Inhaltsverzeichnis Differentialgeometrie 3 Klassische Flächentheorie Jürgen Roth Differentialgeometrie 3.1

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Transkript:

Differentialgeometrie 3.1 Inhaltsverzeichnis Differentialgeometrie 1 Euklidische Geometrie 2 Kurventheorie 3 Klassische Flächentheorie 4 Innere Geometrie von Flächen 5 Geometrie und Topologie

Differentialgeometrie 3.2 Differentialgeometrie Kapitel 3: Klassische Flächentheorie http://www.juergen-roth.de Lehre Differentialgeometrie

Inhaltsverzeichnis Jürgen Roth Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.0 Partielle Ableitungen und Differenzierbarkeit 3.1 Reguläre Flächen 3.2 Die Tangentialebene 3.3 Die erste Fundamentalform 3.4 Normalenfelder und Orientierbarkeit 3.5 Die zweite Fundamentalform 3.6 Krümmung 3.7 Flächeninhalt und Integration auf Flächen 3.8 Einige Klassen von Flächen 3.8.1 Regelflächen 3.8.2 Minimalflächen 3.8.3 Drehflächen 3.8.4 Röhrenflächen Differentialgeometrie 3.3

Differentialgeometrie 3.4 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.0 Partielle Ableitungen und Differenzierbarkeit

Richtungsableitung Jürgen Roth Bemerkung 3.0.1 Teilaspekte der Differenzierbarkeit von Funktionen f: R n R lassen sich mit den Mitteln analysieren, die aus der Analysis einer Variablen zur Verfügung stehen. Man wählt dazu eine Richtung a und definiert eine Funktion g(): g: R R, g = f(x 1 + a 1,, x n + a n ) Die Funktion g() kann, wenn sie differenzierbar ist, nach dem Argument abgeleitet werden. Diese Richtungsableitung kann als Grenzwert geschrieben werden: f a lim f x 1 + a 1,, x n + a n f(x 1,, x n ) 0 Diese Größe lässt sich einfach graphisch deuten: Die Funktion f bildet die Gerade x + R a auf eine Kurve auf der Hyperfläche ab. Diese Kurve ist der Graph einer Funktion R R, an die man wie gewohnt eine Tangente legen kann. Differentialgeometrie 3.5

Differentialgeometrie 3.6 Richtungsableitung x 1 x 2 f(x) + a 1 a 2 f a f(x) f(x + a) x a

Partielle Ableitung Bemerkung 3.0.2 Besonders praktisch sind die Ableitungen in Richtung der Koordinatenachsen, die deshalb einen eigenen Namen haben. Definition 3.0.3 Die partielle Ableitung einer Funktion f: R n R nach einer T Variablen x k im Punkt x = x 1,, x n ist: f xk x f f f x + e k f(x) = lim x k x e k 0 x Jürgen Roth Bemerkung 3.0.4: Berechnung der partiellen Ableitung Die partielle Ableitung f xk f x k der Funktion f: R n R nach der Variablen x k berechnet man, indem man alle anderen Variablen konstant hält und f nach x k normal, also als Funktion R R ableitet. Differentialgeometrie 3.7

Partielle Ableitung Beispiel 3.0.5 : R 3 R, x, y, z T x, y, z T = sin 3 (xyz) = 3yz x sin2 xyz = 3xz y sin2 xyz z = 3xy sin2 xyz cos(xyz) cos(xyz) cos(xyz) Bemerkung 3.0.6 Natürlich kann man auch partielle Ableitungen höherer Ordnung bilden. Eine partielle Ableitung zweiter Ordnung ist etwa: f xy f y x = 2 f x y Jürgen Roth Beispiel 3.0.7 f: R 3 R, x, y, z T f x, y, z T = x 2 + e yz f x = f x = 2x f y = f y f z = f z = z eyz = y eyz f xx = 2 f x 2 = 2 f yx = 2 f y x = 0 f zx = 2 f z x = 0 f xy = 2 f x y = 0 f yy = 2 f y 2 = z2 e yz f zy = 2 f z y = e yz + yz e yz f xz = 2 f x z = 0 f yz = 2 f y z = e yz + yz e yz f zz = 2 f z 2 = y2 e yz Differentialgeometrie 3.8

Differentialgeometrie 3.9 Satz von Schwarz Satz 3.0.8: Satz von Schwarz Ist eine Funktion f: R n R in einer Umgebung U von x mindestens p-mal partiell differenzierbar und sind alle p-ten partiellen Ableitungen in U stetig, dann ist in x die Differentationsreihenfolge in allen q-ten partiellen Ableitungen mit q p unerheblich. Bemerkung 3.0.9: Kurz: f C p (U) Alle partiellen Ableitungen bis zur p ten Ordnung sind vertauschbar. Definition 3.0.10 Eine Funktion f: R n R ist dann im Punkt x = x 1,, x T n differenzierbar, wenn es einen Vektor a gibt, sodass man sie in der Form f x = f x 1,, x T n = f x + a x x + R(x) schreiben kann und der Fehler R(x) von höherer als erster Ordnung verschwindet: lim x x R(x) x x = 0 Die Funktion f heißt differenzierbar in B R n, wenn sie in jedem Punkt p B differenzierbar ist.

Differentialgeometrie 3.10 Gradient Definition 3.0.11 Der Gradient einer im Punkt p partiell differenzierbaren Funktion f: R n R ist der Vektor der partiellen Ableitungen in diesem Punkt: f p grad f p f x 1 p f x n p Bemerkung 3.0.12 Oft kann man den Gradienten allgemein, also ohne Bezug auf einen bestimmten Punkt berechnen. Dann lässt man die Kennzeichnung p weg und schreibt einfach grad f. Das zu grad alternative Zeichen wird Nabla gesprochen. Mit dem Gradient lässt sich die lineare Approximation differenzierbarer Funktionen f schreiben als: f x = f p + grad f p x p + R(x)

Differentialgeometrie 3.11 Gradient Beispiel 3.0.13 f: R 3 R, x, y, z T f x, y, z T = x 2 e y sin(z) f x x, y, z T = 2x e y sin(z) f y x, y, z T = x 2 sin(z) e y sin(z) f z x, y, z T = x 2 y cos(z) e y sin(z) f grad f = x f y f = 2x e y sin(z) x 2 sin(z) e y sin(z) x 2 y cos(z) e y sin(z) z Bemerkung 3.0.14: Eigenschaften des Gradienten Für eine differenzierbare Funktion f: R n R gilt für die Richtungsableitung in eine beliebige Richtung a: f a p = a grad f p (*)

Gradient Jürgen Roth Bemerkung 3.0.14: Eigenschaften des Gradienten (Fortsetzung 1) Aus (*) folgt mit der Cachy-Schwarz schen Ungleichung: f a p a grad f p = grad f p da a ein Einheitsvektor ist. Der Betrag der Änderung von f kann also nie größer sein als die Norm des Gradienten. Anders formuliert gilt also: Die Norm des Gradienten gibt das Ausmaß der maximalen Änderung von f im Punkt p an. Für eine differenzierbare Funktion f: R n R mit grad f 0 gibt der Vektor e an. grad f grad f die Richtung des steilsten Anstiegs von f Entsprechend gibt e die Richtung des steilsten Abfalls an. Die Richtungsableitung wird also maximal, wenn man in Richtung des Gradienten ableitet. Differentialgeometrie 3.12

Differentialgeometrie 3.13 Gradient Bemerkung 3.0.14: Eigenschaften des Gradienten (Fortsetzung 2) Der Gradient erfüllt als linearer Differenzialoperator die Produkt und Kettenregel. Für Funktionen f, g: R n R und Zahlen α, β R gilt: grad α f + β g = α grad f + β grad g grad f g = g grad f + f grad g Für g 0 gilt weiter: grad f g = 1 g grad f f grad g g2 Für jede (affin) lineare Funktion gilt f x d. h. R x 0. = f p + grad f p x p

Differentialgeometrie 3.14 Jakobi-Matrix Bemerkung 3.0.15 Eine Funktion f: R n R m kann als Vektor aufgefasst werden, dessen Komponenten f k (x 1,, x n ) für alle k = 1,, m Funktionen der Bauart f k : R n R sind. Um für solche Funktionen die wesentlichen Informationen über die lineare Approximation zu erhalten, muss man alle f k nach allen Variablen partiell ableiten, wenn diese partiellen Ableitungen existieren. Die Matrix, die alle diese partiellen Ableitungen an der Stelle p enthält ist die sogenannte Jacobi-Matrix: D p f J f p f 1,,f m x 1, x n p f 1 x 1 (p) f 1 x n (p) f m x 1 (p) f m x n (p)

Differentialgeometrie 3.15 Jacobi-Matrix Beispiel 3.0.16 f: R 3 R, x 1, x 2, x 3 x 1 2 + x 2 e x 3 Df = 2x 1, e x 3, x 2 e x 3 = grad f T g: R 2 R 3, x 1, x 2 sin (x 1 x 2 ) x 2 2 1 x 2 cos (x 2 ) x 2 cos (x 1 x 2 ) x 1 cos (x 1 x 2 ) Dg = 2x 1 2x 2 0 sin (x 2 ) Bemerkung 3.0.17 Wie schon der Gradient für Funktionen R n R existiert auch die Jakobi-Matrix bereits, wenn die Funktion f: R n R m partiell differenzierbar ist. Wirklich interessant sind hier aber nur Funktionen die nicht nur partiell differenzierbar, sondern differenzierbar sind. Auch hier wird in der folgenden Definition 3.0.18 wieder über die lineare Approximierbarkeit argumentiert. Die dort auftauchende Matrix A ist gerade die Jakobi-Matrix.

Differenzierbarkeit von Funktionen f: R n R m Definition 3.0.18 Eine Funktion f: R n R m ist dann im Punkt x = x 1,, x T n differenzierbar, wenn es eine m n -Matrix A gibt, sodass man sie in der Form f x = f x 1,, x T n = f x + A x x + r(x) schreiben kann und der Fehler r(x) von höherer als erster Ordnung verschwindet: lim x x r(x) x x = 0 Die Funktion f heißt differenzierbar in B R n, wenn sie in jedem Punkt x B differenzierbar ist. Jürgen Roth Bemerkung 3.0.19 Wenn die Funktion f: R n R m im Punkt x differenzierbar ist, dann gilt: A D x f Differentialgeometrie 3.16

Differentialgeometrie 3.17 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.1 Reguläre Flächen

Differentialgeometrie 3.18 Flächen im R 3 Bemerkung 3.1.1 Flächen im dreidimensionalen Raum sind zweidimensionale Objekte, d. h. die Punkte auf einer Fläche können durch zwei unabhängige reelle Parameter beschrieben werden. Die folgende Definition einer regulären Fläche ist lokal. Im Gegensatz zu Kurven, die immer als Ganzes parametrisiert wurden, wird bei Flächen nur verlangt, dass jeweils kleine Stücke der Fläche durch eine Parametrisierung beschrieben werden können.

Differentialgeometrie 3.19 Reguläre Fläche Definition 3.1.2 S R 3 heißt reguläre Fläche, wenn es zu jedem Punkt p S eine offene Umgebung V R 3 von p, sowie eine offene Teilmenge U R 2 und eine glatte Abbildung F: U R 3 gibt, so dass gilt: (1) F U = S V und F: U S V ist ein Homöomorphismus (d.h. F ist bijektiv und sowohl F als auch die zugehörige Umkehrabbildung F 1 sind stetig). (2) Die Jacobi-Matrix D u F hat für jeden Punkt u U den Rang 2. Bemerkung 3.1.3 Bedingung (1) bedeutet, dass die Punkte auf der Fläche S, die nahe bei p liegen, die also auch in V sind, über die Abbildung F durch zwei Parameter beschrieben werden, nämlich die Koordinaten der Punkte aus U R 2. Bedingung (2) sorgt dafür, dass die beiden Parameter auch wirklich linear unabhängig sind.

Differentialgeometrie 3.20 Reguläre Fläche

Differentialgeometrie 3.21 Lokale Parametrisierung Definition 3.1.4 Die Abbildung F: U S V aus Definition 3.1.2 bzw. das Tripel U, F, V heißt lokale Parametrisierung von S um p. Die Menge S V heißt Koordinatenumgebung von p. Die Komponenten u 1 und u 2 von u = u 1, u 2 T heißen dann auch Koordinaten des Punktes F u S bzgl. der Parametrisierung F. Beispiel 3.1.5: Affine Ebene Einfache Beispiele regulärer Flächen sind die affinen Ebenen. Die affine Ebene durch den Punkt p R 3, aufgespannt durch die linear unabhängigen Vektoren X, Y R 3, ist folgende Menge: S = p + u 1 X + u 2 Y u 1, u 2 R Man kommt hier mit einer einzigen Parametrisierung für den ganzen R 3 aus. Man kann nämlich setzen: V R 3, U R 2 und F: U R 3, u 1, u 2 p + u 1 X + u 2 Y

Beispiel: Funktionsgraphen Jürgen Roth Beispiel 3.1.6: Funktionsgraphen Sei U R 2 offen, z f: U R eine glatte Funktion und S der Graph von f. S = x, y, z T R 3 x, y T U z = f(x, y) x f x, y Auch hier kommt man mit einer einzigen Koordinatenumgebung = x y aus, nämlich mit V R 3 und F: U R 3, x, y T x, y, f x, y T. Offensichtlich gilt Bedingung (1) von Definition 3.1.2: F U = S = S V, F ist glatt Die Umkehrabbildung F 1 : S U, x, y, f x, y T x, y T ist stetig. F: U S ist ein Homöomorphismus. Bedingung (2), dass die Jacobi-Matrix D (x,y) F für jedes x, y T U maximalen Rang hat ist ebenfalls erfüllt. D (x,y) F = Differentialgeometrie 3.22 y 1 0 0 1 f f (x, y) x (x, y) y

Differentialgeometrie 3.23 Beispiel: Sphäre Beispiel 3.1.7: Sphäre Die Sphäre ist gegeben durch: x S 2 = y z R 3 x 2 + y 2 + z 2 = 1 F 2 U Hier kommt man nicht mehr mit einer Koordinatenumgebung aus. F + 1 U Es werden hier sogar sechs Koordinatenumgebungen verwendet, um die Sphäre zu überdecken. Es F 3 U handelt sich dabei (vgl. die Abbildung) jeweils um eine Halbkugelschale. Erste Umgebung: V V 3 + x, y, z T R 3 z > 0 S 2 V 3 + ist dann der Graph der Funktion f x, y = 1 x 2 + y 2 mit x 2 + y 2 < 1. U x, y T R 2 x 2 + y 2 < 1 F 3 + : U R 3, x, y T x, y, 1 x 2 + y 2 T F 3 + U = S 2 V 3 + U, F 3 +, V 3 + ist eine lokale Parametrisierung der Punkte aus S 2 V 3 +. F 1 U F 2 + U

Beispiel: Sphäre Jürgen Roth Beispiel 3.1.7: Sphäre (Fortsetzung 1) Zweite Umgebung: V 3 x, y, z T R 3 z < 0 S 2 V 3 ist Graph der Funktion f x, y = 1 x 2 + y 2. U x, y T R 2 x 2 + y 2 < 1 F 3 : U R 3, x, y T x, y, 1 x 2 + y 2 T U, F 3, V 3 ist eine lokale Parametrisierung der Punkte aus S 2 V 3. Es fehlen noch die Punkte p S 2 mit z-koordinate 0. Diese kann man erhalten, wenn man die Rolle der z-koordinate mit der der x-koordinate bzw. der y-koordinate vertauscht. Man erhält dann: V 1 + x, y, z T R 3 x > 0 und V 1 x, y, z T R 3 x < 0 mit F 1 ± : U R 3, y, z T ± 1 y 2 + z 2, y, z V 2 + x, y, z T R 3 y > 0 und V 2 x, y, z T R 3 y < 0 mit F 2 ± : U R 3, x, z T x, ± 1 x 2 + z 2, z T T F 3 + U = S 2 V 3 + F 2 U F 1 + U F 3 U F 1 U F 2 + U Differentialgeometrie 3.24

Differentialgeometrie 3.25 Beispiel: Sphäre Beispiel 3.1.7: Sphäre (Fortsetzung 2) Es gilt: 3 i=1 F ± i U = S 2 ± V i F 3 + U = S 2 V 3 + F 2 U F 1 U F i ± sind lokale Parametrisierungen. Jeder Punkt p S 2 liegt in mindestens einer der Mengen F i ± U. F 1 + U Wie in Beispiel 3.1.6 zeigt man, dass S 2 eine reguläre Fläche ist. S 2 wurde hier mit 6 Koordinatenumgebungen überdeckt. Bei Verwendung geeigneter lokaler Parametrisierungen kommt man mit zwei Koordinatenumgebungen aus. F 3 U F 2 + U

Differentialgeometrie 3.26 Beispiel: Sphäre Beispiel 3.1.7: Sphäre (Fortsetzung 3) Für viele Anwendungen ist es besser, Parametrisierungen der Sphäre S 2 auf die geographischen Koordinaten von S 2 zu beziehen. Es gilt: π 2 U = F 1 : U R 3, θ, φ T R 2 0 < θ < π 0 < φ < 2π sin θ cos φ θ φ sin θ sin φ cos θ θ wird geographische Breite und φ geographische Länge genannt. F 1 (U) lässt nur einen Halbkreis K von S 2 (einschließlich der beiden Pole) aus, nämlich K = x, y, z T S 2 y = 0 x 0. Vertauscht man die Rollen von θ und φ dann erhält man eine zweite Koordinatenumgebung F 2 die zusammen mit F 1 die Sphäre S 2 vollständig überdeckt.

Regularitätskriterium für Flächen Differentialgeometrie 3.27 Bemerkung 3.1.8 Das Finden von lokalen Parametrisierungen kann sehr mühsam sein. Es ist deshalb hilfreich, wenn man für die Entscheidung, ob eine Teilmenge S R 3 eine reguläre Fläche ist, weitere Kriterien zur Verfügung hat. Oft ist die Menge S wie folgt über eine implizite Gleichung definiert S x, y, z T R 3 f x, y, z = 0. Das Kriterium in Satz 3.1.9 besagt: Wenn der Gradient von f für keinen Punkt von S gleich Null ist, dann ist S eine reguläre Fläche. Satz 3.1.9: Regularitätskriterium für Flächen Es sei V R 3 offen, f: V R eine glatte Funktion und S x, y, z T V f x, y, z = 0. Wenn gilt dann ist S eine reguläre Fläche. p S grad f p 0,0,0 T

Regularitätskriterium für Flächen Differentialgeometrie 3.28 Beispiel 3.1.10: Ellipsoid S x, y, z T R 3 x2 + y2 + z2 = 1 a 2 b 2 c 2 mit a, b, c R\*0+ ist ein Ellipsoid. Mit V R 3 und f: R 3 R, x, y, z T x2 a 2 + y2 b 2 + z2 c 2 1 lässt sich S schreiben als S x, y, z T R 3 f x, y, z = 0. Um das Regularitätskriterium aus Satz 3.1.9 anwenden zu können, muss der Gradient bestimmt werden: grad f(x, y, z) = 2x a 2, 2y b 2, 2z T c 2 Der Gradient nimmt nur im Punkt p 0 = Da p 0 S (wegen f 0,0,0 0,0,0 T den Wert Null an. 0), ist S eine reguläre Fläche.

Regularitätskriterium für Flächen Differentialgeometrie 3.29 Bemerkung 3.1.11 Wenn S in der Form S x, y, z T R 3 f x, y, z = 0 gegeben ist, dann ist p S grad f p 0,0,0 T eine hinreichende aber keine notwendige Bedingung dafür, dass S regulär ist. Man kann die Sphäre z. B. auch als Nullstellengebilde der Funktion f x, y, z = x 2 + y 2 + z 2 1 2 schreiben: S 2 = x, y, z T R 3 x 2 + y 2 + z 2 1 2 = 0 Für den Gradienten von f gilt: grad f x, y, z = 2 x 2 + y 2 + z 2 1 2x 2y 2z Hier nimmt grad f sogar für alle p S den Wert 0,0,0 T an. Trotzdem ist die Sphäre S 2 eine reguläre Fläche, die beschreibende Funktion f war nur ungeschickt gewählt.

Regularitätskriterium für Flächen Jürgen Roth Aufgaben 3.1.12 Zeigen Sie: Wenn S R 3 eine reguläre Fläche und W R 3 offen ist, dann ist auch W S eine reguläre Fläche. Die Eigenschaft reguläre Fläche ist eine lokale Eigenschaft. Zu zeigen ist also: Wenn es für jeden Punkt p S R 3 in R 3 eine offenen Umgebung V von p gibt, so dass V S eine reguläre Fläche ist, dann ist auch S selbst eine reguläre Fläche. Lösungshinweise: Bär (2010, S. 299), Aufgaben 3.2 und 3.3 Beispiel 3.1.13: Doppelkegel Ist der Doppelkegel S = = x y z x y z R 3 x 2 + y 2 = z 2 R 3 x 2 + y 2 z 2 = 0 eine reguläre Fläche? Differentialgeometrie 3.30

Regularitätskriterium für Flächen Differentialgeometrie 3.31 Beispiel 3.1.13: Doppelkegel (Fortsetzung1) Idee: Versuch der Anwendung des Regularitätskriteriums (Satz 3.1.9) grad f x, y, z = grad x 2 + y 2 z 2 = 2x, 2y, 2z T Der Gradient wird nur dann gleich 0,0,0 T, wenn x, y, z T = 0,0,0 T. Schränkt man f auf die offene Teilmenge V 0 R 3 \* 0,0,0 T + ein, dann kann man Satz 3.1.9 anwenden. Es ergibt sich: S V 0 = S\* 0,0,0 T + ist eine reguläre Fläche. Ist S auch bei x, y, z T = eine reguläre Fläche? 0,0,0 T Satz 3.1.9 sagt dazu nichts aus. S = x y z 0,0,0 T R 3 x 2 + y 2 z 2 = 0

Regularitätskriterium für Flächen Jürgen Roth Beispiel 3.1.13: Doppelkegel (Fortsetzung2) Annahme: S ist eine reguläre Fläche. Dann gibt es eine lokale Parametrisierung um p = 0,0,0 T, d. h. eine offene Teilmenge V R 3, eine offene Teilmenge U R 2 sowie eine glatte Abbildung F: U V mit F U = S V und F: U S V ist ein Homöomorphismus. u 0 F 1 0,0,0 T U Da U eine offene Umgebung von u 0 ist, existiert eine offene Kreisscheibe U U mit Mittelpunkt u 0. Weil F: U S V ein Homöomorphismus ist, ist F(U ) eine offene Teilmenge von S V. Damit gibt es eine offene Menge V V R 3 mit F U = S V. Da V eine offene Umgebung von 0,0,0 T ist, sind alle Vektoren, mit ausreichend kleiner Länge in V enthalten. Insbesondere liegen auch Punkte p 1 = T x 1, y 1, z 1 mit z 1 > 0 und p 2 = T x 2, y 2, z 2 mit z 2 < 0 in S V. Differentialgeometrie 3.32

Regularitätskriterium für Flächen Differentialgeometrie 3.33 Beispiel 3.1.13: Doppelkegel (Fortsetzung 3) γ F γ

Regularitätskriterium für Flächen Jürgen Roth Beispiel 3.1.13: Doppelkegel (Fortsetzung 4) 2 Sei i=1 u i F 1 (p i ). In der Kreisscheibe U werden u 1 und u 2 durch eine Kurve γ miteinander verbunden, der nicht durch den Mittelpunkt u 0 der Kreisscheibe verläuft. Die Bildkurve F γ muss wegen des Zwischenwertsatzes durch den Punkt 0,0,0 T = F(u 0 ) verlaufen. Dies ist ein Widerspruch zur Annahme, dass S ist eine reguläre Fläche und insbesondere F bijektiv ist. S ist also keine reguläre Fläche sondern hat in p = 0,0,0 T eine sogenannte Singularität. S = Differentialgeometrie 3.34 x y z 0,0,0 T R 3 x 2 + y 2 z 2 = 0

Differentialgeometrie 3.35 Glatte Abbildungen Bemerkung 3.1.14 Im Folgenden wird die Differenzierbarkeit von Abbildungen untersucht, deren Definitions- und/oder Wertebereich in einer regulären Fläche liegen. Glatt bedeutet immer unendlich oft differenzierbar. Satz 3.1.15 Wenn S R 3 eine reguläre Fläche, (U, F, V) eine lokale Parametrisierung von S, W R n eine offenen Menge und φ: W R 3 eine Abbildung mit φ W ist, dann gilt: φ ist genau dann eine glatte Abbildung, wenn F 1 φ: W U R 2 glatt ist. S V Beweis: Vgl. Bär (2010), S. 100f

Differentialgeometrie 3.36 Glatte Abbildungen Bemerkung 3.1.16 Bei Fragen zur Differenzierbarkeit einer Abbildung mit Werten in einer regulären Fläche S spielt es nach Satz 3.1.15 also keine Rolle, ob die Abbildung mit Werten in R 3 oder mittels Koordinaten als Abbildung mit Werten in R 2 betrachtet wird.

Differentialgeometrie 3.37 Glatte Abbildungen Satz 3.1.17 Wenn S eine reguläre Fläche ist und (U 1, F 1, V 1 ) sowie (U 2, F 2, V 2 ) lokale Parametrisierungen sind, dann ist folgende Abbildung glatt: F 2 1 F 1 : F 1 1 V 1 V 2 F 2 1 V 1 V 2 Beweis: Setz man W = F 1 1 (V 1 V 2 ), φ = F 1 und U, F, V = U 2, F 2, V 2 dann liefert Satz 3.1.15 direkt die Behauptung. #

Differentialgeometrie 3.38 Glatte Abbildungen Beispiel 3.1.18 Wir betrachten eine solche Parametertransformation im Fall der Sphäre S = S 2. Wie in Beispiel 3.1.7 ist: F 1 = F + 1 : U R 3, y, z T 1 y 2 + z 2, y, z F 2 = F 2 : U R 3, x, z T x, 1 x 2 + z 2, z Dann ist V 1 V 2 = V + 1 V 2 = x, y, z T R 3 x > 0 y < 0 und damit F 1 1 V 1 V 2 = y, z T R 2 y 2 + z 2 < 1 y < 0 sowie F 1 2 V 1 V 2 = x, z T R 2 x 2 + z 2 < 1 x > 0. Für F 1 2 F 1 ergibt sich: F 1 1 2 F 1 y, z = F 2 1 y 2 z 2, y, z = 1 y 2 z 2 z Dies ist eine glatte Abbildung. T T

Differenzierbarkeit von Abbildungen f mit D f S Differentialgeometrie 3.39 Satz 3.1.19 Sei S R 3 eine reguläre Fläche, p S und f: S R n eine Abbildung. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (1) Es gibt eine offene Umgebung V von p in R 3 und eine Fortsetzung f von f S V auf V, die um p glatt ist. (2) Es gibt eine lokale Parametrisierung U, F, V mit p V, so dass f F: U R n um F 1 (p) glatt ist. (3) Für alle lokalen Parametrisierungen (U, F, V) mit p V ist f F: U R n um F 1 (p) glatt. Definition 3.1.20 Gelten die äquivalenten Bedingungen (1) bis (3) aus Satz 3.1.19, dann heißt f glatt nahe p.

Diff barkeit von Abbildungen f mit D f S 1 W f S 2 Differentialgeometrie 3.40 Definition 3.1.21 Seien S 1, S 2 R 3 reguläre Flächen. f heißt glatt nahe p, wenn es eine lokale Parametrisierung U 1, F 1, V 1 von S 1 um p und eine lokale Parametrisierung U 2, F 2, V 2 von S 2 um f(p) gibt, so dass die Abbildung F 1 2 f F 1 : F 1 1 f 1 V 2 V 1 U 2 nahe p glatt ist.

Diff barkeit von Abbildungen f mit D f S 1 W f S 2 Differentialgeometrie 3.41 Bemerkung 3.1.22 Eine Abbildung zwischen zwei regulären Flächen wird also glatt genannt, wenn sie ausgedrückt in geeigneten Koordinaten glatt ist. Da nach Satz 3.1.17 Parametertransformationen immer glatt (C ) sind, ist eine solche Abbildung unabhängig von den gewählten Koordinaten glatt. Sind neben U i, F i, V i auch (U i, F i, V i ) lokale Parametrisierungen von S i, dann ist mit F 2 1 f F 1 auch F 1 2 f F 1 = F 1 2 F 2 F 1 2 f F 1 F 1 1 F 1 C C C eine glatte Abbildung. Diese Bemerkung ist sehr hilfreich, weil sie bedeutet, dass man die Differenzierbarkeit einer Abbildung f in möglichst geschickt gewählten Koordinaten überprüfen kann.

Differentialgeometrie 3.42 Diffeomorphismus Definition 3.1.23 Die Abbildung f: S 1 S 2 einer regulären Fläche S 1 R 3 auf eine reguläre Fläche S 2 R 3 heißt Diffeomorphismus, wenn f bijektiv ist und sowohl f als auch f 1 glatt sind. Existiert ein solcher Diffeomorphismus f: S 1 S 2, dann heißen die regulären Flächen S 1 und S 2 diffeomorph. Beispiel 3.1.24 Das Ellipsoid S 1 = x, y, z T R 3 x2 + y2 + z2 a 2 b 2 c2 = 1 mit a, b, c > 0 und die Sphäre S 2 = S 2 = x, y, z T R 3 x 2 + y 2 + z 2 = 1 sind diffeomorph. Als Diffeomorphismus lässt sich z. B. folgende Abbildung verwenden. f: S 1 S 2, x, y, z T x a, y b, z T c

Differentialgeometrie 3.43 Diffeomorphismus Beispiel 3.1.24 S 1 = x, y, φ(x, y) T R 3 x, y T U R 2 ist der Graph einer glatten Funktion φ: U R. S 2 = U 0 R 3 ist das Ebenenstück U aufgefasst als Fläche im R 3. S 1 und S 2 sind diffeomorph über folgenden Diffeomorphismus: f: S 1 S 2, x y z x y 0 f 1 : S 2 S 1, x y 0 x y φ(x, y)

Differentialgeometrie 3.44 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.2 Die Tangentialebene

Reguläre Flächen durch Ebenen annähern Differentialgeometrie 3.45 Bemerkung 3.2.1 Die einfachsten regulären Flächen sind die Ebenen, wie auch die einfachsten Kurven die Geraden sind. Im Folgenden sollen zum Teil komplizierte reguläre Flächen durch Ebenen angenähert werden. Für eine glatte Abbildung F: U R m einer offenen Teilmenge U des R n in den R m ist die Abbildung R n R m, x F p + D p F(x p) die erste (die affin-lineare) Näherung von F im Punkt p. Was ist das geometrische Äquivalent zu D p F für eine reguläre Fläche?

Differentialgeometrie 3.46 Tangentialebene Definition 3.2.2 Wenn S R 3 eine reguläre Fläche ist und p S, dann heißt T p S = X R 3 ε>0 γ: ε,ε S γ 0 = p γ 0 = X die Tangentialebene von S in p. Die Elemente der Tangentialebene heißen Tangentialvektoren. Bemerkung 3.2.3 Aus der Definition wird zunächst noch nicht deutlich, dass T p S tatsächlich eine Ebene ist. X = γ (0) p T p S Im Satz 3.2.4 wird die Tangentialebene mit lokalen Parametrisierungen beschrieben. γ(t) S

Tangentialebene beschrieben über lokale Parametrisierung Differentialgeometrie 3.47 Satz 3.2.4 Wenn S R 3 eine reguläre Fläche, p S und (U, F, V) eine lokale Parametrisierung von S um p ist, dann gilt mit u 0 F 1 p U: Beweis T p S = Bild D u0 F = D u0 F(R 2 ) a) Zu zeigen: T p S Bild D u0 F Sei X Bild D u0 F, dann gilt Y R 2 X = D u0 F(Y) Sei γ t F(u 0 + t Y), dann gilt ε>0 t <ε u 0 + t Y U γ ist also auf ( ε, ε) definiert. Es folgt: γ 0 = F u 0 = F F 1 (p) = p und γ 0 = d dt F u 0 + t Y t=0 = D u0 F Y = X Also ist X T p S.

Tangentialebene beschrieben über lokale Parametrisierung Differentialgeometrie 3.48 Beweis zu Satz 3.2.4 (Fortsetzung) b) Zu zeigen: T p S Bild D u0 F Sei X T p S, dann gilt γ: ε,ε S, glatt γ 0 = p γ 0 = X Nachdem man ε evtl. verkleinert hat, verläuft γ ganz in V. Nach Satz 3.1.15 ist φ F 1 γ: ε, ε U eine glatte (ebene) parametrisierte Kurve. Mit Y φ 0 R 2 gilt dann: D u0 F Y = d dt F φ t=0 = d dt F F 1 γ t=0 = dγ dt t=0 = X Also ist X Bild D u0 F. # Satz 3.2.5 T p S R 3 bildet einen zweidimensionalen Untervektorraum des R 3.

Differentialgeometrie 3.49 Tangentialebene Beweis zu Satz 3.2.5 Die Behauptung folgt direkt aus T p S = Bild D u0 F = D u0 F(R 2 ) (Satz 3.2.4) und Rang D u0 F = 2 (Definition 3.1.2 (2)). # Bemerkung 3.2.5a Wenn eine reguläre Fläche S wie in Satz 3.1.9 als Nullstellenmenge einer glatten Funktion f: V R mit V R 3 offen gegeben ist, also S x, y, z T V f x, y, z = 0, dann kann die Tangentialebene T p S von S in einem Punkt p auch mit Hilfe dieser Funktion f bestimmt werden. Satz 3.2.5b Sei V R 3 offen, f: V R eine glatte Funktion und S = f 1 0 R 3 eine reguläre Fläche. Wenn gilt p S grad f p 0, dann steht für p S der Gradient von f senkrecht auf der Tangentialebene. T p S = grad f p

Differentialgeometrie 3.50 Tangentialebene Beweis zu Satz 3.2.5b Sei X T p S und γ eine glatte parametrisierte Kurve γ: ε, ε γ 0 = p und γ 0 = X. Da γ in S verläuft, gilt: t ε,ε f γ t = 0 Differenzieren nach t liefert: S mit 0 = d dt f γ t=0 = grad f γ 0, γ (0) = grad f γ 0, X Da für alle X T p S das Skalarprodukt von grad f γ 0 und X gleich Null ist, stehen alle Vektoren X T p S senkrecht auf grad f p, es gilt also T p S grad f p. Da sowohl T p S als auch grad f p Untervektorräume des R 3 sind und beide die Dimension 2 haben, folgt: T p S = grad f p Definition: Für einen Untervektorraum V R n ist das orthogonale Komplement V definiert durch: V x R n y V x, y = 0 Die Tangentialebene T p S im Punkt p an die reguläre Fläche S ist also das orthogonale Komplement des Gradienten von f an der Stelle p. #

Differentialgeometrie 3.51 Tangentialebene Beispiel 3.2.6 Die Sphäre wird beschrieben durch S 2 = f 1 0, mit f x, y, z = x 2 + y 2 + z 2 1. Aus grad f x, y, z = 2 x, y, z T folgt: Die Tangentialebene T p S 2 im Punkt p der Sphäre S 2 ist das orthogonale Komplement des Fußpunktvektors p. S 2 T p S 2 p

Differentialgeometrie 3.52 Differential d p f Bemerkung 3.2.7 Die linearen Approximationen von glatten Abbildungen die auf offenen Teilmengen des R n definiert sind und von regulären Flächen über ihre Tangentialebenen lassen sich kombinieren zum Konzept linearer Approximationen von glatten Abbildungen, die auf regulären Flächen definiert sind. Die letzte lineare Approximation wird Differential genannt. Definition 3.2.8 Seien S 1, S 2 R 3 reguläre Flächen, f: S 1 S 2 eine glatte Abbildung, p S 1 und γ: ε, ε S 1 eine glatte parametrisierte Kurve mit γ 0 = p und γ 0 = X, dann heißt die Abbildung d p f: T p S 1 T f p S 2, X d p f X d dt f γ t=0 T f p S 2 das Differential d p f von f in p.

Differentialgeometrie 3.53 Differential d p f Satz 3.2.9 Das Differential d p f ist wohldefiniert, d. h. d p f(x) hängt nicht von der speziellen Wahl der Kurve γ sondern nur von X ab. Das Differential d p f ist linear. Beweis Zunächst wir d p f mit Hilfe von lokalen Parametrisierungen ausgedrückt. (U 1, F 1, V 1 ) ist eine lokale Parametrisierung von S 1 um p und (U 2, F 2, V 2 ) ist eine lokale Parametrisierung von S 2 um f(p). Ggf. nach Verkleinerung von U 1 und V 1 gilt: f S V 1 V 2 Wir definieren: f F 2 1 f F 1 : U 1 U 2 u 0 F 1 1 p U 1 γ: ε, ε S 1 ist glatte param. Kurve mit γ 0 = p und γ 0 = X u F 1 1 γ: ε, ε U 1

Differentialgeometrie 3.54 Differential d p f Beweis zu Satz 3.2.9 (Fortsetzung) D u0 F 1 u 0 = d dt F 1 u t=0 = d dt F 1 F 1 1 γ t=0 = γ 0 = X Nun kann d p f X berechnet werden: f F 1 2 f F 1 : U 1 U 2 u 0 F 1 1 p U 1 γ: ε, ε S 1 ist glatte param. Kurve mit γ 0 = p und γ 0 = X u F 1 1 γ: ε, ε U 1 d p f X = d dt f γ = d f F t=0 dt 1 u t=0 = d dt F 2 f u t=0 = D u0 (F 2 f)(u 0 ) = D u0 F 2 f D u0 F 1 1 (X) Da der letzte Ausdruck die Kurve γ nicht mehr enthält, sondern nur noch X, ist die Definition unabhängig von der speziellen Wahl von γ. Weil d p f als Verkettung zweier linearer Abbildungen D u0 F 2 f und D u0 F 1 1 darstellbar ist, ist die Abbildung dp f selbst linear. #

Differentialgeometrie 3.55 Differential d p f Bemerkung 3.2.10 Im Beweis zu Satz 3.2.9 wurde gezeigt, dass das Differential d p f mit Hilfe der lokalen Parametrisierungen (U 1, F 1, V 1 ) und U 2, F 2, V 2 durch die Jacobi-Matrix D u0 f beschrieben werden kann. Beispiel 3.2.11 A: R 3 R 3 ist eine orthogonale lineare Abbildung, d. h. A O(3). f: S 2 S 2, f A S 2 γ: ε, ε S 2 glatte param. Kurve mit γ 0 = p γ 0 = X T p S 2. Wegen der Linearität gilt: d p f X d dt f γ t=0 = d dt A γ t=0 = A d dt γ t=0 Also gilt: d p f X = A Tp S 2: T ps 2 T Ap S 2 = A γ 0 = A X

Differentialgeometrie 3.56 Differential d p f Bemerkung 3.2.12 Man kann auch für glatte Abbildungen f: S R n (S ist eine reguläre Fläche; p S) das Differential wie folgt definieren: d p f: T p S R n, X d p f X d dt f γ t=0 Dabei ist γ: ε, ε S glatte parametrisierte Kurve mit γ 0 = p und γ 0 = X. Ist der Definitionsbereich eine offene Teilmenge U R n und nimmt f: U S ihre Werte in einer regulären Fläche S an, dann definiert man für p U das Differential wie folgt: d p f: R n T f p S R 3, X d p f X D p f(x) Man kann zeigen, dass D p f(x) im Unterraum T f p S liegt. In beiden genannten Fällen ist die lineare Abbildung d p f wohldefiniert.

Differentialgeometrie 3.57 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.3 Die erste Fundamentalform

Differentialgeometrie 3.58 Erste Fundamentalform Bemerkung 3.3.1 Um auf einer regulären Fläche S R 3 z. B. Längen von Kurven die in S verlaufen und Winkel zwischen zwei Tangentialvektoren an die Fläche messen können, benötigt man ein Skalarprodukt. Da die Tangentialebene für jeden Punkt p S ein zweidimensionaler Untervektorraum des R 3 ist, kann man das Standardskalarprodukt, des R 3 einfach auf T p S einschränken um das euklidische Skalarprodukt auf T p S zu erhalten. Definition 3.3.2 Die Abbildung, die jedem Punkt p S diese Einschränkung g p, Tp S T p S des Standardskalarprodukts zuordnet, heißt erste Fundamentalform von S. Mit X, Y T p S schreibt man für die erste Fundamentalform auch: I p X, Y = g p X, Y = X, Y

Differentialgeometrie 3.59 Erste Fundamentalform Bemerkung 3.3.3 Aus der linearen Algebra ist bekannt, dass nach der Wahl einer Basis b 1,, b n eines Vektorraums, jedes euklidische Skalarprodukt, auf diesem Vektorraum durch eine positiv-definite symmetrische Matrix g ij i,j=1, n dargestellt werden kann. Die Einträge der Matrix sind die Skalarprodukte der Basisvektoren: i,j=1,,n g ij = b i, b j Wenn die Vektoren bzgl. der Basis die Darstellung X = n Y = j=1 y j b j besitzen, dann gilt: n n n n n n n i=1 x i b i und X, Y = x i b i, y j b j = x i y j b i, b j = x i y j g ij i=1 j=1 i=1 j=1 i=1 j=1 Mit X = x 1,, x T n und Y = y 1,, y T n ergibt sich: n n g 11 g 1n X, Y = x i g ij y j = x 1,, x n g n1 g nn i=1 j=1 y 1 y n R

Differentialgeometrie 3.60 Erste Fundamentalform Bemerkung 3.3.3 (Fortsetzung) Nach der Wahl einer Basis des Vektorraums T p S kann das Skalarprodukt g p auf T p S durch eine positiv-definite symmetrische Matrix G dargestellt werden. X Tp S X T GX > 0 G T = G Eine Basis von T p S erhält man in der Regel durch eine lokale Parametrisierung U, F, V von S um p. Sind e 1, e 2 die Standardbasisvektoren des R 2, dann wird eine Basis von T p S von D u F e 1 = F (u) und D u uf e 1 2 = F (u), mit u = u 2 F 1 (p) gebildet. Bzgl. dieser Basis ist die Matrixdarstellung von g p gegeben durch: g ij u g p D u F e i, D u F e j = F u i u, F (u) uj Die 2 2-Matrix g ij u i,j=1,2 = g 11(u) g 12 (u) ist also symmetrisch g 21 (u) g 22 (u) und positiv definit. Offensichtlich hängen die Matrixeinträge g ij glatt von u ab, d. h. g ij : U R ist für jedes i und j eine glatte Funktion.

Differentialgeometrie 3.61 Erste Fundamentalform Beispiel 3.3.4: Ebene Eine Ebene S R 3 kann durch eine affin-lineare Parametrisierung mit p 0, X, Y R 3 beschrieben werden: F: R 2 R 3, u 1, u 2 F u 1, u 2 = p 0 + u 1 X + u 2 Y S ist hier also die von den Vektoren X und Y aufgespannte Ebene durch den Punkt p 0. Für die erste Fundamentalform ergibt sich bzgl. dieser Parametrisierung: g 11 u 1, u 2 = F u 1 g 12 u 1, u 2 = F u 1 g 21 u 1, u 2 = F u 2 g 22 u 1, u 2 = F u 2 u1, u 2, F u 1 u1, u 2 = X, X u1, u 2, F u 2 u1, u 2 = X, Y = u1, u 2, F u 1 u1, u 2 = Y, X u1, u 2, F u 2 u1, u 2 = Y, Y

Differentialgeometrie 3.62 Erste Fundamentalform Beispiel 3.3.4: Ebene (Fortsetzung 1) Wenn S die x-y-ebene ist und (u 1, u 2 ) kartesische Koordinaten sind, d. h. p 0 = 0, X = e 1 und Y = e 2, dann wird die erste Fundamentalform durch folgende Matrix beschrieben: g ij u ij = 1 0 0 1 Die Funktionen g ij : R 2 R sind in diesem Beispiel konstant. Benutzt man jedoch eine andere lokale Parametrisierung für dieselbe Fläche, dann ist das in der Regel nicht mehr so. Zur Illustration wird die x-y-ebene im R 3 mit Polarkoordinaten parametrisiert. Die Polarkoordinaten u 1, u 2 = (r, φ) liefern folgende lokale Parametrisierung: F: 0, 0,2π R 3, r, φ F r, φ = r cos φ, r sin φ, 0 T Daraus lässt sich die erste Fundamentalform berechnen:

Erste Fundamentalform Jürgen Roth Beispiel 3.3.4: Ebene (Fortsetzung 2) F r, φ = r cos φ, r sin φ, 0 T g 11 r, φ = F r = cos 2 φ + sin 2 φ = 1 g 12 r, φ = g 21 r, φ = F φ = r sin φ r cos φ 0 g 22 r, φ = F φ cos φ F r, φ, r, φ = sin φ r 0, cos φ sin φ 0 F r, φ, r r, φ, cos φ sin φ 0 = r ( sin φ cos φ + cos φ sin φ) = 0 r sin φ F r, φ, r, φ = r cos φ φ 0 = r 2 sin 2 φ + r 2 cos 2 φ = r 2, r sin φ r cos φ 0 Bzgl. Polarkoordinaten ist die erste Fundamentalform der x-y- Ebene durch folgende Matrix gegeben: g ij r, φ ij = 1 0 0 r 2 Differentialgeometrie 3.63

Differentialgeometrie 3.64 Erste Fundamentalform Bemerkung 3.3.5 Beispiel 3.3.4 zeigt, dass die Formeln für die erste Fundamentalform stark von der Wahl der verwendeten lokalen Parametrisierung abhängen. Je ungeschickter die Parametrisierungen, desto komplizierter werden die Formeln. Beispiel 3.3.6: Zylinderfläche S = x, y, z T R 3 x 2 + y 2 = 1 Lokale Parametrisierung: F: 0,2π R R 3, φ, F φ, = Bestimmen Sie die erste Fundamentalform bzgl. der Koordinaten u 1, u 2 = (φ, ). cos φ sin φ

Erste Fundamentalform Jürgen Roth Beispiel 3.3.6: Zylinderfläche (Fortsetzung) g 11 φ, = F φ = F φ,, φ sin φ cos φ 0 g 12 φ, = g 21 φ, = F φ g 22 φ, = = F sin φ cos φ 0,, φ, sin φ cos φ 0 0 0 1 F φ,, = 0 0 F φ,, φ, = 0 1 = sin 2 φ + cos 2 φ = 1 φ,, 0 0 1 = 1 Bzgl. der Koordinaten φ, hat die erste Fundamentalform der Zylinderfläche dieselbe Gestalt wie die der Ebene in kartesischen Koordinaten, nämlich: F φ, = cos φ sin φ g ij = 1 0 ij 0 1 Differentialgeometrie 3.65

Differentialgeometrie 3.66 Erste Fundamentalform Beispiel 3.3.7: Sphäre Berechnung der ersten Fundamentalform der Sphäre S 2 = x, y, z T R 3 x 2 + y 2 + z 2 = 1 in Polarkoordinaten u 1, u 2 = θ, φ : cos θ cos φ F: π, π 0,2π 2 2 R3, θ, φ F θ, φ = cos θ sin φ sin θ Aus sin θ cos φ F θ, φ = sin θ sin φ θ cos θ ergibt sich: g ij θ, φ ij = F θ F φ und F θ, φ, θ, φ F θ θ F θ, φ, θ, φ F θ φ cos θ sin φ F θ, φ = cos θ cos φ φ 0 F θ, φ, φ θ, φ = F θ, φ, θ, φ φ 1 0 0 cos 2 θ

Differentialgeometrie 3.67 Erste Fundamentalform Bemerkung 3.3.8: Änderung der lokalen Parametrisierung Was passiert mit der ersten Fundamentalform wenn man die lokale Parametrisierung der regulären Fläche S ändert? Neben U, F, V sei U, F, V eine weitere lokale Parametrisierung von S und g ij ij die zugehörige Matrix, die die erste Fundamentalform beschreibt. Wenn φ F 1 F die Parametertransformation zwischen diesen beiden Parametrisierungen beschreibt, dann ergibt sich mit Hilfe der Kettenregel: g ij u = F u i = I = = u, F u j u = I F φk k uk φ u u, u i φ k kl u i φ k kl u i u u φ l u i u I φ l F u F u i u i u g kl (φ u ) l u, F u j u = I F φ u φl u l u i F k φ u, φ u u l u (F φ) u i u, (F φ) u j u In Matrizenschreibweise ergibt sich: g ij u ij = D u φ T g kl φ u kl D uφ

Erste Fundamentalform Jürgen Roth Aufgabe 3.3.9 Berechnen Sie die erste Fundamentalform der Sphäre bzgl. der lokalen Parametrisierung (U, F 3 +, V 3 + ) (vgl. Beispiel 3.1.7) mit F 3 + x, y = x, y, 1 x 2 + y 2 T. Aufgabe 3.3.10 Berechnen Sie die erste Fundamentalform eines Funktionsgraphen der glatten Funktion f: U R 2 R bzgl. der Parametrisierung F: U R 2 R 3, x, y T x, y, f x, y T. Aufgabe 3.3.11 Berechnen Sie die erste Fundamentalform des Kegels S = x, y, z T R 3 x 2 + y 2 = z 2 z > 0 bzgl. folgender Parametrisierung: F: 0,2π 0, R 3, F φ, r = r cos φ sin φ 1 Lösungshinweise: Bär (2010, S. 299) Differentialgeometrie 3.68

Differentialgeometrie 3.69 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.4 Normalenfelder und Orientierbarkeit

Normalenfeld Definition 3.4.1 Jürgen Roth Ein Normalenfeld N auf einer regulären Fläche S R 3 ist eine Abbildung N: S R 3 mit folgender Eigenschaft: p S N p T p S p S X Tp S N p, X = 0 Ein Normalenfeld auf S heißt Einheitsnormalenfeld, wenn zusätzlich gilt: p S N(p) = 1 Bemerkung 3.4.2 Mit N ist auch N ein (Einheits-)Normalenfeld auf S. Stetige Einheitsnormalenfelder kann, muss es aber auf einer regulären Fläche nicht geben. Beispiel 3.4.3: Ebene Für die x-y-ebene S = x, y, 0 T R 3 x, y R ist N x, y, 0 = 0,0,1 T ein konstantes Einheitsnormalenfeld auf S. Differentialgeometrie 3.70

Differentialgeometrie 3.71 Normalenfeld Beispiel 3.4.4: Sphäre Für die Sphäre S = S 2 = x, y, z R 3 x 2 + y 2 + z 2 = 1 ist N = Id ein Einheitsnormalenfeld. N p = p Beispiel 3.4.5: Zylinderfläche Für die Zylinderfläche S = S 1 R = x, y, z R 3 x 2 + y 2 = 1 ist durch N x, y, z = x, y, 0 T ein Einheitsnormalenfeld definiert.

Differentialgeometrie 3.72 Orientierbarkeit http://www.youtube.com/watch?v=4bcm-kpiuhe&nr=1 Beispiel 3.4.6: Möbiusband Das Möbiusband besitzt kein stetiges Normalenfeld. Dementsprechend hat das Möbiusband nur eine Seite. Fängt man irgendwo an, das Möbiusband einzufärben, so stellt man fest, dass das Band überall farbig wird. Definition 3.4.7 Eine reguläre Fläche S R 3 heißt orientierbar, wenn es ein glattes Einheitsnormalenfeld auf S gibt.

Differentialgeometrie 3.73 Orientierbarkeit Bemerkung 3.4.8 Die Ebene, die Sphäre und der Zylinder sind orientierbar, während das Möbiusband nicht orientierbar ist. Die wesentliche Bedingung in der Definition 3.4.7 der Orientierbarkeit besteht darin, dass das Einheitsnormalenfeld glatt ist. Irgendein Einheitsnormalenfeld kann man immer finden. Man muss nur in jedem Punkt p einer regulären Fläche S einen der beiden Einheitsnormalenvektoren zu T p S R 3 auswählen und ihn mit N(p) bezeichnen. In der Regel wird dieses N aber nicht stetig, geschweige denn glatt sein. Man kann sogar die Bedingung glatt in der Definition durch stetig ersetzen, ohne am Konzept der Orientierbarkeit etwas zu verändern.

Differentialgeometrie 3.74 Orientierbarkeit Bemerkung 3.4.9 Für das Einheitsnormalenfeld N: S S 2 R 3 einer regulären Fläche S R 2 gilt: N ist genau dann stetig, wenn N glatt ist. Begründung: Wenn U, F, V eine lokale Parametrisierung von S ist, dann ist N F x F y F x F y ein glattes Einheitsnormalenfeld auf S V. Damit ist N = f N mit einer Funktion f: S V * 1,1+. Eine solche Funktion f ist genau dann stetig, wenn sie lokal konstant ist, also genau dann, wenn sie glatt ist.

Orientierbarkeit Bemerkung 3.4.10 Es soll gezeigt werden, dass eine regulär Flächen S im Kleinen immer orientierbar ist. Wir betrachten dazu eine lokale Parametrisierung U, F; V von S. Mit Hilfe des Vektorprodukts erhält man ein Normalenfeld N auf S V: N p = D F 1 p F e 1 D F 1 p F(e 2) Da D F 1 p F maximalen Rang hat, Jürgen Roth sind D F 1 p F e 1 und D F 1 p F e 2 linear unabhängig. Damit folgt: N p 0,0,0 T Ein glattes Einheitsnormalenfeld (ENF) auf S V erhält man durch Normierung: N p N(p) N(p) Neben N p = N(p) N(p) ist auch N N(p) N(p) ein ENF. Differentialgeometrie 3.75

Differentialgeometrie 3.76 Orientierbarkeit Bemerkung 3.4.10 (Fortsetzung 1) Führt man diese Konstruktion des Einheitsnormalenfeldes für zwei lokale Parametrisierungen U 1, F 1, V 1 und U 2, F 2, V 2 durch, dann können die zugehörigen Einheitsnormalenvektoren N 1 p und N 2 p in einem Punkt p S V 1 V 2 entweder übereinstimmen N 1 p = N 2 p oder entgegengesetzt orientiert sein N 1 p = N 2 p. Dieser Zusammenhang lässt sich über eine Bedingung an die zugehörige Parametertransformation φ F 2 1 F 1 ausdrücken. Wir betrachten p S V 1 V 2 sowie i=1,2 u i F i 1 p und für alle i = 1,2 den zu U i, F i, V i gehörigen Einheitsnormalenvektor N i (p) in p. Nach Konstruktion bilden (D ui F i e 1, D ui F i e 2, N i p ) für i = 1,2 jeweils eine positiv orientierte Basis des R 3. N 1 p und N 2 p stimmen also genau dann überein, wenn D u1 F 1 e 1, D u1 F 1 e 2 und D u2 F 2 e 1, D u2 F 2 e 2 auf T p S gleich orientiert sind. Andernfalls gilt N 1 p = N 2 p.

Differentialgeometrie 3.77 Orientierbarkeit Bemerkung 3.4.10 (Fortsetzung 2) Folglich gilt N 1 p = N 2 p genau dann, wenn φ in u 1 orientierungserhaltend ist, d. h. wenn det D u1 φ > 0. Zusammenfassung: N 1 p = N 2 p det D u1 φ > 0 N 1 p = N 2 p det D u1 φ < 0 Daraus folgt direkt: Satz 3.4.11 Eine reguläre Fläche S R 3 ist genau dann orientierbar, wenn S so durch lokale Parametrisierungen überdeckt werden kann, dass für alle Parametertransformationen φ gilt: det Dφ > 0

Differentialgeometrie 3.78 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.5 Die zweite Fundamentalform

Differentialgeometrie 3.79 Weingarten-Abbildung Bezeichnung 3.5.1 Das glatte Einheitsnormalenfeld N einer orientierbaren regulären Fläche S R 3 interpretiert als Abbildung N: S S 2 zwischen regulären Flächen wird auch Gauß-Abbildung genannt. Bemerkung 3.5.2 d p N: T p S T N p S 2 ist das Differential von N: S S 2 in p S. Wegen T N p S 2 = N p = T p S ist d p N ein Endomorphismus von T p S. Definition 3.5.3 Ein Endomorphismus ist eine strukturerhaltende Abbildung f: A A einer Struktur A in sich selbst. Wenn S R 3 eine reguläre Fläche mit einer durch das Einheitsnormalenfeld N gegebenen Orientierung ist, dann wird folgender Endomorphismus Weingarten-Abbildung genannt: W p : T p S T p S, X W p X = d p N(X)

Differentialgeometrie 3.80 Weingarten-Abbildung Bemerkung 3.5.4 Das negative Vorzeichen in Definition 3.5.3 hat historische Gründe. Bei der Umkehrung der Orientierung, d. h. beim Ersetzen von N durch N, ändert auch die Weingarten-Abbildung W ihr Vorzeichen. Beispiel 3.5.5: Sphäre Die zur Sphäre S = S 2 und ihrem äußeren Einheitsnormalenfeld N: S R 3, p N p = p gehörige Weingarten-Abbildung ist: W p = Id: T p S 2 T p S 2, X W p X = X Beispiel 3.5.6: x-y-ebene Die zur x-y-ebene S = x, y, 0 T R 3 x, y R und ihrem Einheitsnormalenfeld N: S R 3, x, y, z T N x, y, z = 0,0,1 T gehörige Weingarten-Abbildung ist: W p : T p S T p S, X W p X = 0

Differentialgeometrie 3.81 Weingarten-Abbildung Beispiel 3.5.7: Zylinder Wir betrachten den Zylinder S = S 1 R und das zugehörige Einheitsnormalenfeld N x, y, z = x, y, 0 T. In jedem Punkt p = x, y, z T S wird die Tangentialebene T p S durch die Vektoren y, x, 0 T und 0,0,1 T aufgespannt. Zum Bestimmen von W p ( 0,0,1 T ) wird γ t p + t X gewählt. W p 0 0 1 = d p N 0 0 1 = d dt N x y z + t = d dt N γ t=0 t=0 = d dt = d dt x y = 0 t=0 N x y z 0 0 0 t=0 = + t 0 0 0 0 0 1 t=0

Differentialgeometrie 3.82 Weingarten-Abbildung Beispiel 3.5.7: Zylinder (Fortsetzung) Zum Bestimmen von W p ( y, x, 0 T ) wird t 0 R so gewählt, dass cos t 0, sin t 0 = (x, y). Dann gilt für γ t cos t + t 0, sin t + t 0, z T : γ 0 = x, y, z T = p γ 0 = sin t 0, cos t 0, 0 T und damit: W p y x 0 = d p N y x 0 = d dt N γ t=0 = d dt N cos t + t 0 sin t + t 0 z t=0 = d dt cos t + t 0 sin t + t 0 0 t=0 = sin t + t 0 cos t + t 0 = 0 t=0 sin(t 0 ) cos (t 0 ) = 0 t=0 y x 0 In der Basis y, x, 0 T und 0,0,1 T hat W p die Matrixdarstellung 1 0 0 0.

W p ist selbstadjungiert bzgl. I p Satz 3.5.8 Jürgen Roth Für eine orientierbare reguläre Fläche S R 3 mit Weingarten- Abbildung W p : T p S T p S und p S gilt: W p ist selbstadjungiert, bzgl. der ersten Fundamentalform I p, d. h. I p X, W p (Y) = I p W p X, Y Beweis N ist das Einheitsnormalenfeld von S, das zur Weingarten-Abbildung W p = d p N führt, (U, F, V) eine lokale Parametrisierung um p, u F 1 (p), X 1 D u F e 1 = F u X u 1 2 D u F e 2 = F Basisvektoren von T p S. Wegen p S N(p) T p S gilt: F u i u 2 u die zugehörigen u + t e j, N F u + t e j 0 (*) Differentialgeometrie 3.83

W p ist selbstadjungiert bzgl. I p Beweis zu Satz 3.5.8 (Fortsetzung) Differentiation der Gleichung (*) liefert: 0 = d dt = d dt F u + t e u i j, N F u + t e j t=0 F u + t e u i j, N(p) + F u, d t=0 u i p N D u F(e j ) Jürgen Roth = 2 F u j u i u, N(p) + X i, W p (X j ) Also gilt: I p X i, W p X j = X i, W p (X j ) = 2 F u j u i Nach dem Satz von Schwarz (3.0.8) folgt: u, N(p) I p X i, W p X j = 2 F u j u i u, N(p) = 2 F u i u j u, N(p) = I p X j, W p X i (**) Für die Basisvektoren X 1 und X 2 von T p S gilt also: I p X i, W p X j = I p X j, W p X i = I p W p X i, X j Wegen der Bilinearität von I und der Linearität von W p folgt daraus direkt: X,Y Tp S I p X, W p Y = I p W p X, Y, also ist W p selbstadjungiert bzgl. I. Differentialgeometrie 3.84 #

Zweite Fundamentalform Definition 3.5.9 Jürgen Roth Die zur Weingarten-Abbildung W p gehörige Bilinearform heißt zweite Fundamentalform der regulären Fläche S im Punkt p: Bemerkung 3.5.10 II p X, Y = I p W p X, Y mit X, Y T p S Häufig wird der Fußpunkt p in der Schreibweise weggelassen und an Stelle von II p einfach II und statt W p einfach W geschrieben. Bemerkung 3.5.11: Ausdruck in lokalen Koordinaten Seien S R 3, p S, (U, F, V) eine lokale Parametrisierung von S um p und u F 1 (p). In der Basis D u F e 1 = F (u) und D u uf e 1 2 = F u2 (u) wird die erste Fundamentalform durch die symmetrische Matrix g ij u beschrieben mit: g ij u = F u i i,j=1,2 u, F u j u = I p D u F e i, D u F(e j ) Differentialgeometrie 3.85

Zweite Fundamentalform Bemerkung 3.5.11: Ausdruck in lokalen Koordinaten (Fortsetzung 1) Nun wird definiert: ij u II p D u F e i, D u F(e j ) ( ) = I p W p D u F e i, D u F(e j ) = 2 F u j u i u, N p, i, j = 1,2 Jürgen Roth ij u i,j=1,2 ist die symmetrische Matrix, die die zweite Fundamentalform in den oben angegebenen Koordinaten beschreibt. j Die Matrixkoeffizienten für die Weingarten-Abbildung werden mit w i bezeichnet und wie folgt definiert: 2 W p D u F e i =: w j j=1 i (u) D u F(e j ) Die Matrixkoeffizienten der Weingartenabbildung und der zweiten Fundamentalform lassen sich wie folgt auseinander berechnen: ij u II D u F e i, D u F e j = I W D u F e i, D u F(e j ) 2 = I k=1 w k i (u) D u F(e k ), D u F(e j ) 2 = w k 2 k=1 i (u) I D u F(e k ), D u F(e j ) = k=1 w k i u g kj u Differentialgeometrie 3.86

Differentialgeometrie 3.87 Zweite Fundamentalform Bemerkung 3.5.11: Ausdruck in lokalen Koordinaten (Fortsetzung 2) Die Matrix ij u entsteht also durch Matrixmultiplikation i,j aus den Matrizen w k i u und g kj u. i,k k,j Da die Matrix g kj u positiv definit und folglich insbesondere k,j invertierbar ist, lässt sich die Gleichung nach w k i u auflösen. i,k Wenn g ij u i,j die zu g ij u inverse Matrix ist, wenn also gilt: i,j g ij u ij = Dann folgt direkt: 2 k=1 1 g 22 (u) g 12 (u) g 11 u g 22 u g 12 u 2 ik u g kj u = w j i (u) g 21 (u) g 11 (u)

Differentialgeometrie 3.88 Kapitel 3: Klassische Flächentheorie 3.6 Krümmung

Krümmung von Kurven in regulären Flächen Differentialgeometrie 3.89 Bemerkung 3.6.1 In diesem Abschnitt geht es um verschiedene Konzepte zum wichtigen Begriff der Krümmung von regulären Flächen. Zunächst geht es um die Normalkrümmung, die über die Krümmung von in der regulären Fläche verlaufenden parametrisierten Kurven erklärt wird. Wir betrachten eine orientierbare reguläre Fläche S R 3, mit glattem Einheitsnormalenfeld N, einen Punkt p S und eine nach Bogenlänge parametrisierte Kurve γ: ε, ε S. Als Raumkurve im R 3 hat γ in 0 die Krümmung κ 0 γ (0), die für κ 0 0 durch γ 0 = κ 0 n 0 gegeben ist, wobei n(0) γ (0) γ (0) der Normalenvektor von γ ist. Diese Krümmung wird nun in zwei Teile aufgespalten, nämlich einen Teil der auf die Krümmung von γ innerhalb von S zurückgeht und einen Teil, der die Krümmung von S im R 3 beschreibt.

Krümmung von Kurven in regulären Flächen Differentialgeometrie 3.90 Bemerkung 3.6.1 (Fortsetzung) Aus diesem Grund wird n(0) in einen Anteil tangential zu S und eine Anteil senkrecht zu S zerlegt. n 0 = n 0 tang + n 0 senk Dabei ist Daraus folgt: n 0 senk = n 0, N(p) N p. γ 0 = κ 0 n 0 = κ 0 n 0 tang + κ 0 n 0, N(p) N p Der tangentiale Anteil, der angibt, wie sich γ innerhalb von S krümmt, führt zur geodätischen Krümmung von γ in S, die später (Differentialgeometrie II) thematisiert wird. Im Augenblick interessiert die Krümmung von S im R 3. Dazu definieren wir die Normalenkrümmung κ nor einer orientierbaren regulären Fläche.

Differentialgeometrie 3.91 Normalenkrümmung κ nor Definition 3.6.2 Wenn S R 3 eine orientierbare reguläre Fläche mit glattem Einheitsnormalenfeld N, p S und γ: ε, ε S eine nach Bogenlänge parametrisierte Kurve mit γ 0 = p und Normalenvektor n ist, dann ist die Normalkrümmung κ nor von S im Punkt p in Richtung γ (0) wie folgt definiert: κ nor γ 0, N p = Bezeichnet θ im Fall κ 0 0 den Winkel zwischen N(p) und n(0) dann gilt: κ nor = κ 0 cos θ Insbesondere gilt immer: κ nor κ 0 κ 0 n 0, N p, falls κ 0 0 0, falls κ 0 = 0 γ

Normalenkrümmung κ nor Satz 3.6.2: Satz von Meusnier Wenn S R 3 eine orientierbare reguläre Fläche mit Einheitsnormalenfeld N und zweiter Fundamentalform II ist, p S und γ: ε, ε S eine nach Bogenlänge parametrisierte Kurve mit γ 0 = p ist, dann gilt für die Normalenkrümmung κ nor von γ: κ nor = II γ 0, γ 0 Insbesondere haben alle nach Bogenlänge parametrisierten Kurven in S durch p mit demselben Tangentialvektor dieselbe Normalkrümmung. κ nor ist also unabhängig von der Wahl der Kurve γ. Beweis Da γ in S verläuft, gilt t ε,ε N γ t, γ (t) = 0 Differentiation dieser Gleichung liefert: 0 = d N γ t, γ (t) = d N γ t, γ (0) + N p, γ (0) dt t=0 dt t=0 = d p N γ 0, γ (0) + κ nor = W p γ 0, γ (0) + κ nor Jürgen Roth = II γ 0, γ 0 + κ nor Differentialgeometrie 3.92 #

Differentialgeometrie 3.93 Normalenkrümmung κ nor Bemerkung 3.6.3 Ein Orientierungswechsel der Kurve γ ändert den Wert der Normalenkrümmung κ nor nicht, denn es gilt: II γ 0, γ 0 = II γ 0, γ 0 Ein Orientierungswechsel der Fläche S, bei dem N p durch N(p) ersetzt wird, führt dagegen zum Vorzeichenwechsel der Normalenkrümmung κ nor : γ 0, N(p) = γ 0, N(p) Satz 3.6.4 S R 3 ist eine orientierbare reguläre Fläche mit Einheitsnormalenfeld N und p S. X T p S ist ein Tangentialvektor der Länge 1. E ist die von N(p) und X aufgespannte Ebene, die sogenannte Normalenebene. Dann kann für eine Umgebung V R 3 von p die Menge S E + p V durch eine reguläre Kurve parametrisiert werden.