Definition Magnetostriktion: Jegliche Änderung der Dimension eines Körpers durch Änderung seines magnetischen Zustandes! Es gilt: λ = dl/l (lineare Magnetostriktion) Prinzipiell bei allen magnetischen Werkstoffen beobachtbar! Effekt jedoch bei ferromagnetischen Materialien am größten (Joule sche Magnetostriktion 1842, Längenänderung von Eisendraht im Moment der Magnetisierung). Man unterscheidet: a) Spontane Magnetostriktion (Ordnung der magnetischen Momente bei Abkühlung unter T c!) b) Feldinduzierte Magnetostriktion Was bestimmt die Größe der Magnetostriktion? Grad der Lokalisierung der Elektronen (d.h. räumliche Orbitalausdehnung und Grad der Bindung an ein bestimmtes Atom) Größenverhältnis Spin/Orbital Kopplung an elektrische Kristallenergie
Schematische Darstellung des Effekts Material oberhalb Curie-Temperatur! Abkühlen unter T C liefert spontane Magnetostriktion λ 0. Magnetisierungsrichtung jedoch von Domäne zu Domäne unterschiedlich! Anliegendes Magnetfeld richtet magnetische Domänen vollständig parallel zum Feld aus. Sättigungsmagnetostriktion λ s wird erreicht.
Sättigungsmagnetostriktion Magnetfeld induziert Ausrichtung der Domänen parallel zum H-Feld. Sättigungsmagnetostriktion λ s : λ s = e - λ 0 = 2/3 e Wie ist die Abhängigkeit vom Winkel θ? λ s = 3/2 λ s (cos 2 θ-1/3) in Feldrichtung! Die Sättigungsmagnetostriktion λ s ergibt sich aus der Differenz zwischen der maximalen Magnetostriktion parallel zum anliegenden Feld und senkrecht dazu: λ - λ = λ s + ½ λ s = 3/2 λ s
Spontane Magnetostriktion Beim Abkühlen unter den Curie-Punkt richten sich die magnetischen Momente innerhalb der Weiss schenschen Bezirke gleichmäßig aus. M sat = f(θ)! Netto-Magnetisierung = 0!! Unterschiedlich magnetisierte Domänen kompensieren sich. Jedoch: Entstehung einer spontanen Dehnung e(θ), variiert aber von Domäne zu Domäne in Abhängigkeit vom Winkel θ. Es ist: e(θ) = e cos 2 θ Mittlere Dehnung λ 0 : (Isotroper Festkörper! d.h. alle Domänen zufällig verteilt und alle Richtungen gleich wahrscheinlich) λ 0 = π 2 π 2 ecos 2 θ sinθdθ = e 3
Größe des Effekts
Magnetostriktion an Einkristallen Betrachten eine Domäne eines einkristallinen und isotropen Festkörpers! Längenänderung (kubischer Kristall mit seinen kristallograph. Richtungen) als f(richtungskosinus der Magnetisierung g α i ) und f(richtungskosinus der Messrichtung β i ) Es existieren im kubischen Fall 2 unabhängige Magnetostriktionsparameter λ 100 und λ 111. Es gilt (ohne Herleitung): l/l = 3/2 λ 100 (α 2 xβ 2 x + α 2 yβ 2 y + α 2 zβ 2 z) + 3λ 111 (α x α y β x β y + α x α z β x β z + α y α z β y β z ) 100 x x y y z z 111 x y x y x z x z y z y z Messrichtung [100]? Dann: β x = 1 (cos 0 = 1) aber β y = β z = 0 (cos 90 =0) Also: l/l = 3/2 λ 100 (α 2 x-1/3) Wenn Magnetisierungsrichtung auch [100], dann λ 100 genau die Längenänderung entlang [100]
Magnetostriktion in Einkristallen Messrichtung in [111]? β x = β y = β z = Ankathete/Hypotenuse = 1/Raumdiagonale = 1/ 3 α x α y α z Parallel 1/ 3 1/ 3 1/ 3 senkrecht 1/ 3-1/ 3 1/ 3 l/l = 3/2 λ 100 (α 2 xβ 2 x + α 2 yβ 2 y + α 2 zβ 2 z) + 3λ 111 (α x α y β x β y + α x α z β x β z + α y α z β y β z ) 0! Maximal erzielbare Dehnung: ( l/l) -( l/l) = 4/3 λ 111 parallel alleine: 3 λ 111 1/3 = λ 111!
Größe der Magnetostriktionsparameter Material/Parameter λ 100 (10-6 ) λ 111 (10-6 ) Fe 21-21 Ni -46-24 Terfenol-D 90 1640
Energetische Betrachtungen Magnetostriktiver Phasenübergang ist auch Energieänderung! D.h. Energieänderung als Funktion der Zeit Beschreibung durch den Hamilton-Operator H = h/2πi ( / t) Beschreibung der gesamten Energieänderung bei Magnetostriktion durch effektiven Hamilton-Operator: H effektiv =H exchange +H Kristallfeld +H magnetoelastisch +H elastisch H Exchange : Austausch-Energie der Spins der verschiedenen Elektronen? H Kristallfeld : Position der 4f-Elektronen, Position der umgebenden Ionen (anisotrope Ladungsverteilung) H magnetoelast. : Änderung der Anisotropieenergie verursacht durch Gitterdeformation H elastisch : elastische Energie
Der Joule sche Effekt (Joule 1842)
Weitere Effekte
Domänenprozesse
Phasendiagramm Tb-Fe 1970: System Tb-Fe (insbesondere Phase TbFe 2 ). Kombination eines Seltenen-Erden Elementes mit einem Übergangselement liefert hohe Magnetostriktion bei Raumtemperatur! (im Gegensatz zu TbDy- dort nur bei sehr tiefen Temperaturen) Terbium sorgt für hohe Magnetostriktion, Eisen für hohe Curie-Temperaturen und somit für Anwendungen bei Raumtemperatur. Problem: Hohe Sättigungsfelder (ca. 20 T!!) notwendig. Alternative Terfenol-D (Sättigungsfeld ~ 1.6 T)
Laves-Phasen I Laves-Phasen sind intermetallische Phasen hoher Raumerfüllung Scharfe Zusammensetzung AB 2. Typische Strukturtypen sind: MgCu 2, MgZn 2 und MgNi 2 Metallische Bindung dominiert. A- und B-Atome haben unterschiedliche Atomradien! B-Atome sind kleiner. Optimales Radienverhältnis von ca. 1,225! (höchste Raumerfüllung) Elementarzellen enthalten bis zu 24 Atome! Phasen hoher Raumerfüllung entstehen auch bei Besetzung der Gitterlücken einer Komponente, falls Radienunterschied 0,59. Beispielsweise Besetzung aller Oktaederlücken im kfz-gitter liefert Verbindungen vom Typ AB! Hägg-Phasen z.b. TaC Besitzt t höchsten h Schmelzpunkt aller Festkörper mit ca. 3998 C!!
Laves-Phasen II (110)-Ebene MgCu 2 Cu-Atome a a 2 Mg-Atome
Laves-Phasen III
Laves-Phasen IV Ergänzungen: Koordinationspolyeder sind keine Vierecksflächen als Begrenzungsflächen. Dreiecksflächen dienen als Begrenzung. Diese nennt man Frank-Kasper Polyeder. Ikosaeder als kleinste Einheit: CN: 12 = 12 Ecken, 20 Flächen A-Atome (hier: Mg): Frank-Kasper Polyeder mit CN: 16-12 A-Atome und 4 B- Atome B-Atome (hier: Cu): verzerrte Ikosaeder CN: 6 A-Atome und 6 B-Atome Kagome-Netz: Dichte Kugelpackung in der Ebene! Über eine Hälfte der Dreiecksmaschen des Kagome-Netzes werden nächste Cu-Atome (Cu 4 -Tetraeder) Über den Sechseckmaschen werden die Mg-Atome eingepasst. Über die andere Hälfte der Dreiecksmaschen werden die restlichen Mg-Atoem eingepasst. Auf diese Schicht wird dann ein weiteres Kagome-Netz mit Cu- Atomen aufgesetzt. Die Mg-Atome bilden untereinander ein Diamantgitter!
Laves-Phasen V Unterschiedliche Stapelfolgen im vergleich zu MgCu 2. MgZn 2 : Stapelfolge ABABAB MgNi 2 : Stapelfolge ABACABAC
Laves-Phasen VI
Typische Kennlinien Kenngrößen sind: Sättigungsmagnetostriktion λ s Sättigungsmagnetisierung M sat Remanenz M R Koerzitivfeldstärke H c Sättigungsfeld H s Curie-Temperatur T c Permeabilität µ
Beispiele
Bauformen magnetostriktiver Dünnschichtaktoren
Magnetostriktiver Kraftsensor Beispiel eines Kraftsensors: Basiert auf dem Villary-Effekt. Anlegen einer Wechselspannung an Anregungsspule erzeugt einen magnetischen Fluss und somit gemäß des Induktionsgesetzes eine Induktionsspannung U ind. in der Detektionsspule. Eine äußere mechanische Spannung σ führt nun aufgrund der Abhängigkeit der Magnetostriktion von mechanischen Spannungen zu einer Änderung des magnetischen Flusses und somit zu einer Änderung der Induktionsspannung, welche proportional zur äußeren Kraft ist.
Magnetostriktiver Wandler
E-Effekt Elastizität magnetostriktiver Materialien setzt sich aus 2 Beiträgen zusammen a) Elastizität durch interatomares Potential b) Magnetoelastischer Beitrag aufgrund der freien Drehung der magnetischen Momente. E = (E s -E 0 )/E 0 ( E-Effekt) E 0 bezeichnet minimalen elastischen Modul, E s den Elastizitätsmodul bei magnetischer Sättigung! Können sich die Momente drehen ist das Material weich. Mit zunehmendem H-Feld wird die Beweglichkeit der Momente und somit der magnetoelastische Beitrag kleiner. Der E- Modul steigt! Eine mechanische Vorspannung führt zu einer bevorzugten Orientierung der Domänen und somit zu einer höheren Sättigungsmagnetostriktion- Material wird weicher! Magnetoelastischer Modul bei verschiedenen Spannungen an einer TbDyFe-Legierung
Polykristallines Terfenol-D Beispiel: Polykristalline Tb x Dy 1-x Fe y Legierung. Messung erfolgte bei Raumtemperatur. Ordinate liefert Sättigungsmagnetostriktion λ s. Bei x = 0.3 findet man einen Peak, der bei dieser Zusammensetzung auf die nahezu verschwindende magnetische Anisotropie zurückzuführen ist. Der angegebene Wert von ca. 1600 x 10-6 ergibt unter Verwendung der Gleichung: λ par - λ orth = 3/2 λ s einen Wert von 1000 x 10-6, welcher typisch für die Sättigungsmagnetostriktion von Terfenol-D ist.
Kristallographische Orientierungen in Terfenol-D
Einige Kennwerte
Polykristall Wie ist die Situation im Polykristall? l/l = 3/2 λ s (cos 2 α-1/3) α ist der Winkel zwischen der Magnetisierungs- und Messrichtung Real: alle Stoffe sind bis zu einem Grad anisotrop p( lokal auch bei amorph)! Betrachten Näherungen nach Voigt und Reuss Reuss: Spannung ist im Volumen konstant! λ s = 2/5 λ 100 + 3/5 λ 111 Voigt: Dehnung ist im Volumen konstant! λs = (2/2+3C) λ 100 + (3/2+3C) λ 111 Was ist C? C = 2c 44/c 11-c 12 heißt Anisotropiefaktor! Wenn C = 1, dann keine Richtungsabhängigkeit. c 44, c 11 und c 12 sind die elastischen Konstanten im kubischen Fall.
Voigt-Näherung Wie verhält sich ein Polykristalliner Verbund? Problem: Einzelkristallite von Polykristallen sind an Korngrenzen gekoppelt. Diese können sich folglich nicht so frei bewegen wie in einem Einkristall. Kopplungsbedingungen bestimmen den Einzelkristallitmodul im Vielkristallverbund als auch den polykristallinen Modul (Mittelwert über alle Richtungen) Voigt sche Näherung: Alle Kristallite des Polykristalls erfahren dieselben Dehnungen! (Dehnungskompatibilität) Der E- und G-Modul sind orientierungsunabhängig! Man betrachtet ein Aggregat parallel geschalteter Kristallite unterschiedlicher Orientierung (Parallelschaltung).
Reuss sche sche Näherung Reuss sche Näherung: Die Näherung nach Reuss geht davon aus, dass alle Kristallite dieselben Spannungen erfahren (Spannungskompatibilität). Hierbei wird die elastische Anisotropie maximal. Ausgangspunkt ist ein Aggregat bestehend aus seriell geschalteten Kristalliten verschiedener Orientierung (Reihenschaltung).
Vergleich Voigt & Reuss Reuss liefert untere Grenze und Voigt eine obere Grenze für die zu erwartenden E-Moduli.