Nationale und internationale Steuern 2. Teil (Umsatzsteuer und internationales Steuerrecht)



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I. Internationales Steuerrecht - Einführung Fallkonstellationen des IStR Outbound-Fälle Inbound-Fälle unbeschränkte Steuerpflicht beschränkte Steuerpflicht Inländer mit Auslandsaktivitäten Ausländer mit Inlandsaktivitäten 2

I. Internationales Steuerrecht - Einführung Outbound Fälle Darunter subsumiert man Fälle eines Steuerinländers (unbeschränkt Steuerpflichtigen) mit Einkünften aus dem Ausland. Beispiel: Herr Maier wohnt in Berlin und vermietet in London ein Haus. Herr Maier ist nach 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Somit gilt das Welteinkommensprinzip. Sein gesamtes Welteinkommen, also auch die Vermietungseinkünfte aus England, sind im Inland zu besteuern. 3

I. Internationales Steuerrecht - Einführung Inbound Fälle Darunter subsumiert man Fälle eines Steuerausländers (beschränkt Steuerpflichtigen) mit Einkünften aus Deutschland. Beispiel: Herr John wohnt und arbeitet in London. Er vermietet ein Haus in Leipzig. Herr John ist mit seinen Vermietungseinkünften im Inland nach 1 Abs. 4 und 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG beschränkt steuerpflichtig. 4

Es gibt zwei Hauptarten der Steuerpflicht: unbeschränkte Steuerpflicht, 1 Abs. 1 EStG, 8 und 9 AO (natürliche Personen) und 1 Abs. 1 KStG, 10 und 11 AO (juristische Personen) beschränkte Steuerpflicht, 1 Abs. 2 EStG (natürliche Personen) und 2 Abs. 1 KStG (juristische Personen) ivm. 49 EStG 5

Unbeschränkte Steuerpflicht Natürliche Personen, die ihren Wohnsitz, 8 AO oder ihre gewöhnlichen Aufenthalt, 9 AO in Deutschland haben, sind unbeschränkt steuerpflichtig. Juristische Personen, die ihre Geschäftsleitung, 10 AO oder ihren Sitz, 11 AO in Deutschland haben, sind unbeschränkt steuerpflichtig. Sie müssen ihr Welteinkommen, d.h. alle in- und ausländischen Einkünfte in Deutschland versteuern ( 2 Abs. 1 EStG und 1 Abs. 2 KStG). 6

Wohnsitz nach 8 AO Der Wohnsitz stellt allein auf tatsächliche Verhältnisse ab. An- und Abmeldungen beim Einwohnermeldeamt entfalten keine steuerliche Wirkung, sie können lediglich als Indiz gelten. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung, d.h. zum dauerhaften Wohnen geeignete Räume innehat (Verfügungsmacht) unter Umständen, die auf ein Beibehalten und Nutzen der Wohnung schließen lassen. Bei mehreren Wohnsitzen ist der steuerliche Wohnsitz dort, wo sich der Lebensmittelpunkt befindet. Es ist nicht notwendig, dass sich der Steuerpflichtige während einer Mindestzahl an Tagen oder Wochen in der Wohnung aufhält. 7

Gewöhnlicher Aufenthalt nach 9 AO Hat eine Person keinen Wohnsitz, ist weiteres (sekundäres) Anknüpfungsmerkmal der gewöhnliche Aufenthalt. Der gewöhnliche Aufenthalt liegt an dem Ort, an dem der Steuerpflichtige aufhält und nicht nur vorübergehend verweilt. Beispiel: A hat eine Stellung in Frankfurt angenommen und sich dort vorübergehend in ein Hotelzimmer eingemietet. Die Wochenenden fährt er zur seiner Familie in Paris, die später nachkommen will. A hat in Frankfurt seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Als gewöhnlicher Aufenthalt ist stetes und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben hierbei unberücksichtigt. 8

Geschäftsleitung nach 10 AO Die Geschäftleitung ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung einer juristischen Person. Diese befindet sich dort, wo der für das Unternehmen maßgebende Wille gebildet wird und die Geschäftsführung nötige Maßnahmen anordnet. Auch hier kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Beispiel: Die Cayman Ltd. hat eine deutsche Tochtergesellschaft, die das operative Geschäft betreibt. Der Geschäftsführer der Cayman Ltd. ist ein Rechtsanwalt mit Sitz auf Cayman Island. Die tatsächlichen Entscheidungen für die Cayman Ltd. werden von den deutschen Geschäftsführern der Tochtergesellschaft getroffen. Die Cayman Ltd. begründet somit ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland und ist unbeschränkt steuerpflichtig. 9

Sitz nach 11 AO 11 AO ist als alternativer Anknüpfungspunkt zu sehen, wenn bei juristischen Personen eine Geschäftsleitung im Inland nicht ermittelt werden kann. Der Sitz wird durch Gesetz, den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung bestimmt. Das Steuerrecht übernimmt hier den zivilrechtlichen Begriff. 10

Beschränkte Steuerpflicht Natürliche oder juristische Personen, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt bzw. weder Sitz oder Geschäftsleitung im Inland haben, jedoch inländische Einkünfte beziehen, sind beschränkt steuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte isd. 49 Abs. 1 EStG erzielen. Sie müssen nur die inländischen Einkünfte, die abschließend in 49 Abs. 1 EStG aufgezählt sind, in Deutschland versteuern (Quellenprinzip). 11

Beispiele für beschränkt steuerpflichtige Einkünfte 15 EStG 18 EStG 19 EStG 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 21 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb Selbständiger Arbeit Nichtselbständiger Arbeit Gewinnausschüttungen (Kapitalvermögen) Zinsen (Kapitalvermögen) Vermietung und Verpachtung Nr. 2a: Betriebsstätte im Inland Nr. 2d: künstlerische Darbietung im Inland Nr. 3: im Inland ausgeübt oder im Inland verwertet Nr. 4: im Inland ausgeübt oder im Inland verwertet Nr. 5a: ausschüttende Gesellschaft hat Sitz/Geschäftsleitung im Inland Nr. 5 c aa: Das Darlehen ist durch inländischen Grundbesitz gesichert Nr. 6: Vermietung eines inländischen Grundstücks 12

Beispiel 1 zur beschränkten Steuerpflicht: Der in Paris ansässige F vermietet in Deutschland ein Haus. Außerdem arbeitet er in Paris. Muss F seine Einkünfte in Deutschland versteuern? Lösung: F erzielt Einkünfte aus VuV, 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Diese Einkünfte sind inländisch, da das Grundstück in Deutschland liegt, 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind hingegen nicht inländisch, da sie nicht in Deutschland ausgeübt werden, 49 Abs. 1 Nr. 4a EStG. Folglich muss F nur die Vermietungseinkünfte in Deutschland versteuern. 13

Beispiel 2 zur beschränkten Steuerpflicht: Der in Rom ansässige I gewährt einem Berliner ein ungesichertes verzinsliches Darlehen Muss I die Zinsen in Deutschland versteuern? Lösung: Es liegen Zinseinkünfte nach 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor. Diese sind aber nicht inländisch, da sie nicht durch inländischen Grundbesitz gesichert sind, 49 Abs. 1 Nr. 5c aa) EStG. I muss daher in Deutschland keine Steuern zahlen 14

Beispiel 3 zur beschränkten Steuerpflicht: Der in Madrid ansässige Spanier S produziert Waren und verkauft diese nach Deutschland. Muss S seine Einkünfte in Deutschland versteuern? Lösung: S erzielt keine inländischen Einkünfte nach 49 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Zwar liegen gewerbliche Einkünfte nach 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor. Diese sind aber nicht inländisch, da S weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter in Deutschland hat. S muss daher seine Einkünfte in Deutschland nicht versteuern. 15

Beispiel 4 zur beschränkten Steuerpflicht: Ein Popstar aus USA gibt im Rahmen seiner Tournee in München eine Darbietung und ist bei Thomas Gottschalk zu Gast bei Wetten, dass. Muss der Popstar seine Einkünfte aus dem Auftritt und der Talkshow Teilnahme in Deutschland versteuern? Lösung: S erzielt inländischen Einkünfte nach 49 Abs. 1 Nr. 2d EStG. Die künstlerische Darbietung und das dafür empfangende Entgelt ist in Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht zu versteuern. 16

Grundsatz der isolierenden Betrachtungsweise, 49 Abs. 2 EStG Der Grundsatz der isolierenden Betrachtungsweise besagt, dass die Zuordnung von Einkünften gem. 49 Abs. 1 EStG grds. nach den Verhältnissen im Inland zu beurteilen sind. Beispiel: Piet van der Felde führt am Ort seines Wohnsitzes Amsterdam (Niederlande) eine Großhandelsfirma. Zum Betriebsvermögen der Firma gehört ein seit Jahren als Lagergebäude genutztes Speicherhaus in Mannheim. Ab 2009 wird das Gebäude ausschließlich vermietet. Handelt es sich bei den Mieterträgen um inländische Einkünfte? 17

Lösung: Gemäß dem Grundsatz der isolierenden Betrachtungsweise bleiben im Ausland gegebene Besteuerungsmerkmale außer Betracht. Würde man die im Ausland gegebenen Besteuerungsmerkmale (Haus als Betriebsvermögen eines gewerblichen Unternehmers) bei der Klassifizierung der Einkunftsart mit berücksichtigen, so müssten die Erträge aus dem vermieten Lagergebäude als gewerbliche Einkünfte eingestuft werden ( 21 Abs. 3 EStG). Diese Beurteilung würde jedoch zu keinen inländischen Einkünften isd. 49 Abs. 1 EStG führen, weil das Erfordernis einer Betriebsstätte nicht vorliegt. Isoliert betrachtet, handelt es sich um ein im Inland belegenes unbewegliches Vermögen, das vermietet wird. Es liegen inländische Einkünfte isd. 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG vor. 18

Sondervorschriften für beschränkte Steuerpflicht, 50 EStG Die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger hat objektsteuerartigen Charakter. Persönliche Verhältnisse bleiben unberücksichtigt. Dafür soll der Heimatstaat sorgen. Privatabzüge (Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) können nicht abgezogen werden. Soweit ein Lohn- oder Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen worden ist, ist die Einkommensteuer damit abgegolten. Eine Veranlagung unterbleibt. Das bedeutet, dass Werbungskosten nicht abgezogen werden können, 50 Abs. 5 EStG. Es werden Abzugsteuern nach 50a EStG bei bestimmten beschränkt Steuerpflichtigen erhoben. Die Besteuerung erfolgt nach der Grundtabelle. Nach 50 Abs. 3 Satz 2 EStG beträgt die Einkommensteuer mind. 25 % des Einkommens (Ausnahme: bei nichtselbständiger Tätigkeit). 19

Sondervorschriften für beschränkte Steuerpflicht, 50 EStG Beispiel: Der in Moskau ansässige M vermietet in Berlin ein Haus. Er erzielt Einkünfte i.h.v. 50.000. Wie hoch ist sein zve? Lösung: M erzielt inländische Einkünfte aus Vermietung, da das vermietete Haus in Deutschland liegt, 21 Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG. Da M weder Sonderausgaben noch außergewöhnliche Belastungen geltend machen kann, beträgt das zve 50.000. Es gibt kein Splitting, 26 Abs. 1 S. 1, 32a Abs. 5 EStG. 20

Sondervorschriften für beschränkte Steuerpflicht, 50 EStG Beispiel wie zuvor: Welcher Tarif kommt zur Anwendung, wenn M verheiratet ist? Lösung: Da M nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, kommt eine Ehegattenveranlagung und somit ein Splittingtarif nicht in Betracht. M muss sein Einkommen nach der Grundtabelle versteuern. Da diese Regelungen eine Schlechterstellung von EU-Ausländern gegenüber Inländern darstellen, gibt es zahlreiche Sonderregelungen. 21

Quellensteuer nach 50a EStG Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben 1. bei Einkünften, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Darbietung erzielt werden 2. bei Verwertung der unter 1.) genannten Einkünfte 3. bei Einkünften, die aus Vergütungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten herrühren und 4. bei Einkünften, die Mitglieder des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats o.ä. gewährt werden 22

Quellensteuer nach 50a EStG Dem Abzug unterliegt der volle Betrag der Einnahmen (Bruttobesteuerung), also ohne Abzug von Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und Steuern. Eine Einschränkung gilt nur für Reisekostenerstattungen; nur die über die tatsächlichen Aufwendungen hinausgehenden Zahlungen unterliegen dem Steuerabzug. Der Steuersatz beträgt grds. 15 %. Für Aufsichtsratsvergütungen beträgt der Steuersatz 30 % der Aufsichtsratsvergütung. 23

Beispiel zur Quellensteuer nach 50a EStG Imre Szerka ist libyscher Pianist. Auf Einladung der Musikalischen Abendgesellschaft München gibt er im Kj. 2010 10 Konzerte in der BRD und erhält pro Vorstellung 900 Honorar sowie 200 Auslagenersatz. Während seines zweimonatigen Inlandsaufenthalt lebt er bei Freunden und Bekannte. Seien Fahrtkosten zu den Veranstaltungsorten in Höhe von insgesamt 1.000 trägt er selbst. Unterliegen die Honorare der deutschen Einkommensteuer; ist evtl. ein Steuerabzug vorzunehmen? 24

Lösung Imre Szerka übt eine freiberufliche (künstlerische) Tätigkleit im Inalnd aus, 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Musikalische Abendgesellschaft München ist zum Seuerabzug gem. 50a Abs. 5 EStG in Höhe von 15 % der Einnahmen verpflichtet. Einnahmen sind die Bruttoeinnahmen von 9.000 + 1.710 USt = 10.710. Die USt zählt zu den Einnahmen. Die Fahrtkosten sind nicht von der BMG abzugsfähig. Imre Szerka wird nicht zur Einkommensteuer veranlagt; seine Einkommensteuer ist durch den Steuerabzug abgegolten. 25

Sonderregelungen für Staatsangehörige der EU Jan van Geldern mit Wohnsitz in Enschede (Niederlande) ist in Gronau (BRD) als Arbeitnehmer beschäftigt. Er erzielt ausschließlich inländische, d.h. der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er ist verheiratet, die Eheleute haben zwei gemeinsame Kinder. Die Ehefrau Mareike erzielt Nebeneinkünfte aus Blockflötenunterricht an der Musikschule in Enschede. Wie ist der Sachverhalt ertragsteuerlich zu würdigen? 26

Sonderregelungen für Staatsangehörige der EU Jan van Geldern ist nicht nach 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, da er keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Er gehört aber zum Personenkreis des 1 Abs. 3 EStG, da seine Einkünfte im Kalenderjahr zu mind. 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Er ist demnach den notwendig Antrag unterstellt als unbeschränkt steuerpflichtige Person zu behandeln. Nach 1 Abs. 1 Nr. 2 EStG kann auf weiteren Antrag eine Zusammenveranlagung nach 26b EStG mit Ehefrau Mareike erfolgen. Hierfür liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, da die Eheleute 90 % ihrer Einkünfte im Inland erzielen bzw. die nichtinländischen Einkünfte (Blockflötenunterricht) den Betrag von 12.272 nicht übersteigen. Somit gelten die Eheleute als unbeschränkt Steuerpflichtige isd. 1a EStG ivm. 1 Abs. 3 EStG. 27

I. Internationales Steuerrecht Grundproblem des IStR Grundprobleme des IStR Das Grundproblem des IStR ist die Vermeidung von Doppelbesteuerung und von Minderbesteuerung. Doppelbesteuerung bedeutet, dass derselbe Steuerpflichtige mit denselben Einkünften gleichzeitig in zwei oder mehreren Staaten zu gleichen oder vergleichbaren Steuern herangezogen wird. Minderbesteuerung bedeutet, die unzulässige und mißbräuchliche Steuerreduzierung durch Ausnutzung unterschiedlicher Belastungsunterschiede. 28

I. Internationales Steuerrecht Grundproblem des IStR Beispiel für Doppelbesteuerung A hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er bezieht Einkünfte aus dem Staat Z. Die Bundesrepublik besteuert diese Erfolgsteile entsprechend dem Wohnsitzprinzip (Welteinkommensprinzip). Gleichzeitig fällt im Staat Z eine Quellensteuer an. Es liegt hier die klassische Konkurrenz zwischen unbeschränkter Steuerpflicht und beschränkter Steuerpflicht vor. 29

I. Internationales Steuerrecht Grundproblem des IStR Beispiel für Minderbesteuerung Ein Steuerinländer verlegt seinen Wohnsitz in ein Niedrigsteuerland, ohne dabei seine wirtschaftlichen Interessen im Inland aufzugeben. Grund für den Wegzug ist lediglich die Absicht, die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland zu beenden. Dann werden die Einkünfte auch nicht mehr mit dem hohen inländischen Steuersatz belastet. Die Besteuerung der Einkünfte finden nach der Wohnsitzverlagerung im Niedrigsteuerland zu einem niedrigeren Steuersatz als dem deutschen Steuersatz statt. Da es keine weiteren wirtschaftlichen Gründe für den Wegzug gibt, spricht man hier von einer mißbräuchlichen Steuergestaltung. 30

I. Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung Ursache der Doppelbesteuerung Ein Staat kann nur dann Einkünfte versteuern, wenn dies nach dem jeweiligen Steuergesetz möglich ist. Dafür muss er über konkrete Anknüpfungspunkte in seinem Hoheitsgebiet verfügen: persönliche Bindung des Steuerpflichtigen (Steuerinländer aufgrund des Wohnsitz- oder Ansässigkeitsprinzips; Nationalitätsprinzip) unbeschränkte Steuerpflicht mit Welteinkommensprinzip sachliche Beziehung (Steuerausländer aufgrund Erwirtschaftung von Einkommen oder Belegenheit von Vermögen in dem entsprechenden Land; Quellenprinzip) beschränkte Steuerpflicht mit Territorialitätsprinzip 31

I. Internationales Steuerrecht Doppelbesteuerung Techniken zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Steueranrechnung Freistellung und Steuerabzug Diese Regelungen können in drei verschiedenen Arten von Normen angewendet werden: Einseitige Regelungen: Deutschland kann versuchen, durch einseitige Regelungen die Doppelbesteuerung zu vermeiden (z.b. 34c EStG) Zweiseitige Regelungen: Deutschland hat mit vielen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vereinbart. Multilaterale Regelung: EU-Recht 32

I. Internationales Steuerrecht Einseitige Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung 34 c EStG Abs. 1 Anrechnung der ausländischen Steuer Abs. 2 Alternativ: Abzug der ausländischen Steuer 33