SMP, EFSF und ESM eine Momentaufnahme

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Transkript:

EWU-Schuldenkrise SMP, EFSF und ESM eine Momentaufnahme Die Maßnahmenpakete im Kampf gegen die EU-Schuldenkrise. Verstehen. Handeln.

PortfolioPraxis: Risikomanagement 2

EWU-Schuldenkrise Inhalt 4 SMP, EFSF und ESM eine Momentaufnahme 4 Verstehen: das Anleihe-Aufkaufprogramm oder Securities Markets Programme (SMP) der EZB 5 Verstehen: European Financial Stabilisation Mechanism (EFSM) 5 Verstehen: die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) 8 Verstehen: der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) und das Bundesverfassungsgericht Impressum Allianz Global Investors Europe GmbH Mainzer Landstraße 13 60329 Frankfurt am Main Capital Markets & Thematic Research Hans-Jörg Naumer (hjn), Dennis Nacken (dn), Stefan Scheurer (st) Unsere aktuellen Studien finden Sie direkt unter www.allianzglobalinvestors.de / kapitalmarkt analyse Alle Publikationen sind abonnierbar unter www.allianzglobalinvestors.de / newsletter 3

EWU-Schuldenkrise SMP, EFSF und ESM eine Momentaufnahme Die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (kurz: EFSF, englisch: European Financial Stability Facility) sowie der Europäische Stabilitätsmechanismus (kurz: ESM, englisch: European Stability Mechanism) sind die beiden Hauptbestandteile der Maßnahmenpakete von EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen die EU-Schuldenkrise. Nachdem jedoch Griechenland, Portugal und Irland unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft sind, Spanien partielle Hilfe für seinen Bankensektor in Anspruch genommen hat und die Europäische Zentralbank (EZB) bereits über 200 Milliarden Euro in ihr Anleihe-Aufkaufprogramm gesteckt hat, stellen sich Investoren die Frage nach der derzeit noch verfügbaren finanziellen Stoßkraft der Rettungsschirme. Eine Momentaufnahme. Verstehen: das Anleihe-Aufkaufprogramm oder Securities Markets Programme (SMP) der EZB Hinter dem SMP-Programm steht der Ankauf von Staatsanleihen aus finanzschwachen Mitgliedsländern der Eurozone durch die EZB. Die EZB installierte dieses Programm bereits im Mai 20, in Zeiten, in denen die Refinanzierung am Kapitalmarkt für EU-Peripheriestaaten eine genaue Auflistung nach Ländern wird von der EZB nicht zur Verfügung gestellt schwierig wurde und deren Renditen auf ein nicht nachhaltiges Niveau kletterten. Bis April 20 erwarb die EZB am Sekundärmarkt Anleihen im Wert von knapp 80 Milliarden Euro, ehe der EFSF operativ seine Arbeit aufnahm und die EZB das Pro- 4

gramm daraufhin für vier Monate stilllegte. Von Oktober 20 bis März 2012 reaktivierte sie ihr SMP-Programm im Zuge der Erweiterung der Flexibilität des EFSF (Anleihekäufe auf dem Primär- und Sekundärmarkt): Sie weitete das Volumen um weitere circa 145 Milliarden Euro auf circa 2 Milliarden Euro aus. Unter Berücksichtigung eines weiteren Anleihe-Ankaufprogrammes der EZB, dem Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen von beispielsweise Pfandbriefen, englisch Covered Bond Purchase Programme (CBPP), liegt das Volumen bei knapp 225 Milliarden Euro (siehe Schaubild 1+2). Interessant: Über den ersten Zeitraum von Juli 2009 bis Juni 20 kaufte die EZB Anleihen in Höhe von 60 Milliarden Euro mittels des ersten CBPP-Programms. Innerhalb des zweiten Zeitraums ( CBPP2 ) ab November 20 liegt das Investitionsvolumen bis dato nur bei gut Milliarden Euro. Möglich wäre ein Volumen von 40 Milliarden Euro. Schaubild 1: Die Anleiheaufkaufprogramme der EZB 224 Mrd. EUR an Staatsanleihen wurden bislang über das Securities Markets Programme (SMP) sowie über das Covered Bond Purchase Programme (CBPP) gekauft. Mrd. EUR 250 200 150 0 50 0 Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. SMP + CBPP Anleihenkäufe Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. 12 Feb. 12 Mrz. Apr. 12 12 Mai 12 Jun. 12 Jul. Aug. 12 12 Quelle: Datastream, Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research. Schaubild 2: Die Anleiheaufkaufprogramme der EZB Verteilung der Anleihekäufe über das SMP im Zeitablauf. Mrd. EUR 25 20 15 5 0 Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. 12 12 12 12 12 12 12 12 Quelle: Bloomberg, Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research. 5

EWU-Schuldenkrise Zwar ist der EZB, gemäß Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die direkte Staatsfinanzierung verboten. Sie argumentiert aber, falls die hohen Risikoaufschläge für Staatsanleihen von Krisenländern die Wirkung der Geldpolitik ( Transmissionskanal ) stören sollten, fällt das in unser Mandat 1, so EZB-Präsident Draghi. Das ist dahingehend auffallend, dass diese Terminologie der EZB bereits frühere Eingriffe am Anleihemarkt mittels eines Anleihe-Aufkaufprogramms begründet hatte. Die Effektivität des Anleihe-Aufkaufprogramms wird aktuell in Frage gestellt. Insgesamt fast 225 Milliarden Euro (SMP und CBPP) konnten die Risikoprämien bzw. Anleiherenditen bislang nicht längerfristig stabilisieren. Zudem fallen mögliche Kreditrisiken auf die europäischen Mitgliedsländer direkt zurück. Das könnte wiederum als indirekte Staatsfinanzierung verstanden werden. Interessant ist für Investoren auch: Im Falle eines Anleiheausfalls bzw. Schuldenschnitts wird die EZB gegenüber Anleihegläubigern aus dem privaten Sektor vorrangig bedient ( Seniorität ). Verstehen: European Financial Stabilisation Mechanism (EFSM) Der EFSM beruht auf einer Verordnung der Europäischen Union (EU) sowie auf einem völkerrechtlichen Vertrag der Mitgliedstaaten der Eurozone. Alle Mitgliedstaaten können so bei der Europäischen Kommission Kredite beantragen. Das heißt: Hilfskredite können nicht mehr nur an beispielsweise Griechenland vergeben werden, sondern an jedes in Schwierigkeiten geratene Land der Eurozone. Der EFSM hat ein Volumen von 60 Milliarden Euro, gedeckt durch das Budget der EU. Um weitere Gelder zu erlangen, kann die EU-Kommission Anleihen am Kapitalmarkt platzieren, wobei die Mitgliedstaaten gesamtschuldnerisch nach dem Anteil ihrer Einzahlungen in den jährlichen EU-Haushalt haften. Mit der Ablösung durch den permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wird der EFSM ersatzlos wegfallen. 2 Verstehen: die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) Im Mai 20 beschlossen die EU-Finanzminister den provisorischen Rettungsmechanismus EFSF. Das ist eine Art Zweckgesellschaft, die Anleihen am Kapitalmarkt aufnimmt, für die die Mitgliedstaaten der Eurozone mit unterschiedlich hohen Anteilen gemeinschaftlich haften. Der jeweilige Anteil richtet sich dabei nach der Höhe des Kapitalanteils der Staaten an der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Rettungsschirm ist ausgestattet mit garantierten Krediten von insgesamt 750 Milliarden Euro, die sich aus drei verschiedenen Töpfen speisen: 1. 60 Milliarden Euro kommen aus dem Haushalt der Europäischen Union. 2. 440 Milliarden Euro stammen aus der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). 3. Weitere Kredite von bis zu 250 Milliarden Euro stellt der Internationale Währungsfonds (IWF) zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten der Eurozone tragen analog ihrem Anteil am IWF davon circa 50 Milliarden Euro, wobei hier die Mittel nicht aus dem EU-Haushalt, sondern in Form von Krediten über den Kanal des IWF kommen. Die 440 Milliarden Euro des EFSF sind wie folgt ausgestaltet, wobei wichtig ist, zwischen Krediten und Garantien zu unterscheiden: Fakt ist, das verfügbare Ausleihvolumen beträgt 440 Milliarden Euro. Es wurde von den bis dato 16 EU-Ländern (ex Estland) bereitgestellt. Durch die Hilfsgesuche wurden die Beiträge von Griechenland (12,4 Milliarden Euro), Portugal ( Milliarden Euro) und Irland (7 Milliarden Euro) auf die restlichen Länder der Eurozone (inkl. Estland) analog des EZB-Zuteilungsschlüssels umverteilt, so dass sich die originäre Summe von 440 Milliarden Euro nicht verringerte. 1 Quelle: Europäische Zentralbank 2 Quelle: European Commission 6

Ende Juni 20 wurde eine Anpassung des EFSF vorgenommen. Der Europäische Rat (Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union) beschloss die Erhöhung der Garantien für das Ausleihvolumen von 440 Milliarden Euro auf 780 Milliarden Euro was einem Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro gleichkommt, um eine möglichst günstige Refinanzierung auf den Kapitalmärkten sicherzustellen. Dadurch erhöhte sich nun zum Beispiel der Anteil Deutschlands gemäß seinen Anteilen an der EZB von circa 120 Milliarden Euro auf 2 Milliarden Euro bzw. 29 % des Gesamtvolumens (siehe Schaubild 3). Effektiv heißt das, das tatsächliche Ausleihvolumen des EFSF liegt aktuell bei noch 248 Milliarden Euro. Dies resultiert aus dem effektiven Kreditvolumen von 440 Milliarden Euro abzüglich einer Liquiditätsreserve von 3,7 Milliarden Euro und den laufenden Hilfsleistungen über knapp 190 Milliarden Euro für Portugal (26 Milliarden Euro), Irland (17,7 Milliarden Euro) und Griechenland (144,6 Milliarden Euro). Werden perspektivisch die Kredite zur spanischen Bankenhilfe von 0 Milliarden Euro abgezogen, verbleiben somit noch 148 Milliarden Euro. Um die Flexibilität des EFSF zu erhöhen, wurde dieser nun auch in die Lage versetzt, sowohl im Primärmarkt 3 als auch im Sekundärmarkt 4 aktiv zu sein. Das heißt, er kann entweder direkt Anleihen von den Staaten kaufen oder bereits emittierte Anleihen über den Kapitalmarkt. Der EFSF kann auch direkt den Bankensektor durch Kredite an die Staaten unterstützen. So wie im Falle Irland, wo von den insgesamt 80 Milliarden Euro an Hilfsleistungen etwa 35 Milliarden Euro direkt dem irischen Bankensystem zugeführt wurden. 5 Seit Juli 20 ist es dem EFSF zusätzlich erlaubt, Ländern, die nicht unter dem EU-Rettungsschirm stehen, ebenfalls finanzielle Hilfe über den Sekundärmarkt bereitzustellen (Beispiel Spanien) 6. Aus diesem Grund ist die EZB stark daran interessiert, dass eher der EFSF und nicht das Anleihe-Aufkaufprogramm der EZB ( SMP ) Anleihen von in finanzielle Nöte geratenen Ländern am Sekundärmarkt aufkauft. 7 Für die Refinanzierung des EFSF am Kapitalmarkt ist dessen langfristiges Kreditrating wichtig, das von Standard & Poor s mit AA+, von Moody s mit Aaa stable und von Fitch mit AAA stable eingeschätzt wird. Das Rating des EFSF kommt dadurch zustande, dass die Kredite zu 165 Prozent abgesichert sind, um die Durchschnittsbewertung (Triple-A) des EFSF über die volle Kreditsumme von 440 Milliarden Euro sicherzustellen. Das heißt, jedes Land der Eurozone haftet demnach bei einzelnen Emissionen für 65 % mehr als es seinem Kapitalanteil bei der EZB entspräche. Bei Gründung des EFSF lag diese Übersicherung noch bei 120 %. Somit können auch die Anleihen des EFSF bei der EZB als Sicherheiten hinterlegt werden. 3 Quelle: EFSF, EFSF Guideline on Primary Market Purchases, November 20. 4 Quelle: EFSF, EFSF Guideline on interventions in the secondary market, November 20. 5 Quelle: EFSF, EFSF Guideline on Recapitalisation of Financial Institutions (FIs) via loans to non-programme countries, Juli 20. 6 Quelle: EFSF, EFSF Guideline on Recapitalisation of Financial Institutions (FIs) via loans to non-programme countries, Juli 20. 7 Quelle: Council of the European Union, Statement by the Heads of State or Government of the Euro Area and EU Institutions, Juli 20. 7

EWU-Schuldenkrise Schaubild 3: Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) Zusammensetzung des EFSF Mitgliedsstaat Österreich Belgien Zypern Finnland Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg Malta Niederlande Portugal Slowakei Slowenien Spanien Estland verfügbares Kreditvolumen (in %) 3,5 0,2 1,8 20,4 27,1 1,6 17,9 0,3 0,1 5,7 2,5 1,0 0,5,9 0,0 verfügbares Kreditvolumen (Mrd. EUR) 12,2 15,3 0,9 7,9 89,7 9,4 12,4 7,0 78,8 1,1 0,4 25,1,0 4,4 2,1 52,4 0,0 Garantieverpflichtungen (in %) 3,5 0,2 1,8 20,3 27,1 1,6 17,9 0,3 0,1 5,7 2,5 1,0 0,5,9 0,3 0,0 440,0 0,0 780,0 Garantieverpflichtungen (Mrd. EUR) 21,6 27,0 1,5 14,0 158,5 2,0 21,9 12,4 139,3 1,9 0,7 44,4 19,5 7,7 3,7 92,5 2,0 Quelle: EFSF, Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research. Die Garantieverpflichtungen werden von den sogenannten Triple-A-Staaten (Staaten mit bester Bonität) abgesichert. Darunter zählen innerhalb der Eurozone gemäß Standard & Poor s Deutschland, Finnland, Luxemburg und die Niederlande. Frankreich und Österreich besitzen nur noch nach Moody s bzw. Fitch solch eine Bonitätsbewertung. Diese Garantieverpflichtungen werden lediglich dann abgerufen, wenn jene Staaten, die vom EFSF gestützt werden, trotzdem insolvent werden und somit der EFSF selbst nicht mehr in der Lage ist, seine aufgenommenen Anleihen zurückzuzahlen. Verstehen: der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) und das Bundesverfassungsgericht Die Aufgabe des EU-Rettungsschirms ESM ist es, am internationalen Kapitalmarkt Liquidität aufzunehmen und dieses Geld zu günstigeren Finanzierungsbedingungen an jene Staaten, allen voran EU-Peripheriestaaten, weiterzugeben, die unter den EU-Rettungsschirm geschlüpft sind. Nachdem der permanente EU-Rettungsschirm (ESM) Ende Juni 2012 im deutschen Bundesrat und Bundestag mit einer 2 / 3-Mehrheit beschlossen wurde, wird jener jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt. Denn verschiedene Kläger sehen in dem Vertragswerk einen Eingriff in das Budgetrecht des Bundestages Haftungsfragen bzw. Austrittsklauseln scheinen unklar. Eine Antwort dürfte es am 12. September 2012 geben, wenn das Bundesverfassungsgericht 8

(BVG) über die Eilanträge gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt entscheiden wird. Die Kommentatoren sehen in der Tatsache, dass sich das höchste deutsche Gericht trotz des Eilverfahrens Zeit nimmt und nicht sofort den Vollzug gestoppt hat, ein Indiz dafür, dass es wohl nicht zu einem Aus für die deutsche Beteiligung am ESM kommen dürfte. Dennoch: Unsicherheiten bleiben. Ein Blick nun auf die Fakten des ESM 8 : Die Mitgliedstaaten der Eurozone steuern insgesamt bis zu 700 Milliarden Euro an Kapital und Garantien (Stammkapital) für den ESM bei. Davon werden 80 Milliarden Euro als Bareinlage 32 Milliarden Euro jeweils 2012 und 2013 sowie 16 Milliarden Euro 2014 eingezahlt. Dazu kommen 620 Milliarden Euro an Garantien (siehe Schaubild 4). Beispiel: Die Bundesrepublik stellt mit knapp 22 Milliarden Euro in bar und weiteren etwa 168 Milliarden Euro an Garantien bzw. abrufbarem Kapital den Großteil der Einlagen des ESM. In Summe: 190 Milliarden Euro. Wichtig: Bei den Werten sind die Bareinzahlungen als auch die in Aussicht gestellten Garantien von Griechenland (in Summe circa 20 Milliarden Euro), Portugal (in Summe circa 18 Milliarden Euro) und Irland (in Summe circa Milliarden Euro) inklusive. Das heißt, sollten diese Länder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen können, kann sich das tatsächlich abrufbare Kapital dementsprechend verringern bzw. wird der fehlende Beitrag auf die anderen EU-Länder analog ihrem EZB- Zuteilungsschlüssel umverteilt. Das effektive, maximale Kreditvolumen des ESM wurde 20 auf 500 Milliarden Euro festgesetzt. Wie auch der EFSF, kann der ESM sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt Anleihen kaufen. Er soll, sofern ratifiziert, den vorläufigen Rettungsschirm EFSF und den EFSM ablösen bzw. nach 12 Monaten vollständig ersetzen. Der ESM könnte auch die Möglichkeit bekommen, Banken direkt zu rekapitalisieren, allerdings nur, wenn ein einheitlicher Überwachungsmechanismus für Banken in der Eurozone geschaffen ist, der auch die EZB mit einschließt. 9 8 Siehe auch: European Council, Conclusions of 24/25 March 20 9 Siehe auch: European Council, Conclusions of 24/25 March 20. 9

EWU-Schuldenkrise In diesem Kontext wird zurzeit auch diskutiert, dass der ESM selbst eine Banklizenz bekommen könnte, um somit Liquidität direkt von der EZB zu erhalten. Das scheint aber aus rechtlichen Gründen (Artikel 123 AEUV) wenig wahrscheinlich. Denkbarer ist es, dass der ESM, ähnlich der Europäischen Investmentbank (EIB), als EU-staatliche Institution Kredite mit Zugang zur EZB-Liquidität vergibt. Da für spanische Banken ein Hilfsprogramm in Höhe von 0 Milliarden Euro unterwegs ist, Zypern gedenkt unter den EU-Rettungsschirm zu schlüpfen und der ESM wegen des ausstehenden BVG-Urteils voraussichtlich verspätet an den Start gehen dürfte, könnte die Inanspruchnahme des EFSF in den kommenden Monaten zunehmen. So entschied die Eurogruppe im März 2012, den EFSF bis Juli 2013 parallel zum ESM weiterlaufen zu lassen. Beide EU-Rettungsschirme zusammengenommen, liegt nach derzeitigem Stand die gemeinsame Kreditobergrenze von EFSF und ESM, basierend auf der Stellungnahme der Eurogruppe, bei 700 Milliarden Euro. Davon sollten etwa 400 Milliarden Euro (bereits geleistete Hilfszahlungen abgezogen) bis dato noch zur Verfügung stehen (siehe Schaubild 5). Das Volumen könnte sich jedoch erhöhen, sollte der ESM eine Banklizenz mit direktem Zugang zur Liquidität der EZB bekommen, was einer Kreditlinie gleichkäme. Eine Umsetzung bis Mitte September 2012 scheint jedoch aufgrund technischer und politischer Gründe wenig wahrscheinlich. Hinzu kommt die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Eilanträge gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt. Schaubild 4: Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) Zusammensetzung des ESM davon Mitgliedsland Österreich Belgien Zypern Finnland Frankreich Deutschland Griechenland Irland Italien Luxemburg Malta Niederlande Portugal Slowakei Slowenien Spanien Estland Anteil am ESM (in %) 3,5 0,2 1,8 20,4 27,1 1,6 17,9 0,3 0,1 5,7 2,5 0,8 0,4,9 0,2 Gezeichnetes Kapital (Mrd. EUR) 19,5 24,3 1,4 12,6 142,7 190,0 19,7,1 125,4 1,8 0,5 40,0 17,6 5,8 3,0 83,3 1,3 Bareinlage (Mrd. EUR) 2,2 0,2 1,4 16,3 21,7 2,3 1,3 14,3 0,2 0,1 4,6 2,0 0,7 0,3 9,5 0,1 0,0 700,0 80,0 620,0 Festgelegtes, abrufbares Kapital (Mrd. EUR) 17,3 21,6 1,2,1 126,4 168,3 17,5 9,9 1,1 1,6 0,5 35,4 15,6 5,1 2,7 73,8 1,2 Quelle: EFSF, Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research.

Schaubild 5: Das verfügbare Kreditvolumen von EFSF und ESM Etwa 400 Mrd. EUR scheinen für weitere Rettungsmaßnahmen noch übrig zu sein. 800 700 600 500 400 300 200 0 0 EFSF ESM EFSF & ESM (Maximum) bereits geleistete Hilfsleistungen Existierende Programme (Griechenland, Portugal, Irland) Spanische Bankenhilfe Zypern (geschätzt) Quelle: EFSF, Allianz Global Investors Capital Markets & Thematic Research. Den ESM mit einer Art Banklizenz auszustatten scheint nun eine neue Vorgehensweise der EZB zu sein, denn in der Vergangenheit versuchte sie, mit Anleihekäufen von Staatspapieren südeuropäischer Staaten die Renditen künstlich niedrig zu halten. Indiz sind Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi Ende Juli in seiner Rede auf einer Konferenz in London: Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten. ( ) Und glauben Sie mir es wird ausreichen. Damit signalisierte der EZB-Chef weitere Unterstützung für die Krisenstaaten der Eurozone durch Eingriffe in den Anleihemarkt. Wie das Schaubild 5 verdeutlicht, steht den beiden EU-Rettungsschirmen ein verfügbares Ausleihvolumen von aktuell circa 400 Milliarden Euro zur Verfügung. Diese Summe sollte allerdings in Relation zu dem für die nächsten Jahre anstehenden Finanzierungsbedarf der EU-Peripheriestaaten betrachtet werden: Allein die beiden Länder Spanien und Italien haben für 2013 und 2014 einen Refinanzierungsbedarf von aktuell fast 600 Milliarden Euro (Stand: August 2012). Stefan Scheurer Quelle: Europäische Zentralbank Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und die Erträge daraus können sowohl sinken als auch ansteigen und Investoren erhalten den investierten Betrag möglicherweise nicht in voller Höhe zurück. Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich ohne Mitteilung hierüber ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet, jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht. Hierbei handelt es sich um eine Marketingmitteilung. Herausgegeben von Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft mbh, (www.allianzglobalinvestors.de) einer Kapitalanlagegesellschaft mit beschränkter Haftung, gegründet in Deutschland mit eingetragenem Sitz in Mainzer Landstrase 13, D-60329 Frankfurt / Main, zugelassen und beaufsichtigt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de). Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet.

www.allianzglobalinvestors.de Allianz Global Investors Europe GmbH Mainzer Landstraße 13 60329 Frankfurt am Main PEFC/04-31-0745 Stand: September 2012 Bei dieser Broschüre handelt es sich um Werbung gem. 31 Abs. 2 WpHG.