
- 3 - Nachdem bei einer UG zumindest in der Startphase, anders als bei einer normalen GmbH mit einem Mindeststammkapital von 25.000,00, in der Regel so gut wie keine Haftungsmasse vorhanden ist, ist bei Geschäften mit UG s größte Vorsicht geboten. Im Zweifel sollten zusätzliche Sicherheiten von der UG verlangt werden. b) Vereinfachung von GmbH-Gründungen: Ein zweiter wichtiger Eckpfeiler der GmbH-Reform betrifft die formelle Erleichterung der Gesellschaftsgründung in Standardfällen. Gem. 2 Abs. 1 a GmbHG n.f. kann eine GmbH in einem vereinfachten Verfahren gegründet werden, wenn sie höchstens drei Gesellschafter und nur einen Geschäftsführer hat. Hierzu werden zwei beurkundungspflichtige Musterprotokolle als Anlage zum GmbH- Gesetz zur Verfügung gestellt, von denen in keinster Weise abgewichen werden darf. Diese Musterprotokolle fassen drei Dokumente zusammen (Gesellschaftsvertrag, Geschäftsführerbestellung und Gesellschafterliste). Die Musterprotokolle müssen indes notariell beurkundet werden, so dass es damit grundsätzlich bei dem Beurkundungserfordernis des bisherigen GmbH-Rechts verbleibt. Allerdings entstehen geringere Notarkosten. Nachdem diese Musterprotokolle eine Vielzahl von wichtigen Regelungen für die Praxis, z.b. eine Regelung bei Ausscheiden oder Tod eines Gesellschafters, nicht enthalten und durch diese Musterprotokolle nur geringe Kosten eingespart werden können, ist die Gründung einer GmbH im vereinfachten Verfahren grundsätzlich nicht zu empfehlen. c) Verschärfung der Geschäftsführerhaftung: Die GmbH-Novelle verschärft unter anderem die Haftung des GmbH-Geschäftsführers im Vorfeld einer Insolvenz erheblich. Neben der bereits bestehenden Haftung des Geschäftsführers aus 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist der Geschäftsführer künftig auch für Zahlungen an Gesellschafter haftbar, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH führen mussten, es sei denn, dies war bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht erkennbar ( 64 Satz 3 GmbHG n.f.). Dies gilt auch für die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen. Es haftet hiernach also der Handelnde (der Geschäftsführer) nicht der
- 4 - Leistungsempfänger (der Gesellschafter), der häufig den Geschäftsführer zur Zahlung veranlasst. Aufgrund der weiteren Verschärfung der Geschäftsführerhaftung durch die GmbH- Novelle ist der Abschluss einer so genannten D & O-Versicherung (Directors and Officer-Versicherung) für jeden Geschäftsführer ein Muss! d) Einführung einer Gesellschafterhaftung: Die Gesellschafter einer GmbH werden künftig im Falle der Führungslosigkeit der Gesellschaft verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Hat die GmbH keinen Geschäftsführer mehr, muss jeder Gesellschafter an dessen Stelle einen Insolvenzantrag stellen, es sei denn, er hat von dem Insolvenzgrund oder von der Führungslosigkeit keine Kenntnis. Zudem haften künftig Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann (z.b. wegen einschlägiger Vorstrafen), die Führung der Geschäfte überlassen, der GmbH für Schäden, die diese Person der Gesellschaft zufügt. e) Neuregelung und Vereinfachung des Eigenkapitalersatzrechts: Beim Eigenkapitalersatzrecht geht es um die Frage, ob Kredite, die Gesellschafter ihrer GmbH in der Krise zuführen, als Darlehen oder als Eigenkapital behandelt werden. Nach der bisherigen äußerst verworrenen Rechtslage wurden nahezu alle Gesellschafterdarlehen, die der GmbH von Gesellschaftern in der Krise zugeführt wurden, als Eigenkapital umqualifiziert, mit der Folge, dass die Darlehen nicht mehr von der GmbH an den Gesellschafter zurückgezahlt werden durften. Künftig kommt es nur noch darauf an, ob das Gesellschafterdarlehen innerhalb eines Jahres vor Insolvenzantrag an den Gesellschafter zurückgezahlt wurde. Falls die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens innerhalb eines Jahres vor Insolvenzantragstellung erfolgen sollte, kann der Insolvenzverwalter aufgrund eines neu geschaffenen Insolvenzanfechtungstatbestandes die Rückzahlung des Darlehens anfechten und das Darlehen von dem Gesellschafter zurückfordern. Die neue Rechtslage gilt auch für so genannte Alt -Fälle, bei denen das Darlehen vor dem 1.11.2008 an den Gesellschafter zurückgezahlt wurde! 2. Neue Spielregeln für Sonderzahlungen! Freiwilligkeitsvorbehalte bei Sonderzahlungen wie z.b. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind traditionell ein beliebtes Mittel der Entgeltflexibilisierung und sollen der
- 5 - Entstehung von Ansprüchen der Arbeitnehmer auf zukünftige Sonderzahlungen, insbesondere aus betrieblicher Übung, vorbeugen. Nachdem das BAG mit Urteil vom 25.4.2007 einen Freiwilligkeitsvorbehalt bei einer monatlichen Leistungszulage für unwirksam erklärt hatte (vgl. Mandantenrundschreiben Oktober 2007), war seit dieser Entscheidung vom 25.4.2007 hoch umstritten, unter welchen Voraussetzungen überhaupt noch ein Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen wirksam vereinbart werden konnte. Das BAG hat sich nunmehr in seiner Entscheidung vom 30.7.2008 in erfreulicher Klarheit zum Freiwilligkeitsvorbehalt bekannt und eine Reihe von Vorgaben für die Formulierung gemacht, die allerdings gravierende Auswirkungen auf die Arbeitsvertragsge- staltung haben. Der Entscheidung des BAG vom 30.7.2008 lag ein klassischer Freiwilligkeitsvorbehalt bei einer Weihnachtsgratifikation zugrunde. 5 des 1996 geschlossenen Arbeitsvertrages lautete: Die Angestellte erhält eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttogehalts na ch den betrieblichen Vereinbarungen. Ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation besteht nicht. Wird eine solche gewährt, stellt sie eine freiwillige, stets widerrufliche Leistung des Arbeitgebers dar. Das BAG hat diesen in vielen Altverträgen üblichen Freiwilligkeitsvorbehalt aus zwei Gründen für unwirksam angesehen: Zum einen wurde von dem BAG nunmehr klargestellt, dass die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt (z.b. Es handelt sich um eine freiwillige, stets widerrufliche Leistung ) unwirksam ist, da eine Leistung nur entweder freiwillig oder widerruflich sein kann, nicht jedoch beides gleichzeitig. Somit hat das BAG erwartungsgemäß die Rechtsauffassung des LAG Brandenburg in dessen Urteil vom 13.10.2005 bestätigt, auf die wir bereits in unserem Mandantenrundschreiben April 2006 hingewiesen hatten. Zum anderen, und dies war das eigentlich Überraschende an diesem Urteil, scheiterte die Wirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehaltes nach Auffassung des BAG daran, dass nach dem Wortlaut der Klausel zum einen der Angestellten ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in einer bestimmten Höhe, nämlich einem Bruttomonatsgehalt, zugesagt wurde und im nächsten Satz der Angestellten dieser Anspruch wieder genommen wurde. Bei der Formulierung von Freiwilligkeitsvorbehalten in Standardarbeitsverträgen müssen ab sofort präzise Formulierungen zu den Voraussetzungen und der Höhe der Sonderleistung sowie die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt vermieden werden.
- 6 - Nachdem sich in fast allen vor dem Jahr 2003 abgeschlossenen Arbeitsverträgen diese klassische Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt befindet, müssen alle Arbeitsverträge auf den Prüfstand! Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung und verbleiben mit freundlichen Grüßen Hans-Jürgen Marx Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht