Transparenz und Datenschutz

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Transkript:

Vom Umgang mit der Schweigepflicht im SPD Jürg Forster, Dr. phil. Leiter Schulpsychologischer Dienst der Stadt Zürich Themen Auskunftsrecht Aktenführung und Berichte Kinderschutz, Rechte von Kindern Melderechte und -pflichten Entbindung von der Schweigepflicht Strafanzeigen Kooperation von Beratungsstellen mit der Schule im VSG 1

Auskunftsbegehren betr. Schulpsychologisches Dossier Einschreiben Auskunftsbegehren z.hd. Schulpsychologin Frau G. Meier Ich bitte Sie um Zustellung der schulpsychologischen Akte meines Sohnes Sandro Fameti, geb. 2.3.99, innerhalb von 30 Tagen. Die Vollständigkeit und Richtigkeit der mir zugestellten Unterlagen wollen Sie mir bitte bestätigen. Zu meiner Legitimation lege ich die Kopie eines amtlichen Ausweises bei. Mit freundlichen Grüssen Auskunftsrecht Urteilsfähige Kinder, Eltern, Lehrpersonen alle haben ein Recht auf Auskunft über Akten, die öffentliche Stellen über sie führen und ein Recht auf Einsicht in Berichte, die über sie geschrieben wurden 2

Aktenführung klare, sachliche, respektvolle Sprache verwenden immer dokumentieren: - Datum der Sitzungen - wer mit wem gesprochen hat - Untersuchungsergebnisse, Diagnosen - empfohlene Massnahmen - Einwilligungen Akten unter Verschluss aufbewahren Computerzugriff mit Passwort schützen Wichtig: Alle Angaben sind von den Adressaten streng vertraulich zu behandeln und dürfen nicht an unberechtigte Personen weitergegeben werden. Die Angaben in diesem Bericht beschränken sich auf Informationen, die für die schulische Förderung der Schülerin / des Schülers relevant und für die Adressaten/- innen erforderlich sind. Die schulpsychologischen Untersuchungsergebnisse sind eine aktuelle fachliche Beurteilung. Nach einigen Monaten können sie durch die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen oder durch veränderte Lebensumstände ihre Gültigkeit verlieren. 3

Sichere Kommunikation Kennzeichnung der Berichte als vertraulich Briefpost gilt als sicher E-Mails verschlüsseln oder auf E-Mails verzichten. Neu: [HIN-secured] Faxen erfordert telefonische Absprache, sonst zu unsicher Worüber können Jugendliche selbst entscheiden? Nach ZGB ist urteilsfähig, wer vernunftgemäss handeln kann. Wenn Kinder urteilsfähig sind (je nach Person und Problemstellung ab 10-15 Jahren), sollen sie selbst entscheiden ob eine Therapie stattfinden soll wer über Vertrauliches informiert werden darf. Sie können ihr Auskunftsrecht selbständig wahrnehmen. 4

Rückmeldung eines Schulleiters Mit unserer Schulpsychologin kann ich sehr gut zusammenarbeiten. Wir kennen uns und vertrauen uns gegenseitig. Schwieriger ist es mit jungen Schulpsychologinnen. Die berufen sich immer wieder auf den Datenschutz, wenn ich sie etwas frage. Wenn ich gewusst hätte, dass die Mutter von Sandro so krank ist, hätte ich anders gehandelt. Ich brauche solche Informationen. Schweigepflicht gilt für alle Angaben, die sich auf eine identifizierbare Person beziehen zeitlich unbeschränkt gilt nicht für gut anonymisierte Informationen (Supervision, Forschung, Kinderschutzgruppe etc.) Assistenzpsychologinnen, Praktikanten, Sekretariatsmitarbeitende sind derselben beruflichen Schweigepflicht unterstellt wie die Psychologen/-innen externe Personen (Übersetzende etc.) sollen eine Vereinbarung unterschreiben 5

Zu beachten bei der Weitergabe Nur geeignete und erforderliche Informationen weitergeben Die betroffene Person kann ihr Einverständnis jederzeit zurückziehen Ihr stillschweigendes Einverständnis reicht nicht aus, wenn es um die Weitergabe von besonderen Personendaten geht Ob die zu informierende Person einer Schweigepflicht unterstellt ist, ist nicht von Bedeutung Es ist auch nicht relevant, ob sie vertrauenswürdig ist, und ob sie mir auch schon ab und zu ein Geheimnis anvertraut hat - Meldepflicht gegenüber der KESB Gefährdungsmeldungen haben zu erfolgen, wenn die drei folgenden Bedingungen erfüllt sind: 1. das Kindeswohl wird als gefährdet eingeschätzt, und 2. die Sorgeberechtigten können oder wollen nicht Abhilfe schaffen und 3. die Möglichkeiten der Beratung sind erschöpft. 6

Melderecht nach StGB Art. 364 gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Jedermann kann unabhängig von Schweigepflichten der KESB Meldung erstatten, wenn er / sie von strafbaren Handlungen gegenüber Minderjährigen Kenntnis hat. und wie steht es mit Strafanzeigen bei der Polizei? Strafanzeigen Öffentlich angestellte Personen haben strafbare Handlungen anzuzeigen, die sie bei der Ausübung ihrer Amtstätigkeit wahrnehmen. Ausgenommen von dieser Pflicht aber zur Anzeige berechtigt sind Personen, deren berufliche Aufgabe ein persönliches Vertrauensverhältnis zu Beteiligten oder deren Angehörigen voraussetzt. (vgl. 167 GOG) Strafanzeigen erfordern eine vorgängige Entbindung vom Berufsgeheimnis! 7

Vom Berufsgeheimnis ist man entbunden 1. bei ausdrücklichem Einverständnis der betroffenen Person 2. bei Entbindung vom Berufsgeheimnis durch vorgesetzte Behörde (auf eigenes Gesuch hin) 3. wenn ein Gesetz ein Melderecht oder eine Meldepflicht auch für Personen vorsieht, die dem Berufsgeheimnis unterstellt sind Vom Amtsgeheimnis ist man entbunden 1. bei Entbindung vom Amtsgeheimnis durch vorgesetzte Behörde 2. wenn ein Gesetz ein Melderecht oder eine Meldepflicht auch für Personen vorsieht, die dem Amtsgeheimnis unterstellt sind 3. wenn die Weitergabe von Personendaten zur Abwendung einer drohenden Gefahr für Leib und Leben unentbehrlich ist 4. wenn der Schutz anderer wesentlicher Rechtsgüter höher zu gewichten ist 5. im Rahmen von Amtshilfe - nach erfolgter Interessenabwägung (Überwiegt das private Interesse an Geheimhaltung? 23 IDG) 8

Gesuch betr. Entbindung vom Berufsgeheimnis und vom Amtsgeheimnis (zu richten an die vorgesetzte Behörde) Bitte entbinden Sie mich partiell von der Schweigepflicht betr. das oben erwähnte Kind. Ich möchte nur soweit über seine Situation berichten, als ich dies in Erwägung seiner persönlichen Interessen als geeignet erachte. Bitte entbinden Sie mich vollumfänglich von der Schweigepflicht betr. das oben erwähnte Kind. Vom Regierungsrat vorgeschlagene Ergänzung des Volksschulgesetzes 76 a. 1 ( ) Lehr- und Fachpersonen ( ), Fach- und Beratungsstellen, ( ) können Personendaten von Schülerinnen und Schülern bearbeiten, soweit diese für die Erfüllung der Bildungs- und Erziehungsaufgaben ( ) geeignet und erforderlich sind. 2 Als für die Schule und den Unterricht von Bedeutung gelten insbesondere folgende Personendaten über Schülerinnen und Schüler: a. die schulischen Leistungen, b. das Arbeits-, Lern- und Sozialverhalten, c. die sonderpädagogischen Massnahmen gemäss 34 der letzten zwei Jahre, d. die Disziplinarmassnahmen gemäss 52 der letzten zwei Jahre, e. die Auszeit gemäss 52a der letzten zwei Jahre, f. andere Personendaten aus dem Lebensumfeld, soweit sie direkte Auswirkungen auf die Schule und den Unterricht haben, wie die Mehrsprachigkeit, die Religionszugehörigkeit, gesundheitliche Beeinträchtigungen, belastende Verhältnisse in der Familie. 3 Unter Datenbearbeitung fällt der Datenaustausch zwischen den Schulen innerhalb einer Gemeinde, den Gemeinden ( ) und auswärtigen Einrichtungen 9

Reden oder Schweigen? Darf diese Person das wissen? Darf ich das dieser Person mitteilen? und was ist im Interesse des Kindes? 10