4 Schweredruck Wir wissen, dass man beim Tauchen in einem Schwimmbecken oder im Meer, einen mit steigender Tiefe grösser werdenden Druck in den Ohren verspüren kann. Dieser Druck entsteht, weil das Wasser gegen das Trommelfell drückt. Es soll untersucht werden, wie dieser Druck zustande kommt. 4.1 Hydrostatischer Druck Der Druck, der in einer bestimmten Tiefe einer Flüssigkeit herrscht bezeichnet man als hydrostatischen Druck oder Schweredruck. Dieser Druck entsteht durch die Gewichtskraft der Flüssigkeit. Unter dem hydrostatischen Druck versteht man den Druck, den eine Flüssigkeit durch ihr Eigengewicht verursacht. 4.1.1 Versuche Zur Untersuchung des Schweredrucks benutzen wir eine Drucksonde. Diese besteht aus einer Dose, über die eine Gummimembran gespannt ist. Wenn man auf die Membran drückt, wird die Druckänderung auf ein mit Wasser gefülltes U-Rohr-Manometer übertragen. Zwischen den beiden Wassersäulen entsteht ein Höhenunterschied, der ein Mass für den Druck auf die Membran ist.
Wie hängt der Schweredruck von der Tiefe ab? Wir tauchen die Drucksonde unterschiedlich tief ein. Wir beobachten, dass der Schweredruck mit zunehmender Tiefe grösser wird. Der Schweredruck wird mit zunehmender Wassertiefe grösser. Hängt der Schweredruck von der Richtung ab, in der er gemessen wird? Wir drehen die Drucksonde in einer gewissen Tiefe, damit die Membran in unterschiedliche Richtungen weist. Wir beobachten, dass die Anzeige des U-Rohrs in jeder Stellung die gleiche ist. Der Schweredruck wirkt allseitig. Er ist in einer bestimmten Tiefe in allen Richtungen gleich gross.
Hängt der Schweredruck von der Flüssigkeitsart ab? Wir tauchen die Sonde in verschiedene Flüssigkeiten ein. Dabei achten wir darauf, dass die Tiefe jeweils die Gleiche ist. Wir beobachten, dass das Manometer unterschiedliche Drücke anzeigt. Der Schweredruck ist von der Art der Flüssigkeit abhängig Hängt der Schweredruck von der Form des Gefässes ab? Die Versuche zeigen, dass in gleicher Tiefe jeweils der gleiche Schweredruck herrscht, unabhängig von der Form des Gefässes. Dieser verblüffende Zusammenhang ist als hydrostatisches Paradoxon bekannt. Der Schweredruck ist von der Form des Gefässes unabhängig
Hydrostatisches Paradoxon: In allen Gefässen herrscht in derselben Höhe derselbe Druck. Kommunizierende Röhren: In allen Röhren herrscht derselbe Flüssigkeitsstand, obwohl sich die Flüssigkeitsmengen stark unterscheiden. 4.1.2 Formel zur Berechnung des hydrostatischen Drucks Man kann eine Formel herleiten, die es erlaubt, den Schweredruck in einer beliebigen Flüssigkeit und in einer bestimmten Tiefe zu berechnen. In der Tiefe h übt die obere Flüssigkeitssäule durch ihr Gewicht F G den Druck p auf die untere Flüssigkeitssäule aus (in Höhe der Trennfläche A): FG p = A = m g A
V ρ g p = A p = A h ρ g A p = h ρ g m: Masse der oberen Säule V: Volumen der oberen Säule ρ: Dichte der oberen Säule g: Fallbeschleunigung Der hydrostatische Druck lässt sich dementsprechend berechnen durch: p = ρ g h 4.1.3 Eigenschaften p ~ h: Der hydrostatische Druck ist proportional zur Eintauchtiefe. Bei doppelter Eintauchtiefe ist der Druck doppelt so gross. p ~ ρ Der hydrostatische Druck ist proportional zur Dichte der Flüssigkeit. Bei gleicher Eintauchtiefe ist der Druck bei doppelter Dichte doppelt so gross. p ~ g Der hydrostatische Druck ist proportional zur Fallbeschleunigung. Bei doppelter Fallbeschleunigung ist der Druck doppelt so gross.
4.2 Verbundene Gefässe Wir bauen einen Versuch nach dem nebenstehenden Schema auf. Wie hoch steigt die Flüssigkeit im 2. Gefäss, wenn der Hahn aufgedreht wird? Feststellung: Das Wasser steigt, bis es in beiden Gefässen die gleiche Höhe erreicht hat. In verbundenen Gefässen stehen gleiche Flüssigkeiten gleich hoch.
4.2.1 Physikalische Erklärung Die folgenden Überlegungen erklären, warum der Wasserstand in verbundenen Gefässen immer auf der gleichen Höhe in Bezug zur Horizontalen steht: Der Hahn ist geschlossen. Da die Wassersäule im 1. Gefäss höher steht als im 2., ist auch der Schweredruck auf der linken Seite des Hahns grösser als auf der rechten. Dieser Druckunterschied führt beim Öffnen des Hahns dazu, dass der Schweredruck das Wasser aus dem 1. in das 2. Gefäss drückt. Der Vorgang hört auf, wenn zwischen den beiden Säulen kein Druckunterschied mehr vorhanden ist. Dies ist der Fall, wenn beide Wasserspiegel sich auf der gleichen Höhe befinden.
4.2.2 Technische Anwendungen Das Prinzip der verbunden Gefässe wird täglich im Alltag und in der Technik angewandt: Wasserversorgung durch den Wasserturm Die Wasserversorgung mit Trinkwasser nutzt das Prinzip der verbundenen Gefässe aus. Wasser wird in einen Wasserturm (oder ein hochgelegenes Reservoir) gepumpt und über Rohrleitungen in die Häuser geleitet. Das Wasser wird dabei durch seinen eigenen Schweredruck vom Turm zu den Wasserhähnen befördert. Solange die Wasserhähne sich unter der Wasserstandslinie im Reservoir befinden, kann das Wasser selbständig beim Öffnen aus ihnen heraus fliessen. Geruchsverschluss An Wasserabflüsse wird meistens ein Siphon (U-Rohr) montiert, das als Geruchsverschluss dient.
Schleuse Schleusen sind verbundene Gefässe, mit denen Schiffe Höhenunterschiede überwinden können. 4.3 Aufgaben 4.3.1 Schwimmbecken Wie gross sind in einem Schwimmbecken der Schweredruck des Wassers und die Kraft auf das Trommelfell (A = 0,5 cm 2 ) in 1 m, 2 m, und 5 m Tiefe? 4.3.2 Süss- und Salzwasser Bestimme den hydrostatischen Druck in Süsswasser und in Meerwasser bei einer Eintauchtiefe von 10 m. Gib den Druck in bar an. Meerwasser enthält im Durchschnitt 35 g Salz pro Liter Wasser. 4.3.3 Schweredruck im Meer Berechne den Schweredruck im Meer in Tiefen von 60 m, 1'000 m, 10'907 m. 4.3.4 Quecksilbersäule Berechne die Höhe (in cm) einer Quecksilbersäule (ρ Hg = 13,6 g/cm 3 ), damit der von ihr auf den Boden ausgeübte Druck 2,5 bar beträgt.
4.3.5 Glasrohr Ein Glasrohr taucht 30 cm tief ins Wasser und hat einen Durchmesser von 4 cm. Wie schwer darf ein auf die Glasplatte (Verschluss) gelegtes Wägestück höchstens sein, damit die Glasplatte nicht vom Rohr abrutscht? 4.3.6 U-Rohr In den Schenkeln eines U-Rohrs befinden sich 2 nicht mischbare Flüssigkeiten: Benzin (ρ Benzin = 0,69 kg/dm 3 ) und Wasser. a) Warum stehen die Flüssigkeiten in den Schenkeln unterschiedlich hoch? b) Eine Messung ergibt h B = 12 cm. Wie gross ist dann die Höhe Δh? c) Was würde passieren, wenn man anstatt von Benzin, Quecksilber (ρ Hg = 13,6 g/cm 3 ) verwenden würde?
4.4 Luftdruck 4.4.1 Entstehung des Luftdrucks Ebenso wie die Flüssigkeiten, erzeugt auch die Luft durch ihre Gewichtskraft einen Schweredruck. Den Schweredruck der Lufthülle bezeichnet man als Luftdruck. Der Luftdruck entsteht durch die Gewichtskraft der Luft Den Schweredruck des Wassers spüren wir bereits in einer geringen Eintauchtiefe. Den Schweredruck der Luft bemerken wir aber praktisch gar nicht, obwohl sich eine Luftschicht von mehreren Zehntausend Metern über uns befindet. Das Leben auf der Erde hat sich an diesen Druck angepasst. Je höher man in der Atmosphäre steigt, desto weniger Luft befindet sich über einem und desto geringer wird der Luftdruck. Der Luftdruck nimmt mit steigender Höhe ab. 4.4.2 Versuche zum Nachweis des Luftdrucks Dass der Luftdruck existiert, kann mit etlichen Versuchen nachgewiesen werden. Ein Rohrstutzen wird oben mit einer dünnen Haut aus Zellophan abgedeckt und auf einen Vakuumtisch gelegt. Wenn man die Luft aus dem Zylinder herauspumpt, kann man gut erkennen, wie die Haut durch den Luftdruck nach unten gewölbt wird und schliesslich reisst.
Zwei Halbkugeln aus Stahl werden aneinandergefügt, dann wird die Luft aus dem so entstandenen Raum herausgepumpt (Vakuum). Danach ist es quasi unmöglich die Kugeln zu trennen. Die Kraft, die der Luftdruck von Aussen auf die beiden Halbkugeln ausübt, lässt diese zusammen haften. Ein Standzylinder wird bis zum Rande mit Wasser gefüllt. Er wird dann mit einem Stück Karton verschlossen und auf den Kopf gedreht. Wenn man den Karton loslässt, läuft kein Wasser raus. Die Kraft, mit welcher der Luftdruck nach oben auf den Karton einwirkt ist grösser als die Kraft, mit welcher die Gewichtskraft des Wassers nach unten gegen den Karton drückt. 4.4.3 Der mittlere Luftdruck Der Luftdruck kann näherungsweise durch einen einfachen Versuch bestimmt werden. Wir messen die Kraft, die notwendig ist, um den Kolben einer verschlossenen Gasspritze herauszuziehen. Diese entspricht vom Betrag her der Kraft, die der Luftdruck in entgegen gesetzte Richtung auf den Kolben ausübt. Für eine Kolbenfläche von 7,5 cm 2 messen wir eine Kraft von 70 N. Daraus ergibt sich für den Luftdruck: F 70 N N N p Luft = = = 9.3 10 = 1' 000 hpa 2 2 2 A 7.5cm cm cm
Der Luftdruck auf der Erde ist nicht überall gleich gross. Einerseits wird er stark durch die momentane Wetterlage beeinflusst, andererseits nimmt er mit steigender Höhe ab. Aus zahlreichen Messungen hat man auf der Höhe des Meeresspiegels einen mittleren Luftdruck von 1'013 hpa gemessen. Man bezeichnet diesen Wert auch als Normdruck oder als normalen Luftdruck. Der mittlere Luftdruck auf Meeresniveau beträgt 1'013 hpa. In einer Höhe von 5,5 km herrscht der halbe Normdruck. In einer Höhe von etwa 18 km beträgt der Luftdruck nur noch 10% vom Normdruck. 4.5 Messen des Luftdrucks Zum Messen des Luftdrucks benutzt man ein Barometer. Dies ist meistens ein Dosenbarometer. Bei Zunahme des Luftdrucks wird die Dose weiter zusammen gedrückt. Die Bewegung des Dosendeckels wird über ein Gestänge, Seilzüge oder Hebel auf den Zeiger übertragen. Auf der Skala kann man dann den Wert des Luftdrucks ablesen.
Zum Messen des Luftdrucks kann man auch eine Flüssigkeitssäule benutzen. Der Schweredruck der Flüssigkeit befindet sich dabei im Gleichgewicht mit dem Schweredruck der Luft (Luftdruck). Wenn der Luftdruck steigt, steigt auch die Höhe der Flüssigkeitssäule. Wenn man als Flüssigkeit Wasser verwendet, muss das Rohr eine Höhe von etwas mehr als 10 m haben. In der Tat beträgt der Schweredruck einer 10 m hohen Wassersäule etwa ein Bar, was in guter Näherung dem normalen Luftdruck entspricht. Praktischer ist es Quecksilber zu benutzen. Dies hat eine 13,6 x grössere Dichte als Wasser und somit kann das Rohr auch dementsprechend kleiner gewählt werden. Es gilt: P Luft = ρ Flüssigkeit g h
4.6 Aufgaben 4.6.1 Saugnapf 1 Der Saugfuss eines Hakens hat einen Durchmesser von 4 cm. Mit welcher Kraft drückt die Luft bei Normaldruck gegen den Saugfuss? 4.6.2 Saugnapf 2 Ein Saugnapf wird auf der Unterseite einer horizontalen Glasfläche befestigt. Eine Person von 70 kg Masse will sich an den Saugnapf hängen, ohne dass dieser sich löst. Welchen Durchmesser muss der Saugnapf mindestens haben? 4.6.3 Totes Meer Die Oberfläche des Toten Meeres liegt nahezu 400 m unter dem Niveau der Weltmeere. Was folgt daraus für den Luftdruck am Toten Meer? 4.6.4 Bildröhre Fernsehbildröhren sind, um funktionieren zu können, fast luftleer gepumpt. Mit welcher Kraft wirkt der Luftdruck auf eine Bildröhre von 40 cm Breite, 30 cm Höhe? 4.6.5 Magdeburger Halbkugeln Otto von Guericke hat im Jahre 1654 in Magdeburg als erster den Versuch der leer gepumpten Halbkugeln durchgeführt. Die Halbkugeln hatten einen Durchmesser von 42 cm und insgesamt 16 Pferde versuchten die Kugeln auseinander zu reissen. Dies gelang manchmal. Schätze ab, welche Kraft notwendig ist, um die Kugeln dieser Grösse voneinander zu trennen. 4.6.6 Flüssigkeitsbarometer a) Bestimme die Höhe des Wasserstandes in einem Wasserbarometer bei Normaldruck. b) Um wie viel ändert sich diese Höhe, wenn der Luftdruck um 30 hpa ansteigt? c) Wie hoch würde jetzt die Säule in einem Quecksilberbarometer stehen (ρ Hg = 13,55 kg/l)? [Dieses Skript wurde durch Patrick Rendulic erstellt]