Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Ähnliche Dokumente
Förderprogramme für Ausbildungsplätze Informationen für Ausbildungsbetriebe-

Förderprogramm für zusätzliche Ausbildungsplätze

Merkblatt. Sonderprogramm für zusätzliche Ausbildungsplätze

Nachwuchsförderung zahlt sich aus INFORMATIONEN FÜR ARBEITGEBER. Arbeitgeber 417. Ausbildungsbonus. Logo

Ausbildung

F ö r d e r u n g d e r b e r u f l i c h e n E r s t a u s b i l d u n g :

Merkblatt Ausbildungsbonus

Merkblatt Programme zur Förderung der beruflichen Erstausbildung. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Zur Umsetzung einer Integrierten Ausbildungsberichterstattung in Hessen

Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung. Merkblatt Programme zur Förderung der beruflichen Erstausbildung

Lutz Mania, Beschäftigungssicherung in den Unternehmen Fördermöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit

Richtlinie der Handwerkskammer Chemnitz für die Ausbildung behinderter Menschen

Die Ausbildungsplatzsituation

Hsp 2017 Hauptschüler

Zentrum Bayern Familie und Soziales

Zwischen Bewerberflut und Fachkräftemangel der Weg zu qualifiziertem Nachwuchs - Fördermittel im Bereich Aus- und Weiterbildung -

Niedersächsischer Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs. Modellprojekte betriebliche Ausbildung

Zentrum Bayern Familie und Soziales

"Ausbildungskostenzuschuss für Benachteiligte (AKZ)"

Ausweitung ausbildungsbegleitender Hilfen (abh) und Einführung der Assistierten Ausbildung (AsA)

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/ Wahlperiode

Betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ) INFORMATIONEN FÜR ARBEITGEBER. Brücke in die Berufsausbildung

ist statistisch nicht eindeutig definiert. In der Ausbildungsmarktstatistik erfolgt der Nachweis von Bewerber aus früheren Schulentlassjahren.

Zentrum Bayern Familie und Soziales

7075-A. Förderrichtlinie für die Gewährung von Mobilitätshilfen an Auszubildende 2012 (Mobilitätshilferichtlinie 2012)

Unterstützung vor und während der Berufsausbildung von geflüchteten Menschen

Die Ausbildungsplatzsituation

Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Osnabrück

II. Förderleistungen nach Artikel 2 der Richtlinie Initiative Inklusion für betriebliche Berufsausbildung durch die Schaffung neuer Ausbildungsplätze

Der Arbeitsmarkt im August

Ausbildungsformen im Überblick

Mit Aus- und Weiterbildung gegen den Fachkräftemangel

Förderung für Ihre zukünftigen Fachkräfte INFORMATIONEN FÜR ARBEITGEBER. Berufsberatung. Qualifizierten Nachwuchs sichern. Logo

Zentrum Bayern Familie und Soziales

Gewährung von Eingliederungszuschüssen gem. 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. 88 ff SGB III


Fit für morgen Mit einer Berufsausbildung im Handwerk

Der Kölner Ausbildungsmarkt 2005/2006

Berufsausbildung in Deutschland

Formular zur TeilnehmerInnenerfassung an einer ESF-geförderten Maßnahme im Land Berlin Förderperiode

zu dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Beschäftigungstrends

Der Landesausschuss für Berufsbildung des Landes Nordrhein-Westfalen

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten bei Neueinstellungen für behinderte und schwerbehinderte Menschen

Neuauflage der Förderrichtlinie des Bund-Länder-Programmes Initiative Inklusion Handlungsfelder Ausbildung und Arbeit

HePAS INTEGRATIONSAMT. Hessisches Perspektivprogramm zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen schwerbehinderter Menschen

Auswertung Unternehmensbefragung zur Existenzgründung

Kurzinformation. Ermittlung der Jahresdurchschnittswerte Bestand Arbeitslose 2005

Pressemitteilung Nr. 75/ November 2011

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 5/ Wahlperiode

Fachtagung des Arbeits- und Sozialministeriums. für Ausbildungs- und Ausbildungsplatzakquisiteure/Innen

Ministerialblatt (MBl. NRW.) Ausgabe 2015 Nr. 33 vom Seite 719 bis 732

Betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQ)

Qualifizierung während Kurzarbeit

Arbeitsmarkt kompakt: Der Ausbildungsmarkt im Jahr 2015/2016

Duale Ausbildung Der andere Weg zum Erfolg. Starthelfer der IHK Mittleres Ruhrgebiet

Förderung der beruflichen Kompetenzen und Qualifikationen: Kann ich über den Qualifizierungsscheck gefördert werden?

Kriterien für die Anerkennung von Ausbildungsberufen nach BBiG und HwO

Wen erreicht die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)?

Förderprogramm Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung. aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF)

Richtlinien zur Förderung der Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung Förderrichtlinien

Sofern die Maßnahmen aus anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden, sind diese Zuwendungen anzurechnen.

Der ergänzende Lohnkostenzuschuss nach diesem Programm wird auf Grundlage des 53 Abs. 3 SGB XII als freiwillige Leistung gewährt.

ABG Arbeit in Berlin GmbH. Ergänzende Förderbedingung Nr. 05. Landeszuschuss für kleine und mittlere Unternehmen. 1.

Ausführungsrichtlinien des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg zur Umsetzung des Bundesprogrammes Inklusionsinitiative II

Ausbildungsinteressierte Jugendliche aus der EU - FAQ für Unternehmen

Ein Jahr Erfahrungen mit EQJ-Maßnahmen in der Region Westfälisches Ruhrgebiet

Menschen mit Behinderungen. Förderung von Fachkräften für Unternehmen

Dualer Studiengang Bauingenieurwesen an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften FH München. Zusatzvereinbarung zum Berufsausbildungsvertrag *)

Ausgewählte Arbeitgeberleistungen der Agentur für Arbeit Saarlouis

B. Abkürzung der Ausbildungszeit und Teilzeitausbildung gem. 8 Abs. 1 BBiG / 27b Abs. 1 HwO

Die Ausbildungssituation in Thüringen und deren Erfordernisse der Umsetzung einer Regionalstrategie

/ Referent Timo Kobbe / Arbeitsmarkt und Arbeitswelt der Zukunft. Demographischer Wandel und seine Auswirkungen

Förderprogramm Betrieblich unterstützte Kinderbetreuung. aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF)

AUSBILDUNGS- UND BERUFSSTARTPROBLEME VON JUGENDLI- CHEN UNTER DEN BEDINGUNGEN VERSCHÄRFTER SITUATIONEN AUF DEM ARBEITS- UND AUSBILDUNGSSTELLENMARKT

I. Abkürzung der Ausbildungszeit und Teilzeitausbildung gem. 8 Abs. 1 BBiG / 27 Abs. 1 HwO

Ungeachtet dessen gilt, dass Frauen, die sich bewusst von diesem Familienfinanzierungsmodell lösen wollen, anders behandelt werden als Männer.

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode

LWL Budget für Arbeit

Empfehlungen zur Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten lernbeeinträchtigter Jugendlicher

Hessisches Statistisches Landesamt. Ausbildung Fachangestellte/-r für Markt- und Sozialforschung

BERUFSAUSBILDUNGSVERTRAG ( 10, 11 Berufsbildungsgesetz - BBiG - vom 23. März 2005)

Übersicht. Umsetzung Kombilohn-Modell im Kreis Steinfurt. Zielsetzung des Modells. Rahmenbedingungen des Kombilohn-Modells. Gesetzliche Grundlage

AUSBILDEN. In die Zukunft investieren

Richtlinie zur Abkürzung und Verlängerung der Ausbildungszeit, zur Teilzeitberufsausbildung sowie zur vorzeitigen Zulassung zur Abschlussprüfung

Informationen zum Arbeitsmarkt Region Ostwürttemberg -März 2016-

Landesausschuss für Berufsbildung Erwin Siebert, Regionaldirektion Bayern. Bilanz des Ausbildungsjahres 2014/2015

Ausbildung ist Zukunft!

Richtlinie Initiative Inklusion Verbesserung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

Beschäftigung sichern Qualifizierung während Kurzarbeit Aktivierung und Qualifizierung - Weiterbildung ohne Kurzarbeit

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Der regionale Ausbildungsstellenmarkt Ausbildungschancen im Salzlandkreis so gut wie noch nie

Ausbildung ist Zukunft Teilzeitberufsausbildung

Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Programm Stufe 2 - Förderung der Eingliederung ausgebildeter junger Menschen in Arbeit

Förderung von Ausbildung im Überblick

Transkript:

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Wilfried Möhrle Stefan Kuse Report Nr. 769 Wiesbaden 2009

Eine Veröffentlichung der HA Hessen Agentur GmbH Postfach 1811 D-65008 Wiesbaden Abraham-Lincoln-Straße 38-42 D-65189 Wiesbaden Telefon 0611 / 774-81 Telefax 0611 / 774-8313 E-Mail info@hessen-agentur.de Internet http://www.hessen-agentur.de Geschäftsführer: Martin H. Herkströter Dr. Dieter Kreuziger Vorsitzender des Aufsichtsrates: Dieter Posch Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Die Untersuchung wurde erstellt im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und wurde mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziell unterstützt. Nachdruck auch auszugsweise ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten.

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Inhalt Seite 1 Einleitung 1 2 Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung 3 3 Die untersuchten Förderprogramme des Landes Hessen 7 3.1 Zielsetzung, Zielgruppen und Förderkonditionen der Förderprogramme 7 3.1.1 Ausbildungsstellen für Altbewerber/innen 8 3.1.2 Ausbildungsstellen für Auszubildende aus insolventen Betrieben 12 3.1.3 Ausbildungsstellen bei Existenzgründungen 15 3.2 Entwicklung der Förderung im Zeitablauf 18 3.3 Regionale Inanspruchnahme der Programme 20 4 Die Befragungen zur Ausbildungsplatzförderung des Landes 23 4.1 Konzeption der Befragungen 23 4.1.1 Die Betriebsbefragungen 23 4.1.2 Die Expertengespräche 26 4.2 Befragungsergebnisse 27 4.2.1 Struktur der befragten Betriebe 27 4.2.2 Programmbeurteilung 31 4.2.3 Merkmale der Auszubildenden 42 4.2.4 Verbleib der Auszubildenden vor Eintritt in das Förderprogramm 49 4.2.5 Erfolg in der geförderten Ausbildung 51 4.2.6 Mehraufwendungen für die Auszubildenden 60 4.2.7 Zusammenfassung der Befragungsergebnisse 62 5 Die Förderprogramme des Bundes und der Länder im Bereich der beruflichen Erstausbildung 64 5.1 Die Förderprogramme des Bundes Der Ausbildungsbonus 64 5.1.1 Programmbeschreibung 64 5.1.2 Abgrenzung zum hessischen Altbewerberprogramm 65 5.2 Die Handhabung der Ausbildungsplatzförderung in den Bundesländern 69 I

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme Inhalt Seite 6 Die Ausbildungsplatzförderprogramme hessischer Kommunen 71 6.1 Schwalm-Eder-Kreis 72 6.2 Landkreis Waldeck-Frankenberg 74 6.3 Landkreis Marburg-Biedenkopf 75 6.4 Landkreis Limburg-Weilburg 76 7 Zusammenfassung der Ergebnisse und Empfehlungen 77 7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 77 7.2 Handlungsempfehlungen 80 Abbildungsverzeichnis 83 Tabellenverzeichnis 85 Literatur- und Quellenverzeichnis 86 Verzeichnis themenrelevanter Internetquellen 88 II

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung 1 Einleitung Ein hochrangiges Ziel der hessischen Arbeitsmarktpolitik ist, den Übergang Jugendlicher in das Erwerbsleben zu verbessern. Neben dem Stützinstrumentarium an den allgemein bildenden und beruflichen Schulen wurden dazu teilweise bereits zu Zeiten des extremen Ausbildungsplatzmangels in den 80er Jahren bzw. Mitte der 90er Jahre Förderprogramme aufgelegt, die die Aufnahme und den erfolgreichen Abschluss einer dualen Berufsausbildung zum Gegenstand haben. Das Land Hessen fördert ausgewählte Betriebe, um deren Ausbildungsbereitschaft zu steigern und somit das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. In den Zuständigkeitsbereich des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) fallen u. a. die folgenden drei Ausbildungsplatzförderprogramme: Ausbildungsstellen bei Existenzgründungen, Ausbildungsstellen für Auszubildende aus insolventen Betrieben, Ausbildungsstellen für Altbewerber/innen. In Abgrenzung zu anderen Landesprogrammen auch in anderen Zuständigkeitsbereichen sind diese allein durch Landesmittel finanziert und haben als Förderobjekt jeweils den Ausbildungsplatz in einem Unternehmen. Ein umfassendes Monitoring, das über die laufende Umsetzung Auskunft gibt, ist in den genannten Programmen bisher nicht implementiert. 1 Ebenso wurden bislang keine Evaluierungen der Programme durchgeführt, die etwa über die Zielgruppengenauigkeit bzw. Erreichbarkeit der Förderberechtigten, mögliche (Umsetzungs-) Probleme, die Ergebnisse, die Effektivität und die Effizienz der Programme Auskunft geben könnten. Auch die Wechselwirkung mit Förderprogrammen anderer Gebietskörperschaften im Bereich der beruflichen Erstausbildung aus diesen können Doppelförderungen resultieren ist bisher nur unzureichend bekannt. Die Hessen Agentur hat daher in Abstimmung mit dem Hessischen Wirtschaftsministerium ein Untersuchungskonzept entwickelt, das die inhaltliche Ausrichtung der Förderprogramme auf die Zielgruppe, den bei den Auszubildenden erzielten Erfolg und die Bewertung der Programme durch die geförderten Betriebe zum Gegenstand hat. Eine solche Beobachtung der Umsetzung und Überprüfung der Wirksamkeit der eingesetzten Fördermittel erscheinen gerade in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte angezeigt. 1 Dem Hessischen Wirtschaftsministerium werden monatlich lediglich die jeweiligen Bewilligungsstände mit einigen Basisinformationen auf Landesebene übermittelt. 1

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme Zur Erhebung der notwendigen Informationen wurden knapp 3.800 Betriebe befragt, die in den Jahren 2004 und 2007 durch die Landesprogramme gefördert worden sind bzw. einen Antrag auf Förderung gestellt haben. Diese beiden Bewilligungsjahre wurden ausgewählt, da zum Zeitpunkt der Untersuchung der Jahrgang 2004 als letzter vollständig abgeschlossen war, und da es sich bei dem Jahrgang 2007 um den letzten bewilligten handelte. Die Rücklaufquote lag insgesamt bei knapp 39 % für eine (freiwillige) Befragung ein extrem hoher Wert, der erlaubt, für die geförderten Betriebe repräsentative Aussagen zu treffen. Allen Befragungsteilnehmern sei deshalb an dieser Stelle für ihre Auskunftsbereitschaft herzlich gedankt. Das folgende Kapitel behandelt Gegenstand und Zielsetzung der Studie. Anschließend werden die in die Untersuchung einbezogenen Förderprogramme des Hessischen Wirtschaftsministeriums, ihre Zielsetzung und Förderkonditionen dargestellt. Die Ergebnisse der im Rahmen der Studie durchgeführten Betriebsbefragung sind Gegenstand von Kapitel 4. In den Kapiteln 5 und 6 werden die Förderprogramme des Bundes, die anderer Bundesländer und der hessischen Kommunen im Bereich der beruflichen Erstausbildung dargestellt. Vor diesem Hintergrund wird jeweils die Einbettung der hessischen Landesprogramme in die Förderlandschaft betrachtet. Kapitel 7 fasst die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie zusammen. Die Verwendung der männlichen Form bei Bezeichnungen wie Auszubildender erfolgt, um das Lesen des Textes zu erleichtern. Sofern nicht anders angegeben, sind damit jedoch stets beide Geschlechter gemeint. Die Finanzierung des Projektes erfolgte durch Eigenmittel des Landes Hessen sowie durch Mittel des Europäischen Sozialfonds. 2

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung 2 Gegenstand und Zielsetzung der Untersuchung Die hessische Landesregierung strebt an, allen hessischen Jugendlichen ein auswahlfähiges und qualitativ zukunftssicherndes Ausbildungsplatzangebot zu machen und darüber hinaus Unternehmen dazu zu motivieren, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. 2 Derzeit stehen acht Programme zur Förderung der beruflichen Erstausbildung zur Verfügung, die eine finanzielle Unterstützung eines Betriebs oder eines Bildungsträgers vorsehen. In den Zuständigkeitsbereich des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Familie und Gesundheit (HMAFG) fallen die folgenden vier Programme: Ausbildungskostenzuschüsse (AKZ) für Lern- und Leistungsbeeinträchtigte Zielgruppe des reinen Landesprogramms sind Jugendliche mit Lern- und Leistungsproblemen, die in der Ausbildung einer besonderen Betreuung bedürfen. 3 Ausbildung statt Arbeitslosengeld II (AstA) Das Landesprogramm soll dazu beitragen, landesweit zusätzliche außerbetriebliche Ausbildungsplätze für junge Leistungsempfänger nach SGB II zu schaffen, die keine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz haben. Betriebliche Ausbildungsplätze für Alleinerziehende Alleinerziehende sollen durch das mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanzierte Programm dabei unterstützt werden, eine betriebliche Ausbildung oder betriebliche Umschulung zu absolvieren. Ausbildung in der Migration Lern- und leistungsbeeinträchtigten Jugendlichen, insbesondere Migrantinnen und Migranten, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, kultureller und individueller Hemmnisse zunehmend Schwierigkeiten haben, sich in die Berufswelt zu integrieren, soll die Aufnahme einer Berufsausbildung ermöglicht werden. Das Programm wird ebenfalls durch den ESF kofinanziert. 2 Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Hessisches Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit (2009), S. 1. 3 Die Ausbildung muss in anerkannten Ausbildungsberufen gem. 4 ff BBiG bzw. 25 HwO sowie in von den gemäß Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) zuständigen Stellen geregelten Berufen stattfinden. Antragsberechtigt sind Unternehmen, Verwaltungen und sonstige Ausbildungseinrichtungen, deren Eignung für die Durchführung der Ausbildungsgänge von der zuständigen Stelle festgestellt worden ist, so weit sie unter Aufrechterhaltung des durchschnittlichen Ausbildungsplatzbestandes der beiden vorangegangenen Jahre Ausbildungsplätze für die Zielgruppe bereithalten. Vgl. ebenda, S. 2. 3

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme In den Zuständigkeitsbereich des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung fallen vier weitere Programme: Ausbildung in Partnerschaften (kofinanziert durch den ESF) Gefördert wird die Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen durch Kooperation mehrerer Ausbildungspartner, 4 Ausbildungsstellen bei Existenzgründungen (reines Landesprogramm), Ausbildungsstellen für Auszubildende aus insolventen Betrieben (reines Landesprogramm), Ausbildungsstellen für Altbewerber/innen (reines Landesprogramm). 5 Die drei letztgenannten Programme des Hessischen Wirtschaftsministeriums, die allein durch Landesmittel finanziert werden und die die Förderung eines betrieblichen 6 Ausbildungsplatzes zum Gegenstand haben, sind Gegenstand dieser Untersuchung. Die Förderkonditionen werden im folgenden Kapitel beschrieben. Ziel der Untersuchung ist, dem Auftraggeber dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung einen umfassenden Überblick darüber zu geben, ob die Programme in ihrer Ausgestaltung und Umsetzung den Problemen am Ausbildungsstellenmarkt gerecht werden und ob sie die definierten Ziele erreichen. Für den Fall, dass sich Defizite zeigen, sollen diese auf ihre Ursachen hin analysiert und Möglichkeiten zu ihrem Abbau aufgezeigt werden. Die Handlungsempfehlungen können die Zielgruppendefinition, die Zielgruppenerreichung, die Umsetzung der Programme (Öffentlichkeitsarbeit, Beratung der Antragsteller, Antragsverfahren u. ä.), die Programminhalte, die Förderkonditionen oder die verwaltungsmäßige Programmumsetzung betreffen. 4 Das ESF-kofinanzierte Programm unterliegt dem regelmäßigen Monitoring des ESF. 5 Im Folgenden werden diese Programme als Existenzgründer-, Insolvenz(lehrlings)- und Altbewerberprogramm bezeichnet. 6 Als betrieblich gelten die Ausbildungsverhältnisse, bei denen die Finanzierung vollständig oder weit überwiegend durch die Ausbildungsbetriebe erfolgt. Als außerbetrieblich gelten demgegenüber laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Ausbildungsverhältnisse, die vollständig oder nahezu vollständig durch staatliche Programme oder auf gesetzlicher Grundlage mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Die außerbetrieblichen Auszubildenden erhalten von einem Ausbildungsträger (z. B. Internationaler Bund, Arbeiterwohlfahrt) eine Ausbildungsvergütung. Der Betrieb erhält in der Regel von der jeweils zuständigen öffentlichen Hand eine Bezuschussung der Ausbildungskosten. Wie weiter unten deutlich wird, führen die Programme des Hessischen Wirtschaftsministeriums zu gemäß der obigen Definition betrieblichen Ausbildungsverhältnissen. 4

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Im Einzelnen sollen die folgenden Fragen beantwortet werden: Wie erfahren die Förderberechtigten/ Zielgruppen von den Fördermöglichkeiten und wie werden sie vor der Antragstellung beraten? Wie ist die Entwicklung der Zahl der Geförderten? Gibt es regionale Unterschiede bei der Inanspruchnahme der Programme? Gibt es Hemmnisse in der Umsetzung? Wenn ja, was sind die Ursachen (Verfahren, Zielgruppenbeschreibung, Förderhöhe, sonstige Konditionen)? Sind die Ausbildungsbetriebe mit dem Verfahren zufrieden? Gibt es besondere Schwierigkeiten mit Auszubildenden, die ihrer Eigenschaft als Problemgruppe mit Marktbenachteiligungen (z.b. Migrationshintergrund, Alter) zuzuschreiben sind? Wird dies durch die Förderung ausgeglichen? Wechseln die geförderten Betriebe im Zeitablauf oder gibt es einen gefestigten Kreis von Betrieben, die die Programme nutzen? Erhöht sich durch die Förderung die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe dauerhaft? Werden die Auszubildenden von den Ausbildungsbetrieben übernommen? Wie ist die Betriebsstruktur der Ausbildungsbetriebe (Branche, Betriebsgröße)? Wie hoch ist der Anteil geförderter außerhessischer Betriebe, die Auszubildende aus Hessen (Wohnortprinzip) ausbilden? Wie hat sich dieser Anteil entwickelt? Aus welchen Gründen müssen Förderanträge abgelehnt werden? In welchen Berufen werden die Geförderten in den einzelnen Programmen ausgebildet? Wie steht es mit der primären Zielerreichung (erfolgreiche Prüfungen, Abbrüche und deren Gründe)? Welche Ursachen für Misserfolge sind zu identifizieren und wie kann ihnen begegnet werden? Wird das eigentliche Ziel der Programme, die Eingliederung in das Erwerbsleben, erreicht? 5

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme Spezielle Fragen bezüglich des Altbewerberprogramms sind folgende: Gibt es Überschneidungen mit dem Bundesprogramm Ausbildungsbonus und kommunalen Programmen der Ausbildungsplatzförderung? Wie können präzise Abgrenzungen zu diesen Programmen definiert werden? Welche Schulabschlüsse weisen die durch das Programm geförderten Auszubildenden auf? Wie viele Förderfälle sind auf das Kriterium Ausbildungsabbrecher zurück zu führen? Wie hoch ist die Abbrecherquote je Förderjahrgang? Welche Gründe führten zu welchem Zeitpunkt der Ausbildung zu den Abbrüchen? Wurde vor der Aufnahme in das Altbewerberprogramm eine Einstiegsqualifizierung für Jugendliche (EQJ) oder eine andere berufsvorbereitende Maßnahme (z. B. BGJ) durchlaufen? Wurde die Ausbildungszeit daraufhin verkürzt? 7 7 Das Berufsgrundbildungsjahr BGJ und die EQJ zählen zu den schulischen Maßnahmen des Übergangssystems. Die Akzeptanz der Absolventen in der Wirtschaft ist in der Regel schlecht, da die duale Ausbildungsform besser an die betrieblichen Anforderungen angepasst ist und eine betriebliche Sozialisation erfolgt. Für das BGJ besteht in Hessen noch bis zum 31.7.2009 eine Anrechnungspflicht, beim EQJ kann eine Verkürzung der Ausbildungszeit vereinbart werden. Die Anrechnungspflicht des BGJ führt häufig dazu, dass Unternehmen BGJ-Absolventen bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen nicht berücksichtigen bzw. dass sie BGJ-Schülern eine Übernahme in Aussicht stellen, wenn sie das BGJ kurz vor dessen Abschluss abbrechen. Vgl. Schmidt, C./ Galetzka, C. (2006), S. 39f. 6

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung 3 Die untersuchten Förderprogramme des Landes Hessen 3.1 Zielsetzung, Zielgruppen und Förderkonditionen der Förderprogramme 8 Ziel der Förderprogramme ist, über die (finanzielle) Unterstützung der Betriebe bei der Ausbildung von Jugendlichen das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. Die Förderprogramme sollen zudem dazu beitragen, dass Betriebe, die bislang nicht ausgebildet haben, zukünftig auch ohne den Anreiz einer Förderung regelmäßig Ausbildungsplätze anbieten und besetzen. Im Vordergrund steht darüber hinaus, (zusätzliche) Ausbildungsplätze für Jugendliche zu schaffen, die Schwierigkeiten haben bzw. hatten, einen Ausbildungsplatz am normalen Ausbildungsstellenmarkt zu finden. Die Förderprogramme sollen zudem der Verbesserung bzw. dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dienen, indem durch die Heranbildung von qualifiziertem Personal vermieden wird, dass der sich abzeichnende Fachkräftemangel negativ auf die Unternehmen auswirkt. Eine wichtige Information zur Bewertung der angemessenen Größe und der Ausrichtung eines Förderprogramms ist die Kenntnis der Zielgruppe, zu deren Gunsten das Programm wirken soll. Dieses Informationsbedürfnis erstreckt sich auf die Struktur und die Anzahl derjenigen, die als Zielgruppe definiert sind und die deshalb potenziell (maximal) durch das Programm begünstigt werden könnten. Nur so kann geprüft werden, ob die Förderbedingungen und die verfügbaren Fördermittel dem Bedarf entsprechen. Da für die eingestellten Mittel der drei untersuchten Programme regelmäßig genügend Anträge eingehen und das gesamte Volumen vollständig bewilligt wird, ist davon auszugehen, dass die Zahl der Zielpersonen deutlich größer ist, als Förderfälle aufgrund der begrenzten Mittel bewilligt werden können. Die Größe der Zielgruppe genau festzustellen, stößt wie weiter unten deutlich wird jedoch bei den einzelnen Förderprogrammen auf unterschiedliche und teilweise nicht lösbare Probleme. Die Ursache dafür liegt in der Abgrenzung der Zielgruppe bzw. den in den Förderrichtlinien festgelegten weiteren Förderbedingungen, die in der entsprechenden Kombination statistisch nicht erhoben werden. 8 Vgl. Staatsanzeiger für das Land Hessen (2008), S. 926ff. 7

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme In allen drei Programmen, die durch das Regierungspräsidium in Kassel administriert werden, sind Ausbildungsplätze nur dann förderfähig, wenn die Ausbildung in einem nach dem BBiG oder der HwO anerkannten Beruf erfolgt 9 und wenn der erste Wohnsitz der Person, die den Ausbildungsplatz besetzt, in Hessen liegt (Wohnortprinzip). Der Sitz des Betriebes bzw. der Ausbildungsort haben keinen Einfluss auf die Förderfähigkeit, sie können also auch außerhalb Hessens liegen. 3.1.1 Ausbildungsstellen für Altbewerber/innen Gegenstand der Förderung Als Anreiz zur Bereitstellung von (zusätzlichen) Ausbildungsplätzen für hessische Altbewerber/innen gewährt das Land Hessen Zuschüsse für die Begründung von zusätzlichen Ausbildungsverhältnissen mit diesem Personenkreis. Förderfähige Altbewerber/innen für das jeweilige Programmjahr sind Ausbildungsplatzsuchende, die sich bereits für das Vorjahr oder früher bei der Arbeitsverwaltung oder einer Optionskommune vergeblich um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz bemüht haben oder den Nachweis von mindestens 5 abgelehnten Bewerbungen (Absageschreiben) für Ausbildungsverhältnisse erbringen, die im Vorjahr oder früher hätten beginnen sollen. Unter den Altbewerberstatus fallen auch solche Auszubildende, die eine im Vorjahr oder früher begonnene Ausbildung abgebrochen haben und sie nun in einem anderen Ausbildungsbetrieb fortsetzen bzw. neu beginnen. Bei den zu fördernden Ausbildungsplätzen muss das Berufsbild vom Ausbildungsbetrieb entweder erstmalig angeboten oder der Ausbildungsplatz in bisher angebotenen Berufsbildern zusätzlich bereitgestellt werden. Dies bedeutet, dass der Durchschnitt der in den drei dem Antragsjahr vorausgegangenen Jahren begründeten Ausbildungsverhältnisse (jeweils zum Stichtag 31. Dezember) übertroffen werden muss. Die Zusätzlichkeit des Ausbildungsplatzes ist durch eine Bestätigung der zuständigen Stelle nach BBiG oder HwO nachzuweisen. Bei Unternehmensketten wird die jeweilige Betriebsstätte betrachtet. Die zu fördernden Ausbildungsverhältnisse müssen im jeweiligen Kalenderjahr begonnen werden. 9 Vgl. Richtlinien des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) zur Bildungsoffensive (2004). Seit 2008 ist die Ausbildung in der Regel in einem nach dem BBiG bzw. der HwO anerkannten Beruf durchzuführen. Damit wurden die Programme z. B. für den Ausbildungsberuf des Altenpflegers geöffnet. 8

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Zielgruppe Zielgruppe des Programms sind Personen, die bei Ausbildungsbeginn mit Hauptwohnsitz in Hessen gemeldet sind, das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und über keine abgeschlossene Berufsausbildung nach dem BBiG oder nach HwO verfügen. Von der Förderung ausgenommen sind Berufsausbildungsverhältnisse mit Ehegatten oder Verwandten ersten und zweiten Grades. Dies gilt auch für anteilige Inhaber/innen bzw. Gesellschafter/innen von Unternehmen, sofern diese mindestens 25 % der Geschäftsanteile halten. Statistische Informationen zur Größe der Zielgruppe können u. a. aus der Ausbildungsmarkt- bzw. Berufsberatungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) gewonnen werden. 10 Hier zählen Bewerber zu den Altbewerbern, wenn sie bereits in früheren Jahren die Schule verlassen haben und somit nicht zum jeweils aktuellen Schulentlassjahrgang gehören. Ob früher tatsächlich eine Bewerbung um eine Ausbildungsstelle erfolgt ist, ist für die Abgrenzung nicht relevant. 11 Zudem ist die Inanspruchnahme der Dienste der Berufsberatung und der Ausbildungsvermittlung durch Arbeitgeber und Jugendliche freiwillig, so dass die auf anderem Wege zustande gekommenen Ausbildungsverhältnisse durch die Ausbildungsmarktstatistik nicht erfasst werden. Insofern weicht der in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfasste Personenkreis der Altbewerber zum einen leicht von der Zielgruppe des hessischen Altbewerberprogramms ab. Zum anderen werden nicht alle Altbewerber in der Statistik erfasst. Die Struktur der Personen, die sich bei den Geschäftsstellen der Bundesagentur für Arbeit für einen Ausbildungsplatz melden, veränderte sich in den Jahren 2004 bis 2007 deutlich. Aufgrund der Ausbildungsstellenknappheit konnte eine wachsende Zahl Jugendlicher nicht direkt nach Abschluss der Schule eine Ausbildung aufnehmen. Diese Altbewerber bemühten sich im nächsten oder auch erneut im übernächsten Jahr wieder um einen Ausbildungsplatz. Die Zahl der Altbewerber hat sich in Hessen daher von 2004 bis 2007 von 24.600 auf 28.100 erhöht. Ihr Anteil an allen Nachfragern vergrößerte sich demzufolge in diesem Zeitraum von 49,9 % auf 56,2 %. Ende September 2008 lag er in Hessen bei 55 %. 12 10 Auch die BA/BIBB-Bewerberbefragung eine Stichprobenuntersuchung, die i. d. R. alle zwei Jahre durchgeführt wird gibt Auskunft über diese Personengruppe. Dort zählen nur die Personen als Altbewerber, die angegeben haben, sich bereits einmal für einen früheren Ausbildungsbeginn als den des jeweils aktuellen Ausbildungsjahres beworben zu haben. 11 Hier können also auch z. B. Jugendliche enthalten sein, die nach Abschluss der Schule direkt den Wehrdienst geleistet haben, ohne sich um einen Ausbildungsplatz bemüht zu haben. 12 Vgl. Kisseler, W./ Kuse, S. (2008), S. 82. 9

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass jährlich lediglich etwa die Hälfte der Altbewerber in eine Ausbildung vermittelt werden konnten. Ein Teil der Nichtvermittelten trat ein Jahr später wieder als Nachfrager nach einem Ausbildungsplatz auf und wurde so zum Alt-Altbewerber. Das hat zur Folge, dass über 50 % der Altbewerber älter als 19 Jahre sind (Erstbewerber: etwa 15 %) und dass etwa 5 % älter als 24 Jahre sind (Erstbewerber: 2 %). Diese von den Erstbewerbern deutlich abweichende Alterstruktur wirkt sich negativ auf die Vermittlungschancen aus. Männliche Bewerber sind bei den Altbewerbern mit einem Anteil von 55 % überproportional stark vertreten (Anteil bei den Erstbewerbern: 51 %). Altbewerber verfügen nach den Angaben der Berufsberatungsstatistik der BA zudem über schlechtere Schulabschlüsse: So hat die Hälfte von ihnen maximal einen Hauptschulanschluss (Erstbewerber 32 %) und ein Drittel einen mittleren Bildungsabschluss (Erstbewerber: 51 %). Männliche Altbewerber sind im Durchschnitt mit einem Anteil von 55 % in der Altersgruppe von 20 Jahren und älter (vermutlich wegen des Zivil- bzw. Wehrdienstes) etwas älter als die weiblichen, von denen 52 % zu dieser Altersgruppe zählen. Dazu kommt, dass ihre vermittlungsrelevanten Strukturmerkmale durchweg schlechter sind als bei den weiblichen Altbewerbern. So haben 54 % maximal einen Hauptschulabschluss (weibliche Bewerber: 44 %) und lediglich 31 % einen mittleren Abschluss (Frauen: 39 %). Bereits bei den Erstbewerbern weisen die männlichen Bewerber niedrigere Schulabschlüsse auf als die Frauen. Allerdings ist der Abstand noch nicht so groß. Förderberechtigte Förderberechtigt sind: Unternehmen, Praxen und Büros der freien Berufe, nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete Organisationen, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Gebietskörperschaften (außer Dienststellen des Landes Hessen und des Bundes). 10

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Im Jahr 2004 wurden nur kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) gemäß EU- Definition gefördert, die: weniger als 250 Personen beschäftigen, einen Jahresumsatz von höchstens 40 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 27 Mio. Euro haben und die nicht zu mehr als 25 % einem Unternehmen gehören, das die Mittelstandsdefinition nicht erfüllt. 13 Diese Einschränkung auf KMUs ist im Jahr 2005 entfallen. Art und Umfang der Förderung Der Zuschuss für die Ausbildungsplatzförderung wird während des ersten und zweiten Ausbildungsjahres als Projektförderung wie folgt in Form einer Anteilsfinanzierung gewährt: Im ersten Ausbildungsjahr beträgt die Förderung 50 % der tatsächlich geleisteten, maximal der tariflichen monatlichen Ausbildungsvergütung (ohne Zuschläge wie z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld, Fahrtkostenvergütung, vermögenswirksame Leistungen und Sozialversicherungsanteile des Arbeitgebers). Im zweiten Ausbildungsjahr beträgt die Förderung 25 % der tatsächlich geleisteten, maximal der tariflichen monatlichen Ausbildungsvergütung (ohne Zuschläge wie z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld, Fahrtkostenvergütung, vermögenswirksame Leistungen und Sozialversicherungsanteile des Arbeitgebers). Im Jahr 2004 wurden die Betriebe noch mit einem Festbetrag von 110 Euro pro Monat der vertraglichen Ausbildungszeit gefördert. 14 Für die Zuschussberechnung sind die von der zuständigen Stelle nach dem BBiG/ HwO im Ausbildungsvertrag genehmigten Ausbildungsvergütungen und die im Ausbildungsvertrag vorgesehene Ausbildungsdauer maßgebend. Bei Ausbildungsvergütungen, die keiner tariflichen Regelung unterliegen, gelten die orts- oder landesüblichen Vergütungssätze entsprechend. Soweit Ausbildungsvergütungen aus anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden, erfolgt eine Anrechnung auf den Zuschuss nach diesen Richtlinien. 13 Vgl. Richtlinien des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (HMWVL) zur Bildungsoffensive (2004) und EG-Verordnung Nr. 79/2001 vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG- Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen, ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33. 14 Vgl. ebenda. 11

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme 3.1.2 Ausbildungsstellen für Auszubildende aus insolventen Betrieben Gegenstand der Förderung Um hessischen Auszubildenden in einem nach BBiG/ HwO anerkannten Beruf bei einer auf Insolvenz, teilweiser Stilllegung oder Schließung des Erstausbildungsunternehmens beruhenden Unterbrechung der Ausbildung möglichst schnell eine Anschlussausbildung vermitteln zu können, wird die Fortsetzung der Ausbildung zeitlich befristet bezuschusst. Die für das neue ausbildende Unternehmen zuständige örtliche Agentur für Arbeit bzw. Arbeitsgemeinschaft oder Optionskommune des SGB II muss neben dem Anlass der Ausbildungsunterbrechung bescheinigen, dass ohne Zuschuss keine geeignete Ausbildungsstelle zur Fortsetzung der begonnenen Berufsausbildung vermittelt werden konnte oder kann. Bei Unternehmensübernahmen gemäß 613 a BGB, Missbrauch oder Unternehmensfortführung des Erstausbildungsunternehmens durch frühere Inhaber/innen mit mindestens 25 % Beteiligung an dem geschlossenen Unternehmen ist eine Förderung ausgeschlossen. Dies gilt ebenso, wenn Inhaber/innen oder Gesellschafter/innen des antragstellenden Unternehmens am Erstausbildungsunternehmen mit mindestens 25 % Gesellschaftsanteil beteiligt waren. Zielgruppe Zielgruppe des Programms sind Personen, die zum Zeitpunkt des Ausbildungsabbruchs mit Hauptwohnsitz in Hessen gemeldet waren, das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und über keine abgeschlossene Berufsausbildung nach dem BBiG oder nach der HwO bzw. gleichgestellten Berufsausbildungen verfügen. Von der Förderung ausgenommen sind Berufsausbildungsverhältnisse mit Ehegatten oder Verwandten ersten und zweiten Grades. Dies gilt auch für anteilige Inhaber/innen bzw. Gesellschafter/innen von Unternehmen, sofern diese mindestens 25 % der Geschäftsanteile halten. Nach den Förderrichtlinien zielt das Programm ab auf Auszubildende, die ihre Erstausbildung unterbrechen mussten, weil das Ausbildungsunternehmen (teilweise) schließt, stillgelegt wird oder insolvent ist. Alle zu diesem Themenkreis vorhandenen Statistiken bilden den Sachverhalt nur unvollständig ab, so dass sich letztlich nicht ableiten lässt, ob (und, wenn ja: wie viele) Auszubildende zur Zielgruppe des Programms zählen: Das Statistische Bundesamt weist jährlich Daten über (beantragte) Insolvenzverfahren nach Bundesländern aus. In Hessen waren dies im Jahr 2007 1.720 Verfahren von Unternehmen (1.137 eröffnet und 583 mangels Masse abgewiesen) bzw. inklusive der Privatinsolvenzen 11.006 Verfahren. In der letztge- 12

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung nannten Zahl sind sowohl die Insolvenzen von Personengesellschaften (z. B. kleine Handwerksbetriebe) als auch von natürlichen Personen enthalten, so dass sie keinen verlässlichen Anhaltspunkt für die Zahl der betroffenen Auszubildenden gibt. Zudem zählen eigentlich solche Jugendliche zur Zielgruppe des Programms, die ihre Ausbildung aufgrund der wirtschaftlichen Probleme des Betriebs nicht beenden konnten. Eine Insolvenz führt hingegen nicht zwangsläufig zur Betriebsschließung bzw. zum Abbruch der Ausbildung. Betriebsschließungen werden in den Gewerbeabmeldungen (in Hessen 2005: 61.902) registriert. Diese wiederum umfassen u. a. auch Fortzüge, Wechsel der Rechtsform, Umgründungen, Gesellschafteraustritt und Betriebsübergaben, durch die bestehende Ausbildungsverhältnisse eventuell nicht beeinträchtigt werden. Auch die Kammern (IHK, HWK, diverse Kammern der freien Berufe) erfassen die Abmeldung von Mitgliedern. Allerdings werden die Gründe und die Folgen für evtl. bestehende Ausbildungsverhältnisse nicht systematisch festgehalten und ausgewertet. Zudem sind diese Register untereinander nicht trennscharf (Doppelerfassungen) und überlappen sich auch z. B. mit den Gewerberegistern 15 und dem beim Amtsgericht geführten Handelsregister. Da die Gewerbesteuer eine kommunale Abgabe ist, werden diese Register dezentral geführt, was den Zugriff praktisch unmöglich macht. Wie Rückfragen bei den entsprechenden Stellen ergaben, haftet diesen Statistiken auch eine Ungenauigkeit an, weil Meldungen oft verspätet erfolgen oder zunächst ganz unterbleiben. Hinzu kommt, dass das Vorhandensein von Auszubildenden bei keiner dieser Meldungen, die sich jeweils auf den Betrieb beziehen, erfasst wird. Zusammenfassend muss daher festgestellt werden, dass die sehr heterogenen Datenquellen, die sich teilweise überlappen, keine verwertbaren Informationen zur Zahl der schließenden Betriebe geschweige denn der betroffenen Auszubildenden liefern. Auch kann keine näherungsweise Schätzung über die Zahl und Struktur der Ausbildungsverhältnisse erfolgen. 15 Mit der Gewerbean- und abmeldung werden in der Regel folgende Behörden automatisch informiert: Finanzamt, Gewerbesteuerstelle des Steueramtes bei der Gemeinde (Gewerbesteuer-Hebenummer), die Berufsgenossenschaft, das Statistische Landesamt, die Handwerkskammer (bei Handwerksberufen), die Industrie- und Handelskammer, das Handelsregistergericht, das Gewerbeaufsichtsamt, das Eichamt. 13

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme Förderberechtigte Förderberechtigt sind: Unternehmen, Praxen und Büros der freien Berufe, nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete Organisationen, Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Gebietskörperschaften (außer Dienststellen des Landes Hessen und des Bundes), die mit einem Auszubildenden oder dessen gesetzlichem Vertreter einen Berufsausbildungsvertrag auf der Grundlage des BBiG oder der HwO bzw. gleichgestellten Ausbildungsvertrag abschließen und dadurch die unterbrochene Ausbildung fortführen. Bei Insolvenzen, Teilstilllegungen oder Unternehmensschließungen größeren Umfangs, bei denen eine größere Anzahl von Auszubildenden für die Restausbildung nicht in Einzelunternehmen vermittelbar ist, sind als Übernahmeträger der Ausbildungsmaßnahme zum Beispiel auch Kammern oder Berufsbildungszentren förderberechtigt. Art und Umfang der Förderung Der Zuschuss wird als Projektförderung im Wege der Festbetragsfinanzierung in Höhe der geleisteten tariflichen monatlichen Ausbildungsvergütung (ohne Zuschläge wie z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld, Fahrtkostenvergütung, vermögenswirksame Leistungen und Sozialversicherungsanteile des Arbeitgebers) ab Beginn der Anschlussausbildung für die Dauer von höchstens sechs Monaten gewährt. Für unter einem Monat liegende Ausbildungszeiten ist pro Kalendertag 1/30 des jeweiligen Zuschussbetrages zugrunde zulegen. Für die Zuschussberechnung sind die von der zuständigen Stelle nach dem BBiG/ HwO im Ausbildungsvertrag genehmigten Ausbildungsvergütungen und die im Ausbildungsvertrag vorgesehene Ausbildungsdauer maßgebend. Bei Ausbildungsvergütungen, die keiner tariflichen Regelung unterliegen, gelten die orts- oder landesüblichen Vergütungssätze entsprechend. Bei Fortsetzung der Ausbildung durch einen Übernahmeträger wird der Zuschuss auf der Grundlage eines vorzulegenden Ausgabenplans unter Berücksichtigung der Eigenfinanzierungsmöglichkeit des Übernahmenträgers pro Ausbildungsplatz und Ausbildungsjahr pauschaliert. Er darf 10.000 Euro pro Ausbildungsplatz und -jahr nicht überschreiten. Bei Insolvenzen, Stilllegungen oder Unternehmensschließungen größeren Umfangs kann dem Übernahmeträger der Ausbildungsmaßnahme ein Zuschuss zu der Ausbildungsvergütung, den Lohnkosten des/ der Ausbilder/in und den notwendigen Miet- und Sachkosten bis zum Ende der Ausbildungszeit gewährt werden. 14

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Soweit Ausbildungsvergütungen aus anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden, erfolgt eine Anrechnung auf den Zuschuss nach diesen Richtlinien. 3.1.3 Ausbildungsstellen bei Existenzgründungen Gegenstand der Förderung Gefördert werden Ausbildungsplätze bei Existenzgründern. Damit sollen diese so früh wie möglich an die duale Ausbildung herangeführt werden. Die Förderung dient der Schaffung von Ausbildungsplätzen in den unten unter Förderberechtigte beschriebenen Unternehmen. Gefördert werden diejenigen Ausbildungsverhältnisse zwischen Auszubildenden und Existenzgründer/innen, die innerhalb des jeweiligen Förderjahres begonnen werden beziehungsweise wurden. Zielgruppe Zielgruppe sind Personen, die bei Ausbildungsbeginn mit Hauptwohnsitz in Hessen gemeldet sind, das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung nach dem BBiG/ HwO bzw. noch über gleichgestellte Berufsausbildungen verfügen. Von der Förderung ausgenommen sind Berufsausbildungsverhältnisse mit Ehegatten oder Verwandten ersten und zweiten Grades. Dies gilt auch für anteilige Inhaber/innen bzw. Gesellschafter/innen von Unternehmen, sofern diese mindestens 25 % der Geschäftsanteile halten. Die Förderfähigkeit einer Ausbildungsstelle ist in dem Förderprogramm an die Existenzgründung der Person des/ der Betriebsinhabers/in und nicht an die Gründung eines Unternehmens gebunden. Es geht also um den Schritt in die Selbstständigkeit der natürlichen Person, die auch durch die Übernahme eines Betriebs erfolgen kann. Den Status als Existenzgründer behält die Person im Sinne des Förderprogramms bis zu fünf Jahre nach Gründung des Unternehmens. Eine derartige Verknüpfung der die Förderfähigkeit bestimmenden Bedingungen bietet keine Statistik, so dass die Zielgruppe statistisch nicht abgebildet wird: Die Gewerbeanzeigenstatistik, die als Totalerhebung bei den kommunalen Gewerbeämtern die Gewerbeanmeldungen monatlich erfasst, sofern die Betriebe der Gewerbeordnung unterliegen, bietet lediglich einen Überblick über das Gründungsge- 15

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme schehen. 16 Die freien Berufe sind in ihr z. B. nicht enthalten. Gründe für die Meldungen können die Neugründung eines Betriebes, dessen Zuzug aus einem anderen Meldebezirk, eine Verschmelzung oder Abspaltung, der Wechsel der Rechtsform, Gesellschaftereintritte oder die Übernahme eines Betriebs sein. Im Fokus der Berichterstattung steht zudem die juristische Person des Unternehmens und nicht die natürliche Person des/ der Unternehmer/in bzw. des/ der Existenzgründer/in. Außerdem bedeutet die Anmeldung eines Unternehmens nicht zwangsläufig, dass dieses auch wirtschaftlich aktiv wird und seinen Geschäftszweck aufnimmt. Eine weitere Quelle über Neugründungen stellt die Statistik der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen bei der Bundesagentur für Arbeit dar, aus der sich Informationen über neu angemeldete Betriebe ableiten lassen. Die Betriebe werden registriert, wenn sie sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einstellen. Eine Anmeldepflicht (zur Vergabe einer Betriebsnummer) besteht, wenn ein neu gegründeter Betrieb sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hat oder auch wenn bestehende Betriebe expandieren und erstmalig sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse begründen. Das heißt allerdings nicht, dass diese Neuanmeldungen bei der Bundesagentur gleichbedeutend mit Existenzgründungen sind, die häufig zunächst ohne einen abhängig Beschäftigten erfolgen. Und es heißt erst recht nicht, dass damit eine Information über Existenzgründungen der vergangenen fünf Jahre gegeben ist. Über die Person des/ der Betriebsinhaber/in werden in dieser Statistik keine Informationen erfasst. Zur Beobachtung des Gründungsgeschehens könnte noch das Mannheimer Gründungspanel herangezogen werden. Die dort erfassten Daten beziehen sich jedoch auf Unternehmen und nicht auf Betriebe, Kleinstunternehmen und -betriebe sind deutlich untererfasst und Angaben über die Inhaber/innen fehlen. Resümierend muss bezüglich der Zielgruppe des Existenzgründerprogramms wie bei den Insolvenzbetrieben festgestellt werden, dass keine Statistiken vorhanden sind, die Umfang und Struktur der Zielgruppe hinreichend gut erfassen. 17 Insbesondere die Klein- und Kleinstbetriebe, die den Schwerpunkt von Existenzgründern bilden, werden in den genannten Datenquellen meist untererfasst. Weiterhin ist der Gründungszeitpunkt des Betriebs, der nicht mit der Existenzgründung des/ der Betriebsinhaber/in identisch sein muss, in der Regel unbekannt. Grundsätzlich werden über den Gründer in den genannten Statistiken so gut wie keine Informationen erfasst. Das vorhandene Informationsmaterial erlaubt es zudem nicht, die Größe der Zielgruppe verlässlich zu schätzen. 16 Vgl. http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/sites/destatis/internet/de/presse/abisz/gewerbeanzeigenstatistik,templateid=renderprint.psml (Download: 03.02.2009) und http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/sites/destatis/internet/de /Content/Publikationen/Qualitaetsberichte/UnternehmenGewerbeInsolvenzen/Gewerbeanzeigen,property=file.pdf (Download: 03.02.2009). 17 Vgl. dazu Fritsch, M./ Grotz, R. (2002), S. 199 214 und Fritsch, M. et al (2002), S. 87 96. 16

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Förderberechtigte Förderberechtigt sind: Inhaber/innen von neu gegründeten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), neu gegründete, nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete Organisationen, die mit Auszubildenden und gegebenenfalls deren gesetzlichen Vertretern/innen Ausbildungsverträge nach dem BBiG oder der HwO bzw. gleichgestellte Ausbildungsverträge abschließen oder abgeschlossen haben, sofern sie folgende Bedingungen erfüllen: Die Neugründung muss im Programmjahr oder in den vier vorausgegangenen Kalenderjahren erfolgt sein. Es muss sich um eine hauptberufliche selbständige Existenzgründung handeln. Die Neugründung muss keine erstmalige selbständige Existenzgründung sein; der/ die Betriebsinhaber/in darf jedoch innerhalb der letzten fünf Jahre vor der aktuellen Existenzgründung keine hauptberufliche selbständige Tätigkeit ausgeübt haben. Sind Betriebsinhaber/innen mehrere Personen, so müssen die oben genannten Voraussetzungen für alle Beteiligten (Teilhaber/innen und Gesellschafter/innen) vorliegen gegebenenfalls auch für alle Gesellschafter/innen einer beteiligten Gesellschaft. Minderheitsbeteiligte mit einem Gesellschaftsanteil von unter 25 % bleiben bei der Feststellung der Förderberechtigung unberücksichtigt. Sofern alle Beteiligten (Teilhaber/innen und Gesellschafter/innen) die Fördervoraussetzungen erfüllen, muss der Antrag von jedem persönlich gestellt und vertreten werden. Die Möglichkeit der Förderung besteht auch dann, wenn bei einer Existenzgründung ein bestehendes Unternehmen übernommen wird und dort zusätzliche Ausbildungsverhältnisse begründet werden. Bereits beim Vorgängerunternehmen begonnene Ausbildungsverhältnisse sind von der Förderung ausgenommen. 17

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme Art und Umfang der Förderung Die Förderung erfolgt als Projektförderung im Wege der Festbetragsfinanzierung. Sie beträgt für die Dauer der vertraglichen Ausbildungszeit: für den ersten Ausbildungsplatz 200 Euro pro Monat, für jeden weiteren Ausbildungsplatz 100 Euro pro Monat. Soweit Ausbildungsvergütungen aus anderen öffentlichen Mitteln gefördert werden, erfolgt eine Anrechnung auf den Zuschuss nach diesen Richtlinien. 3.2 Entwicklung der Förderung im Zeitablauf Angesichts des Ausbildungsplatzmangels und des Anstiegs unvermittelter bzw. unversorgter Ausbildungsplatzbewerber in den Jahren 2002 bis 2006 hat Hessen seine Anstrengungen zur Förderung der Ausbildungsbereitschaft bei Betrieben und zur Verbesserung der Chancen von Bewerbern auf einen Ausbildungsplatz, die besondere Schwierigkeiten bei der Vermittlung haben, erhöht. So wurde der Mitteleinsatz für die untersuchten Programme von 7,070 Mio. Euro im Jahr 2004 auf 14,548 Mio. Euro im Jahr 2007 mehr als verdoppelt. Tabelle 1 Ausbildungsplatzförderung 2004 bis 2007 2004 2005 2006 2007 Förderprogramm Plätze Mio. EUR Plätze Mio. EUR Plätze Mio. EUR Plätze Mio. EUR Altbewerberprogramm 1.416 4,9 1.524 5,7 1.608 5,9 1.992 8,8 Existenzgründerprogramm 337 1,1 347 1,1 339 1,1 907 5,0 Insolvenzprogramm 333 1,1 361 1,3 245 0,9 204 0,7 Zusammen 2.086 7,1 2.232 8,1 2.192 7,8 3.103 14,5 Quelle: Regierungspräsidium Kassel Die Zahl der neu in die Förderung aufgenommenen Ausbildungsplätze ist im gleichen Zeitraum um knapp 50 % von 2.086 auf 3.103 angestiegen. Dass sich die eingesetzten Mittel und die Zahl der geförderten Plätze nicht proportional verändern, ist darauf zurückführen, dass sich die Förderkonditionen im Zeitverlauf geändert haben und dass die Programme unterschiedlich stark in Anspruch genommen wurden. 18

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Am stärksten und im betrachteten Zeitraum auch stetig steigend ist die Nachfrage nach dem Altbewerberprogramm, was angesichts der im Untersuchungszeitraum steigenden Altbewerberzahlen in der Berufsberatungsstatistik nicht überrascht. 2007 entfielen auf dieses Programm rund 60 % der geförderten Stellen und des Fördervolumens. Während das Insolvenz- und das Existenzgründerprogramm von 2004 bis 2006 in etwa gleich stark in Anspruch genommen wurden, haben sich 2007 sowohl das Fördervolumen als auch die Zahl der geförderten Plätze im Existenzgründerprogramm stark erhöht: 2007 wurde etwa ein Drittel aller Plätze in diesem Programm gefördert. 18 Bei der Interpretation der obigen Daten ist zu berücksichtigen, dass es im Altbewerber- und im Existenzgründerprogramm bei einer sprunghaften Ausweitung der Zahl der Förderfälle in einem Bewilligungsjahr zu einem überproportional starken Anstieg des Fördervolumens kommt, der daraus resultiert, dass das erste Ausbildungsjahr deutlich höher gefördert wird als das zweite. Zudem wurde mit dem Bewilligungsjahr 2007 im Altbewerberprogramm von der Festbetragsförderung auf die anteilige Ausbildungsfinanzierung umgestellt. In der Folge verdoppelte sich aus dem genannten Grund das Fördervolumen, während sich die Zahl der geförderten Plätze lediglich um 50 % erhöhte. Dies kann zudem darauf zurückgeführt werden, dass von der Umstellung insbesondere das erste Ausbildungsjahr profitierte, in dem statt eines Festbetrags von 110 Euro 50 % der Ausbildungsvergütung gefördert werden. Im Bewilligungsjahr 2008, das in dieser Studie nicht untersucht wird, hat sich ein entsprechend geringerer Mittelverbrauch ergeben. 18 Diese Entwicklung ist nach Angaben der befragten Experten (siehe Kapitel 4.2) auf eine verstärkte Information der Kammern zurückzuführen, die Existenzgründer postalisch auf die Fördermöglichkeit hinwiesen. 19

Wirkungen der Ausbildungsplatzförderprogramme 3.3 Regionale Inanspruchnahme der Programme Wie die folgende Tabelle zeigt, ist in den beiden Bewilligungsjahren insgesamt etwas weniger als die Hälfte aller Förderfälle in Südhessen lokalisiert: Tabelle 2 Regionalverteilung der geförderten Betriebe in den einzelnen Programmen 2004 und 2007 Programm Insgesamt davon... RB Darmstadt RB Gießen RB Kassel außerhalb Hessens absolut absolut in % absolut in % absolut in % absolut in % Altbewerber 2004 1.235 455 36,8 297 24,0 451 36,5 32 2,6 Altbewerber 2007 1.756 748 42,6 432 24,6 536 30,5 40 2,3 Existenzgründer 2004 360 222 61,7 59 16,4 74 20,6 5 1,4 Existenzgründer 2007 886 540 60,9 152 17,2 187 21,1 7 0,8 Insolvenzlehrlinge 2004 264 101 38,3 55 20,8 90 34,1 18 6,8 Insolvenzlehrlinge 2007 171 80 46,8 30 17,5 50 29,2 11 6,4 Insgesamt 2004 1.859 778 41,8 411 22,1 615 33,1 55 3,0 Insgesamt 2007 2.813 1.368 51,4 614 20,6 773 26,1 58 2,0 Insgesamt 2004 und 2007 4.672 2.146 46,7 1.025 21,3 1.388 29,5 113 2,5 Quelle: Regierungspräsidium Kassel Gut ein Fünftel entfällt auf Mittelhessen und rund 30 % auf Nordhessen. Der Anteil der geförderten Betriebe, die außerhalb Hessens liegen, aber einen hessischen Auszubildenden beschäftigen, ist über alle Programme und die beiden untersuchten Förderjahre gesehen mit 2,5 % sehr gering und war von 2004 bis 2007 rückläufig. Eine differenzierte Betrachtung der regionalen Umsetzung der Programme nach Programmtyp und Bewilligungsjahr zeigt deutliche Unterschiede in der Umsetzung bzw. in der Problemlage. Am auffälligsten ist, dass Südhessen am Existenzgründerprogramm im Vergleich zu den beiden anderen Programmen, die Anteile in der Größenordnung von jeweils insgesamt 40 % aufweisen, mit Anteilen von etwas über 60 % sowohl 2004 als auch 2007 besonders stark beteiligt ist. Es spiegelt sich hierin die stärkere Entwicklungsdynamik der Wirtschaft im Rhein-Main-Gebiet wider. Vor dem Hintergrund, dass im Regierungsbezirk Darmstadt durchschnittlich etwa 50 % der hessischen Altbewerber gezählt werden, findet das Programm hier vergleichsweise selten Anwendung. Auch das Insolvenzlehrlingsprogramm ist in Relation zur Größe des Regierungsbezirks von unterdurchschnittlichem Gewicht. Analog zum Existenzgründerprogramm dürfte auch dies auf die bessere wirtschaftliche Lage Südhessens zurückzuführen sein. 20

HA Hessen Agentur GmbH Standortentwicklung Im Regierungsbezirk Gießen werden die drei Programme im Zeitablauf und auch was die Gewichtung der Programme zueinander anbelangt, am gleichmäßigsten umgesetzt, wobei das Altbewerberprogramm die bedeutendste Rolle spielt. In Nordhessen liegt der Schwerpunkt ebenfalls auf dem Altbewerberprogramm. In Relation zur Größe Nordhessens wird zudem das Insolvenzlehrlingsprogramm im Vergleich zu den anderen Teilen Hessens hier jedoch besonders stark in Anspruch genommen (vgl. Tabelle 3). Da insbesondere für das Insolvenz- und das Existenzgründerprogramm die Größe der Zielgruppen nicht angegeben werden kann, müssen andere Informationen herangezogen werden, um einschätzen zu können, wo die Fördermittel besonders intensiv eingesetzt werden. In der folgenden Tabelle sind für relevante Vergleichsgruppen die Verteilungen auf die hessischen Regierungsbezirke dargestellt. Tabelle 3 Regionalverteilung der Ausbildungsplatzförderung im Vergleich zur Größe der hessischen Regierungsbezirke 19 Hessen davon in den Regierungsbezirken Darmstadt Gießen Kassel Merkmal insg. insg. in % insg. in % insg. in % Zahl der in Hessen geförderten Betriebe 4.559 2.146 47,1 1.025 22,5 1.388 30,4 Zahl hessischer Betriebe im Jahresdurchschnitt 2007 152.696 99.194 65,0 24.401 16,0 29.102 19,1 Hessische Wohnbevölkerung 6.075.359 3.772.906 62,1 1.057.553 17,4 1.244.900 20,5 Zahl der Auszubildenden an hessischen Berufsschulen 109.971 64.944 59,1 19.155 17,4 25.872 23,5 Zahl der Beschäftigten in Hessen 2.117.244 1.424.067 67,3 306.293 14,5 386.884 18,3 Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Hessische Kreiszahlen, Auswertung durch die Hessen Agentur. Die Tabelle verdeutlicht, dass unabhängig von der soziodemografischen oder ökonomischen Kenngröße auf den Regierungsbezirk Darmstadt ein deutlich unterproportionaler Anteil der Ausbildungsplatzförderung entfällt. Er liegt mindestens um 10 Prozentpunkte, im Vergleich zum Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sogar um knapp 20 Prozentpunkte, unter dem Anteil, den dieser Regierungsbezirk an Hessen aufweist. Eine Ausnahme bildet lediglich die nur leicht unterproportionale Inanspruchnahme des Existenzgründerprogramms. 19 Die Zahl der Auszubildenden wurde zum 1.11.2006 erhoben. Stichtag für die Erhebung der Wohnbevölkerung und der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist der 31.12.2006. Die Zahl der Betriebe im Jahresdurchschnitt 2007 ist der Mittelwert der Zahl der Betriebe mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zu den Stichtagen 31.03., 30.06., 30.09. und 31.12.. Abweichungen von 100 % sind auf Rundungsfehler zurückzuführen. Gefördert wurden insgesamt 4.672 Betriebe 113 davon hatten einen Unternehmensstandort außerhalb Hessens. Vgl. Tabelle 2. Einige Betriebe haben mehrere Auszubildende eines Förderprogramms beschäftigt. 21