refugio thüringen e.v. Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge (PsZF)
Verein und Projekte Vorstand und Mitglieder refugio thüringen e.v. REFUGIO Thüringen Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge Anne Tahirović/ Koordination u. Verwaltung Katrin Bähr/ Dipl.-Psych. Bettina Kriese/ Dipl.-Psych. Marie Günther/ st. geprüfte SozArb Hassan Siami/ Flüchtlingsberater Sprach- und KulturmittlerInnen, PraktikantInnen, Ehrenamtliche Zusammenarbeit/ Netzwerkarbeit/ Kooperation
Warum ein PsZF? EU-Richtlinie 2003/9/EG des Europäischen Rates verpflichtet die Mitgliedstaaten, Opfern von Folter und Gewalt eine entsprechende Behandlung zu gewährleisten Richtlinie wird in Deutschland bislang nicht ausreichend umgesetzt Asylbewerberleistungsgesetz sieht lediglich eine stark eingeschränkte Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge vor, nur wenige niedergelassene TherapeutInnen sind bereit oder qualifiziert, mit Schwersttraumatisierten und Folteropfern zu arbeiten, die psychotherapeutische und soziale Arbeit mit einer interkulturellen Klientel erfordert daher ein hohes Maß an spezifischen Kompetenzen und Fachwissen.
Kurzportrait refugio thüringen e.v. gegründet 2006, Sitz: Jena Einziges Beratungs- und Behandlungszentrum für traumatisierte und anderweitig psychisch belastete Flüchtlinge in Thüringen Interdisziplinäres Team: Dipl.-Psych.; Dipl.-Sozialarbeiterin; Dipl.- Politologin, Sprach- und KulturmittlerInnen, PraktikantInnen, Ehrenamtliche Finanzierung: EFF, TIM, UNO-Flüchtlingshilfe e.v., UNVFVT, Stadt Jena, BMFSFJ, EKM, Mitgliedsbeiträge, Spenden
Zielgruppe Flüchtlinge Vor allem traumatisierte Flüchtlinge Studie: 40% der Asylbewerber leiden unter Posttraumatischer Belastungsstörung (Universität Konstanz April 2005) REFUGIO behandelt Flüchtlinge unabhängig Ihres Aufenthaltstitels mit psychischer Belastung/ Erkrankung und/oder Beratungsbedarf Meist suchen erwachsene Flüchtlinge das PsZF auf, seit 2011 auch Arbeit mit UMF REFUGIO arbeitet landesweit: die meisten Klienten haben ihren Wohnsitz in Jena, Weimar, Erfurt und dem Ilmkreis, 2013 wurden KlientInnen aus 22 Landkreisen und kreisfreien Städten betreut. Vermittlung durch Flüchtlingsberatungsstellen, Anwälte, Ärzte, Kliniken, LAST, Familie & Bekannte, Behörden, Ehrenamtliche und Selbstmelder
Herkunftsländer der KlientInnen 2013
Die KlientInnen kamen 2013 aus folgenden Landkreisen:
Trauma und traumatische Situation: Definitionen Trauma = griechisch: Wunde, Verletzung Trauma = das vitale Diskrepanzerleben zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Welt- und Selbstverständnis bewirkt (Fischer/ Riedesser 2009, S. 84) Traumatische Situation ICD 10/ International Classification of Diseases der WHO belastendes Ereignis oder einer Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß ausgesetzt sein, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde DSM IV/ Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen Konfrontation mit Ereignissen, die den tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte Verletzung oder Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen oder anderer Personen beinhalten. Reaktion umfasst intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen
Traumatische Erlebnisse/ seelische & körperliche Gewalterlebnisse Verfolgung, Gefängnis, Sippenhaft physische und psychische Folter direktes Erleben von Kriegsgeschehen/ Kampfhandlungen sexualisierte Gewalt, besonders Vergewaltigungen Beobachten gewalttätiger Überfälle oder Zeugenschaft von der Ermordung Dritter Vertreibung; während Flucht durch drohende Abschiebung im Zielland durch Diskriminierung, rassistische Übergriffe im Zielland
Schwerpunkte der Arbeit im PsZF Unmittelbare KlientInnenarbeit Psychotherapie und Sozialberatung für psychisch belastete Flüchtlinge daneben: Soziales Gruppenangebot für Flüchtlingsfrauen, um Kompetenzen und Selbsthilfepotentiale zu fördern Erlebnispädagogisches Angebot für Flüchtlingskinder (GU Waltershausen) Pflege eines Dolmetscherpools, der auch anderen Institutionen offen steht Gremien und Öffentlichkeitsarbeit Belange von Flüchtlingen in rechtlicher, sozialer und politischer Hinsicht (Aufhebung der Residenzpflicht in Thüringen, Schulische Integration von Flüchtlings- und Migrantenkindern, mangelnde Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge, EU-Projekt)
Wesentliche Kennzeichen des Angebots Integrierte Hilfen in Form von Psychotherapie sowie sozialer und rechtlicher Beratung (innere und äußere Sicherheit) durch diese ganzheitliche Unterstützung ist psychische Stabilisierung möglich Kostenlose Behandlung für Flüchtlinge (viele würden sonst keinen Zugang zu Behandlung finden, da Kostenübernahme schwierig, nur wenige niedergelassene Therapeuten sind bereit oder qualifiziert, mit Folterüberlebenden und Schwersttraumatisierten zu arbeiten, Sprachbarrieren) Fachkenntnisse im Hinblick auf Folter, Flucht und Traumatherapie Regelmäßige Zusammenarbeit mit Sprach- und Kulturmittlern Deutlich höhere Nachfrage als Angebote an Therapie- und Beratungsplätzen Kapazitäten durchgängig ausgelastet Zur Zeit ca. 142 Personen auf der Warteliste, Wartezeit von mehr als einem Jahr
Angebote bei REFUGIO Thüringen Erstgespräch Clearing, Diagnostik, Krisenintervention Psychoedukation, Stabilisierung Individuell abgestimmte Psychotherapie Gruppenarbeit Stellungnahmen in aufenthaltsrechtlichen und sozialen Fragen Allgemeine Sozialberatung und psychosoziale Beratung Vermittlung an externe Hilfsangebote Schulungen der Sprach- und KulturmittlerInnen; Fortbildungen Netzwerkarbeit und Vernetzung/ Kooperation
Die Arbeit des PsZF im Jahr 2013 Insgesamt 2,75 Projektstellen Es fanden 749 Therapiesitzungen und 107 Beratungsgespräche statt, daneben verfassen die MitarbeiterInnen Stellungnahmen, machen Hausbesuche oder treten vereinzelt als ZeugInnen vor Gericht auf Insgesamt 125 KlientInnen betreut, davon 79 KlientInnen aus den Vorjahren 2007-2012und 46 Neuaufnahmen 5 UMF 74 Klientinnen waren weiblich (59%), 51 Klienten waren männlich (41%) 37 Folteropfer
Abschließende Worte EU-Richtlinien verpflichten Mitgliedstaaten, Opfern von Folter und Gewalt eine adäquate Behandlung zu gewährleisten Refugio übernimmt einen wesentlichen Teil der Verantwortung des Bundeslandes für die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung traumatisierter Flüchtlinge Refugio leistet also einen wichtigen Beitrag, dass EU-Richtlinien zumindest in Teilen umgesetzt werden Trotzdem Versorgungslücke, wie Warteliste in dramatischer Form aufzeigt Existenz des Zentrums bedroht, da Fördermittel teilweise nicht bewilligt werden, wie beantragt
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit