23.04.2015 8. Gasfachliche Tagung der VNG Verbundnetz Gas AG RISIKOMANAGEMENT IM ENERGIEHANDEL Thomas Herbst, Leiter Konzernrisikomanagement
Risikomanagement beinhaltet die Erkennung, Analyse und den Umgang mit Risiken (und Chancen) 2
Was wir im Risikomanagement sicher wissen ist, dass wir viele Dinge nicht so genau wissen There are known knowns things we know we know. There are known unknowns things we know we don t know. But there are also unknown unknowns things we don t know we don t know. Donald Rumsfeld, 2002 3
Unsere Welt bewegt sich in Schwankungsbreiten Zeigt die Schwankungsbreite möglicher Ergebnisse an Wahrscheinlichkeitsdichte Planergebnis / Ziel Hier stecken alle Chancen und Risiken drin. Die Fläche zeigt die Wahrscheinlichkeit des Intervalls an Risiko Chance 4
On the Psychology of Prediction Daniel Kahnemanns Studien von kognitiven Verfehlungen Mit Verlaub, was Sie sagen, ist Unsinn. Oft habe ich Schüler überschwänglich gelobt, die ein ausgezeichnetes Manöver geflogen sind, und das nächste Mal sind sie fast immer schlechter geflogen. Und ich habe Schüler angeschrien, die ein schlechtes Manöver flogen, und in den meisten Fällen verbesserte sich ihre Leistung beim nächsten Mal. Erzählen sie mir nicht, dass Bestrafung nicht wirkt. Meine Erfahrung sagt das Gegenteil. 5
Vor allem existenzbedrohende Risiken, die Black Swans müssen wir vermeiden Vor allem ganz schwerwiegende oder gar existenzbedrohende Risiken wollen wir vermeiden sogenannte Tail-Risks Zum Beispiel sowas Tail Risks kommen sehr selten vor, haben aber eine große Wirkung. Sie werden auch Black Swans genannt: 6
und Black Swans gibt es mehr als uns lieb ist! Deep Water Horizon (2010) Vollständige Zerstörung der Plattform 11 Tote Schaden von 50 Mrd. USD Enron (2002) Bilanzfälschung führt zur Insolvenz der Firma 60 Mrd. USD Schaden für Gläubiger, darunter 2 Mrd. USD Pensionszusagen für ENRON Mitarbeiter Everest Capital Global fund Marktkapitalisierung: 830 Mio. USD Verluste von 1 Mrd. USD aus Wetten auf eine Abwertung des Schweizer Franken 7
Wir müssen also mit Chancen und Risiken aktiv umgehen. Reduziert Schwankungsbreite 8
Die Rechnung ist ganz einfach Rendite Risiko Kapital 9
Chancen und Risiken in der Top-Down-Betrachtung Planwert JÜ VNG Konzern Eigenkapital VNG Konzern Fremdkapital VNG Konzern Kapitalbasis VNG Konzern 2014 Mio. EUR Ergebnisschwankungsbreite 1% Konfidenz Ergebnisprognose 99% Konfidenz 0 Bilanzieller Ausfallpunkt Negative Schwankungsbreite darf keinesfalls größer sein als unser Eigenkapital (oder auch Riskodeckungskapital )! RISIKOTRAGFÄHIGKEIT 10
Bottom Up Aggregation von Risiken Die Analyse und Modellierung von Einzelrisiken führt zu einer Gesamtergebnisverteilung Die Schwankungsbreite der Ergebnisse des VNG Konzerns sind ein Resultat einer Risikoaggregation. Dazu müssen die relevanten Risiken im Detail beschrieben und bewertet werden. Wo es möglich ist, werden Abhängigkeiten zwischen den Risiken berücksichtigt. Marktpreisrisiken Kreditrisiken E&P Technische Risiken Risiken 11
Die wesentlichsten Risiken werden dabei sehr detailliert modelliert Ernsthafte Unfälle Schwerwiegendes Ereignis normale operative Verluste Plan confidence level 99% 80% 50% Gewinn-/Verlust Verteilung VNGGRUPPE Handel E&P Speicher Transport 12
Dividende@Risk yy Mio. EUR (Plan) -xx Mio. EUR (99% Konfidenz) yy' Mio. EUR (Prognose/Ist) zz Mio. EUR (1% Konfidenz) Der Mehrwert der Modellierung Die Schwankungsbreite visualisiert das Chance/Risikoprofil einer Planung. Prognosen oder Ergebnisrealisierungen lassen sich an Erwartungswerten benchmarken. Definierte Risikotoleranzen lassen sich quantitativ benchmarken. 13
Fokus: Marktpreisrisiken Marktpreisrisiken Kreditrisiken E&P Technische Risiken Risiken 14
Marktpreisrisiken in der VNG Gruppe VNGGRUPPE Handel E&P Speicher Transport 15
Ein Exkurs im Risikomanagement ein anderer Blick auf Produkte im Gashandel Welt vor 2008 im Gasgeschäft Welt nach 2008 16
What happened? Steigende Transparenz und Liquidität an Handelsmärkten führt zu einer Vielzahl neuer Indexierungen und Preissysteme, speziell im Vertriebsgeschäft. Handelsportfolien verlieren ihre Homogenität und den eindeutigen Match zwischen Ein- und Verkauf. Die neue Heterogenität führt zu steigenden Risiken. Speziell alte Preissysteme wurden aufgrund der zunehmenden Orientierung an Gasmarktpreisen über Nacht zu komplexen Produkten 17
Warum komplexes Produkt? Flexible Gesamtmenge mit Leistungsflexibilität und Festpreis lässt sich übersetzen in Gasjahr 15/16 ACQ 100 Mio. kwh ACQmin 120% ACQmax 80% DCQ 400.000 kwh DCQmin 0% DCQmax 100% Festpreis Täglich aneinandergereihte europäische Optionen mit strike date D-1 und strike price = Vertragspreis, wobei die Ausübungsrechte abhängig voneinander sind und bei nicht-ausübung durch den Optionshalter Ausübungspflichten entstehen. 18
Oder komplexes Derivat? Gasjahr 15/16 ACQ 100 Mio. kwh ACQmin 120% ACQmax 80% DCQ 400.000 kwh DCQmin 0% DCQmax 100% Ölpreisformel Wird aus dem Festpreis eine Ölpreisformel entsteht eine spread option oder auch (spezielle Form einer) asiatischen Option, deren strike price von den Kursen des Basiswertes eines vergangenen Zeitraums abhängt. Frage: Wie finden wir einen fairen Wert für die Option und wie bewerten wir dieses Risiko? 19
Wertverteilung Historische Marktpreisvolatilität Exposure Die Risikobewertung einfacher Handelsportfolien Einfache Portfolien lassen eine einfache Risikomessung zu. Besteht ein Portfolio ausschließlich aus Bandlieferungen und Festpreisen, ist das Exposure (die im Risiko stehende Position) deterministisch. Auf Grundlage historischer Marktpreisvolatilitäten kann das Wertänderungsrisiko sehr einfach ermittelt werden. Der Value-at-Risk gibt die maximale Wertänderung eines Portfolios über einen bestimmten Zeitraum mit einer festgelegten Wahrscheinlichkeit an, z.b. 99%. 20
Wertverteilung Historische Marktpreisvolatilität Exposure Für Portfolien mit Optionalitäten reicht das nicht aus! Exposure ist variabel für den Stillhalter der Option. Wovon hängt es ab? Es gibt zwei Möglichkeiten: Annahmen treffen und das Risiko über einzelne Szenarien abschätzen Ein Modell finden 21
Ein Ansatz Im besten Fall entstehen Kosten von -1,9 Mio. EUR, d.h. eine Chance. Erwartete Flexibilitätskosten aus dem Vertrag = Leistungspreis ca. 1 Mio, EUR. Im schlechtesten Fall entstehen Kosten von 6,7 Mio. EUR, d.h. ein Risiko 22
Maßnahmen Risiko Es entstehen neue Herausforderungen im Risikomanagement die Lernkurve ist steil 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Einfache Marktpreisrisiken Kreditausfallrisiken Komplexe Produkte Komplexe Modelle Nutzung von einfachen Derivaten zur Absicherung Bonitätsprüfung und Risikolimitierung Produktzulassungsprozesse Modellrevisionen und Modellstresstests? 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 23
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT 24