6.7 Zerfallsgesetz, Halbwertszeit, Aktivität; Gegenüberstellen von induktivem und deduktivem

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6.7 Zerfallsgesetz, Halbwertszeit, Aktivität; Gegenüberstellen von induktivem und deduktivem Vorgehen Das Zerfallsgesetz Im Allgemeinen ist es nicht möglich, den Zerfall eines Elements getrennt vom Zerfall der radioaktiven Folgeprodukte zu beobachten. Dies gelingt aber gut bei Verwendung des radioaktiven Gases Thoriumemanation ( 86 22 Rn), da dieses und sein Folgeprodukt ( 84 216 Po) sehr kurzlebig sind und praktisch unmittelbar aufeinander folgend zerfallen. Versuch: U R Ionisationskammer Rn - + Hochspannungsnetzgerät MV I 8 7 6 5 4 3 2 1 I(in Skt.) 55s 11s 165s 2 1,5 1,5 t ln I ln8 ln4 ln2 55s 11s 165s t Thoriumemanation wird aus einem Gefäß, in dem sich eine Thoriumverbindung befindet, in eine Ionisationskammer gepumpt, deren Elektroden eine Spannung von ca. 1 kv gegeneinander haben. Ein Messverstärker in der Zuleitung zeigt den durch Ionisierung von Luftmolekülen hervorgerufenen Strom an. Ergebnis: Nach jeweils ca. 55 s ist der Ionisationsstrom auf die Hälfte des 55 s vorher angezeigten Wertes abgesunken. Seite 6-7-1

Auswertung: Der Verlauf der Kurve lässt eine Abnahme der Stromstärke nach einem Exponentialgesetz vermuten (vgl. die Überlegungen bei der Absorption von Beta-Strahlen!). Dies ist sicher der Fall, wenn ln I(t) I i t gilt. Man findet, wenn man ln I(t) I über t aufträgt, tatsächlich eine Ursprungsgerade; dies ist eine Bestätigung des vermuteten Zusammenhangs. Für die Abhängigkeit des Ionisationsstromes von der Zeit kann man also ansetzen: ln I(t) I = $ t. Daraus folgt unmittelbar durch Integration I(t) = I $ e $t. Deutung: Unter der zur Zeit t herrschenden Stromstärke I(t) versteht man den Grenzwert Q I(t) = lim td t = dq dt = Q.. Die Zahl der während dt erzeugten und zum Strom beitragenden Ladungen ist im Sättigungsbereich der Ionisationskammer direkt proportional zur Zahl dn der während dt zerfallenden Atome: I(t) i Ṅ(t) bzw. I(t) = c $ Ṅ(t). Mit den Bezeichnungen I(t = ) = I = c $ Ṅ(t = ) = c $ Ṅ folgt durch einsetzen in obige Gleichung Ṅ(t) = Ṅ $ e $t. Diese Differentialgleichung wird gelöst mit dem Ansatz N(t) = C 1 + C 2 $ e $t, wobei sich die Konstanten C 1 und C 2 aus den sog. Nebenbedingungen ergeben, dass zur Zeit t = N Atome und zur Zeit t unzerfallene Atome vorhanden sind. Dies lässt sich so ausdrücken: N() = N und N( ) =. Setzt man diese Gleichungen in den Lösungsansatz ein, so folgt N( ) = = C 1 + C 2 $ e $ = C 1 + e C 1 = sowie N() = N = C 1 + C 2 $ e $ = + C 2 $ 1 e C 2 = N. Damit lautet das radioaktive Zerfallsgesetz: N(t) = N $ e $t. Die Konstante λ heißt Zerfallskonstante; sie wird in s -1 angegeben. Anmerkungen: 1. Die oben angegebene Funktion für den zeitlichen Verlauf des radioaktiven Zerfalls ist eine stetige, beliebig oft differenzierbare Funktion. In Wirklichkeit zerfällt aber stets ein ganzer Kern, so dass die exakte Zerfallsfunktion ein Treppenfunktion mit Treppenhöhe 1 sein müsste. Da aber in sehr kurzer Zeit sehr viele Kerne zerfallen, ist auf den Zerfallsvorgang die Statistik anzuwenden. Die Zerfallsgleichung beschreibt also den zeitlichen Verlauf des Zerfalls sehr vieler Teilchen, ohne auf den Einzelprozess einzugehen. Seite 6-7-2

2. Die Zerfallswahrscheinlichkeit für einen bestimmten Kern im nächsten Augenblick ist stets genau so groß wie für alle übrigen Kerne. Man kann dies so ausdrücken: "Atome altern nicht." Theoretische Ableitung des Zerfallsgesetzes Das radioaktive Zerfallsgesetz lässt sich außer durch Auswertung der experimentellen Ergebnisse (induktive Methode) auch aus zwei einfachen und nahe liegenden Annahmen herleiten, die bereits Rutherford gemacht hat (deduktive Methode): "Die Zahl der während eines kleinen Zeitintervalls t zerfallenden Atome N(t) ist direkt proportional zu t und direkt proportional zur Zahl N(t) der zur Zeit t noch unzerfallenen Atome." Daraus folgt: N(t) ~ t und N ~ N(t) bzw. N(t) = -λ N(t) t. Das Minuszeichen drückt dabei die Abnahme der Zahl der unzerfallenen Atome aus. Durch Grenzwertbildung erhält man daraus die Differentialgleichung dn(t) = -λ N(t) dt, die mit der Methode der Trennung der Variablen gelöst werden kann: dn(t) N(t) = $ dt. Daraus folgt durch beidseitige unbestimmte Integration dn N = $ dt bzw. ln N(t) = -λ t + c. Durch Anwenden der Exponentialfunktion zur Basis e wird auf der linken Seite der Gleichung der natürliche Logarithmus eliminiert: e ln N(t) = N(t) = e $t+c = e c $ e $t. Die Konstante C = e c kann sofort berechnet werden, wenn man überlegt, dass N(t=) = N gilt. Setzt man dies in obige Gleichung ein, so folgt unmittelbar N(t = ) = N = C $ e $ = C $ 1, also C = N. Damit nimmt das Zerfallsgesetz auch mit diesem Ansatz die Form N(t) = N $ e $t an und bestätigt die Richtigkeit der Rutherfordschen Hypothese. Anmerkungen: 1. Die typische Zerfallskurve erhält man auch ohne Kenntnis des analytischen Zusammenhangs zwischen t und N, wenn man die Annahme von Rutherford etwas umschreibt: N(t) = $ N(t) $ t e N N = $ t bzw. N N i t. Dies bedeutet, dass in einem kleinen Zeitintervall ( t << T, vgl. unten) ein konstanter Bruchteil der zu Beginn dieses Intervalls vorhandenen Atome zerfällt. Am Ende des Intervalls gilt dann für die Zahl der noch Seite 6-7-3

unzerfallenen Atome N(t + t) = N(t) + N = N(t) - N(t) λ t = N(t) (1 - λ t). Dieser Wert liefert dann das "neue" N(t), woraus mit Anwendung derselben Gleichung N(t + 2 t) approximiert werden kann usw. Ein derartiger Zusammenhang kann in einem geeigneten Computerprogramm zur sukzessiven Berechnung von N verwendet werden. 2. Der Zusammenhang N N i t für kleine t erlaubt eine weitere Interpretation des Satzes "Atome altern nicht.": Die Zerfallswahrscheinlichkeit ist für einen Kern in jedem Zeitintervall konstant! Bei Lebewesen ist dies bekanntlich nicht der Fall; die Wahrscheinlichkeit, etwa im nächsten Jahr zu sterben, steigt mit zunehmendem Alter. Zusammenfassung: Beim radioaktiven Zerfall sind von der ursprünglich vorhandenen Zahl N von Kernen nach der Zeit t etwa N(t) = N $ e $t Kerne nicht zerfallen. Kennzeichnende Größen beim radioaktiven Zerfall Solange die Statistik auf den radioaktiven Zerfall anwendbar ist, kann ein Ende des Zerfalls nicht angegeben werden. Es ist aber möglich und üblich, als Maß für die Zerfallsgeschwindigkeit eines Elements die sog. Halbwertszeit T, also die Zeit, während der die Hälfte der anfangs vorhandenen Substanz zerfällt, anzugeben. Zwischen der Zerfallskonstanten λ und der Halbwertszeit T besteht ein einfacher Zusammenhang: N(T) = N 2 = N $ e $T e 1 2 = e $T. Beiderseitiges Logarithmieren liefert ln 1 ln 2 2 = ln 1 ln 2 = ln 2 = $ T bzw. = T bzw. T = ln 2. Unter der Aktivität A eines Präparats versteht man die zeitliche Änderung der Zahl der unzerfallenen Kerne, die Zerfallsgeschwindigkeit. Für sie gilt: N A = lim td t = dn dt = $ N $ e $t = $ N(t). Die Einheit der Aktivität ist 1 s -1 = 1 Bq (Becquerel). Eine weitere für den radioaktiven Zerfall kennzeichnende Größe ist die sog. mittlere Lebensdauer T m. Zur Berechnung von T m geht man etwa so vor wie bei der Bildung einer Durchschnittsnote: Man multipliziert jede mögliche Note mit der Zahl der Schüler, die diese Note erhalten, summiert und dividiert den Summenwert durch die Gesamtzahl der Schüler. Analog multipliziert man beim radioaktiven Zerfall die im Zeitintervall t zwischen t und t + t noch unzerfallenen Atome, summiert auf und teilt durch die Gesamtzahl der anfangs vorhandenen Teilchen. Berücksichtigt man, dass die den Seite 6-7-4

Noten entsprechenden Zeitintervalle t unendlich klein werden können, wird aus der Summe ein Integral, und man erhält die mittlere Lebensdauer T m so: T m = 1 N $ N(t)dt = 1 N $ N $ e $t $ dt = N 1 N $ $ [e $t ] = 1 $ ( 1) = 1. Die mittlere Lebensdauer T m ist also gleich dem Kehrwert der Zerfallskonstanten λ. Zur Veranschaulichung der mittleren Lebensdauer T m mag folgende Überlegung dienen: Würde ein radioaktives Präparat mit der Anfangszerfallsgeschwindigkeit Ṅ = N $ ( ) $ e $ = $ N weiter zerfallen, so würde sich als Graph im t-n-diagramm eine fallende Gerade mit der Gleichung N(t) = -λ N t - N ergeben. Alle Teilchen wären zerfallen, wenn gilt: N(t &) = = $ N $ t & +N e $ N $ t &= N bzw. t &= 1 = T m. Wegen = ln 2 T gilt T m = 1 = Skizze: T ln 2 l 1, 44 $ T. N Tm=1,44*T Tm T 2T 3T t Die mittlere Lebensdauer T m ist also diejenige Zeit, während der ein Präparat vollständig zerfallen würde, das mit konstanter Anfangszerfallsgeschwindigkeit Ṅ weiter zerfiele. Zusammenfassung: Die Halbwertszeit T gibt die Zeitspanne an, nach der etwa die Hälfte der Kerne zerfallen ist. Es ist = ln 2 T. Das Zerfallsgesetz gilt für alle radioaktiven Substanzen. Jedes radioaktive Nuklid hat eine charakteristische Halbwertszeit. Die Aktivität A einer radioaktiven Substanz ist der Quotient aus der Anzahl der in einer kleinen Zeitspanne t << T stattfindenden Zerfälle und dieser Zeitspanne t. Die Aktivität A ist proportional der Seite 6-7-5

noch nicht zerfallenen Anzahl von Atomen und nimmt wie diese exponentiell ab: A(t) = λ N(t). Die Einheit der Aktivität ist 1 Bq = 1 s -1. Anwendungen in Medizin und Technik Radioisotope in der Diagnostik: Die Tracer-Technik Um die Funktion z. B. der Schilddrüse zu überprüfen, injiziert man eine sehr kleine, kaum schädliche Menge eines kurzlebigen radioaktiven Isotops (z. B. Jod) in das Blut. Aus der Absorptionskinetik und der räumlichen Verteilung des Isotops lassen sich Rückschlüsse über die Funktionsfähigkeit des Organs ziehen. Radioisotope in der Therapie Krebszellen sind strahlenempfindlicher als die Zellen von gesundem Gewebe. Zur Geschwulstbehandlung wird daher häufig mit γ-strahlung (z. B. aus Co-6-Quellen) oder Teilchenstrahlen aus Beschleunigern bestrahlt, um die kranken Zellen abzutöten. Radioisotope in der Technik Eine berührungslose Dickenmessung z. B. von Walzblechen wird möglich, wenn man das Blech mit β-teilchen eines geeigneten Präparats bestrahlt. Aus Absorptionsmessungen lassen sich Rückschlüsse auf die Materialdicke ziehen. Altersbestimmung mit der C-14-Methode Zur Bestimmung des Alters organischer (kohlenstoffhaltiger) Substanzen eignet sich die sog. C-14-Methode: In der Atmosphäre wird unter dem Einfluss der konstanten kosmischen Strahlung laufend das radioaktive Kohlenstoffisotop C-14 (T = 573 a) gebildet, das sich mit dem Luftsauerstoff zu radioaktivem Kohlendioxid verbindet. In der Luft hat sich längst ein konstantes Häufigkeitsverhältnis zwischen C-14 und C-12 (ca. 1,5 1-12 ) eingestellt. Durch die Assimilation wird C-14 von den Pflanzen bzw. durch pflanzliche Nahrung von den Tieren aufgenommen. Solange ein Tier oder eine Pflanze lebt, steht deren Kohlenstoffgehalt dauernd in Kontakt mit dem Kohlenstoff der Atmosphäre und hat somit die gleiche C-14-Konzentration wie dieser. Stirbt der Organismus ab, so sinkt der C-14-Gehalt nach dem Zerfallsgesetz. Die C-14-Atome stammen sicher nicht aus einem Reservoir, das zu Beginn der Erdgeschichte vorhanden war. Wegen der "kurzen" Halbwertszeit wären innerhalb der Jahrmillionen auch bei noch so großer Anfangszahl kaum Seite 6-7-6

mehr solche Atome vorhanden. Es müssen also ständig neue C-14-Atome gebildet werden. Dies geschieht in der oberen Atmosphäre. Dort wird C-14 nach der Reaktionsgleichung 1 n + 14 7 N d 1 1 H + 14 6 C gebildet. Die beiden konkurrierenden Vorgänge der Neubildung und des Zerfalls laufen nach folgenden Gesetzmäßigkeiten ab: Während des Zeitintervalls t wird eine zeitproportionale Anzahl von C-14-Atomen gebildet, im gleichen Zeitraum zerfällt ein Teil wieder, so dass sich für die Teilchenzahl zur Zeit t + t die Gleichung N(t + t) = N(t) + k t - λ N(t) t. Mit k = 1,2 1 19 s -1 (Bildungsrate) und T = 573 a (Halbwertszeit) ergibt sich folgendes Diagramm für die Teilchenzahl innerhalb von 5 Jahren: Entwicklung deranzahlvon C 14-A tom en 3,E+3 2,5E+3 Teilchenzah 2,E+3 1,5E+3 1,E+3 Annahm e:zeitlineare Erzeugung und üblicherzerfa lnach der Gleichung N(t+ dt) = N(t) + k * dt-n(t) * dt* ln(2) / T 5,E+29,E+ 5 1 15 2 25 3 35 4 45 5 Zeitin Ja hren Seite 6-7-7