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Transkript:

März 2015 Geschlechterquote in Unternehmen Bundestag verabschiedet Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst Inhalt Überblick Zur Steigerung des Anteils weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft hat der Bundestag am 6. März 2015 das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst ( Gesetz ) beschlossen. Das Gesetz sieht die Erfüllung bestimmter Mindestquoten für die Besetzung von Führungsebenen von Behörden und Unternehmen der Privatwirtschaft mit Frauen bzw. Männern vor. Im Hinblick auf Unternehmen der Privatwirtschaft handelt es sich hierbei um die beiden folgenden Instrumente: > Einhaltung einer fixen 30%-Geschlechterquote bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten ab dem 1. Januar 2016 in börsennotierten Unternehmen, die zugleich der paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Überblick... 1 Fixe 30%-Quote für Aufsichtsrat einer börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Gesellschaft... 2 Zielvorgaben für Aufsichtsorgane und Führungsebenen von börsennotierten und/oder mitbestimmten Unternehmen... 5 Ansprechpartner... 7 Verstöße gegen diese Vorgabe führen zur Nichtigkeit der Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds (Sanktion des leeren Stuhles ). > Veröffentlichung (selbstgesteckter) Zielvorgaben für die Besetzung von Aufsichtsräten, die nicht der fixen 30%-Mindestquote unterliegen, sowie von Vorständen und den beiden nachgelagerten Führungsebenen in Unternehmen, die börsennotiert sind und/oder der Mitbestimmung unterliegen. Verstöße gegen die Zielvorgaben sind von dem Unternehmen zu veröffentlichen und zu begründen. Weitergehende Sanktionen sollen damit nicht verbunden sein. Gegen das Gesetzesvorhaben sind im Vorfeld verfassungs- und europarechtliche Bedenken geäußert worden. Auch setzen entsprechende Gesetzgebungsvorhaben auf europäischer Ebene mitunter andere Bezugspunkte. Gleichwohl ist nicht zu erwarten, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am 27. März 2015 Einspruch gegen das Gesetz erheben wird. Mit einem zeitnahen Inkrafttreten des Gesetzes ist daher zu rechnen. Gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 11. Dezember 2014 haben sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens für die Unterneh- Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 1

men der Privatwirtschaft primär klarstellende Änderungen ergeben. Bedeutsam ist, dass die unternehmensbezogenen Zielvorgaben für Aufsichtsrat, Vorstand und die beiden nachgelagerten Führungsebenen bis zum 30. September 2015 (anstelle 30. Juni 2015) festzulegen sind und erst nach Ablauf der gesetzten Umsetzungsfrist über deren Einhaltung bzw. Nichteinhaltung berichtet werden muss. Ferner wird für Unternehmen, deren Aufsichtsratswahlen der fixen 30%-Geschlechterquote unterliegen, klargestellt, dass die nachträgliche Nichtigerklärung der Aufsichtsratswahl eines Vertreters des minderrepräsentierten Geschlechts nicht zur Unwirksamkeit zwischenzeitlich erfolgter Aufsichtsratswahlen wegen eines Quotenverstoßes führt. Fixe 30%-Quote für Aufsichtsrat einer börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Gesellschaft Das Gesetz verpflichtet die erfassten Unternehmen, mind. 30% ihrer Aufsichtsratsmandate mit Frauen bzw. Männern zu besetzen. Diese fixe Mindestquote wird bei allen ab dem 1. Januar 2016 neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten zu beachten sein, unabhängig davon, ob es sich um eine Neuwahl, eine gerichtliche Bestellung oder eine Entsendung handelt. Laufende Mandate bestehen jedoch bis zu ihrem regulären Mandatsende unverändert fort. Erfasste Unternehmen Die fixe 30%-Geschlechterquote gilt für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit Sitz in Deutschland, deren Aktien zum Handel am regulierten Markt einer Börse in Deutschland zugelassen sind und zugleich der paritätischen Mitbestimmung nach Mitbestimmungsgesetz, Montan-Mitbestimmungsgesetz oder Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterliegen. Des Weiteren gilt diese fixe Mindestquote auch für paritätisch mitbestimmte Aufsichts- oder Verwaltungsräte von börsennotierten Unternehmen in der Rechtsform der SE sowie für solche börsennotierte Unternehmen, die aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangen sind und der paritätischen Mitbestimmung nach dem MgVG unterliegen. Bestimmung der relevanten Quote Die Mindestquote von 30% soll grundsätzlich für den gesamten Aufsichtsrat gelten (sog. Gesamterfüllung), sofern nicht die Seite der Anteilseigner- oder der Arbeitnehmervertreter vor der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder mit Mehrheitsbeschluss gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Gesamterfüllung widerspricht. Wurde der Gesamterfüllung widersprochen, gilt die sog. Getrennterfüllung und damit eine separate Betrachtung der Anteilseignerund der Arbeitnehmerbank im Hinblick auf die Erfüllung der 30%- Mindestquote. Unabhängig von der gewählten Betrachtungsweise ist die notwendige Zahl weiblicher bzw. männlicher Aufsichtsratsmitglieder durch mathematische Aufbzw. Abrundung zu bestimmen. Dies führt bei einem 16-köpfigen Aufsichts- Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 2

rat, für den die Getrennterfüllung gilt, zu der Möglichkeit eines Unterschreitens der 30%-Mindestquote (im konkreten Fall jeweils 2 von 8 Mitgliedern). Sofern der Maßstab der Gesamterfüllung gilt, lässt dies eine ungleiche Verteilung des Mindestanteils beider Geschlechter zwischen beiden Aufsichtsratsbänken und damit auch die Unterschreitung der 30%-Schwelle auf der Anteilseigner- oder der Arbeitnehmerseite zu, solange der Gesamtanteil der Frauen und Männer im Aufsichtsrat mindestens 30% beträgt. Fällt bei Geltung des Gesamterfüllungsmaßstabs der höhere Frauenanteil einer Seite nachträglich weg, soll dadurch die Besetzung der anderen Aufsichtsratsbank nicht unwirksam werden, auch wenn der Gesamtanteil der weiblichen bzw. männlichen Aufsichtsratsmitglieder die Schwelle von 30% unterschreitet. Sofern der Maßstab der Getrennterfüllung gilt, erfolgt auf Anteilseignerseite im Hinblick auf die Erfüllung der 30%-Mindestquote keine weitergehende Differenzierung nach entsandten und gewählten Anteilseignervertretern. Allerdings ist zu beachten, dass durch die zuerst erfolgende Bestellung eine nachfolgende Entsendung bzw. Wahl beeinflusst wird. Ein Widerspruch gegen die Gesamterfüllung muss vor der Wahl der anderen Seite erklärt werden. Will z.b. die Anteilseignerseite vermeiden, dass sie das auf der Arbeitnehmerseite voraussichtlich unterrepräsentierte Geschlecht ausgleichen muss, muss sie ihren Widerspruch schon vor Beginn der Wahl der Arbeitnehmervertreter und damit zu einem Zeitpunkt erklären, der in der Regel geraume Zeit vor der Unterbreitung der eigenen Wahlvorschläge an die Hauptversammlung liegt. Unterbleibt der Widerspruch, kann die Situation entstehen, dass die Anteilseignerseite das Nichterreichen der Mindestquote durch die gewählten Arbeitnehmervertreter kompensieren muss und deshalb gezwungen ist, mehr als 30% Frauen bzw. Männer als Anteilseignervertreter in den Aufsichtsrat zu wählen. Das Gesetz sieht nur für Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, nicht jedoch für die anderen erfassten Unternehmen (insbesondere die SE) die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen den Gesamterfüllungsmaßstab mit der Folge der Einzelbetrachtung der jeweiligen Aufsichtsratsbank vor. Im Gesetzgebungsverfahren wurde trotz geäußerter Bedenken an dieser Differenzierung festgehalten. Keine Ausnahmeregelungen Die 30%-Geschlechterquote ist für die börsennotierten Unternehmen, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, verpflichtend. Es bestehen keine Ausnahmeregelungen, etwa in Abhängigkeit vom Anteil der weiblichen bzw. männlichen Mitarbeiter des Unternehmens. Ferner sieht die vom Gesetz vorgesehene Geschlechterquote anders als der entsprechende Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission vor, dass dem unterrepräsentierten Geschlecht stets und nicht nur bei gleicher Qualifikation eines weiblichen und eines männlichen Kandidaten der Vorzug zu geben ist. Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 3

Rechtsfolgen eines Verstoßes Verstößt ab dem 1. Januar 2016 die Wahl oder Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds der Anteilseignerseite gegen die 30%-Mindestquote, hat dies (automatisch) die Nichtigkeit der Wahl bzw. Entsendung zur Folge (sog. Sanktion des leeren Stuhles). Dies gilt unabhängig vom Maßstab der Gesamt- oder der Getrennterfüllung. Je nach Wahlmodus sollen jedoch die Folgen variieren: Bei der Einzelwahl zum Aufsichtsrat ist der Wahlbeschluss nichtig, der in der chronologischen Abfolge als erster die Mindestquote verletzt. Nichtig sind auch alle folgenden unter Verletzung der Mindestquote beschlossenen Wahlen. Bei der Blockwahl soll die gesamte Wahl bezogen auf das überrepräsentierte Geschlecht nichtig sein, wenn sie nicht zur Erfüllung der Mindestquote führt. Die dem minderrepräsentierten Geschlecht angehörigen Kandidaten sind hingegen wirksam gewählt. Ist mindestens die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder wirksam gewählt, ist der Aufsichtsrat grundsätzlich handlungsfähig. Zum Zwecke der paritätischen Besetzung der Anteilseigner- und Arbeitnehmerbank hat dann aber unter Beachtung der Vorgaben zur Mindestquote eine Nachwahl bzw. im Regelfall effizienter eine zeitnahe gerichtliche Ersatzbestellung der fehlenden Aufsichtsratsmitglieder zu erfolgen. Wird die Wahl eines Vertreters des minderrepräsentierten Geschlechts aus anderen Gründen als der Mindestquote nachträglich für nichtig erklärt, werden zwischenzeitlich erfolgte Aufsichtsratswahlen nicht nachträglich als quotenwidrig angesehen und bleiben wirksam. Für Ersatzmitglieder von Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignerseite ist im Hinblick auf die Vereinbarkeit ihrer Wahl mit der 30%-Mindestquote auf den Zeitpunkt des Nachrückens in den Aufsichtsrat abzustellen. Es ist daher zu erwarten, dass ab 2016 die von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder und ihre Ersatzmitglieder im Regelfall das gleiche Geschlecht haben werden. Erreicht im Falle der Getrennterfüllung die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat nicht die 30%-Geschlechterquote, so müssen bei einem Unternehmen, das der paritätischen Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz 1 unterliegt, mindestens ein unternehmensangehöriger Arbeitnehmervertreter (zwei bei einem 20-köpfigen Aufsichtsrat) sowie mindestens ein Gewerkschaftsvertreter dem bisher unterrepräsentierten Geschlecht angehören. Soweit dies nicht der Fall ist, ist die Wahl derjenigen Arbeitnehmervertreter unwirksam, deren Geschlecht in dem jeweiligen Wahlgang mehrheitlich vertreten ist und die in dem jeweiligen Wahlgang die wenigsten Stimmen (Mehrheitswahl) oder die niedrigsten Höchstzahlen (Verhältniswahl) erhalten haben. Die vorübergehend leeren Stühle sind entweder durch Nachwahl oder gerichtliche Bestellung mit Personen des richtigen Geschlechts zu besetzen. Im zuletzt genannten Fall soll das Gericht bei seiner Auswahlentscheidung die Anzahl der auf die jeweiligen Wahlvorschläge entfallenen 1 Für Unternehmen, die dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz unterliegen, gelten Sonderregelungen. Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 4

Stimmen und insbesondere die erste bisher nicht gewählte Person des richtigen Geschlechts berücksichtigen. Veröffentlichungspflichten Die erfassten Unternehmen haben jährlich in der Erklärung zur Unternehmensführung, die Teil des Lageberichts der Gesellschaft ist, über die Einhaltung der Mindestquote und sofern einschlägig die Gründe für einen Verstoß gegen die Mindestquote zu berichten. Diese Verpflichtung besteht erstmalig für Geschäftsjahre, deren Abschlussstichtag nach dem 31. Dezember 2015 liegt. Übergangsregelungen Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben von der Mindestquote unberührt und können bis zu ihrem regulären Mandatsende unverändert ausgeübt werden. Dies betrifft Aufsichtsratsmitglieder sowohl der Anteilseigner- als auch der Arbeitnehmerseite, die bis zum 31. Dezember 2015 gewählt, entsandt oder (gerichtlich) bestellt werden. Dies soll nach den Q&As der federführenden Bundesministerien auch für bis zum 31. Dezember 2015 gewählte Ersatzmitglieder von Aufsichtsratsmitgliedern gelten. Reicht bei Neuwahlen die Zahl der zu besetzenden Aufsichtsratssitze nicht aus, um die Mindestquote zu erreichen, sind die Sitze mit Personen des unterrepräsentierten Geschlechts zu besetzen, um dessen Anteil sukzessive zu steigern. Zielvorgaben für Aufsichtsorgane und Führungsebenen von börsennotierten und/oder mitbestimmten Unternehmen Ferner verpflichtet das Gesetz die hiervon erfassten Unternehmen, Zielvorgaben im Hinblick auf den Frauenanteil im Aufsichtsrat (soweit nicht schon die feste 30%-Mindestquote gilt), im Vorstand und in den beiden nachgelagerten Führungsebenen des Unternehmens festzulegen und zu veröffentlichen. Es gilt insoweit eine gesellschaftsbezogene und keine konzernweite Betrachtungsweise, was gerade bei international tätigen Konzernen zu Verzerrungen führen kann. Hat die Gesellschaft keine zwei nachgelagerten Führungsebenen, ist dies ebenfalls anzugeben. Die Zielvorgaben sind erstmalig bis zum 30. September 2015 mit einer Umsetzungsfrist bis zunächst zum 30. Juni 2017 sowie später von maximal fünf Jahren zu setzen. Die Zielvorgaben für den Aufsichtsrat und den Vorstand sind durch den Aufsichtsrat, die Zielvorgaben für die beiden nachgelagerten Führungsebenen sind durch den Vorstand bzw. das Geschäftsführungsorgan festzulegen. Eine Ausnahme gilt für die mitbestimmte Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Für diese legt die Gesellschafterversammlung die Zielvorgaben für den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung fest, sofern die Gesellschafterversammlung diese Aufgabe nicht dem Aufsichtsrat übertragen hat. Erfasste Unternehmen Zu der Bestimmung der Zielvorgaben sind Unternehmen mit Sitz in Deutschland verpflichtet, die börsennotiert sind (regulierter Markt) und/oder der Mitbestimmung auf Unternehmensebene unterliegen. Nicht notwendig ist, dass der Aufsichtsrat paritätisch mitbestimmt ist; es genügt auch eine Drittelbeteili- Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 5

gung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Von dieser Regelung können neben Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften in der Rechtsform der SE auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragene Genossenschaften sowie Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit betroffen sein. Festlegung der Zielvorgaben Das Gesetz sieht keine Mindestzielgröße vor. Liegt jedoch der Frauenanteil in dem jeweiligen Organ bzw. der jeweiligen Führungsebene zum Zeitpunkt der Festlegung der Zielvorgaben unter 30%, darf bei der Bestimmung der Zielvorgabe der jeweilige Ist-Zustand nicht unterschritten werden. Liegt der Frauenanteil zum relevanten Zeitpunkt hingegen über 30%, bestehen keine Vorgaben im Hinblick auf die Zielgröße. Fällt in dieser Konstellation der tatsächliche Frauenanteil in dem relevanten Organ bzw. der relevanten Führungsebene jedoch unter 30%, so gilt für die nächste Zielvorgabe das Verschlechterungsverbot gegenüber dem dann bestehenden Ist-Zustand. Ferner kann die Zielvorgabe hinsichtlich des Frauenanteils unter den genannten Voraussetzungen auch 0% betragen. Dies dürfte jedoch der Ausnahmefall bleiben. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Zielvorgaben und der Angaben zu deren Einhaltung durch das Unternehmen verhaltenssteuernd wirkt. Es ist daher zu erwarten, dass es auf Vorstands- bzw. Geschäftsführungsebene zumindest mittelfristig zu einer Erhöhung der Zahl der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans und einer Besetzung der neuen Positionen mit weiblichen Führungskräften kommen wird. Veröffentlichungspflichten Die erfassten Unternehmen haben jährlich in der Erklärung zur Unternehmensführung im Lagebericht der Gesellschaft die selbstgesteckten Zielvorgaben (einschließlich Umsetzungsfristen) und nach Ablauf der Umsetzungsfrist Angaben zu deren Einhaltung zu veröffentlichen. Zu berichten ist zudem sofern einschlägig über die Gründe einer Nichteinhaltung der Zielvorgaben. Diese Verpflichtung besteht erstmalig für Geschäftsjahre, deren Abschlussstichtag nach dem 30. September 2015 liegt. Sind die Unternehmen (als börsennotierte Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien oder Gesellschaften in der Rechtsform der SE) nicht ohnehin zu einer Erklärung über die Unternehmensführung im Rahmen ihrer Jahresfinanzberichterstattung verpflichtet, haben sie in ihren Lagebericht in einem gesonderten Abschnitt eine Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen, die die vorgenannten Angaben enthält; der übrige gesetzlich vorgeschriebene Inhalt der Erklärung zur Unternehmensführung gilt für diese Unternehmen nicht. Gesellschaften, die keinen Lagebericht zu erstellen haben, aber den Verpflichtungen zur Festlegung von Zielgrößen unterfallen, haben eine eigenständige Erklärung zur Unternehmensführung zu erstellen und auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 6

Ansprechpartner Stephan Oppenhoff Tel.: +49 69 71003 445 Email: stephan.oppenhoff@linklaters.com Dr. Hans-Ulrich Wilsing Tel.: +49 211 22977 509 E-Mail: hans-ulrich.wilsing@linklaters.com Prof. Dr. Georg Annuß Tel.: +49 89 41808 328 E-Mail: georg.annuss@linklaters.com Dirk Horcher Tel.: +49 69 71003 241 Berlin Potsdamer Platz 5 10785 Berlin Düsseldorf Königsallee 49-51 40212 Düsseldorf Frankfurt Mainzer Landstraße 16 60325 Frankfurt am Main München Prinzregentenplatz 10 81675 München Email: dirk.horcher@linklaters.com Autoren: Stephan Oppenhoff, Dirk Horcher Diese Veröffentlichung verfolgt ausschließlich den Zweck, bestimmte Themen anzusprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit; diese Veröffentlichung stellt keine Rechtsberatung dar. Sollten Sie weitere Fragen bezüglich der hier angesprochenen oder hinsichtlich anderer rechtlicher Themen haben, so wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei oder an den Herausgeber.. Alle Rechte vorbehalten 2015 ist eine in England und Wales unter OC326345 registrierte Limited Liability Partnership, die als Anwaltskanzlei durch die Solicitors Regulation Authority zugelassen ist und deren Bestimmungen unterliegt. Der Begriff "Partner" bezeichnet in Bezug auf die Gesellschafter sowie Mitarbeiter der LLP oder der mit ihr verbundenen Kanzleien oder sonstigen Gesellschaften mit entsprechender Position und Qualifikation. Eine Liste der Namen der Gesellschafter der und der Personen, die zwar nicht Gesellschafter sind, aber als Partner bezeichnet werden, sowie ihrer jeweiligen fachlichen Qualifikation steht am eingetragenen Sitz der Firma in One Silk Street, London EC2Y 8HQ, England, oder unter www.linklaters.com zur Verfügung. Bei diesen Personen handelt es sich um deutsche oder ausländische Rechtsanwälte, die an ihrem jeweiligen Standort als nationale, europäische oder ausländische Anwälte registriert sind. Wichtige Informationen bezüglich unserer aufsichtsrechtlichen Stellung finden Sie unter www.linklaters.com/regulation. Ihre Kontakt-Daten sind in unserer Datenbank gespeichert. Sie werden von unseren verschiedenen internationalen Büros ausschließlich für interne Zwecke und für diese oder ähnliche Marketing-Aktionen genutzt. Eine Weitergabe an Dritte für deren Zwecke findet nicht statt. Wenn Sie diese Publikation nicht mehr erhalten möchten oder Ihre Daten nicht korrekt sind, teilen Sie uns dies bitte per E-Mail an publications.germany@linklaters.com mit. Linklaters ist seit dem 1. Mai 2007 eine Limited Liability Partnership (LLP) englischen Rechts. Die Bezugnahme auf Linklaters in diesem Dokument meint und ggf. verbundene Gesellschaften weltweit. Geschlechterquote in Unternehmen der Privatwirtschaft 7 A19152030/2.0/13 Mar 2015