Polynome David Willimzig 1 Grundlagen Wir beschäftigen uns zunächst mit Polynomen in einer Variablen x. Diese haben die Gestalt p(x) = a n x n +... + a 1 x + a 0 = Die Zahlen a 0, a 1,..., a n werden Koezienten genannt und können ganze Zahlen (Z), rationale (Q), reelle (R) oder auch komplexe (C) Zahlen sein. Sogar Restklassen modulo n (Z n ) sind möglich, denn auch dort hat man eine Addition und eine Multiplikation zur Verfügung. Ist a n 0, dann heiÿt n = deg p der Grad des Polynoms. Wenn p das Nullpolynom ist, also alle Koezienten 0 sind, setzt man formal deg p =. Beispiel 1. p 1 (x) = x 3 x + 5, p (x) = x 4 + x 8 5, p 3(x) = x 7 1 sind Polynome vom Grad 3, 4 bzw. 7. Zwei Polynome p und q sind gleich, wenn sie in allen Koezienten übereinstimmen. Wir können Polynome auch addieren, subtrahieren und multiplizieren: Beispiel. Seien p = x + 1, q = x 3 + x + 1. Dann ist ihre Summe p + q = x 3 + 3x +. Beim Multiplizieren nutzen wir das Distributivgesetz: n i=0 a i x i. pq = (x + 1) (x 3 + x + 1) = x 5 + x 4 + x + x 3 + x + 1 = x 5 + x 4 + x 3 + 3x + 1 Dabei beobachten wir, dass für die Grade von Summen- und Produktpolynom folgendes gilt: (1) deg(p + q) max{deg p, deg q} () deg(pq) = deg p + deg q Denn die höchsten Potenzen von p+q müssen natürlich auch schon in p oder in q vorgekommen sein. Wenn deg p deg q ist, dann können sich die höchsten Potenzen von p und q nicht gegenseitig auslöschen und wir erhalten sogar Gleichheit in (1). Beim Multiplizieren haben wir ganz allgemein ein Produkt pq = (a n x n +... + a 1 x + a 0 ) (b m x m +... + b 1 x + b 0 ) = a n b m x m+n + Terme niedrigeren Grades und wenn a n, b m 0 waren, so ist auch a n b m 0 und m + n der Grad des Produktes. 1
Mit der Division verhält es sich etwas komplizierter, denn ähnlich den ganzen Zahlen geht die Division im Allgemeinen nicht auf: Beispiel 3. Wir dividieren p(x) = x 3 +3x +4x+4 durch q(x) = x +x+1 mit Polynomdivision: (x 3 + 3x + 4x + 4) (x + x + 1) = x + 1 x 3 + x + x x + 3x + 4 x + x + 1 x + 3 und erhalten den Quotienten t(x) = x + 1 und den Rest r(x) = x + 3. Das Restpolynom r(x) hat einen kleineren Grad als der Divisor q(x). Das Beispiel weist auf ein allgemeineres Ergebnis hin, das wir nun beweisen: Satz 1 (Division mit Rest). Seien p, q Polynome, q 0, und die Koezienten von p, q reell. Dann existieren zwei Polynome t, r mit reellen Koezienten, sodass p = tq +r und deg r < deg q. Die Polynome t, r sind hierdurch eindeutig bestimmt. Beweis. Existenz: Induktion über deg p Induktionsanfang: Für solche p mit deg p < deg q wählen wir t = 0, r = p. Induktionsschritt: Seien nun p = a n x n +... + a 1 x + a 0, q = b m x m +... + b 1 x + b 0 mit a n, b m 0 und n m. Wir betrachten t 1 = an b m x n m. Es ist t 1 q = a n b m x n m (b m x m +... + b 1 x + b 0 ) = a n x n + Terme kleineren Grades Setzen wir nun p 1 = p t 1 q, so ist deg p 1 < deg p. Auf p 1 können wir die Induktionsannahme anwenden: Es gibt also Polynome t, r mit p 1 = t q + r und deg r < deg q. Daher ist p = p 1 + t 1 q = t q + r + t 1 q = (t 1 + t )q + r und mit t = t 1 + t haben wir das Gewünschte. Eindeutigkeit: Angenommen, es sei auch p = t q + r mit deg r < deg q. Dann ist tq + r = tq + r, also q(t t ) = r r. Wäre nun t t, so wäre deg(t t ) 0, also deg(r r ) = deg((t t )q) = deg(t t ) + deg q deg q. Andererseits ist deg(r r ) max{deg r, deg r } < deg q, Widerspruch. Also ist t = t und somit r r = (t t )q = 0, d.h. r = r. Zusatz: Wenn p, q nur ganze Zahlen als Koezienten haben und zudem b m = 1 gilt, dann haben auch t, r lauter ganze Zahlen als Koezienten. Denn der Koezient an b m von t 1 ist wieder eine ganze Zahl und somit hat auch p 1 = p t 1 q nur ganzzahlige Koezienten. Wir haben also wieder die gleiche Situation für p 1 wie bei p, wenn wir die Division fortführen. Induktion ergibt also, daÿ t ganzzahlige Koezienten hat und damit auch r = p tq. Falls bei der Divsion der Rest r = 0 ist, so sagt man, q ist Teiler von p und schreibt q p.
Tricks beim Umgang mit Polynomen Sei f ein Polynom vom Grad n und a R. Division von f durch x a ergibt nach Satz 1 f(x) = (x a)t(x) + r, r R, deg t = n 1 (1) Setzen wir x = a in (1) ein, ergibt sich f(a) = r und somit f(x) = (x a)t(x) + f(a). () Ist f(a) = 0, so heiÿt a eine Nullstelle/Wurzel von f. Aus () folgt nun der Satz (Faktorsatz). f(a) = 0 f(x) = (x a)t(x) mit einem Polynom t(x) Sind etwa α 1, α zwei verschiedene Nullstellen von f, können wir nach Satz schreiben Deshalb f(x) = (x α 1 )t(x) mit t(α ) = 0, das heiÿt t(x) = (x α )t 1 (x). f(x) = (x α 1 )(x α )t 1 (x), deg t 1 = n. Allgemein: Ist f ein Polynom vom Grad n und sind α 1, α,..., α n paarweise verschiedene Nullstellen von f, dann ist f(x) = c(x α 1 )(x α )... (x α n ), c R Aber woher wissen wir, ob f überhaupt Nullstellen hat? Eine Antwort gibt der Satz 3 (Fundamentalsatz der Algebra). Jedes Polynom f(x) = a n x n +... + a 1 x + a 0 mit Koezienten a 0, a 1,..., a n C, n 1, a n 0 hat mindestens eine Nullstelle in C. (hier o.b.) Beispiel 4. Die Gleichung x + 1 = 0 hat im Reellen keine Lösungen, denn x 0 für alle x R. Die imaginäre Einheit i wird jedoch so deniert, dass für sie i = 1 gilt. Also ist i +1 = 0 und damit i eine Lösung von x +1 = 0. Ebenso ist übrigens auch i eine Lösung, denn ( i) + 1 = ( i)( i) + 1 = i + 1 = 0. Also können wir schreiben p(x) = x + 1 = (x i)(x + i). Ist wieder f(x) = a n x n +... + a 1 x + a 0, so können wir nach dem Fundamentalsatz immer eine Lösung x 1 von f(x) = 0 nden, also nach Satz einen Linearfaktor (x x 1 ) von f(x) abspalten und ein Restpolynom t(x) bekommen, dessen höchster Koezient wieder a n ist und für das deg t = n 1 ist. Auf die Weise können wir den Grad des Restpolynoms insgesamt n mal reduzieren. Somit können wir f(x) auch in der Form f(x) = a n (x x 1 )(x x )... (x x n ) (3) schreiben, wobei x 1, x,..., x n nun nicht notwendigerweise mehr verschieden sein müssen. Eine äquivalente Formulierung ist: Ein Polynom f(x) = a n x n +... + a 1 x + a 0 vom Grad n hat genau n Nullstellen. Wenn wir diese kennen, kennen wir auch das Polynom, bis auf einen konstanten Faktor. Es folgt noch etwas Interessantes: Hat man ein Polynom p(x) = a n x n +...+a 1 x+a 0, wobei auch a n = 0 sein darf, also ein Polynom vom Grad n, so hat es auch nur höchstens n Nullstellen. Hat p aber mehr als n Nullstellen, so muss p bereits das Nullpolynom sein. Dieses bildet eine Ausnahme und hat alle reellen Zahlen als Nullstelle. 3
Weiter geht es mit ein paar Anwendungen des Faktorsatzes: Sei n N. Betrachte das Polynom f(a) = a n b n in der Variablen a. Oenbar ist f(b) = b n b n = 0, also gilt nach dem Faktorsatz a b a n b n. Das Restpolynom ist a n 1 + a n b +... + ab n + b n 1, denn (a b)(a n 1 + a n b +... + ab n + b n 1 ) = a n + a n 1 b + a n b +... + a b n + ab n 1 = a n b n. a n 1 b a n b... a b n ab n 1 b n Sei nun n N und n ungerade. Betrachte das Polynom f(a) = a n + b n in der Variablen a. Dann gilt f( b) = ( b) n +b n = b n +b n = 0 und aus dem Faktorsatz folgt a+b a n +b n. Das Restpolynom ist diesmal a n 1 a n b +... ab n + b n 1. Dabei wechseln sich die Vorzeichen immer ab, und weil wir n Summanden haben, steht vor dem letzten Summanden wieder ein +. In der Tat ist (a + b)(a n 1 a n b +... ab n + b n 1 ) = a n a n 1 b + a n b... a b n + ab n 1 = a n + b n. + a n 1 b a n b ±... + a b n ab n 1 + b n Wir zeigen nun einen bei Olympiaden immer mal wieder nützlichen Satz: Satz 4. Sei nun p ein Polynom mit Koezienten aus Z. Sind a, b Z, a b, dann sind a b und p(a) p(b) ganze Zahlen und es gilt a b p(a) p(b). (4) Beweis. Wir brauchen nur (4) zu zeigen. Division durch x a ergibt wie in () p(x) = (x a)q(x) + p(a) p(x) p(a) = (x a)q(x) Nun hat x a führenden Koezient 1 und die Koezienten von p und von x a sind ganzzahlig. Aus dem Zusatz zu Satz 1 folgt: Auch q(x) hat lauter ganzzahlige Koezienten. Einsetzen von x = b ergibt schlieÿlich: und da b Z, ist auch q(b) Z. p(b) p(a) = (b a)q(b) 3 Ein paar Aufgaben Aufgabe 1. Das Polynom p hat den Grad n und nimmt für k = 0, 1,..., n die Werte p(k) = k k+1 an. Bestimme den Wert p(n + 1). 4
Lösung. Das Polynom p nimmt nur für k = 0 den Wert 0 an, aber q(x) = (x + 1)p(x) x ist vom Grad n+1 und verschwindet für k = 0,..., n, wir kennen also n+1 verschiedene Nullstellen von q. Aus dem Faktorsatz folgt q(x) = a x (x 1) (x )... (x n) Um a zu ermitteln, setzen wir x = 1 ein und bekommen 1 = a( 1) n+1 (n + 1)!. Also p(x) = ( 1)n+1 x(x 1)... (x n)/(n + 1)! + x x + 1 und 1, wenn n ungerade, p(n + 1) = n/(n + ), wenn n gerade. Aufgabe. Seien a, b, c drei paarweise verschiedene ganze Zahlen und sei p(x) ein Polynom mit ganzzahligen Koezienten. Man zeige, dass die Bedingungen nicht gleichzeitig erfüllt werden können. p(a) = b, p(b) = c und p(c) = a Lösung. Variante A: Angenommen, die Bedingungen seien erfüllt. Wir leiten einen Widerspruch her: Da a eine Nullstelle von p(x) b ist, hat p(x) b den Teiler x a. Also gibt es ein Polynom p 1 (x) mit ganzzahligen Koezienten, für das erfüllt ist. Analog gilt mit Polynomen p, p 3 p(x) b = (x a)p 1 (x) p(x) c = (x b)p (x) p(x) a = (x c)p 3 (x) Unter a, b, c wählen wir das Paar mit maximaler absoluter Dierenz. Angenommen, diese ist a c. Dann folgt a b < a c. Setze nun x = c in der obersten Gleichung, so folgt a b = (c a)p 1 (c). Da p 1 (c) eine ganze Zahl und 0 ist (sonst wäre a = b), folgt a b c a, Widerspruch. Variante B: Wir können einen Widerspruch auch auf folgende Weise herleiten: Nach Satz 4 gilt und analog a b p(a) p(b) = b c b c c a c a a b Dann muss aber a b = b c = c a gelten, also gibt es kein alleiniges Paar mit maximaler absoluter Dierenz. Daher können a, b, c nicht paarweise verschieden sein, Widerspruch. 5
Aufgabe 3. Gegeben sind n paarweise verschiedene Zahlen a 1,..., a n, b 1,..., b n und eine n n- Tabelle, die auf folgende Weise ausgefüllt wurde: In dem Feld in der i-ten Zeile und der j ten Spalte steht die Zahl a i + b j. Man beweise: Wenn das Produkt der Einträge in jeder Spalte gleich ist, dann ist auch das Produkt der Einträge in jeder Zeile gleich. Lösung. Betrachte das Polynom vom Grad < n. Wenn f(x) = n i=1 f(b j ) = (x + a i ) n i=1 n j=1 (a i + b j ) = c (x b j ) für alle j = 1,..., n, dann hat das Polynom f(x) c mindestens n verschiedene Nullstellen. Daraus folgt f(x) c = 0 für alle x. Dann aber ist für alle i = 1,..., n n c = f( a i ) = ( a i b j ) = ( 1) n+1 n (a i + b j ). j=1 j=1 Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen: Das Polynom f vereint in sich die Vorzüge, sowohl die Spalten- als auch die Zeilenprodukte als Werte anzunehmen, letzere jedenfalls bis auf einen konstanten Faktor, im Grad aber auch < n zu sein. Natürlich braucht es etwas Glück und sicher auch einen scharfen Blick, welches das richtige Polynom ist. Wie es scheint, sind Polynome immer für eine Überraschung gut. 4 Symmetrische Polynome Den Aufhänger dieses Kapitels kennt jeder noch aus der Schule. Es ist dies der Satz von Vieta. Wir schauen ihn uns für Gleichungen. und 3. Grades an: Satz 5 (Vieta). (a) Das Polynom f(x) = x + px + q habe die Wurzeln x 1, x. Dann gilt p = (x 1 + x ), q = x 1 x. (5) (b) Das Polynom f(x) = x 3 + px + qx + r habe die Wurzeln x 1, x, x 3. Dann gilt Beweis. (a) Wir schreiben p = (x 1 + x + x 3 ), q = x 1 x + x x 3 + x 3 x 1, r = x 1 x x 3. (6) x + px + q = (x x 1 )(x x ) = x (x 1 + x )x + x 1 x. Die Behauptung folgt durch Koezientenvergleich. (b) Wir schreiben x 3 + px + qx + r = (x x 1 )(x x )(x x 3 ) = x 3 (x 1 + x + x 3 )x + (x 1 x + x x 3 + x 3 x 1 )x x 1 x x 3. Die Behauptung folgt wieder durch Koezientenvergleich. 6
Beispiel 5. Seien x 1, x, x 3 die Wurzeln von x 3 + 3x 7x + 1. Was ist x 1 + x + x 3? Wir wissen nach dem Satz von Vieta x 1 + x + x 3 = 3, x 1 x + x x 3 + x 3 x 1 = 7, also 9 = (x 1 + x + x 3 ) = x 1 + x + x 3 + (x 1x + x x 3 + x 3 x 1 ) = x 1 + x + x 3 7 x 1 + x + x 3 = 3. Nun beschäftigen wir uns mit Polynomen in mehreren Variablen. Zu Beginn hatten wir gesehen, dass ein Polynom in einer Variablen aus Summanden a i x i besteht, sogenannten Monomen. Ein Monom in zwei Variablen x, y ist ein Ausdruck der Form cx i y j. Allgemein: ein Monom in n Variablen x 1, x,..., x n ist ein Ausdruck der Form cx i 1 1 x i... x in n. Ein Polynom in n Variablen x 1, x,..., x n p(x 1, x,..., x n ) = cx i 1 1 x i... x in n (7) ist einfach eine endliche Summe solcher Monome. Der Koezient c vor einem Monom kann natürlich immer verschieden sein. Wir schauen uns die Polynome in zwei Variablen näher an: Sei f(x, y) ein solches. Da wir nur endlich viele Monome haben, gibt es sicher höchste Potenzen, in denen x und y auftreten. Seien die Exponenten davon n und m, dann können wir f(x, y) sortiert nach Potenzen aufschreiben: f(x, y) = a n,m x n y m + a n,m 1 x n y m 1 +... + a n,0 x n + a n 1,m x n 1 y m +... + a 0,m y m + a 0,m 1 y m 1 +... + a 0,0 Hier kann aber auch a n,m = 0 sein, denn die x n Potenz muss nicht zusammen mit der y m Potenz auftauchen. Man nehme zum Beispiel f(x, y) = x + y. Ein Polynom f(x, y) heiÿt symmetrisch, wenn f(x, y) = f(y, x) für alle x, y. Wenn wir x und y austauschen, ändert sich f also nicht. Beispiele: ˆ Die elementarsymmetrischen Polynome in x, y σ 1 = x + y, σ = xy. ˆ Die Potenzsummen s i = x i + y i, i = 0, 1,,.... ˆ Nicht symmetrisch ist f(x, y) = x + xy + y, denn f(y, x) = y + yx + x und es gibt x, y mit x + xy + y y + yx + x, etwa (x, y) = (1, ). Allgemein heiÿt das Polynom p(x 1, x,..., x n ) symmetrisch, wenn x 1, x,..., x n beliebig vertauscht werden können, ohne dass das Polynom sich (bis auf die Reihenfolge der Summanden) verändert. 7
Satz 6 (Symmetrische Polynome). Ist f(x, y) symmetrisch in x, y, so kann f als Polynom in σ 1 = x + y und σ = xy geschrieben werden. Dieser Satz ist prinzipiell auf Polynome in n Variablen übertragbar. Dann haben wir allerdings nicht nur, sondern n elementarsymmetrische Polynome. Wir bringen später noch eine Fassung für 3 Variablen. Beweis. (i) Zuerst für die Potenzsummen. Es gilt: s n = x n + y n = (x + y)(x n 1 + y n 1 ) xy(x n + y n ) = σ 1 s n 1 σ s n. Wir haben also die Rekursion s 0 =, s 1 = σ 1, s n = σ 1 s n 1 σ s n, n. (ii) Nun kommt der Beweis für beliebige symmetrische Polynome. Terme der Form ax k y k sind kein Problem, da ax k y k = aσ k. Enthält f den Term bxi y k (i < k), so auch den Term bx k y i wegen der Symmetrie. Wir fassen diese Terme zusammen: bx i y k + bx k y i = bx i y i (x k i + y k i ) = bσ i s k i. Aber s k i kann durch σ 1, σ ausgedrückt werden. Zwei Beobachtungen stellen wir an dieser Stelle an: ˆ Nichtlineare Systeme von Gleichungen, die symmetrisch in x, y sind, können durch die Substitution σ 1 = x + y, σ = xy meist vereinfacht werden. Der Grad dieser Gleichungen wird dann kleiner sein, da σ = xy vom Grad bezüglich x, y ist. Sobald wir σ 1 und σ gefunden haben, können wir die quadratische Gleichung z + pz + q = 0, deren Lösungen x und y sind, einfach hinschreiben. Nach dem Satz von Vieta gilt ja p = σ 1, q = σ. Also nden wir x, y als Lösungen z 1, z der Gleichung z σ 1 z + σ = 0. und die Lösungen des Gleichungssystems sind dann die Paare (x, y), (y, x), sofern diese verschieden sind. Dies probieren wir in Beispiel 6 aus. ˆ Den umgekehrten Fall hatten wir schon in Beispiel 5. Dort war eine Gleichung x 3 + px + qx + r = 0 mit Lösungen x 1, x, x 3 gegeben. Nach Vieta kennen wir x 1 + x + x 3 = p, x 1 x + x x 3 + x 3 x 1 = q, x 1 x x 3 = r. Für drei Variablen x, y, z sind die elementarsymmetrischen Polynome gerade σ 1 = x + y + z, σ = xy + yz + zx, σ 3 = xyz. Da wir jedes symmetrische Polynom durch elementarsymmetrische Polynome ausdrücken können, wissen wir auch den Wert jedes symmetrischen Polynoms in den Lösungen x 1, x, x 3, so etwa x 1 + x + x 3. 8
Beispiel 6. Finde alle reellen Lösungen (x, y) des Systems x + y = 3, x 3 + y 3 = 9. Setze σ 1 = x + y, σ = xy. Um s 3 = x 3 + y 3 in σ 1, σ zu schreiben, wenden wir die Rekursion von vorhin an: s = σ 1 s 1 σ s 0 = σ 1 σ s 3 = σ 1 s σ s 1 = σ 1 (σ 1 σ ) σ σ 1 = σ 3 1 3σ 1 σ Die erste Gleichung gibt σ 1 = 3. Einsetzen in die zweite Gleichung ergibt σ =. Also sind x, y Lösungen der quadratischen Gleichung A 3A + = 0 mit Lösungen 1 und. (1, ), (, 1) sind die Lösungen des Systems. Wir kommen nun zu der Fassung von Satz 6 für drei Variable x, y, z. Satz 7 (Symmetrische Polynome II). Ist f(x, y, z) symmetrisch in x, y, z, so kann f als Polynom in σ 1 = x + y + z, σ = xy + yz + zx und σ 3 = xyz geschrieben werden. (hier o.b.) So können wir etwa die Potenzsummen s i = x i +y i +z i, i = 0, 1,,... durch σ 1, σ, σ 3 ausdrücken. Wir wissen bereits s 0 = 3, s 1 = σ 1, s = σ 1 σ (aus Beispiel 6). Wir suchen eine Formel für s 3. Fangen wir mit einem Polynom an, in dem s 3 vorkommt. Dafür bietet sich σ 3 1 an: σ 3 1 = (x + y + z) 3 = (x + y + z)(x + y + z + xy + yz + zx) Daraus folgt = (x 3 + xy + xz + x y + xyz + x z) + (x y + y 3 + yz + xy + y z + xyz) + (x z + y z + z 3 + xyz + yz + xz ) = (x 3 + y 3 + z 3 ) + 3xy(x + y) + 3yz(y + z) + 3zx(z + x) + 6xyz T rick! = (x 3 + y 3 + z 3 ) + 3xy(x + y + z) + 3yz(x + y + z) + 3zx(z + y + x) + 6xyz 9xyz = (x 3 + y 3 + z 3 ) + 3(xy + yz + zx)(x + y + z) 3xyz = s 3 + 3σ 1 σ 3σ 3 s 3 = σ 3 1 3σ 1 σ + 3σ 3. 9
Selbst die Anwendung im Bereich von Ungleichungen ist ersprieÿlich: Beispiel 7. Faktorisiere den Term x 3 + y 3 + z 3 3xyz. Wie folgt hieraus die AGM-Ungleichung für drei Variablen: Für nichtnegative reelle Zahlen a, b, c gilt 3 abc a + b + c 3 wobei Gleichheit genau dann gilt, wenn a = b = c. (8) Mit der vorherigen Formel: x 3 + y 3 + z 3 3xyz = s 3 3σ 3 = σ 3 1 3σ 1 σ + 3σ 3 3σ 3 = σ 1 (σ 1 3σ ) = (x + y + z)(x + y + z xy yz zx). Wegen a, b, c 0 existieren die 3. Wurzeln, setze also x = 3 a, y = 3 b, z = 3 c. (8) geht dabei über in xyz x3 + y 3 + z 3 3 0 x 3 + y 3 + z 3 3xyz Da x + y + z 0, ist (8) also äquivalent zu = (x + y + z)(x + y + z xy yz zx) 0 x + y + z xy yz zx (9) Die rechte Seite erinnert an Teile von binomischen Formeln. Tatsächlich ist x + y + z xy yz zx = 1 [(x y) + (y z) + (z x) ] 0. Damit gilt (9). Gleichheit gilt oenbar genau dann, wenn x = y = z a = b = c. Wo wir gerade dabei sind: Die häuger verwendete AGM-Ungleichung für Variablen. Für nichtnegative reelle Zahlen a, b gilt mit Gleichheit genau dann, wenn a = b. Setze x = a, y = b. (10) geht über in ab a + b (10) (11) ist wahr, Gleichheit gilt genau dann, wenn x = y a = b. xy x + y 0 x + y xy = (x y) (11) 10
5 Ein paar Aufgaben mehr Aufgabe 4. Die quadratische Gleichung x + 5x + 7 = 0 hat die reellen Lösungen α und β. Welche quadratische Gleichung besitzt die beiden Lösungen (a) 1 α und 1 β bzw. (b) 1 α und 1 β? Lösung. (a) Die Gleichung lautet nach dem Satz von Vieta x ( 1 α + 1 β ) x + 1 α 1 β = 0 x α + β αβ x + 1 αβ = 0 Nun wissen wir aber - ebenfalls nach Vieta - die Werte α + β = 5, αβ = 7. Damit war die Gleichung gesucht, oder mit ganzzahligen Koezienten (b) Diese Gleichung lautet entsprechend x + 5 7 x + 1 7 = 0 7x + 5x + 1 = 0. x α + β α β x + 1 α β = 0 x (α + β) αβ 1 + (αβ) (αβ) = 0 und somit oder mit ganzzahligen Koezienten x 11 49 x + 1 49 = 0 49x 11x + 1 = 0. 11
Aufgabe 5. An der Wand steht eine Leiter der Länge 10m. Darunter bendet sich eine würfelförmige Kiste mit Kantenlänge 1m, so dass sich Leiter und Kiste berühren. In welcher Höhe berührt die Leiter die Wand? Lösung. Bezeichne die Katheten des hier abgebildeten rechtwinkligen Dreiecks mit a, b, sodaÿ a die Höhe an der Wand angebe. Dann gilt a 1 = a 1 b (Strahlensatz) (1) a + b = 100 (Pythagoras) (13) (1) ist äquivalent zu a + b = ab. Andererseits ist a + b = (a + b) ab. Mit z = a + b ergibt (13) also z z = 100 z 1, = 1 ± 1 + 100 z = 1 + 101 wegen z 0. Andererseits sind a, b wegen z = a + b = ab Lösungen der Gleichung A za + z = 0 A 1, = z ± z 4 z Wegen a + b 10 (Dreiecksungleichung) sind beide Lösungen > 0 und wir erhalten als Kathetenlängen a = z z + 4 z, b = z z 4 z mit z = 1 + 101 oder umgekehrt. Numerisch ergibt sich a = 9, 938m oder a = 1.11m. 1
Aufgabe 6. Welche Lösungen besitzt das Gleichungssystem x + y + z = 1 (14) x + y + z = 17 (15) x 3 + y 3 + z 3 = 1 + xyz? (16) Lösung. Setzen wir σ 1 = x + y + z, σ = xy + yz + zx, σ 3 = xyz. Mit den Formeln, die wir vorhin hergeleitet haben, gilt σ 1 = 1 σ 1 σ = 17 σ 3 1 3σ 1 σ + 3σ 3 = 1 + σ 3. Somit σ 1 = 1, σ = 8 nach der zweiten und schlieÿlich σ 3 = 1 nach der dritten Gleichung. Wir erhalten x, y, z daher als Lösungen der Gleichung (vgl. Beobachtung nach Satz 6), also A 3 σ 1 A + σ A σ 3 = 0 A 3 A 8A + 1 = 0. Nun ist A 1 = eine Lösung. Division durch (A-) führt auf A A + 6 = 0 mit den Lösungen A =, A 3 = 3. Folglich ist (,, 3) eine Lösung des Systems. Die anderen Lösungen erhalten wir durch Vertauschen der Variablen, somit sind (, 3), (, 3, ), ( 3,, ) alle Lösungen des Systems. Literatur [1] Arthur Engel, Problem Solving Strategies, Springer, New York, 1998 [] Paul Jainta, Polynome, Die WURZEL - Werkstatt Mathematik, 000 [3] Prof. Reinhard Knörr, Lineare Algebra, Uni Rostock, Skript zur Vorlesung 010/11 13