Kartellrechtsforum Frankfurt

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Transkript:

Kartellrechtsforum Frankfurt Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen 2. Dezember 2009

OLG Frankfurt - Musikalienhandel Stamm A Stamm B Stamm C 1/3 1/3 1/3 E GmbH & Co. KG D GmbH ebenfalls jeweils zu 1/3 gehalten persönlich haftende Komplementärin/GF Herstellung, Vertrieb und Verwertung von Erzeugnissen des Musikalien- und Buchhandels 17 KG-Vertrag: Verbot des Betreibens oder der Beteiligung an einem Konkurrenzgeschäft. 1

OLG Frankfurt Das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstößt gegen 1 GWB und ist nichtig: Gesellschaftsrechtliche Wettbewerbsverbote stehen grundsätzlich im Widerspruch zu 1 GWB. Ausnahme: Das Verbot ist notwendig, um Bestand und Funktionsfähigkeit des im Übrigen kartellrechtsneutralen Unternehmens zu erhalten, d.h. Vorsorge für den Fall, dass ein Gesellschafter das Unternehmen von innen her aushöhlt oder gar zerstört. 2

OLG Frankfurt Wettbewerbsverbot nur für denjenigen Gesellschafter, der die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen kann. Hier: Minderheitsgesellschafterin (1/3) ohne bestimmenden Einfluss. Keine vertraglich eingeräumten Sonderrechte. Keine Notwendigkeit eines Wettbewerbsverbots bei Gründung der Gesellschaft, da keine kontrollierende Muttergesellschaft gegeben (vgl. NB-Bek. der Kommission und Entscheidung des OLG Düsseldorf). 3

OLG Düsseldorf Gratiszeitung Hallo! A GmbH & Co. KG L GmbH & Co. KG Kaufmann Lo 1/3 1/3 1/3 Verlags- und V. mbh Gemeinsame Herstellung und Vertrieb von Anzeigenblättern Gesellschaftsvertrag: Wettbewerbsverbot zu Lasten der Gesellschafter, Einstimmigkeitserfordernis bestimmter Beschlüsse, Möglichkeit der Einziehung von Geschäftsanteilen aus wichtigem Grund. 4

OLG Düsseldorf Das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstößt gegen 1 GWB und ist nichtig: Wettbewerbsverbot nur für denjenigen Gesellschafter, der die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen kann. Hier: Minderheitsgesellschafterin (1/3) ohne bestimmenden Einfluss. Keine vertraglich eingeräumten Sonderrechte. 5

OLG Düsseldorf Wettbewerbsklausel zum Schutz der kartellrechtlichen Neutralität erforderlich? Konzentratives Gemeinschaftsunternehmen. Wettbewerbsverbot zulasten der Muttergesellschaften nur, wenn Gesellschafter eine Beherrschungsmacht innehat (vgl. NB-Bek.). Hier: nicht gegeben (Minderheitsgesellschafterin; keine Entscheidungsmacht über Grundlagen der Gesellschaft oder operatives Geschäft). Auch Einstimmigkeitserfordernisse begründen keinen beherrschenden Einfluss in diesem Sinn. 6

BGH Gratiszeitung Hallo! Das vereinbarte Wettbewerbsverbot erfüllt nicht den Tatbestand des 1 GWB: Ein Wettbewerbsverbot ist unbedenklich, wenn der betroffene Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung hält oder aufgrund satzungsmäßiger Sonderrechte maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann. Gesamtwürdigung aller für das konkrete Gesellschaftsverhältnis wirksamen Umstände, insbesondere Möglichkeit, strategische Entscheidungen zu blockieren. 7

BGH Diese Auslegung ist im Einklang mit Europarecht: Urteil des EuGH vom 15. Dezember 1994 (DLG): Erforderlichkeit von Wettbewerbsverboten. NB-Bek. der Kommission: ohne Beherrschungsmacht Beherrschungsmacht setzt keine Mehrheitsbeteiligung voraus. Rechtsprechung des EuG zur FKVO: gemeinsame Kontrolle, wenn Möglichkeit der Blockade. 8

BGH Hier: Gesellschafter haben starken Einfluss auf die Geschäftsführung/strategische Ausrichtung, da jeder strategische Unternehmensentscheidungen blockieren kann. Gefahr, dass eine Anpassung des Geschäftskonzepts an geänderte Marktbedingungen verhindert wird und Gesellschafter das Wettbewerbsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens behindert und die eigene Konkurrenztätigkeit fördert. 9